Oedenburger Zeitung, 1892. Dezember (Jahrgang 25, nr. 276-299)

1892-12-03 / nr. 278

ß Zir. 278 XXV. Jahrgang. Samstag, 3. Dezember 1892, Abends­­enburgerDeilung. Organ für Politik, Handel, Industrie und Bann] hfähaft, Tante für soziale Interessen, »Pränunterasions: Peife: Einzelne Rummers­toflen 5 Kreuzer. Das Blatt erscheint tä­lich, mit Ausnah­me des auf einen Somm= oder Feiertag folgenden Tages. Für 2oco: DR 16 fl., Helbjährig 5 fl., Vierteljährig 2.f. 50 fl., Monatlich 1 fl. Für Auswärts: Gannährig 14 fl., „wasiaweig 7 fl. Viertel­­jährig 3 fl. 50 fl Alle für­ das Blatt bestimmten Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Prämumerations- und Infektionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Administration, Verlag und Inferatenaufnahme: Schdrukeri E. Nomtvalter , Sohn, Grabenrunde 121, Sinferate vermitteln: im Wien: Hafenstein , Vogler, Bat­­fischgasse 10, U. Oppelif, I, Stubenbastei 2, Heinrich Schaler, I Wollzeile 12, R. Mosie, Leiterstätte 23, mM.­­Quies, I, Riemer« gaffe 12,7808 Budapest: Saulus Gy., Dorotheagaffe 11, Leop. 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Die Ursache ist Hauptsächlich in den bevorstehenden iirenpolitischen Gelegentwürfen zu findhen, die natürlich drüben eine sehr getheilte Beur­­theilung finden und von der Mehrheit­ der dort ausschlaggebenden SKoterieen ehr fd­eelen Blids betrachtet werden. &8 ist dies auch vollkommen erkpärlich: die Hoffreife, nach deren Stimmungen und Ansichten sich die Meinung der ekflusiven Zirkel regelt, sind mit vielen Theilen des & 8äfy’­­schen Programms nicht einverstanden, auch behagt ihnen die rüde N Rücsichtslosigkeit in der Art wie Szilágyi seine Reform-Ideen durchzufegen beabsichtigt, ganz und gar nicht; und so find­en namentlich Diese beiden Mitglieder des ungarischen Kabinets, welche Desterreich- Hodthory nur ge­­zwungenermaßen goutiren. Die Wiener „Presse“ enthält diesfald einen bezeichnenden Wriitel, worin sich die momentane Stimmung über unsere Parteiverhältnisse, wie folgt, wiederspiegelt: Wenn si die parlamentarische Situation in Ungarn nicht plönlich beruhigt Hat, wie Diet sonst unmittelbar nach der Neubildung eines Kabinett vorzukommen pflegt, so liegt das in diesem alle offenbar in erster Linie an der Zusammen­­legung des Ministeriums, bei der die Kontinuität der Prinzipien und Personen aus­­schließlich maßgebend war. Die­ Indemnitäts- Debatte, welche eine ganz unerwartete Länge an­­genommen hatte, drehte es ausschließlich um die Position des Kultusministers Grafen E34 y, des Justizministers Szilagyi — und nebenher liefen persönliche Ausfälle gegen die Berson des Ministers a latere Grafen Tipa, der alle Mit­­glied der Familie Tipa unter allen Umständen bei der Opposition eines unfreundlichen Empfanges sicher sein konnte. Dem Grafen Csaly wurden Widersprüche zwischen seinen kirchenpolitischen Aenßerungen von ehedem und zwischen dem neuen Regierungsprogramm, dem Justizminister Szilägyi überdies ob Gesinnungswechsel und Unthätigkeit zum Vorwurf gemacht. Man mußte aus der Indemnitäts - Debatte den Eindruck gewinnen, daß die politische Lage in Ungarn heute viel einfacher, viel Barer sich gestaltet hätte, wenn anstatt Csály und Sziläyi zwei neue Männer in das neue Ministerium eingetreten wären. Die tiefer liegenden Ursachen der rechten Ministerkrisis waren zum großen Theile aus dem Drange nach Veränderung entstanden. Dadurch, daß diese Krifis mit dem bloßen Falle des Grafen Szapary abschloß und daß ( auch noch doch den Eintritt de Grafen Tipa und Kabinett — ed. möglich geworden war. Die Rekonstruktion des Ministeriums als ein Werk und, was noch mehr ist,­­als den Sieg der sogenannten Tipa-Clique darzustelen — diese Thatsache allein hat den schon früher bestandenen Un­­terströmungen in Der­­ Regierungs­­partei wie der unversöhnlichen Opposition neue Impulse zu persönlicher Stellungnahme verliehen. Die Gerüchte von einer Fusion mit der Partei des Grafen Albert Apponyi — welche wegen dessen Haltung in der Hengi-Affaire vor vier Wochen gänzlich verstummt waren — bekamen da­­durch wieder neue Nahrung und sie erhalten sich so hartnäckig, daß fest von rechts und Linie im Parlament von der Fusion wie von einer unab­­wendbaren Eventualität gesprochen wird. ‚Seit der legten großen Rede des Grafen Apponyi spricht man in Budapest allerdings mehr denn je von der Fusion und es gibt Elemente genug, welche wünschen, daß dieselbe anläßlich der in der näch­­sten Woche beginnenden Budgetdebatte zu Stande kommen möge. Im Weslen ist die Sprödigkeit auf beiden Seiten noch immer so groß, daß das Schon seit so langer Zeit in der Luft schwe­­bende Projekt wieder einmal bersten konnte. Ein anderes wichtiges Moment, dad die Indemnitätz- Debatte wieder zur Diskussion gebracht, war die konfessionelle Frage... 3 hat sich gezeigt, daß im Ungarn eigentlich nicht mehr von einer Trage, sondern nur mehr von einem latenten konfessionellen Zwist die Nede sein künne Es ist jammerschade, daß Ministerpräsident Weierle nicht die Kühn­­­heit besessen hat, die grundlos aufgebauschte Angelegenheit der Zivilehe — unter der An­­drohung der Auflösung des Parlaments — von der Tagesordnung abzulegen. Daß war frei­­­h nach dem Festhalten an der „Kontinuität der Prinzipien und P Personen“ nicht mehr möglich. Aber ein solcher dem bedeutenden Talent und der Entschlossenheit einer Individualität wie Weferle durch Mund würdiger Handstreich hätte nicht nur die Situation im Handumdrehen geklärt, er hätte auch dem Lande den Konfessionellen F­re=­den bewahrt. Dem Tage, O Allerhöchste Auszeichnungen. Seine Ma­­jestät hat dem Pfarrer in Lichtenwörth Johann Wanek und dem Zurnlehrer am Landes-Real­­und Obergymnasium in St. Bölten Professor Karl Schned in Anerkennung seiner Zei­tungen' Feuilleton, Lottie Lottie war ein allerliebstes Mädel und ich hatte sie sehr gern. Sie war gut, munter und Babih. Schon als Knabe auf meines Vaters Pachthofe bewarb ich mich um Lottie's Liebe in der althergebrachten ländlichen Weise und sie wußte, daß ich sie zu meiner Frau zu machen ge­­dachte, das heißt, wenn ich je heirathen sollte. Das Heirathen aber Hatte noch gute Wege, denn die Befigung von Lottie's Vater war nur klein, und meine Aussichten für die Zukunft waren auch nicht derart, daß wir je auf die Erfüllung unserer Wünsche hätten rechnen künnen. Somit war ich oft recht betrübt, wenn ich sah, wie auch andere Burschen Pottie’s Netze ebenso bewunderten wie ich, und sie gern, in Anbetracht ihrer häuslichen Tugenden, zum Weibe genommen­ hätten. Aber obgleich einige von ihnen unter den Schönen von St­­ald gute Partien bekannt und begehrt waren, so blieb sie mir doch treu und versprach mir, zu warten. Da ereignete sich etwas, das ich für einem Wint der V­orsehung hielt, da­­mit ich doch endlich im Stande sein würde, Lottie heimzuführen. Ein alter, reicher Onkel von mir, der si früher nie um mich gekümmert Hatte, schrieb mir pröglich zum ersten Male in seinem Leben. Ich sei fein Pathe, bemerkte er in seinem Briefe und er halte e3 für seine Pflicht, fi meiner anzunehmen. E3 sei eine Stelle­ in seinem Geschäft frei, und er biete mir Dieselbe an, wenn ich e3 nicht vorzöge, auf meines Vaters Rübenfeldern fort zu begeh­ren, möge ich kommen und sie annehmen. Ich sollte indessen nicht denken, daß ich in Anbetracht meiner Verwandtschaft mit ihm faullenzen dürfe, er würde mich lehren, was ich zu thun habe, und erwarte von mir, daß ich ein fleißiger Lehrling sein werde. Er theilte mir mit, wie viel mein Gehalt für das erste Jahr sein und wie Hoch sich der Zuschuß im zweiten Jahre belaufen werde. Der Brief war seineswegs zärtlich, mich aber erfüllte er mit Ent­­züden. Nachdem meine Eltern ihre F­reude über meine Aussichten für die Zukunft Genüge gethan, eilte ich, L­ottie den Brief zu zeigen. — Du wirst ein Jahr auf mich warten, nicht wahr, Lottie? fragte ich sie. Dann haben wir Alles, was wir brauchen. Sie versprach mir, treu auszuhalten, bis ich wieder füme, und nach dem zärtlichsten Abschiede von ihr, verließ ich sie, überzeugt, daß es sein besseres, Hübscheres und süßeres Mädchen in dieser Welt gebe, al Lottie. Mit Anbruch des Tages fuhr ich zur Stadt, und acht Tage später trat ich mein Amt in meines Onkels Komptoir an. Mein Onkel war ein guter, aber strenger Mann. Er zahlte gut, wenn die Arbeit gut ausgeführt war, ab­er bestand auf Fleiß und Gehorsam. Gegen Unredlichkeiten kannte er sein Erbarmen und ich habe ihn oft sagen hören, daß, wenn er einen Sohn hätte und er ihm zu bestehlen oder zu be­­trügen versuchte, so würde er denselben ebenso streng bestrafen, wie einen jeden Fremden. Ich war bestrebt, ihm zu gefallen und bin von Natur sein Faullenzer. Mein Onkel schien figtig mit mir zufrieden. Sein Kompagnon, weniger engherzig als er, [nd mich zu fr­ein. Dort in meinem ersten Schwarzen rad, einer weißen Krawatte und eine Rosenm­ospe im Snopf­­foche, trat ich zum ersten Male im der Gesell­­schaft auf, unter den swingenden Flügeln meines Onkels. Er, ein alter Hagestolz, der sich nie viel um Damen befümmerte, gesellte sich bald zu einigen älteren Herren, mit denen er sich in ein ernstes gelehrtes Gespräch über Scheil3 und Eisenbahnen vertiefte, aber die Frau vom Hause erbarmte si meiner und führte mich in eine andere Ehe des Saales, wo eine Anzahl junger Leute plaudernd und ladend aß. — Grace­ sagte sie, und eine elegante junge Dame erhob sich und trat vor. Grace, meine Liebe, dies ist der junge Herr Lascom, Herren Lascom’s Neffe, Herr Lascom, meine Tochter, Fräulein Hudson.­­Darauf verließ sie und. Fräulein Hudson stellte mich der Gesellschaft vor und übernahm es, mich zu unterhalten. Sie forderte mich auf, sie zu­rTijche zu führen. Ich würde es niemald gewagt haben und ich verbrachte einen köstlichen Abend. So dachte an Lottie. Ich dachte daran, wie hübsc­h sie sei, viel Hübscher als irgend eines der jungen Mädchen in der Gesellschaft und doch welch, ein Unterschied! Wie machten ec diese jungen Mädchen, daß sie so aussahen? Warum fielen ihre Kleider in so anmuthige Falten! -­­ihr Haar so stilvoll geordnet! Wie stilvoll waren sie selbst ! Sie gingen und verbeugten sich, tanzten und fädherten sich, nahmen die Erfrischungen auf ganz andere Weise, wie unsere Mädchen auf dem Lande. Ih­r konnte nichts Anderes al wünschen, Lottie möchte sein wie sie, besonders wie Fräulein Hudson. Wie stolz würde ich dann auf sie sein! Aber ich konnte mir nicht verhehlen, das, wenn Lottie jeßt eingetreten wäre, in­ ihrem einfachen, weißen Weuffelinkleide und­ ihrer römischen Sgleife, ich mich dessen, was ich sonst so zeigend gefunden hatte, ein wenig geschämt hätte. Nicht Lottie'8 — o nein! ihrer hätte ich mich gewiß nicht geschämt, aber der Art ihrer Anzüge und ihres Auftretend, (Zortregung folgt.) Zür Abonnenten liegt heute Ar. 49 des „Fü­nfkrirten Sonntags­blattes‘“ bei. MWie war

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