Pannonia, 1878 (nr. 1-155)

1878-08-02 / nr. 92

Redaction und Administration Pannonia-Buchdruckerei und Verlags = Actien - Gesellschaft in Kaschau. Insertionspreis eine 5spaltige Petitzeile 5 kr. TE Inserate ug werden angenommen bei der Admini­­stration des Blattes; ferner bei Haasen­­stein & Vogler in Pest, Wien, Berlin, München, Frankfurt a./M., Stuttgart, Hamburg und Berm Rudolf Mosse in Wien, Prag, München, Hamburg, Frank­­furt a./M., Strassburg, Berlin, Zürich, Breslau und Nürnberg. — L. Lang’s internationale Annoncen-Expedition in Pest. — Havas Laffite, Bullier & Co. in Paris. — G. L. Daube & Co. in Hamburg und Frankfurt a./M.— Jäger’sche Buchh. und Chr., Herrmann’sche Buchh. in Frankfurt a./M. — K. Schüssler in Hannover. — Stahel’s Annoncen-Bureau in Würzburg. — F. W. Saalbach in Dresden. — A. Retemeyer’s Central- Annoncen-Bureau, Rudolf Mosse und Deutsches Zeitungs-Bureau „Invaliden­­dank” in Berlin. — Jacob Türkheim in Hamburg. — E. E. Oblieght in Florenz und Rom. ZeltSChrift für politische, Sociale und­ volkswirt­schaftliche Interessen, EG un Pan nun we --+ ORGAN FÜR HANDEL UND INDUSTRIE. BD einengen wwennee»ivi;ewwiÖwegwwweugenww«.ieww.;w«w;w“w;“wwiw;ieeemewi;e.=,;wwiwwinrwv«ww;,swiwiwiwiwicewvwwe»;w;w;w;www«w«viww“e:w«.rewwwwiwvmwwwi;wgww;w;mw;w;w;“w;wywwiwie»rvi;ww.;«wi;www.; NIIT. 1878, Kasc­hau, Freitag den 2. August Erscheint jeden Sonntag, Mittwoch u. Freitag. — Pränumerations-Bedingnisse. Für Loco: Gensfähridi 4... 0 5 tea. ce D, 5.— Halbjanrig al m ea n 2.50 Vierteljährig . x 2 2 0202.» n 1.85 Mit Postversendung: GRnEIRDHg. ea sa. % BaIbJährige il fl. 6.60 4.10 ee n 3.30 Vierteljährig . 2 2 2 2.0. n 1.65 und wollen sich die P. T. Abonnenten der Postanweisungen bedienen. Unfrankirte Briefe an die Redaction werden nicht angenommen. Anonyme Briefe werden nicht berück­­sichtigt, Manuscripte in keinem Falle zur­ück­­gestellt. Nr. 92 DD EEE Nach dem Einmarsch. Beinahe sämmtliche Blätter beschäftigen sich gegenwärtig mit der bereits begonnenen Occupation Bosniens. Eine inter­essante Betrachtung hierüber entnehmen wir im Nachfolgenden einer Wiener Zeitung : Während unsere Truppen mit klingendem Spiel über die Save zogen, spielte sich am Ufer des Grenzstromes eine eigen­­thümliche Scene ab. General Philippović hatte dort hoch zu Roß, von seinem ganzen Generalstab umgeben, Posto gefasst, als ein türkischer Herold erschien und einen Brief mit sieben Siegeln überreichte, dem Commandiren den Auf die Frage nach dem Inhalt des geheimnißvollen Schreibens gab der Yeoslim zur Antwort, er habe den Auftrag, den Protest der Pforte gegen die Occupation zu überreichen. Der Feldzeugmeister er­­widerte hierauf mit einem Achselzunken, er sei Soldat und erfülle die Befehle seines Kaisers, habe sich daher um politische Strift­­stüdte nicht zu kümmern. Der Türke aber war auf diesen Be­­scheid offenbar gefasst, denn er legte seinen Brief mit einer tiefen Verbeugung zu den Füßen des Generals nieder, und entfernte sich ohne eine weitere Bemerkung. Seine Mission war erfüllt... . Die sieben Siegel des Protestes haben in der Bildersprache des Orients offenbar ihre symbolisce Bedeutung. Die Pforte that Oesterreich-Ungarn zu wissen, daß sie sich den Thatsachen ohne Widerstand unterwerfe und wir dem formellen Protest nur ihr Rest vorbehalte. Dieser Protest wurde nicht mit Trommels<lag und einer aufreizenden Proclamation des Sul­­tans unter den Mohamedanern verbreitet ; er wurde nicht in den Moscheen von der Kanzel herab verkündet, um die Bevöl­­kerung zum Kampf gegen die Oesterreicher zu entflammen, die Pforte begnügte sich vielmehr mit einem geflüsterten Proteste, sie verschloß ihre Vorwürfe sorgfältig hinter sieben Siegeln, daß die osmanische Welt Nichts davon zu hören bekomme. Man sieht, die türkische Diplomatie handelt da mit ihrer gewohnten Klugheit, sie weiß, daß ihr Flüstern einen besseren Effret macht, als das ungebehrdigste Poltern, und vielleict hat sie ihren ver­­siegelten Protest bereits auch den bosnischen Mohamedanern­­ zugeflüstert. Die Zukunft wird das lehren. Einstweilen ist es sicher, daß Oesterreich-Ungarn im Osten keinen einzigen Freund besigt. Wir lassen den Blick über den Scauplatz unserer Action gleiten, und was tritt uns vor Au­­gen ? Der Türke protestirt, der Bosniake grollt, der Serbe und der Montenegriner sinnen auf Zukunfts-Attentate, und von der anderen Seite der Adria tönt das feindselige Gejohle des Ita­­lieners herüber. Unsere einzigen Bundesgenossen sind das kleine Häuflein der bos­nischen Katholiken, an deren Spitze die Fran­­ziskaner aus dem Convict des Bischofs Stroßmayer stehen. Ist unter solchen Umständen nicht die äußerste Vorsicht geboten ? Ist es da genug, si auf unsere tapfere Armee zu verlassen ? Fällt m­it auch unserer Diplomatie eine große Arbeit anheim, eine Arbeit, von der wir bis jezt noch nicht einmal den Anfang zu entdecen vermögen ? So viel steht fest, während wir im Osten die Hand in eine Gefahr stehen, werden wir durc unsere alten piemontesischen Erbfeinde in der Flanke berragt. Noch nie hat sich völkerung verächtb­cr benommen, als diejenige Italiens eine Be­­es heute thut. Man kann einer nationalen Strömung Manches zu Gute halten, aber es erregt ein Gefühl unbezwinglichen Ekels, wenn­ „sie sich beständig mit Feigheit und Verrat paart, wenn ein Volk nie den Muth gewinnt, selber für seine Sache einzu­­treten, wenn seine Tribunen zu gewissen Zeiten regelmäßig auf die Strasse springen, um da offen zu verkünden : Jett ist wieder die Gelegenheit zu einen Dolcitich da, Vaterland erfülle Deine Pflicht und stich zu ! Ihr Staatsmänner Oesterreich-Ungarns geht an die Ar­­beit, so lange es Zeit dazu ist. Bli>k nicht nach Bosnien hin, dort wehen die Fahnen Oesterreich-Ungarns jezt schon von selber. Blickt lieber nach dem eisigen Norden und dem tiefen Süden, nach dem russischen Bären und der italienischen Schlange, und sagt uns, wer in der Stunde der Gefahr dem Habsburger­­staate zur Seite stehen wird ? Politische Nachrichten. Der 29. Juli hat endlich die längst vorhergesehene Nach­­richt gebraut. Mit wehenden Fahnen und klingendem Spiele, einen Erzherzog des Österreichischen Kaiserhauses an der Spitze, ist die k. und k. Armee über die Reichsgrenze und in Bosnien eingerückt. Die Occupation hat begonnen. Sie ist gleichbedeutend mit der Annexion. Mögen auch für den Moment die Souveränitätsrechte des Sultans wo immer formell anerkannt sein ; thatsächlich haben seit dem 29. Juli Bosnien und die Herzegowina“aufgehört/­tür­­­kisces Land zu sein, der bisher leere Titel „König von Bos­­nien“, den die gekrönten Könige von Ungarn führen, hat We­­sen und Inhalt bekommen. Das muß jedem ernsten, logischen Menschen klar sein. * Es ist dos ein merkwürdiges Land dieses England. Wäh­­rend beinahe die gesammte englische Nation dem Lord Beacons­­field Weihrauch streut, verlangt eine kleine Partei von Radi­­calen nicts Geringeres, als daß man den edlen Lord verhafte. In ihrer Petition an das Parlament sagt dieselbe : 1. Daß er gänzlich vernachlässigte, der Königin anzu­­rathen, dem Kaiser­ von Rußland wegen seiner Verletzung des Pariser Vertrages in Serbien Vorstellungen zu machen ; es indeß geschehen ließ, daß Vorstellungen an die geschädigte Partei, den Sultan, gerichtet wurden. 2. Daß er die Pforte schwächte, indem er vom Sultan anrieth, Serbien einen Waffenstillstand zu gewähren, anstatt seine Truppen nach Belgrad zu senden. 3. Daß er, indem er der Königin nicht angerathen, Krieg gegen Rußland wegen seiner Verlegung des Pariser Vertrages zu erklären, es vernachlässigte, den Sultan zu benachrichtigen, daß der Vertrag nicht länger bindend für ihn wäre und daß ohne Vertragsbru eine Armee nach dem rechten Ufer des Pruth­er senden könnte, um die russische Invasion von der anderen Seite zu hemmen. 4. Daß er der Königin anrieth, den Pariser Vertrag zu verlegen durch Entsendung eines Vertreters nach Konstantinopel, um eine europäische Einmischung in die Regierung des Sultans in Verschlag zu bringen. 5. Daß er von dem Parlament einen Geldkredit unter dem falschen Vorwande erlangte, das ottomanische Reich gegen einen russischen Angriff fügen zu wollen. 6. Daß er unter demselben fals<en Vorwande der Königin anvieth, die Reserven einzuberufen. 7. Daß er der Königin anempfohlen, eine Convention für die Occupation von Cypern zu schließen, welche, während dieselbe ihre Majestät in die Stellung eines Vasallen des Sultans her­­abwürdigt, England die Unehrlichkeit begehen lässt, Beraubung des ottomanisjchen Reiches zu betheiligen, sich an der 8. Daß er das geheime Abkommen vom 30. Mai, sowie die Convention vom 4. Juni ohne die Zustimmung des gehei­­men Staatsrathes, ohne welche die königliche Prärogative nicht gesetzlich ausgeübt werden kann, geschlossen und somit die Prä- EN! Krone und die Freiheiten des Volkes gefährdet hat u. s. m." Die Petenten bitten demna<, das ehrenwerthe Haus möge die Anklage gegen Lord Beaconsfield erheben, ihn verhaften und ihm wegen seiner een und Ve N 1­4 werde und die beabsichtigten Uebel abgewendet werden. —­ Selbst­­verständlich erregt die ganze Petition nichts weiter, als ein ho­­merisches Gelächter. * Marshall Mac-Mahon ist seit seiner Bekehrung zur Re­publik bei den Conservativen gänzli­cn Ungnade gefallen, und Baffagnac erlaubt sich heute die folgende pöbelhafte Sprache gegen den Präsidenten : Der Marshall soll entsclossen sein, nach der Ausstellung seine Entlassung zu geben und sie an die Spike einer neuen conservativen Coalition zu stellen. Wir wissen nit, ob der Marshall überhaupt irgend­einen Plan hat. Wie wir sin­ken­ war Dóczy's „Der Kleine Profoß". Im Jahre des Heiles 1846 Budapest, den 29. Juli, erblichte Hofrath Ludwig v. Dóczy das Lie t der Welt — runde zwanzig Jahre nachher sc­hrieb er die Universitäts-Geschichte „Der kleine Profoß", über welche Geschichte ich jekt Einiges zu schreiben gewillt bin. Ueber die Genesis dieses für den Biographen in futuro so wichtigen Werkes — fintemalen es als erste, für die Oeffent­­lichkeit bestimmte Jugendarbeit des Dichters betrachtet werden kann — ist nicht viel zu berichten. Es entstand, wie s<on man­­es große Werk, in Ermangelung eines gewissen Etwas, das in den Jahren des Autors von damals besonders fühlbar zu sein pflegt, — nämlich des Geldes. Um diesem Mangel abzuhelfen, wurde "Der kleine Profoß" verfasst und in einer Zeitschrift ver­­öffentlicht. Später, mals und zwar auf im Jahre 1872 wurde das Werk von aber­­zartem Belin (den zarten Damenhänden ward es gewidmet) abgedruckt. Aus­ diesem Separatabbruch schöpfe ich nun, um das verehrungswürdige Lesepublicum mit dem Erstlingswerke des sehr allgemein bekannten Scriftstellers, Hof- und Ministerialrathes Ludwig v. Döczy, Verfassers vom „Kuß" 26. bekannt zu machen. Der Held oder, besser gesagt, die Heldin der Geschichte ist, wie es fon der Titel zeigt, der kleine Prosop, auch Fräulein Emma geheißen. Ich beeile mich dies vorauszufinden, um jeder unwillkürlichen Vorstellung von einem vorbeißigen „Soldaten­­careeraufseher” gründlich vorzubeugen. Emma ist, weit entfernt einem derartigen Schreibild zu gleichen, das reizende siebzehn­­jährige Töchterlein des Herrn Brummer, wohlsituirten Univer­­sitätspedellen zu Born. Man würde glauben, daß dieser glückliche Zufall heiteren Episoden im Corps der Studentenschaft Anlaß zu mand’ gab — do< weit gefehlt. Emma, sich wohl bewusst, welch’ wackere Gemeinde sich um die alma mater gescaart hat, handelte auf Schritt und Tritt nach Principien. Stramm, ohne nach reis oder links zu bliden, ging sie zwischen dem „Kreuzfeuer lauern­­der Blide“ hindur“, knapp, gemessen, zurückhaltend waren ihre Worte, die sie dann und wann an einen der Musensöhne rich­­tete, wenn sie es eben mußte, kurz, ihr ganzes Wesen hatte etwas so zurückweisendes, imponirendes, daß sie keinen der Studenten nicht einmal mit einem freundlichen Gruße, viel weniger mit einem schäkernden Worte zu belästigen wagte. Es war kein Einziger unter den verschiedenen Landsmann­­schaften und der ganzen Burschenschaft, der in selbstgefälligem Bewußtsein seines verführerischen , 1978 es nicht auf sich ge­­nommen hätte, das starre Herz der Pedellentochter zu brechen,­­ aber jeder musste endlich mit langer Nase abziehen. Doc die gekränkte Eitelkeit der Studentenschaft mußte sich irgendwie Luft machen und Emma erhielt den Spitnamen „Der kleine Prosop", den sie aber mit veradhtender Ruhe über sich erge­­hen ließ. Sehen wir doch einmal in's nette, hell erleuchtete Zimmer unseres wackeren Brummer und seiner noch wacereren Tochter. Da sitzt er, der Alte, und scheint Etwas zu erwarten, denn er sieht sich einigemal nach der alten Wanduhr um, während dessen Emma soweigsam an einem Strumpfe fortarbeitet. Endlich er­­füllt sich, der sehnliche Wunsch Brummers, vom Thurme der Universitätsfrvge tönen auf dumpfe Schläge, — das Signal zum Aufbruche in­ s nächste Bierhaus, wo auf die „Uebrigen“ einzutreffen pflegen. Mit einem Murmeln, das ungefähr so­­viel bedeuten soll, als­­ übernehme die Leitung der Amtsgeschäfte, verläßt er die Stube, während Emma, den Strumpf bei Seite legend, sich an den Schreibtisch sei, um die an die Studenten eingelangten Briefe in ein dazu bereitetes Büchlein zu regi­­striren. So war es auch an einem regnerischen Herbsttage. Der alte Brummer war bereits ausgegangen, Emma saß am Schreib­­tische, die alte Magd Suse, nahm den von Emma­ weggelegten Strumpf in die Arbeit. Tiefe Stille herrschte gewohnheitsge­­mäß in der Stube, das Summen einer Fliege wäre hörbar ge­­wesen.­­ Da öffnet sie die Thüre und ein junger Mann trat ein, welcher, nach einem schwarzen starken Bart geurtheilt, etwa 25 Jahre alt sein mochte, wenn auch die dunkelblauen Augen — mehr die eines 16jährigen Jünglings — dawidersprachen. Mit raschen Schritten eilte er dem Screibtische zu: „Fräulein, habe ich keinen Brief?“ „Wie soll die Adresse lauten ?" „Otto Wilden.“ „Keiner da." „Unmö­glich Fräulein, ig muß einen Brief haben — ich muß." Emma reichte ihm ohne ein Wort die Liste der angekom­­menen Briefe hin. Mit einem Seitenblid auf Emma durchblizte er die Liste und legte sie dann zurück, ohne sich aber zu entfernen. Emma besah sich un­willkürlich den stattlichen jungen Mann etwas eingehender, um­­— wie sie es bei fi motivirte — um ihn ein anderesimal zu erkennen und so die lästige Frage nach den Namen zu ersparen. Do< endlich fiel ihr sein Zögern auf. Um daher der Scene ein Ende zu machen, sagte sie ihm kurz und gebunden, die Abendpost käme erst in einer halben Stunde. Der junge Mann entfernte sich aus der Stube, doch Emma hörte ganz deutli, wie er draußen im heftig kalten­ Regen erwartungsvoll auf- und abging. Bald nachher kam der Postbote und legte etliche Briefe auf den Streibtis<, zugleich das kleine Büchlein, in welchem der Empfang bestätigt zu werden pflegte. Emma durchb­te, ihrer Gewohnheit entgegen, vor Allem die Adressen und griff hastig nach einem rosafarbigen, parfumduftenden Briefchen, auf welchem mit feinen Zügen geschrieben stand : Herrn Otto Wil­­den, Hier. Mit prüfendem Bli> betrachtete sie das Couvert mit der Siegelmarke, auf welcher ein zierliches , E" stand, schied dann das Briefchen von den übrigen aus, und besorgte erst dann — zu großem Erstaunen des Briefträgers, der sonst schnel­­ler abgefertigt zu werden pflegte — die Bestätigung. Kaum hatte der Postbote die Thüre hinter sich, als Otto Wilden abermals in­s Pedellenzimmer trat. „Nun ?" — „Ihr Brief ist da." Mit dem Ausdrucke der höchsten Freude nahm der junge Mann das Briefchen zu sich und eilte dann weg. Und dasselbe wiederholte sie von nun an jeden zweiten Tag. Das Rosacouvert fand sie regelmäßig vor und Otto Wilden kam­ regelmäßig um seinen Brief. Und Emma freute sich, — fast gegen ihren Willen, — wenn der junge Mann kam, und sah ihn so gerne an — sie wußte nicht warum. Altmeister Shakespeare hat bereits vor 300 Jahren die Sentenz ausgesprochen: „Schwachheit, Dein Name ist Weib." Aug der kleine Profoß hatte das Auge und das Herz eines Weibes, und hatte sie bis jet jedes weibliche Gefühl verleugnet — weiter ging es nicht. Nun erwartete sie Otto Wilden's Briefe mit derselben Begierde, wie er selbst, denn sie wußte wohl, er werde es nicht versäumen, dieselben pünktlich abzuholen. Und wenn er kam, da klopfte ihr Herz­ immer lauter und lau­­­ter, und sie getraute sich nit mehr, ihn anzubinden, in der Furst, sich zu verrathen. Nur wenn sie nach vollbrachtem Tagwerk ihr Bett bestieg und sich ganz ohne Zwang ihren Ge­­danken hingeben durfte, nur dann zauberte sie Otto Wilden mit den schönen dunkelblauen Augen vor sie, und das sehnende Ge­­fühl, das sie damals empfand und das näher zu bezeichnen sie entweder nicht konnte oder wollte, machte sich in heißen Thrä­­nen Luft. Die Liebe ist ein gar mächtig Ding und hat sc­hon oft Unmögliches möglich gemact. So auch in diesem Falle. Der kleine Profoß, bereits ganz in den Banden der Liebe, ließ sich eines Tages von dieser gefährlichen Leidenschaft soweit hinreißen, das eben eingelangte Rosabriefchen Wildens etwas näher zu be­­trachten. Zu mancher bösen That hat eben nur die günstige Gelegenheit geführt, so all hier. Denn gar oft soon hatte Emma bemerkt, daß der feinen Durchichtigkeit der Couvertes d ;

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