Pannonia, 1873 (nr. 12-91)

1873-09-11 / nr. 73

Seite 2 1873 eine unbegründete ist, daß aber bey erfolg ; Frage von 3?/, Mill. u „Finanzjahres den im Budget präliminirten Ue­der vorhandenen Bede>ung i Gulden höcst­ wahrscheinlich; ni<t ausweisen werdet So tröstlich auch diese Mittheilungen sind, gestattenfs leider noch Feine ig Weiser für das Budget von 1874, Krisen, wie die überstandene, und Geschäftsstufungen, wie die gegenwärtige, zeigen ihre Nachwirkungen erst im Budget .Hoffentlich hält man sich auch im der künftigen Jahre. Finanzministerium diesen Erfahrungssatz bei der Aufstellung des Budgets pro 1874 und vorzugsweise bei der Kritik des Reichs­­budgets vor Augen. Eines scheint so viel wie sicher : diesmal wird die Österreichische Delegation es nicht mehr verweigern, vor Workrung des Reichsbudgets den Landes-Finanzminister zu hören, denn das früher maß­­gebende Motiv, daß die Auseinanderlegungen des Mini­­sters einzelne Delegations-Mitglieder zu besonderer reigebigkeit bestimmen“könnten, dürfte diesmal nicht zutreffen. So rosig man­­ immer die Finanzlage betrachten mag, die nächsten­ Jahre dürften dennoch den biblischen mageren Jahren gleichen. des . Kaschau, Donnerstag „PANNONIA“ 11. September 1873. Nr. 73 | Geldinstitute, *­ e, und nur Schwarzseher sind es, die ede stellen. Was morsd war, ist bereits zusammengestürzt oder wird bereits als zusammenge­­stürzt betrachtet. Die besseren Werthe behaupten sich und dies genügt vorläufig. Die Börse behauptet zwar eine sehr matte Tendenz,­­denn die kleine Hausse vor zwei Wochen hat den Reconvalescenten angegriffen, wie die bei schwachen Organismen in der Regel der Fall zu sein pflegt, aber jedenfalls wird dieser Rück­­fall nicht einen Character annehmen, der uns noch gefähr­­lich­ werden kann. Das Vertrauen kehrt wieder zurück und wird wieder aufbauend helfen, was plötzlich zusammen­­gestürzt ist. Nur­ bei uns in der Provinz, die wir von der Krise nur mittelbar und auch nicht im ausgedehnten Maße zu leiden hatten, ist die Situation dieselbe ge­­blieben, Matadore ja, sie verschlimmert ih­ron Tag zu Tag und die unserer Handelswelt sehen spähend in die weite Ferne nach einem Hoffnungsschimmer, der sich nicht zeigen will. Dem Handel und dem Verkehr wird fortwährend Capital entzogen, dur< die massen­­haften Kündigungen von Spareinlagen, so­wie durch das Einziehen des Credites der hauptstädtischen Geld­­institute. Eines der größten Geldinstitute findet sich genöthigt, den größten Theil des ausgeliehenen Capitals wieder einzuziehen und dem Kaufmannstande Verlegen­­heiten zu bereiten, die viele — wir fürchten sehr viele — Opfer kosten wird. Angesichts seld trauriger Ver­­hältnisse ist es die­­ Pflicht-der- Presse, mahnend ihre Stimme zu erheben und die durch Beurtheilung der Situation auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die gleich einem Damoklesschwert über unserem Haupte schweben. Kashau gehört nicht zu den reichsten Handelsstädte garns­ nichts­desto, weniger kannan an mit Bestimmthei­en, daß der hiesige Platz die Geldkrise gli perfide Wucher oft­en Schmarogern sich alle erdenkliche Mühe gegeben hätten, „um das Vertrauen in den hiesigen Geldinstituten zu untergraben und dadurch die Situation auszubeuten. Ja, selbst Leute, deren Existenz von dem Bestehen mancher In­stitute beruht, waren b­ericht genug, sich dieser Lästererspaar anzuschließen, ohne zu bedenken, wohin dies führen wird. Wir waren Ohren­­zeugen, wie ganz anständige Kaufleute die sonderbarsten Dinge von unseren Geldinstituten erzählten, um sich darüber entweder zu belustigen oder aus dem Grunde , weil sie leider nichts anderes zu thun hatten. Diese böse Saat hat bereits Früchte getragen, Früchte die vergiftend auf­wirken“ werden, wirfen müssen­ den Handel und Verkehr Wenn „man bedenkt, daß..unser „Plaß trotz­ solcher colportirten Gerüchte sich bis heute wahr hielt, daß „feines der hiesigen JInstitute bis jetzt in Stedung get­rieth, daß vielmehr alle ohne Ausnahme ihren Ver­­pflichtungen mit größter Pünktlichkeit nah gekommen, wird man erst reit die Verworfenheit solcher Läster­­zungen erkennen. Nun aber ist das Uebel Da und es fragt sich, wie man dasselbe am leichtesten bekämpfen könnte ? Unserer Ansicht nach müssen wir uns selbst helfen, sonst sind wir verloren. Die Nationalbank oder der ungarische Aushilfsverein könnte vielleicht für den Moment lindernd wirken, glei einem narkotischen Mittel, welches für kurze Zeit den Schmerz lindert, aber helfen können uns diese nicht. Wenn verstrichen die gegebene Frist Und das Geld nicht zurücgegeben ist, So müssen sie alle erblassen, Keinem wird dann die Strafe erlassen , sprechen diese drohend zu uns, und man müßte sehr kühn sein, um vor einer solchen Drohung nicht zurück­­zuschreden. Wir wiederholen es, wir müssen die Hilfe in uns und unter uns selbst ruhen, wenn uns für die Dauer geholfen werden soll. Das beste dieser Mittel ist die Fusion. Wenn zwei oder drei Geldinstitute sich vereinigen zu einer einzigen großen Anstalt, wenn diese Institute vor ihrer Verscmelzung durc die Veröffentlichung ihrer Bilanzen dem Publicum klaren Wein einschenken, so wird das Vertrauen wiederkehren und das hinter Schloß und Riegel geflüchtete Capital wird wieder zurückkehren, um von da dem Verkehr wieder zurück­­gegeben zu werden. Nicht minder wichtig ist­ die Volleinzahlung der Actien. 80­­ oder 100.000 Gulden Capital genügt heute nur­ mehr, und wenn eine Anstalt in Zukunft bestehen will, so müssen ihre Actien voll eingezahlt „werden. Wir wissen es wohl, daß wir damit tauben Ohren predigen, denn die Herren Gründer, die gegen­­wärtig größtentheils die Verwaltungsräthe bilden und über diese Frage zu­ entscheiden haben, wollen in der Regel davon nichts wissen, weil eben sie es sind, die von einer solchen Maßregel am härtesten getroffen zu sein glauben. Sie saßen seinerzeit an der Schüssel, als man sich um ihre Action stritt und haben so viel an sich gerissen, „wie­ viel sie vermochten, wenn dies auch ihre Kräfte überati­ß stieg. Aber auch das große Publi­­cum­ hörrt von Ei­gen nicht gerne und motiviren dies mit dem beinahe lächerlichen Grunde, daß dadurch dem­ Publicum Geld entzogen werde. Dies ist nicht wahr, denn ein Geldinstitut bedarf nur des Verfillens und darum­­ ist es nicht gerade nothwendig, daß flüssig Geld in die Cassen der Anstalten­­ einfließe ; es genügt, wenn den Actionären durc gute Rimessen ein ge­­nügender Garantiefond geschaffen“wird und das Capital wird dann schon von anderer Seite kommen. Die Aufgabe der Actionäre ist es daher, in den General­­versammlungen dahin zu wirken, und wenn sie­­ ihr Interesse wahren wollen, werden sie dies thun, unbe­­kümmert um die Auflehnung der Verwaltungsräthe gegen­­ diese Maßregel. Schließlich wäre es geboten, wenn die hiesigen Institute mehr collegial gegen­einander vorgehen sollten. Das wollen unsere Institute nicht einsehen ; ja manche glauben ihre Anstalt dadurch zu heben, indem sie eine andere verunglimpfen, und es gibt Philister, die ihren Sigungssaal­ zur­ Schmiedestätte des Stadtblausches machen. Die Zips liefert uns ein schönes Beispiel der Collegialität und wir sollten demselben folgen. , Vereinte Kräfte wirfen viel und Jedermann sollte bestrebt sein, jenen Männern hilfreich an die Hand zu gehen, die ihr ganzes Vermögen zur Aufrechterhaltung unseres Credites hergeben. Zur Furcht ist sein Grund vorhanden, denn: so sehr wir die Herren­­ Verwaltungs­­räthe ehren und schätzen, sind wir doch überzeugt, daß sie weniger Opfer bringen würden, wenn sie sich nicht sicher genug fühlen möchten, zuu H. " *) Wir geben diesen von achtbarer Seite uns eingesandten Artikel unverändert, wie er uns zugekommen, obwohl derselbe im Ganzen und Großen nur dasselbe sagt, was unser in voriger Nummer erschienene , weil wir dadurch unsere Erörterungen bestätigt finden und die Angelegenheit nicht oft genug besprochen werden kann. Die Red. | | Tageswendigkeiten. Inspicixrung.]|5.:Se, Excellenz der Herr FML. Freiherr v. Philippovics ist mit dem am 8. b. abgegangenen Frühzuge behufs Inspicirung mehrerer Truppenkörper abgereist. Bortofreiheit.] Von­ Privatparteien wird oft Klage darüber erhoben, daß sie für Briefe, welche von öffentlichen“ Behörden in sie nicht angehenden An­­gelegenheiten c an sie gerichtet werden, das Postporto zahlen­ müssen,­­ weil­ die Behörden. «bei Adressixung der Postsendungen die bestehenden Vorschriften­ außer Acht lassen. Der Justizminister hat daher an sämmt­­liche 1. Gerichtshöfe, und Bezirksgerichte ein Rund­­schreiben gerichtet, in welchen denselben zur Pflicht ge­­macht­ wird, Briefe, welche in­­ öffentlichen­ Dienstsachen an Privatparteien gerichtet werden, immer­ auf der Adresse mit der Bezeichnung „Portofrei in öffentlichen Dienstladen" zu versehen ; auf Privatangelegenheiten be­­handelnde Briefe haben die Behörden „amtlich, porto­­pflichtig“ zur schreiben. [Necrolog.] Donnerstag verschied in Wien, wo er„ zum „Besuche “der“Weltausstellung verweilte, der Feldmarsc­halllieutenant, in Pension, Freiherr Andor Melczer v. Kellemes. Der Verstorbene, der einer der geachtetsten Familien unseres Landes angehörte (er war Bruder des früheren Präsidenten des obersten Gerichts­­hofes),­­widmetete sich bereits mit 13 Jahren der Soldatenlaufbahn und erhielt seine militärische Erziehung in der Ingenieur-Academie. Nach Vollendung derselben trat er als Oberlieutenant in die Linie und avancirte zum Hauptmann in der Wiener Garnison. Einen­ ­­ Feuilleton. Eine polnische Gesich­te. Erzählung von Moriz Jökai­­us dem ungarischen übersept von Titus Virgil. Mademoiselle Larisse, eine mittelmäßige Sängerin in Paris, welche eben nicht viele Chancen hatte, es bei der Oper daselbst weiter zu bringen, tröstete sich mit der von vielen ihrer Vorgängerinen erfundenen Parole „die Kunst kennt kein Vaterland“, und reiste als „Pri­­madonna assoluta" einer sich constituirenden Opern­­gesellscaft nach Warschau. Bevor sie jedoc noch mit den­ russisten Rubeln Bekanntstaft hätte machen können, „mußte sie erfahren, was polizeiliche Maßregeln zu bedeuten haben. Der Gouverneur glaubte, daß das Auftreten einer französi­­schen Gesellschaft Gelegenheit zu einer stürmischen, poli­­tiscen Demonstration geben könnte, und untersagte bis auf Weiteres jede Vorstellung. Der Director der Operngesellsc­haft lief im Drange der Geschäfte von Pontius zum­­ Gortidatoff , an dem einen Tage gab man ihm Hoffnung, an dem andern benahm man ihm jede. Die Mitglieder der Gesellscaft practicirten sich unterdessen in alle Theorien des Schldenmachens hinein, und als nun definitiv ausgesprochen wurde, Unterhaltung gestattet daß­ den­­ Warsc­hauern keine andere sei, als allabendli ihre Ohr­­muscheln doch den Trompetensc­hall der Militärcapelle in dem „sächsischen Garten“ regaliren zu lassen, da gelangten auch sie in jene Situation, in welcher man sein letztes Haar nicht sein eigen nennen kann. Mademoiselle Larisse war zwar ein genug schönes Mädchen, um in einer großen­ Stadt nicht an Hunger zu sterben , und wenn sie nur einmal auf die Bretter, welche die Welt bedeuten, gewiß genug Eroberungen hätte treten können, sie würde in einer Stadt gemacht haben, in welcher nach der Meinung des russischen Premiers, nur dem Eroberer das Recht gebührte ; aber dazu war sie denn dos zu stolz, um in Ermangelung einer besseren Beschäftigung zu dem Polizeichef zu gehen, und ihn um Erlaubniß zum Tragen eines Trauergewandes zu bitten.­­ Vorausgesegt, daß diese Blätter auch Damen lesen könnten, will im nicht erklären, was man im Königreich Polen von den mit polizeilicher Bewilligung trauernden Damen hält ? Do< der Hunger ist ein schlechter Rathgeber und die Mitglieder der Gesellschaft gingen schon nach allen Richtungen der Windrose auseinander ; den Director hatte jedes Mitglied mit den Worten: „sauve, qui peut“, fi seinem Schisale überlassen. Schon seit zwei Tagen schrie der Hausherr Larissen sein Mittagmahl, weil sie ihm bisher wo nichts gezahlt hatte; auch die Heizung des Zimmers verweigerte er, “und vertröstete sie mit deutlichen Worten, daß Morgen der Tag heranbrechen werde, an welchen er das Fräulein vor die Thüre “ zu setzen gedenke. Die Primadonna wußte sich nicht zu helfen. Noch hatte sie eine Schachtel Thee, ein Schächtelchen mit Zuber­­zwiebach ; diese suchte sie hervor, und lachte laut, als sie, in Ermangelung eines anderen Brennmaterials, ihre Rollen nach­einander in den Kamin warf, um bei deren Feuer den letzten Rest ihres Thees zu brauen. Das Papierfeuer gibt gewöhnlich mehr Rauch, als Flamme . Larisse bemerkte es daran, daß sie, als der Thee fertig war, beinahe vor Rauch ersitte'; sie mußte die Fenster öffnen, um frische Luft zu gewinnen. Dann seihte sie ihren Thee in ein Näpfchen, dessen Handhabe gebrochen war, und suchte im Kasten nach jener Rum­­flasche, welche zu Hause in Paris not­voll gewesen war. Mit Bedauern nahm sie wahr, daß sie derselben seinen einzigen Tropfen mehr entladen konnte. Sie drehte sie um und schaute so hinein. Darin war nichts als das Andenken an verklungene, glückliche Zeiten, — der Geruch. — Keine Sorge, Fräulein. Ja habe Rhum. Wir können den Thee mit diesem trinken. Mit diesen Worten überraschte sie eine heisere Männerstimme. Larissa warf in der Mitte ihres Zimmers­ in ihrem Schrecen die leere Flasche nicht von sich, sondern faßte sie fest, wie einen Burogang, und auf eine Weise, als wollte sie jemandem damit um den Kopf schlagen. Ein Mann mit verwildetem Bartwuchse stand vor ihr, in­soweit der Rauch seine Gestalt zu erkennen ge­­stattete, in einer verschnürten Czamarka, und in hohen bis zu den Knien kornigen Stiefeln ; seine Kopfbede>ung und lange lederne Reisetasche hielt er in den Händen. — Was ist das? schrie ihn das Mädchen an. Wie kommen Sie hieher ? —­­Durch das offene Fenster, Fräulein, im bitte um Bergebung. — Was wollen Sie hier ? E — Erstens,­­daß wir die Fenster zumachen und nicht so laut reden ; denn das ist in Warschau gegen alle Gewohnheit ; zweitens, daß Sie, mein schönes Fräulein, vom Hausmeister in den Gasthof zum „goldenen Fuchs" um ein kleines Abendbrod schi­en, denn seit gestern habe ich keinen Bissen gegessen ; und drittens, daß Sie mit demselben Manne um einen Priester schien, der uns trauen soll, denn ich werde sie heute heiraten. — Sind sie wahnsinnig ? — fragte Larisse, die sich vor Erstaunen gar­ nicht erholen konnte.

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