Oedenburger Zeitung, 1889. Februar (Jahrgang 22, nr. 27-49)

1889-02-14 / nr. 37

N­N LE­ FE ...--«-.«..«.»......« ET TEEGETETETET EEE weiter mit derlei Vorspiegelungen einlullen, nach­­dem man daheim Hoffnungen erweckt und aufge­­muntert hat, welche sich nicht verwirklicht haben. Uns künnen die „Freundnachbarlichen“ (!) In­­finuationen zwar sehr falt lassen, aber hüten soll­­ten wir un8 Ddoch) vor der Kundgebung eines so bewenflichen Patriotismus, daß er den Neffen Freude macht. Freilich, wenn — wovor uns der Himmel bewahren möge — es dazu füge, daß der wirk­­liche P­atriotismus und die Bün­dniß­­treue unserer Monarchie mit Thaten bewiesen werden Soll, so würden die Neffen gewiß Gelegen­­heit haben, sich davon zu überzeugen, mit welcher Entschlossenheit und Treue alle Wölker der Monarchie, also au­ch­ Ungarn, an ihren Bündnissen festhalten. E. M. Die französischen Wirren. Dedenburg, 13. Februar. Von der vorlegten Situng der französischen Deputirtenkammer erzählt uns die „W. U. 3.“ eine sehr bezeichnende Episode. E­­ hätte nämlich der Deputirte Dugne de la Fanconnerie geru­­fen: „Die Kammer macht ihr Testament“, worauf vom Ministerpräsidenten Floquet die schlagfertige Antwort: „T­estamentmachen heißt wo nicht sterben“ erfolgt sei. Nun, — so meint das zitirte Blatt — das bleibt noch abzu­ warten. Die französische Kammer bestellt jedenfalls ihre Angelegenheiten. Der Kampf wegen den Bou­­langismus tritt in eine entscheidende Phase. Flo­­quet ist Führer und Leiter des Kampfes. Der Heine Mann rennt seine Strupeln und handelt nach der modernen staatsmännischen Maxime, wonach es nur von überlegenem Verstande zeigt, die frü­­heren Gesinnungen zu verleugnen, wenn eine bessere Einsicht dazu räte. Floquet rief einmal Ale­­xander II. zu: „Es lebe Polen!“ Im vergan­­genen Jahre aber bemühte er sich lebhaft um Die Gunst, dem russischen Botschafter, Baron Mohren­­heim, vorgestellt zu werden. $loquet­ war ein­­mal ein Freund Boulanger’s und hat manchen Stein auf dem Wege des ehrgeizigen Generals aus dem Wege geräumt. Aber er hat seinen Fehler ein­­gesehen und ist der erbitter­te Gegner dieses Prä­­tendenten auf die Diktatur geworden. Slogquet war auch­ einmal ein Anhänger der Listenwahl, von der sich noch ganz andere Köpfe, so beispielsweise Gambetta, unendlich viel für das Heil der Republik versprachen. Aber auch diese Vorauslegung war ein Irrthum, und gestern er­ Härte der fran­zösische Premier reumüthig auf der Tribüne, er opferte seine Gesinnungen, welche ihn einst zum Anhänger der Listenwahl gemacht haben, und beuge sich vor dem Willen des Landes, welches die Wiederherstellung der Wahl nach Bezirken oder Arrondissements verlange. E83 sei eine D Verschwö­­rung der staatsfeindlichen Parteien im Spiel ,diese Verschwörung zu bezwingen, dazu biete die Arron­­dissementswahl die Handhabe. Durch diesen Wahlmodus soll das PBlebis­­ch­ verhindert werden, zu welchem die Listenwahl Boulanger Gelegenheit geben konnte. Der Ge­­neral hatte die geheime Absicht, seinen Namen an die Spibe der L­isten aller Departements zu stellen. Das sol ihm unmöglich gemacht werden. Gam­­betta erklärte einst, die Wahlen nach Arrondisse­­ments brächten eine „Kammer von Thierärzten“ zusammen. Er propagirte die Listenwahl, um das Deputirtenhaus auf ein höheres Niveau zu heben. Aber besser eine Kammer von Thierärzten, als eine Kammer, in welcher eine boulangistische Majorität die N Republik zu Tode fuh­iren möchte. Die Mehrheit der französischen Republikaner schloß sich dieser Ansicht an. Mit 268 gegen 222 Stimmen wurde die Vorlage, welche die Wahl nach Arrondissements wiederherstellt, zum Geset­­l 3 ist eine Mehrheit, aber seine große Mehr­­heit. Dem S Kabinet Flogquet wurde sein D­er­­trauensopotum nur mit 44 Stimmen ertheilt. Wie wird er erst morgen den 14. d. sein, da die N Revisionsvorlage zur Abstimmung gelangt ? 1­ Die Opportunisten werden gegen diesen Ge­­leßentwurf stimmen. Wenn er zur Annahme ge­­langt, wird er nur geschehen, weil mit den Nach­­faten die Monarchisten und Boulangisten für die Vorlage eintreten werden. Wenn sie die Markce hätten, diesmal nicht für die Revision zu stimmen, so wäre das Kabinet Floquet gestürzt. Floquet selbst ist für die Revision nicht begeistert.. Er bringt die Vorlage überhaupt nur ein, weil er sicher ist, daß der Senat sie ab­­lehnen wird. Er bringt sie ein um das Wort ein­­zulösen, welches er und alle Radikalen den Wählern gegeben haben. Seit Jahren haben sie diesen die Nevision versprochen. Können sie dafür, wenn der Senat dann die Nevision ablehnt? Sie haben ihr Wort erfüllt. Das Ganze ist eine Komödie. Aber ein solches Spiel mit ernsten Dingen ist gefährlich. Wie, wenn es einem der Akteure nicht beliebte, die vorgeschrie­­bene Rolle zu sprechen? Wenn ein fals­ches Stich­­wort fiele? Wenn die Komödie überhaupt keinen Beifall fände ? Es müßte eine allgemeine Verwirrung ent­­stehen. Und im­­ Hintergrunde lauert ein großer Komödiant, welcher in diesem Momente der Ver­­wirrung hervortreten möchte, um die Szene zu be­­herrschen . . . Die Kammer hat wirklich ihr Testament ge­­macht. Floquet Hat indes Nacht: Z Testament­­machen heißt nicht sterben. Aber das­­ Testament­­machen ist oft das Symptom eines sehr kritischen Zustandes. Gevatter Tod schleift Häufig dabei die Serie... . In wenig Stunden muß die Krisis die Lö­­sung finden. Sie wird über Leben und Tod des französischen Ministeriums, der Deputirtenkammer, vielleicht der... . Republik entscheiden ! Dem Tage, Aus dem ungarischen Reichstage. Auch am rechten Dienstag zeigte der Einlaß vor dem Abgeordnetenhaujfe — einen Friti- Dichte­raffen hielten die San­­dor-Gasse bejegt und empfingen Minister und mi­­nisterfreundliche Notabilitäten mit Abzugrufen, ins gegen Thaly, Apponyi und sonstige bekanntere Oppositionsgrößen mit freundlicheren Akklamationen. ihren Charakter. Das sogenannte­ „souveräne Vort“ auf der Straße, welches seine Demonstrationen wiederholte, da sich nach vner halben Stunde das Haus nach geschlossener Situng wieder leerte, bestand zum größten Theile aus sogenannten „Baltermann’schen G­estalten“, das heißt aus Leuten, denen man in guter Gesellschaft nicht begegnet. Der Präsident meldete zunächst den Tod Bizsolyis und wird der allseitigen Trauer über sein Ableben im Protofolle Ausdruck verliehen. Dann wurde das Dank-Manifest Seiner Majestät zur Kenntniß genommen. Die Abgeordneten Emil Ja­mbofrety,­ Anton Beh und Emil Abrängi werden dem Antrage des ständigen EVerifikations-Ausschusses ge­­mäß verifizirt. Emericd Szivaf regt den Bericht des SustizeAusschusses jammt der neu tertirten Erb­­rechtsvorlage vor. Derselbe wird in Druck ge­­legt und seinerzeit auf die Tagesordnung gestellt werden. Bei der Tagesordnung nimmt das Wort Alerius Györy: Geehrtes Haus! Anläßlich der allgemein bekannten Vorfälle, welche zum Schlusse des vorigen Monates sich ereigneten, hat der Herr Präsident des Hauses versprochen, sich Informa­­tionen zu verschaffen, wer für jene Vorkommmnisse die Verantwortlichkeit trage, da ja — wie erinner­­nh — damals der Urheber der fraglichen Verfü­­gungen nicht bekannt war. Die Sache ist für jeden einzelnen Abgeordneten von großer Wichtigkeit und da ist es denn nöthig, daß das Haus so bald als möglich Aufklärungen erhalte. Unter so bewandten Umständen will ich mich einer jeden Erörterung der Sache enthalten und nur betonen, daß hier von der Freiheit und Oeffentlichkeit der Berathungen der Gesebgebung die Rede ist. Demzufolge habe ich die Erwartung gehegt, der Herr Präsident werde heute schon in der Lage sein, und seinen Bericht zu erstatten, damit wir Aufklärung erhalten, aber unter den Meldungen des Präsidiums dieser Bericht nicht enthalten war, bitte ich den Herrn Präsidenten, im Hinblick auf die hohe Wichtigkeit der Sache seinen Bericht ehestens, und zwar wenn möglich, schriftlich zu erstatten.­­ Präsident: Geehrtes Haus! Ich selbst habe geglaubt, daß ich in der Lage sein werde, den Bericht Schon Heute zu erstatten. Doch ist dies nicht geschehen, weil mir noch einige Daten fehlen und ich nur einen vollständigen Bericht vorle­­gen will. Heute wäre noch die nächste Tagesordnung festzustellen. Die Wehrvorlage ist, wie Sie willen, im Allgemeinen erledigt und er hat mun die De­­tailverhandlung zu folgen. Ich erlaube mir, vor­­zuschlagen, daß Dieselbe für die Donnerstag stattfindende Sigung anberaumt werde. (Allgemeine Bestimmung.) Da Steuer für dreihundert Mark Einkommen ist ? Auch für S Kapitaleinkommen (wegen meiner Schwiegereltern). Betreff der Wohnungen waren Sie so freundlich, anzuführen, daß überall W­asserleitung ist; in den Inseraten steht aber nichts davon. Wie kommt das? Ohne Walser wird seine Wohnung genommen! Gibt’s denn dort auch Ungeziefer? Wan­­zen? Oder laufen auf den gemauerten Herden die Schwaben herum ? Al ich in Breslau zum Besuch war, Ende der Fünfziger Jahre (ich stamme nämlich aus Ostpreußen), da hatte man eiserne Koch­­maschinen in den Küchen; jebt sollen dort ge­­mauerte fleine Desen mit Kochplatten sein. Ist das allgemein so ? Wo wird denn gewaschen? In der Küche? O­er ist Waschfüche und Trockenboden da? Wird dort viel Steinkohle gebrannt ? Wie teuer ist dort der Zentner? Und wie stellt sich die cömische Braunkohle? Brennt den bei wenig Holz die Steinkohle gut an? Das Holz soll dort sehr theuer sein. Hier lauft man einen Zentner flein gehabtes Buchenholz für zwölf bis dreizehn Silbergroschen. Wollen Sie mir gefälligst auf diese Fragen antworten und mir auch mittheilen, wie ich mich in Breslau zu verhalten habe, wenn ich am Bahnhofe ankomme? Und wie wird sich überhaupt die Sache machen wen ich Hinsomme? Ich bin doch ganz fremd dort. Hochachtungsvoll Raver Schmidt. P. S. Eine Badewanne laufe ich ganz be­­stimmt. “ Nachdem Herr­­... Brief überflogen hatte, Pult und schrieb: „Mein werther Herr Schmidt ! Da ich Feine Zeit habe, Ihnen auf alle Ihre Fragen zu antworten, so beschränfe ich mich auf die leßte. Sie fragen, wie sich das machen wird, wenn Sie nach Breslau kommen. Ich kann es Ihnen ganz genau sagen: Am Bahnhofe wird Sie der Herr Ober­­bürgermeister an der Seite sämmtlicher Stadtver­­ordneten in Amtstracht erwarten, Sie feierlichst begrüßen und Ihnen auf silberner Platte den Bürgerbrief präsentiren. Ihr Hauswirth wird natürlich das Haus befränzen lassen und Ihnen eröffnen, daß Sie für die ersten drei Jahre freie Wohnung haben. Selbstverständlich erhebt der Magistrat auch für die ersten drei Jahre seine Steuer von Ihnen. Sie bekommen im Ge­­gentheil eine jährliche Gratifikation von fünf­­hundert Mark. Ueberall, wo Sie hinkommen, wird man Sie gerührt empfangen und Ihnen alle Ehre erweisen — aber wenn Sie zu mir kommen, kriegen Sie ein paar gewaltige Ohr­­feigen, Sie unverschämter Mensch! Mit Hochachtung R.* Herr Karer Schmidt war jedoch nicht der Mann, der sich eine solche Beleidigung gefallen ließ. Er antwortete Herrn K. in gerechter Entrüstung, daß er nunmehr auf die Badewanne verzichte, daß er ihn aber wegen Beleidigung verfragen werde. Das that er denn auch. Das Breslauer Schöffengericht verurtheilte nachdem 8 Einsicht in den sonder­­baren Briefwechsel genommen hatte, Herrn 8. „m zehn Mark Geldbuße, den jech8 Seiten langen feßte er sich empört an sein 2 sie... ’ O Allerhöchste Auszeichnungen. Se. Di a­­jestät hat dem pensionirten Studienbezirk­­­ Ober­­direktor Alexander Päll in Anerkennung seines langjährigen eifrigen Wirken auf dem Gebiete des öffentlichen Dienstes den Eissernen Kronen= orden dritter Klasse, dem Ketegyházaer gr.­­kath. Dechant-Pfarrer Peter Kirileglu in An­­­erkennung seiner mehr als 50jährigen patriotischen Wirksamkeit das Ritterkreuz des Franz­o­­sen-Ordens, und dem Neupester r.­f. Kainer Vinzenz Sch­ler für seine Verdienste auf dem Ge­­biete der Kirche, der Volfserziehung und der öffent­­lichen Angelegenheiten das goldene Verdienst­­kreuz mit der Krone verliehen. O Das Exequatur wurde über Allerhöchste Entschließung dem zum königl. dänischen Konsul in Fiume ernannten Fiumaner Insassen Franz Gil­­bert Corrojjacz ertheilt. O Das rumänische BRRIATRE. Wie Blät­­ter aus Bukarest wissen wollen, sol das Kö­­nigspaar die Absicht haben, im Laufe der näch­­sten Zeit dem Österreichisch-ungarischen Hofe einen Besuf abzustatten. OÖ die Konsekration des Linzer Bischofs. Die Konserration des am 10. d. im Konsistorium zu Rom präsaniierten Bischofs von Linz, Dr. Franz Cal. Doppelbauer, findet in der österreichischen Nationalkirche del’ Anima zu Rom, durch einen dort residirenden Kardinal unter Assistenz zweier Bisccöfe statt. Die feierliche Inthronisation findet im Laufe dieses­ Monats in der Kathedral­­fire zu Linz statt. a3­s Agitation gegen das neue Wehrgefeb. In Raab im Wahlzirke des Ministers Baron­, wurde am legten Sonntag von einer Volfsversamm­­lung eine heftige ee gegen die 88

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