Oedenburger Zeitung, 1887. Dezember (Jahrgang 20, nr. 274-298)

1887-12-03 / nr. 276

‚ L —­­ u ,sey-seye-IJFVJFHOIMWTW WWEW .,« Ar. 276. amstag, 3.Yezemser1887 szahrgang Oedenburger Zeitung. (V­ormals „Oedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Landel, ‚Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. .,Dem­ Fortschrittsur Eler—Bedrückten zur Wehr —Der Wahrheit eine Gasse « ‚Motto:­­ nme - Ists-usua-«Iqim,sussssscui-sites- Einwosusucktnsssismessss Fram­merationsisreife M sus- Ganzjährig 9 f., AR Biktrig 5­5 fl, Bierteljährig Bär Undwärts: Sunjuikg‘ war fl., Sartagne 7 fl., Biertel- Elle für das se ehkraimte race) mit Ausnahme Saw Imferaten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, nd die Redaktion portofrei einzusenden. WB Administration, Derlog und Inferatenaufnahme: Yıhırnarrei &, Romtvalter & Sohn, Grabenrunde 121. WB Einzelne Nummern Rofien 5 Arenger. EN > fie 10, 9. Oppelit, ı., Grubenbaslei 2, Heinrich BO: Inserate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Bogler, Wak­­ollzeile 13, R. Mofie, "Seilerstätte 2 M. Dates, 11., mergafie 13, In Budapet: Yaulus &. Dorotheagaf­e IE Leop. Lang, Bifellaplag 3, A. B. Goldberger, Bervitenplag 8. Safertierik, Gebühren: 5 fr. für die ein-, 10 fr. für die zmeis, 15 Er. f­ür die dee, 20 tr. für die vierspaltige und 25 tr. für die durchlaufende Bret­tzeile evclusive der Stempelgebühr von 30 kr. Bei me­hrmaliger Einschaltung bedeutender Quads wie vor.­ ­ Dedenburg,­ 2. Dezember. Der Einbruch fertigt si immer mehr und mehr, daß der Grafenbesuch in Berlin den Stand der Dinge zwiscen Deutschland und Rußland nicht wesentlich geändert habe. Es sind gerade ruffische Stimmen, inspirirte und nit inspirirte — Soweit von legteren in Rußland überhaupt die Rede sein ann — welche sichtlich bemüht sind, die Erfolglosigkeit der ganzen Ber­­liner Episode darzuthun. Ueber die Enthülungen, die­ an die Unterredung des Fürsten BisSmard mit dem Cz­ar geknüpft wurden, hilft­ man sich einfach hinweg, indem man die Geschichte der ge­fälschten Depeschen selbst als eine Fälschung erklärt, als eine meue­ntrique Bisemard’s, die darauf angelegt sei, Rußland­ und­ Stanfreid gegen­einander zu verhigen, und die Annäherung beider Staaten zu erschweren. Nach wie vor Hlidt Rußland grolend auf Deutschland, nac­hwie vor mißtrauisch das Berliner Kabinet auf die russische M­ilitärpartei,­ die unablässig mit dem Säbel raffelt. Er mag wohl­ in Berlin zum ersten Male geschehen sein, daß dem E­zar offen herausgesagt worden, er sei übel berichtet, er sei betrogen wor­­den ; aber der erste Fall, daß dem Ezar die Wahr­­heit vorenthalten oder entstelt worden, war Died sicherlich nicht. Wir finden «8 ganz glaubwürdig, was hie und da erzählt wird, daß nämlich Der Czar auch über die Dispositionen des Monarchen Dejsterreich-Ungarns und über Die Politik­ dieser Monarchie total falsshh informirt worden. Der Szar hat nir die Gewohnheit mancher anderen Souveräne, fi ftet, aus direkten Duellen über die Angelegenheiten seines Reiches zu informiren ; er ist auf die Berichterstattung seiner Umgebung ange­wiesen, die ihm selbst die Rapports seiner Gesandten nur auszugsweise übermittelt und man weiß, wie viel auf diesem Wege verloren ge­­hen oder unterschlagen werd’n kann. Die Berfie­derung des Grafs, daß er nit die Absicht Hege, Doesterreich- Ungarn anzugreifen oder sich mit einer anderen Macht gegen unsere Monarchie zu verbin­­den, ist sicherlich sehr shätenswerth, aber sie wird doch wohl bedenklich beeinträchtigt dur die in einem Nachlage Hinzugefügte Einschränkung, welche alle die schönen Veringerungen nur gelten läßt, sofern Rußland durch Oesterreich- Ungarn nicht provozirtm wird. Unter gewöhnlichen Verhältnissen wäre eine solche Beschränkung eigentlich ganz selbstverständlich und brauchte deshalb auch gar nit ausgesprochen zu werden; wer will aber heute auch nur an­­nähernd die Grenze bezeichnen, von welcher ab in Rußland die Aktion eines fremden Staates oder die Reugerung eines fremden Ministers schon als Provokation betrachtet wird ? Seitdem die für Rußland so überaus freundlichen Worte in der Käatnofyschen Erklärung vor dem ungarischen Delegations-Ausschusse in Petersburg, thatfähli als Feindseligkeit und Provokation, verlästert wurden, haben wir hiefür in der That jeden Maß­­tab verloren. . Bezüglich, der, in­ den allerlegten Tagen aufgetauchten Nachrichten über die diplo­­matischen Verhandlungen, welche für gewisse Even­­tualitäten ein gemeinsames Vorgehen Englands mit den Mächten der Tripel-Allianz sichern sollen, wird uns mitgetheilt, daß diese Angelegenheit wohl kaum eine merkliche Bewegung der diplomatischen Gebiete hervorgerufen haben dürfte. Denn im Grunde sei die Uebereinstimmung Englands mit den Tendenzen der Tripel-Allianz von dem Tage des Abschlusses der leiteren eine ausgemachte und kaum besonders zu­ disfutirende Sache gewesen. In früheren Zeiten bereite ein gewisses, durch einzelne Vok­ommmnisse wachgerufenes Vorurtheil gegen die Stabilität der Regierungsverhältnisse in England. Dasselbe sei nunmehr an der Hand der Erfahrungen des legten Jahres so ziemlich überwunden. Auf englinger Seite besteht aber immer noch eine gewisse Scheu, das Land in kontinentalen Angelegenheiten fit zu engagiren, und dieser Stimmung müssen wohl auf kontinentale Politiker Rechnung tragen. So­­weit ohne förmlichen Vertrag die Unterftügung Englands den Bestrebungen der europäishen Zentralmächte überhaupt zu figern ist, so weit ist sie wohl durch Die Gemeinsamkeit „der Sgutereffen und dur die politische Uebereinstimmung der Staatsmänner üben und drüben gesichert. Was darüber hinaus­­geht, würde einen Vertrag erfordern, und englische Staatsmänner würden und könnten einen solchen Vertrag aa­­chliegen, ohne denselben dem P­arlas­mente zur Genehmigung zu unterbreiten. Nach wied­er m­üssen wir uns also auf Ueberrafgungen Seitens des in­ seinen Entschlüsfen völlig unbe­­rechenbaren Czaren gefaßt machen. Dem Tage. Die Museumsaffaire. Sranz Bulßty gibt in allen vaterländis­­chen Blättern die geharrnichte Erklärung ab, daß er das Opfer miederzüchtiger­­ Verleumdung einer,« und einfältig nachgeplapperten Kaffeehaustrau­ches, anderseits sei, je nachdem er bewurte Böswilligkeit oder blos unbedachte Albernheit wider sich habe. E38 sei weder aus dem Nationalmuseum, noch aus der Esterházy’schen Bildergalerie das Mindeste ab­­handen gekommen. Nun, die Untersuchung­ der peinlichen Affaire ist im Zuge und wird hoffentlich die fledenlose Lauterkeit des bisher so en­gen Charakters des Verdächtigten erweisen. Woher aber sümmt es, daß auf nur der Verdacht gegen den Großmeister der ungarischen Freie Seuilleton. EEE Die Komödiantin. Lebensbild aus der Theaterwelt von 2. Adler. Schon als Kind Hielt sie die Leine ‚Komödi­­antin. Wie sie sich drehte, wie sie ging und stand, wie sie die Augen aufschlug und sprach — man mußte dies Alles sehen, um zu begreifen, daß ein Kind von so gut Komödie zu spielen versteht. — Wenn ein Heiner Kamerad ihr beim Spiele ein­­mal ihren Willen nit that, wie sie da das Mäul­­chen verzog und sich abwandte und heimlich blin­­zelte, biß der kleine Spielgenosse reuevoll zu ihr fan und Alles that, was sie begehrte. Oder wenn sie eine Strafe zu erwarten hatte, wie sie da zum Lehrer emporblichte, bis dieser von dem Blide ent­­waffnet, sprach : „Seh, Du Heine Komödiantin !“ Wie sie endlich ihre Eltern umzustimmen wußte, wenn ihr dieselben ‚ein D Vergnügen versagen wollten — — aus jedem Tone, aus jeder Bewegung guhte da die „Leine Komödiantin“ hervor. Und nun war sie wirklich zur Komödie ges­­angen. In kurzer Zeit hatte sich Elja ‚bei einem der vornehmsten Theater eine erste Stellung er­rungen. Sie war feine Träumerin, die­ nur der ers bhabenen Kunst und ‚den ‚göttlichen Sydealen lebte . — Augen und Ohren hielt sie offen für das bunte, alltägliche Getriebe um sie her und nicht selten ke, sie selbst vie Fäden fein­­ und geschtet in­ das Nek der Latriguen und Listen, deren Webstußl­ie in Hube steht und an dem von figtbaren und unsigtbaren Händen stets leise­ fortgesponnen wird. Sie war­ auch keine Künstlerin, deren Gebilde mit elementarer Gewalt aus dem Innern hervor­­brechen, aus der Tiefe entstehen und in die­­ Tiefe der menschlichen Herzen dringen und Ddiefe aufrüt­­teln ; ihre Kunst war — Komödie, fein und geist­­vol­l „gemacht“, wie der technische Ausdruck sagt, „verlogen“, wie einer ihrer Gegner herbe­sprach, dessen Britisches Wort gewigtig in die Wagschale zu fallen pflegte und auch in­­ diesem Falle den neuen Direktor beeinflußte. Dieser, ideal und träumerisch angelegt, nach Feinem strebend, war zum praktischen Reiter eines diplomatischen Istitutes, wie es das Theater ist, nit mehr geeignet, als ein Schäfer aus der grie­­chischen Zoylle zum Kriegsminister. Die Herde wird zum Führer, der Schäfer zum­­ Schaf. Die Regisseure, welche gleichzeitig ausübende Künstler von­ Bedeutung­ waren, errangen je­ eine ungewöhnliche Macht. Elja erkannte dies bald. Als sie sah, dag der Direktor ihr manche Wünsche verweigerte — der Speak­st hatte seine Sympathie für die „große Komödiantin“, wie er sie nannte — da hatte sie bald ihren Plan­ fertig. Unter­­ den Regisseuren waren zwei, welchen der Direktor sein ganzes Vertrauen zugewandt hatte. Mit dem einen war er schon duch langjähr­­ige Freundschaft verbunden, er war­ der vornehmste und­­ angesehenste Künstler­­ der Gesellcaft. Der an­­dere­ war jünger, elastig,­ fein und flug wußte er sich jenem gefällig und dem Direktor duch­mans den guten Rath Hilfreich zu er­weifen. Er war Mit dem rigtigen Anstinkte auch ein energischer Charakter. — Ein solcher übt über den schwächeren, wenn er erst bei diesem in Ansehen steht, eine gewisse Macht aus. Elja beobachtete, des Weibes hatte sie bald herausgefunden, daß der junge Regisseur — wir wollen ihn Otto nennen — bei aller Energie doch auf schwach sein konnte. Was vermag in biesem Halle nit ein schönes, kluges Weib — dachte Elja. Und Elja war schön und Mug. Sie wußte ihn dur­cleine Züge zu er die sie scheinbar ganz unabsichtlich ver­­riet Zuerst war er die Verehrung für­ den Künst­­ler, die sie an den Tag legte. Nit etwa, ‚daß sie selbst ihm sagte wie sehr sie ihn frage, nein, Hinter­ dem Rüden lobte sie ihn. Sie sorgte für kleine Aufmerksamkeiten in seiner Garderobe; dabei schärfte sie dem Diener ein, nie zu verrathen, daß, sie dieselbe veranlaßt hätte — nur ganz „zufällig“ kam Otto stets dahinter. Dann aber­ war sie zu* rüchaltend ihm gegenüber ; nur bie und da ver­­rieth ein Blid — nicht etwa ein heißer, schmach­­tender, nein, ein leuchtender Vlid aus naiv fra­­genden Augen, daß­ eine tiefe Seele in dieser spröden Hülle verborgen sein müsse. I n jeder fünstlerischen Angelegenheit wandte sie sich an ihn um seinen Rath. Und wieder war es­ ein dankbarer Skindlicher Blid, der ihn traf. Oder sie ließ ihn in die­ Garderobe bitten. Hier stand sie, ihre schöne Gestalt Teutch verhält ; sie bat ihn um seine Meinung, ob die blonde oder die dunkle Periode der Nolle angemessener sei. (Fortlegung folgt.) be a

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