Oedenburger Zeitung, 1920. August (Jahrgang 52, nr. 174-198)

1920-08-07 / nr. 179

«.k-«J-s;s««­ . Seite 2. — Nr 179 Harmonie in Lied und Leben. Zur gestrigen Generalversammlung des „Liederfranz“. Gestellt in den Abendstunden fand die Generalversammlung des Gesangs­­vereines „Liederfrang“ unter dem Bor­ ffe des Potestors, Kommerzienrat Anton Schafffer, statt. Er begrüßte die Anwesenden h und erklärte als Jwed der Generalversammlung die Schlich­­tung der im Vereinsverbande aufge­­tauchten Streitigkeiten. Zur Klärung des ganzen Sachverhaltes ließ der Pro­­testor­ den Brief verlesen, welchen der Vorstand, Vizebürgermeister Dr. Andr. Schindler, an­­ die Vereinsleitung schichte. Der Brief beinhaltete die Be­­dingungen, unter welchen der Vorstand geneigt it, weiter das Amt des Vor­­igenden zu bekleiden. Unter anderem fordert er auch den Austritt mehrerer langjähriger, um den Verein verdienter Mitglieder, von denen er behauptete, daß sie der Beilegung der Zwistigkeiten im Wege stehen. Hierüber entspann si an der,sie auch gewesene Mitglieder (die doc nicht mehr ‚stimmberechtigt waren) im Inte­­resse des Vorstandes beteiligten. Eine Einigung konnte nut erzielt werden, daher wurde über das Verhalten Doktor Schindlers eine geheime Abstimmung vorgenommen, welche sich mit 45 gegen­ 14 Stimmen gegen das Vorgehen Dottor Schindlers aussprach und den als finit- begeisterten und in seinen Umgangs­­formen charmanten Herrn Alfred Schwarz de Medgyes zum ersten Vor­­stand wählte. Zweiter V­orstand wurde Herr Ernst Szep. Zum provisorischen Chormeister wude der in der Multiwelt bestbekannte Banfbeamte K Alafkfy an Stelle von Professor Karpathy gewählt. Dieser leitere hatte vor sei­­nem Abgang noch eine lebhafte Ausein­­anderlegung mit dem Banfbeamten Alaskfy.­­ Hiemit wurde der seit lan­gem gärende K­onflikt im Verein zu einem befriedigenden Abschluk gebracht und Dank der festen Haltung der Ver­­einsmitglieder der deutschen Kunst ihre Dieses Ergebnis wird­­ alle gut deutsch fühlenden Men­­schen mit voller Befriedigung­ erfüllen. Hoffentlich bleiben dem Berein in der Ankunft der­ Austritt der zerießenden derlei unliebsame Ausein­­anderlegungen und Daseinstümpfe er­­part. Damit immerdar der Wahlspruch der Liedertrangler: „Harmonie in Lied und Leben“, Geltung habe. ‚P­flegestätte bewahrt. Elemente Landwirtschaftliche Inspektorate. Sulius NRubinet Hat in­ der rechten­digung der Nationa­lversammlung erklärt, daß in allen Bezirken landwirtschaftliche Inspektorate zur Aufstellung gelangen, welche geflüchtete landwirtschaftliche In­­spektoren und Staatsbeamte leiten werden. ‚eine lebhafte Wechselrede, Samstag, 7. Augujt 1920 ger \ladır ehten, DOLL III, Dedenburger Zeitunn in Aus der Nationalverjammlung. (Drahtbericht der „Dedenburger Zeitung“) Lidenbu DILL I UN Die Machtbefugnisse des Reichs­­verwesers. Budapest 6. Aug. Die National­­versammlung hat gestern in erster und zweiter Lesung dem Gesegen­wurf be­­züglich d­er Ausdehnung der Machtbefug­­nisse des Reichsverwesers angenommen. Im Verlauf der Debatte­ bemängelte Edmund Benigfy den Gejegentwurf, der entgegen der Geschäftsordnung be­­reits, auf die gestrige Tagesordnung gelegt wurde, wo Doch die Geschäftsord­­nung eine dreitägige Sicht vorschreibt. Es entwickelte sich eine Geschäftsord­­nungsdebatte, in deren Verlauf der Justizminister Tomcejanggi wieder­holt auf die Dringlichkeit des Entwurfes hinwies. Im Verlaufe der Verhand­­lungen sprachen sich jämltiche Redner für den Entwurf aus, auch der Präsident Rasspohly hielt von seinem Abge­­ordnetenjige aus eine Rede im Interesse des Entwurfes. Rakopkly spricht ich jedoch dagegen aus, daßs man dem Neidhsperweier das Sanktions­recht für Gehege gebe, da Da das Sanktionsrecht nur der gefrönte König habe. Den entgegengelegten Stand­­punkt vertritt der Abgeordnete Say. Schließlich wurde der Gesegenwurf im allgemeinen angenommen. In der Spe­­zialdebatte­­ stellt Justizminister Tom­­csanyi den Antrag, daß in den Tert des S1 die Ergänzung aufgenommen werde, das, insoferne ein n­eues M­ahl­­recht geschaffen werde, nach etwaiger Auflösung der jenigen Nationalver­­sammlung, die neue Nationalversamm­­lung auf Grund des gegenwärtigen Mahlrechtes innerhalb dreier Monate nach Auflösung der alten einz­uberufen sei. Das Vertagungsrecht des Reichs­­verwesers erstrebt sich nur auf 30 Tage. Diese Ergänzung des Justizministers wurde angenommen. Die weiteren Bes­timmungen der Vorlage gelangen ohne Debatte zur Annahme. Da der abges­ordnete Kay seinen formellen Antrag bezüglich. Des­ Sanfktionsrechtes des Reichsverwesers gestellt hatte, Findet hierüber seine Abstimmung statt, so daß im neuen Gehege dem’ Reichsverweser ER das G Sanftionsrecht­­‚zugesprochen wird. — Der Bormarsch der Rufen. Am­ Schluffe der Situng brachte Stephan Somogyi in Form einer dringlichen Interpellation die Berichte über den bolschewistischen Vormarsch in Polen zur Sprache. Ministerpräsident Telefi beantwortet die Interpella­­tion sofort und erklärte, man könne nicht über alles öffentlich sprechen und selbstverständlich könne man der drohen­­d­en Gefahr gegenüber nur so viel Kraft anwenden, als man selbst besage, doc werde diese Kraft in vollem Maße ein­­legen. Man dürfe jedoch nicht jeder unmöglichen Nachricht Glauben Identen. Der Ministerpräsident habe den Ein­­druck, daß ji der Vormarsch derzeit nur gegen Polen richte. Die Projekte der Bollberichten ruhen ich gegen die Westmächte und ruhen den Punkt zu treffen, an­ dem diese Mächte am fühl­­barsten getroffen werden können. Selbst­­verständlic­h ist der Gedanke, daß sich der Angriff auch gegen Ungarn richten könnte, nit ganz ausgeschlossen. „Mir rechnen auch mit dieser Eventualität. Tott wird es klar, daß wir, als wir in Bersailles die ungarischen Grenzen ver­­teidigten, an die Grenzen der Groß­­mächte verteidigt haben, die uns gegen­­über gestanden sind. Es hat den An­­schein, als hätten die Großmächte der Lehrer, den sie uns gegenüber begangen haben, inzwischen eingesehen. Einige dieser Großmächte, besonders Franr­­eich, zeigen sich heute schon bereit, uns eine Unterstügung zu gewähren, die unsere Verteidigung kräftiger gestalten könnte. Leider ist aber bisher auf die­­sem Gebiete nur der gute Wille festzu­­stellen. Ich kann das Haus beruhigen, daß wir mit allen Möglichkeiten rech­­nen, also nicht nur mit der Möglichkeit, daß man uns beisteht, sondern auch daß mit, daß wir­ uns selbst überlassen blei­­ben. Unsere Vorbereitungen werden auch in dieser Beziehung getroffen. Ich glaube, das Haus wird es als richtig er­­kennen, wenn sich mich über diese Vor­­bereitungen nicht weiter äußere. Der Interpellant und das Haus neh­­men die NMitwort des Ministerpräsiden­­ten zur Kenntnis. Nächste Situng heute­ nehmen verspricht. Wir machen alle Freunde der Schwarzen Kunst und der Sänger Guttenbergs, sowie alle jene, die auf eine fröhliche Unterhaltung Wert legen, schon heute auf diesem Sommerfest aufmerksam und werden ehreitend Näheres berichten. Ein frehstacher Familienvater, der all­ Arbeiter bei einem Hausbau mit dem linken Arme verunglückt ist, ist infolge dieses Unfalles samt seiner Familie schon seit vier Wochen dem bittersten Elend preisgege­­ben und bittet wohltätig gesinnte Menschen auf diesem Wege um eine Unterstüßung. Die Scriftleitung ist gerne bereit, Spenden für den armen Mann entgegenzunehmen. Versammlung der Aktionäre der Raaberbahn. Die Aktionäre der Raab— Diedenburg— Ebenfurther Bahn halten am 15. September 1920, 11 Uhr vormittags, in Budapest (I. Szilagyi Dezid­ier 1. Sigungssaal im II. Stode) eine Sigung ab. Die Aktionäre, welche von ihren Rechten auf der Generalversammlung Ge­­brauch zu machen wünschen, mögen ihre Arzten (je 10 berechtigen zu einer Stimme) mit den nicht abgelaufenen Kupons bis spätestens 7. September d. h. in unserer Stadt bei der Hauptrafe der Bahn en­t­­reichen. Heiratende Offiziere müssen wieder Kaution leisten. Der Reichsverweser hat angeordnet, daß die auf die militärischen Heiratsfautionen bezüglichen Bestimmungen wieder in d­s Leben gerufen erden. "Die Kaution beträgt für den Leutnant 120.000, Oberleutnant 100.000, Hauptm­ann 80.000, Major 60.000 Kronen. Offiziere des Kombattantenstande, die ihr Dreißigstes Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, haben doppelte Kaution zu erlegen. Wetterbericht. Nach einem dichten Morgennebel ließ si der Heutige Tag prächtig an. Ein schwacher Nordwestwind streicht über das Oedenburger Boden. Ein viel weniger günstiges Bild­ zeigen die meteorologischen Beobachtungsinstrumente. Der Luftbruck vermindert sich stetig; seit aestern früh beträgt die Differenz­­ fast 7 Millimeter. Der Taupunkt der Luft ist bedeutend gestiegen. schon um 8 Uhr früh erreichte er 17 Grad Gelsius. Hiernach ist Gemwitterbildung sehr wahrscheinlich. Mit­­tags senkte sich der Taupunkt abermals auf den bisherigen Durchschnittsrand von 14 Grad Gelfins. Der Nord-Nordwestwind ist im Zunehmen, der Luftbruch im lang­­samen Steigen begriffen, Wetteraussichten vorläufig noch froden, mindig. Die T­arnfäde. Das Wunder der Tarntappe, welche die Helden der­­ deutscher Sagenwelt bei ihren Unter­­nehmungen unsichtbar machte, dürfte au­ in manchen hiesigen Streifen bekannt sein. Die Tarnfäde sind­ jedoch eine moderne, heimische Erfindung. Sie machen­ zwar niemanden unsichtbar, werden es aber selber, und zivgt auszerechnet im Augen­­blicke, wo man ihrer bedarf. Das abzu­­liefernde Getreide steht bereit überall zur Verfügung­ der Behörden., Der Abtransport könnte also beginnen. Doch da stellt sie nun heraus, daß die Agenten der Waren­­verfehre.N.-&. feine Säde zum Einfüllen des Getreides haben. Die gottfei'ge Kriege­­produkten:A.-&. besah eine­­ unheimliche Menge von Süden, welche naturgemäß auch heute noch vorhanden sind. Wo sollten sie dem an hingekommen sein? Aber es sind eben lauter Tarnsäde und bleiben troß allem gutmütigen Zureden unsicht­­bar. Hätten wir doch auch noch eine Tarnfappe, dam­it wir diese ganze Gesells­­chaft mit ihr bededen könnten, um sie unsichtbar zu machen, denn wir fürchten uns, zur Magenschrumpfung noch einen Magenkatarrh mit Gelbsucht zu holen, falls wir länger zusehen müssen. Daß es si­­num mit dem Getreidetransporte wieder spießen wird, braucht man nicht effi zu betonen. ———— 25jähriges Jubiläum. Stefan Bozi, Angestellter der Erfren­ung, Allgemeinen Bereicherungsgesellschaft, feierte vorgestern sein 25jähriges Dienstjubiläum. Bei diesem Anlasse wurde der Jubilar, welcher ji mit seinem unermüdlichen­­ Pflichteifer die vollste Anerkennung seiner Vorgelegten er­­warb, vom G Sekretär des Insstitutes im Namen der Kollegen herzlichst begrüßt. Die­­ Oedenburger Buchdrucer veranstalten Sonntag den 22. August im Prachtgarten und in sämtlichen Räumlich­­keiten des Hotel P­annonia eine in­ großem Stile geplante Sommerunterhaltung, die einen ehr gediegenen Verlauf zu­­ Nachruf verboten. „Bergib!“ Originalroman von SH, Bourihs-Mahler, (38. Fortlegung.) „So soll es sein. Und hun adieu, Rente.“ Iraute hatte mit entschiedener Miß­­billigung Diese Szene beobachtet. Als­­ Hans-Georg Mutter Klimichen auf die Mange führe, glaubte sie, nicht recht ge­­sehen zu haben. In Lantwik verkehrte die Herrschaft mit den Leuten ganz ans „ders. Als Hans-Georg sie an den Leuten vorüber die Treppe hinaufführte, glübte sie Huldvoll , wie ihre Mutter es gez­o tan haben würde. „Hier muß ich ja einen ganz anderen Ton einführen. Hans-Georg tut ja, als ‚tände er auf Du und Du mit seinen Dienstboten,“ date sie. . Aber sie sprach sein Wort. Und als Hans-Georg sie dann, im ihren Zim­­­mern angelangt, in die Arme nehmen wollte, um ihr ein herzliches Wort zu ‚Jagen und sie zu füjsen, da bog sie si­e entreßt zurück: „Ich muß jet danfen. Nachdem du eben exit deine weiblichen Domestiken ‚gefükt hast, habe ich wirklich sein Ver­­langen danach.“ Ein ironisches Lächeln umspielte da seine Lippen.Er sahntse nichst,daß sie zugleich fe­ststellen wollte,daß Loris Mutter auch nur Haushälterin in Ho­­henstein gewessen ist ,.Aber in Hohenstein nicht,«sagte er ruhig.»Mutter Klimschen ist seit einem Menschenalter unsere Hausgenossin,de­­ren Treue und Tüchtigkeit wir in guten und schlimmen Zeiten erprobt haben. Sie hat mich Schon als feinen Buben auf den Armen getragen, und sie steht Hans-Georgs Arme jaufen herab. Tedes warme Gefühl war verflogen. Er­­nüchtert trat er zurück: Im jeinen Au­­gen rudte es seltsam, als wenn aus dem Stahl Funken sprühten. Er hatte wäh­­rend seiner Flitterwochen­­ schon öfters Gelegenheit gehabt, zu erkennen, wie sehr er sich in Traufe getäuscht, wenn er sie für findlich sehmiegsam hielt. Sie waren schon mehrmals aufeinanderge­­prallt mit ihren verschiedenen Ansich­­­ten. Bisher hatte Hans-Georg noch im­­mer an ich gehalten. Auch heute blieb er ruhig ihrem Fränsenden Tone gegen­über. „Meine Untergebenen? Ich habe Ei Lor­ und Mutter Klimjcen ge­­üpt.“ „Run, eine Haushälterin it du eine Untergebene. Die Haushälterin rechnen wir in Lanswik an zu den Domestifen.“ . uns sehr nahe. Aber das ist nun neben­­bei. Wenn du mir seinen Kuh geben willst, so muß ich warten, bis ich mit K­ölnischem Wasser alle Spuren getilgt habe, die Mutter Klimjchens Ku auf meinem Mund Hinterlassen hat.“ Traute zog die Brauen hoch. „Mein Gott, Hans-Georg, du kannst unglaublich formlos fein!“ Er lachte grimmig.­­ »Das hast du auf un­serer Hochzeits­­teile so oft wiederholt, Daß ich es zur Genüge weiß. Ich habe das bisher ruhig hingenommen, Traute, um mich unter fremden Leuten nicht mit dir zu taufen. Set find wir aber zu Hause, jept gib es auf, mich stets zu kritisieren. Hier in Hohenstein herrscht ein anderer Ton als in Sanftwig. Daran wirst du dich ge­­wöhnen müssen.“ Sie warf den Kopf zurück und sagte in scharfem Ton: „Ich denke, du m wirst dich anders gewöhnen müssen. Den Ton in einem Hause gibt doch wohl die Hausfrau an.“ Er sah sie mit einem unbeschreib­­lichen Blic an. Dann sagte er langsam: „Wie sonderbar — mit ist noch nie, so aufgefallen, wie jegt, wie du deiner Mutter gleichhst. Ich möchte nur willen, wo dein Findliches Wesen geblieben ist, das du während der Brautzeit zeigtest. Uebrigens itrst du, wenn du meinst, in Hohenstein den Ton einführen zu kün­­nen, den deine Mutter in Lanfwiß aus gibt!“ Damit wollte er aus dem Zimmer gehen. Aber er besann sich. Nein , so sollte die erste Stunde in ihrem Heim nicht ausklingen. Er mukte nachichtig sein mit ihr. Sie war unter den strengen Augen ihrer Mutter aufgewachsjen und sonnte nichts dafür, daß deren Art ihr im Blute stecte. Er kehrte um und faßte sie bei den Schultern. „Traute!“ „Was willst du?“ fragte sie schmol­­lend. « »»Ich bitte dich,Traute,wirf den steifen Formelkram über Bord.Lerne den herzlichen Ton in Hohenstein ver­­stehen;dann wirst du ihn auch lieben und dir das Herz davon wärmen lassen. Draußen in der Welt waren deine stren­­gen Formen vielleicht am Platze.Aber hier­ ist mir alles Geschraubte unertring­­lich.·Und Kritiken über das,was mir bisher lieb und teuer war,vertrage ich erst recht nicht!Als so sei ein froher Mensch unter Menschen·Vergiß,was deine strenge Mama dir eingepaust hat — oder verlange wenigstens nicht, daß ich den formellen Firlefanz als Kate­­chismus betrachte. Wir wollen uns Doch das Leben nicht gegenseitig schwer machen.“ (Fortlegung folgt.) .­­|­­ °

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