Pester Lloyd, Januar 1855 (Jahrgang 2, nr. 1-25)

1855-01-14 / nr. 11

« Pest,13.Jänner. Noch selzst viel daran,daß die Welt auch nur um eine kurze Woche älter geworden seitdem die Kunde von den Ereignissen des 7.Jänner ins Publikum gedrungen,und Ichov hat ein großer Theil des Friedenstau­­mels,den jene Botschafthkakakef­ sich in das aufgelöst,als war er uns gleich anfangs erschien—In Rauch und Nebel!Die Nachrichten über die Aufnahme welche die telegraphischen Depeschen über die welthistorische Konferenz in Paris und London gesunden­ beginnen fest allmäßig zu uns zu gelangen,und Jede derselben fällt wie giftiger Mehltbau auf die phantastischen Friedensblüml hin aus denen namentlich preußische Blätter ein Zotterbett von Rosen aufzuschichten suchen, damit die „preußische Mertz­tralität“ fícy in aller Ruhe und Bequemlichkeit darauf hinstreben könne, wer unangenehmen Verpflichtungen gegen Oesterreich entbunden, und nicht mehr geängstigt wurc) das Schredgespenst des Dezembervertrages ! Doch lasfen wir diese iopNischen Träumereien ! sie verdienen wo mög­­lich noch weniger Beachtung , als die Deflamationen englischer Journale, welche im Geiste das Staatsschiff hart auf die Untiefen nationaler Unehre lostreiben Sehen," weil die vier Punkte eine von dem Wiener Kabinet ge­­billigte Saffung erhalten, und weil „Oesterreich besorgt sei, sie durch einen Bruch mit Rußland der unversöhnlichsten Sem­pfehaft des Grafen auszufegen.“ Wir fennen das alte Lied! John Bull befindet sich in einer höchst unbehag­­lichen Lage, seit dem sogar die „Limes“ ihm reinen, unverfälschten Wein über den Stand der Dinge in der Krimm einscheint, und zwar in Dosen, die tagtäglich bitterer und galliger werden: er sucht einen Ableiter für feine üble Laune, da ihm seine, neulig von demselben Blatte gezüchtigte „natio­­nale Selbstgefälligkeit“ natürlich nicht gestattet, das liebe eigene Ich anzu­­sagen. Wenden wir uns also ab von den Träumenden, wieson von Schmol­­lenden , sehieben wir alle subjettiven Gefühle bei Seite, und sehen wir lieber zu, zu welchen Hoffnungen oder Befürchtungen und ein objektiz­ver ruhiger Blick auf die Situation an und für sich berechtigt oder zwingt. Ale, was über die Auslegung, welche die Alliirten von vier Punkten am 28. Dezember gegeben haben, und welche Fürst Gottscharoff am 7. Sän­ner einfach angenommen haben soll, bisher bekannt geworden ist, verdient schwerlich einen anderen Namen old von bloßer Gerüchte, wenn er nicht gar zum größten Theile auf müsfige Korrespondentenerfindungen hinaus­­läuft. Nur zweierlei hat sich bereits mit Sicherheit herausgestellt : ersteng, daß die nächste Frage gar nicht nie ist, ob die Unterwerfung Rußlands ehrlich gemeint war, sonvern pte, ob die westmächtlichen Kabinete jene Interpretation acceptiren werden , welche biß jegt nur von ihren Gesandten persönlich angenommen worden ist — und ferner, daß man zu wirklich positiven Stipulationen bei ven’ Verhaudlungen kaum wird fortschreiten künnen, ohne sofort immer wieder neue und aber neue, in dem Augustprogramme nicht vorhergesehene aber unvermeidliche Differenzen auf­­tauchen zu sehen. Ist es mit der Ehre der Westmächte verträglich, die Tür sei, den mitten im Frieden überfallenen Theil, zur Niederlegung der Waffen ohne irgend eine Entschädigung zu nöthigen ? was sollen grant­rei und England erhalten für das vergossene Blut und das vergeundete Geld, da der Territorialhesitstand Rußlands nicht angegriffen werden darf, vere­nehmlich aber, wie soll, ohne Gefährdung der militärischen Ehre und selbst der fliegerischen Interessen Einer ver­kämpfenden Parteien, in der Krimm ein Waffenstill kann eingeleitet werden, da seine von beiden dort die auf's äußerste angespannten Kräfte nur im mindesten Ieder werden lassen darf, ohne sofort ihre Operationsbasis zu gefährden ? Uno viese Legiere ist die Haupt-Schwierigkeit in unseren Augen ! In Betreff der beiden ersten Punkte mag man sich des hochherzigen Wortes Napoleons II. erinnern, die „die vier Bürgschaften, wirklich errungen, Europa so überschwengliche Vortheile bringen, daß die Kriegsfosten gar nicht in Betracht kommen“ , mag man sich erinnern, daß der französisch­­enga­lische Allianzvertrag ansprüclich jenmere selbstsüchtige Absicht ausschlicht, mag man behaupten, daß die Türkei, weil sie, um vor Rußland ‚sicher zu sein des europäischen Schuges bedarf, sich all in diejenigen Bedingungen fehrden muß, welche vas Konzert der drei‘ Großmächte, als Grundlage dieser Protestion hinstellt und als genügend befindet: vor Sebastopol dagegen muß es absolut zu einer Entscheidung kommen, wenn der im Feuer zu eröffnende Friedenskongreß nicht ein eitles und gefahrvolles Spiel sein sol. Weht die Trikolore erst auf den Mauern der Krimmfestung, so sind eine Menge, und die bedenklichsten der obsehrebenden Fragen mit Einem Schlage wie von selber­­ gelöst! Sebastopol in Seindeshand — und die Waffenstillstandsfrage ist erledigt; Sebastopol genommen — und das Herumsuchen nach Garantien für die Beschränkung der russischen Präpon­­deranz im schmarzen Meere ist überflüssig; Sebastopol in T­rüm­­mern als Marsstein auf der Einen, eine europäische Koalition als Marsstein auf der anderen Seite — um ein von viesem Rahmen umfaßter Friedenskongreß wäre wahrlich nicht ohne Aussicht auf glückichen und sehneren Erfolg ! Aber formlos in die Welt geschleudert, ohne jenen Hinter­­grund und ohne diese Perspektive, liegt es jedenfalls im Schofe der Zukunft verborgen, ob nicht am Ende sein einziges Resultat in der Zersprengung derjenigen Koalition besteht, deren Anbahnung Ausland offenbar allein zu seiner Befchtfung vermocht hat. Ein Grier vensfongres ohne Sebastopol 3 vorhergegangenen Fall, ein Kongreß, auf dem noch jedes Schwanfen, jede Zaune, jede Belleität eine Berechtigung, und Fürst Gortscharoff das freieste Terrain haben würde, wochen und monatelang jede wechselnde Chance des Tages in vollster Muße zu brnugen — und wir glauben, Niemand kann dafür stehen, was sich nicht am Ende die schlimmsten Befürchtungen der „Timed“ Wort für Wort bestä­­tigen, der ihr Wiener Korrespondent schreibt: „wenn die Verbündeten nur nicht auf der Verwandlung Sebastopols in einen Handelshafen bestehen, so wird Rußland auf dem Papier in Alles ein­willigen; machen wir die Säreifung des Plaped sofort zu einer conditio sine qua non, so wird die französische Regierung ung mit allen Kräften unterfragen, wogegen, jene, Alles an Wichtigkeit Überragende dráge leicht vertuscht werden man, wenn wir zögern und räumen ; ‚bleibt Sebastopol im Srie­­vensichluß eine rufsische Setzung , so haben England und Frankreich nicht nur Gut und Blut umsonst geopfert, sondern eine furchtbare moralische Niederlage erlitten !" — Pet, 13. Jänner. Unsere Vorfahren mochten noch alles Wissen für unfruchtbares Grübeln, müßige Spekulation und arbeitslose Träume­­rei halten ; wer jedoch die Gegenwart und den sie berehlenden Geist näher beobachtet, dem wird es bald klar, daß jede, wir sagen jede Thätigkeit auf volfswirthschaftlichem Gebiete, soll sie anders mit ungehemmtem Flügelschlage fi) emporschwingen, der einen Nahrung der Wissenschaft bedarf, an deren Mutterbrust allein sie erstarkt. Da ist sein Glied der sogenannten praktischen Berufe, welches nicht durch e­ine Resultate der Wissenschaft gefördert würde und fiele es uns zu entscheiden schwer, ob ver. Landwirt­, der Industrielle oder der Kaufmann ihr das Meiste schuldet,. Was vermag ohne Chemie der rationelle Landwirth, wie dünnte er seine mannigfachen Rohstoffe in Halbfabrikate umwandeln, — wie stümperhaft flünde­rer In­dustri­­elle ohne die Fortschritte der Mechanik da, — und der Kaufmann vollends, welcher Dienst übertrifft jenen, wen die elektrische Telegraphie, vies jüngste Kind der angewandten Phosis, ihm leistet ? Ja, all unser heutiges Können, die and Wunderbare grenzenden Schöpfungen der Jeptzeit, sie verdanken ihr Enstehen dem Wissen allein und seinen riesigen Fortscritten. Kultur der realen Wissenschaften, Propaganda verseh­­len unter allen Schichten ver Gesellschaft ist aber die Parole des Tages, ist die Parole für Jeden, wer daran d­­ringt. Die rohe Arbeitsfraft durch innige Bermählung mit dem Geiste und seinem unerschöpflichen Befruchte­tungsvermögen zu potenziren. Der Kultur der realen Wissenschaften galt aber auch die heutige Feier, ihr galt der heutige Besuch unserer hohen Mi: « « Wozu die Schleifung verlangen,wozu sine-qua-non Bedingungen stellen?Es neh­men ist der­ einzig sichere Weg,all j,en«es progno­­stiziere Unheil zu vermeiden.Sebastopot um jeden Preis­— hic Rhodus, hie salta ! Eröffnungsfeier der Realschule. Kitars und Zivilbehören in den Loyalitäten der nunmehr vollkommen fon­stituirten Realschule — ihr zu Ehren hatten sie unsere Gemeinde­­räthe und unsere Mitglieder vor Handel und Ge­werbekammer vaselbst eins gestellt, — ihr glauben daher auch wir unseren Tribut zollen ‘zu müssen, indem wir den erhebenden Vorgang näher schildern,, unter welchem die ge­­nannte Schule heute eröffnet wurde. Nach beendeter kirchlicher Feier besuchte die Versammlung das Re­­doutengebäude, welches bestimmt ist, die deutsche Realschule in sich aufzu­­nehmen. Hier richtete zuerst der Herr Oberbürgermeister, f. f. Statthalterei­­rath v. Kräpongt, einige Worte an die Versammlung, in denen er die D Bedeutung des Momentes hervorhob, welcher der Start ein foldy wichtiges Institut gibt, und dem hohen Unterrichtsministerio ven Dant abstattete, wer ihm für die große Sorgfalt gebührt, welche es der Reorganisation unseres Studienwesens zumendet. Auf ihn folgte der Herr Schulh­efter, Dr. 23 e­tz­ter, um in einer längeren, sehr gehaltvollen Rede die Nothunwendigkeit der realen Wissenschaften zu beleuchten. Wollen wir in geistiger und materieller Beziehung nicht fortwährend hinter anderen Bölfern zurückbleiben, so thun, nach des Redners Aeußerungen, diese Studien dringend Noth. Die Lehrer mögen in diesem Sinne die Höhe ihrer Aufgabe erfassen, die Kinder den an sie gestellten Anforderungen eifrigst nachzukommen streben. Die Eltern dieser Kinder aber sein Opfer fcheuen, um die für sie selbst aus diesen Ver­hältnissen erwachsen­en Pflichten getreu zu erfüllen. Nun ergriff der Herr Schulinspektor, Michael v. Haas"­, das Wort, und fesselte durch seinen geistvollen Vortrag die zahlreichen Zuhörer. Der Natur der Sache nach befehränfen wir und jedoch hier nur auf einige Stel­­len der Rede, tie und besonders im Gedächtniß geblieben. Vor Allem war es ein glücklicher Gedanke, uns an die Zeit zu erinnern, da unsere Schwester­­stadt Ofen dem Kaiser Joseph ein Monument errichten wollte. Dieser bat gegen er zurückwies mit den Worten: erst wenn gute Straßen euer Land durchziehen, Landwirthschaft, Industrie und Handel blühen, die Unterrichts­­anstalten ihre gehörige Organisation erhalten haben werden — dann mögt ihr mir ein Monument zum Dant errichten. Kaiser Joseph erlebte diese glücliche Aera nicht, sie blieb seinem kaiserlichen Nachkommen vorbehalten ! Bezüglich der Wichtigkeit der realen Studien erinnerte der Nenner an Noeftenk­er’s Worte: besuc­hen wir ein Land, eine Stadt, ein Dorf, wo die reale Bildung heimisch, und wir werden allenthalben einen hohen Grad der volkswirthschaftlichen Entwiclung, dle Zeichen der Wohlhabenheit und des Komforts finden, wie ganz anders aber tritt und das soziale Leben dort entgegen, wo die reale Bildung nicht gepflegt wird! Der Ader trägt nur folglich die gewünschten Früchte, mühsam bewegt sich der Webestuhl, und der Handel vermag die Kinverschuhe nicht abzulegen, — nirgends ein fröhliches Gedeihen, Alles verfümmert und siecht nothdürftig hin. — Auch der brüderlichen Eintracht des deutschen und ungarischen Volöstammes nahm der Neoner Veranlassung tobend zu gewennen : sie habe seit Jahrhun­­derten in den Mauern der ungarischen Hauptstadt ihre Stätte gefunden, sie erhalte eben jet einen erfreulichen Beleg darin, daß der städtische Gemein­­verath, bei Gründung der Realschule, mit gleicher Sürsorge die ungarische wie die deutsche Bevölkerung würdigt, und, troß der bedeutenden Geld­­opfer zu derselben Zeit zwei Anstalten errichtet, die eine mit deutscher, die andere mit ungarischer Unterrichtöspache. Der Redner schloß unter nicht enden wollendem Beifall. Eine freun­dige Rührung bemächtigte sich der V­ersammlung, und in gehobener Stim­­mung endete die Wolfshymne eine eier, — welche die Grundlage einer neuen Zukunft begleitete. — — ALS wir den Saal verließen, gewahrten wir unter der Menge einen Mann, wer in schlichter Bescheidenheit seit einer langen Reihe von Jahren die Förderung der stäntischen Interessen nach ihren verfehtendensten Richtun­­gen hin sich zur Aufgabe gesteht; er war es auch, wer im Gemeinverathe die Errichtung der Realschule aufs wärmste befürwortete, — darum möge sein Name auch beim Berichte über viefe Feier nicht fehlen. Herr Ignag Perger. Möge er, wie bisher, auch fernerhin wirfen, möge seine Bürger­­tugend in Anderen ein gleiches Streben weden, zum Heile unserer Gegen­­wart und Zukunft. R. Wien, 12. Jänner, In Briefen aus Konstantinopel wird übereinstimmend der 15. Jänner als der Tag angegeben, an welchem von den Al­irten die Offensive von allen Seiten gleichzeitig beginnen sol. Die Flotte sol an demselben Tage das Bombardement auf Odessa beginnen und Dmer Pascha die Russen in Simpheropol angreifen, gleichzeitig würde der Sturm auf Sebastopol mit aller Macht unternommen werden. Man will nämlich wissen , daß die Befehlshaber in der Krimm die gemessensten Befehle haben, den Angriff auf Sebastopol zu befehleinigen und seine An­­strengung zu scheuen, um den Fall der Festung zu erzwingen. Wahrschein­­lich hofft man, daß die vemnächst zu beginnenden Konferenzen, den Fall von Sebastopol vorausgefegt, früher zu einem den Intentionen der West­­mächte entsprechenden Resultate führen werden. — Freiherr v. Bourgueney hatte heute Vormittags eine längere Konferenz mit dem Grafen Biol. — In finanziellen Kreisen zerfäh­rt das Gerücht, daß vom nächsten Du­artale an ein Drittheil ver landesfürstlichen Steuern in Silber eingezahlt werden soll. Ich weiß nicht, in­wie­weit sich dieses Gerücht bestätigen wird, glaubte es Ihnen aber nicht vorenthalten zu sollen, da es hier allgemein erzählt wird und vielen Glauben findet. — Aus Konstantinopel ist der englische Kabinettfourier, Herr A. Strafford mit Depeschen für den Grafen West­­moreland hier angekommen. Der Furhessische Gesandte in Wien, Herr v. Schaten, hatte gestern eine längere Konferenz in dem Ministerium des Reutern und man versi­­chert, daß verselle schon in nächster Zeit seinen hiesigen Posten für immer verlassen wird. Es sol nämlich im Kurstaate ein theilweiser Ministermechtel bevorstehen und zwar würde der bisherige Minister des Reußern, v. Baum­­bach, an die Sorge des neuen Kabinetes treten, während Herr v. S­ch­a­he­ten an Haffenpflug’8 Stelle kommen soll, welch’ Lesterer gänzlich aus dem Kabinett scheiden wird. Freiherr v. Schachten ist hier sehr beliebt und gilt als ein warmer Anhänger Oesterreich, so daß sein Eintritt in das Furheffische Ministerium als ein Sieg der Österreichischen Politik über die russische betrachtet werden kann , der nicht ohne Einfluß auf Preußens Verhalten und voraussichtlich einen gleichen Umschlag au) in an­deren deutschen Staaten nach sich ziehen wird. CT­K­onstantinopel, 1. Jänner. Hier wie vor Sebastopol richtet figy die allgemeine Aufmerksamkeit auf Omer­ Pascha, welcher neuerdings berufen ist, eine hervorragende Rolle auch in dem Feldzuge auf der tauri­­schen Halbinsel zu spielen. Omer Dafdha ist, wie man hier sagt, noch nicht entschlossen,, wie er sich nehmen soll, man begreift seine Langsamkeit nicht und glaubt, sie rühre von einer gewissen Furcht her, daß ein Vergleich mit den Heerführern der Westmächte, oder auch der böse Ausgang einer Schlacht seinen an der Donau erworbenen Ruhm beeinträchtigen möchte. Von der Armee des Serdars sind bis heute 14,000 Mann in Eupatoria gelandet, die ganze Armee wird 30,000 Mann start sein. Die türkische Regierung geht in energischer Weise auf dem Wege vor, welcher ans Ursache der Gefangennahme und Aburtheilung Suleymans Pafchas, des Er­ommandanten der türkischen Truppen in der Krimm, war. In den legten Tagen wurde der Er­ommandant der Armee von Kars 3­az­rif-Mustafa-Pascha vor Gericht gestellt, wie man nicht minder von der bevorstehenden Verhaftung Selim Paschas spricht, welcher die Ar­­mee von Churul-Sou kommandirte. Um den widersprechenden Gerüch­­­ten, welche über Churfhid Pascha zurfüh­rten, ein­ Ende zu machen, verlangte Lord Rerkliffe, obschon jener als englischer Unterthan unter wei­­sen Protektion steht, Daß man denselben ebenfalls vor’ Gericht stellen solle. Dan sagt, daß die Konpuite Churfhito Pascha’s, wenn er nach Kon­­stantinopel kommt, wirklich einer Untersuchung unterzogen werden wird. Da ich einmal auf viesem Felde mich bewege, so kann ich nicht un­terlassen, ihnen die Szene zu schildern, welche dieser Tage, gelegentlich vor Aburtheilung Suleyman Paschas, und bessen Generalstabs Chefs Khalil Bey, im Hofe 1:3 Serassieratd vor sich ging. Beide waren bekanntlich zur Degratirung verurtheilt. Die beiden Verurtheilten wurden in die Dritte eines dichten R:­ises von Offizieren und Unteroffizieren geführt; wenige Augenblicke nachher erschien vor Kriegsminister Riza Pasd­a, begleitet von den Mitgliedern des Gerichtshofes und seines Generalstabes. Nachdem er in den Kreis getreten, sprach er ungefähr folgende Worte: „Dieser Mann heißt Suleyman, früher nannte man ihn Sulyman Pasdha. Er wurde von der hohen Pforte mit dem Kommando her in der Krimm stationirten türkischen Truppen beehrt. Anstatt auf seinem Posten zu vere bleiben, kam er ohne Drore hieher zurück und verließ unter den nights for genpften Barmwänden die Krimm, seinen Truppen das erbärmlichste Beispiel der Feigheit gebend. Er wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und schuldig befunden. Zu andern Zeiten würde sein Leben verwirft gewesen sein, aber Dant ver unerschöpflichen Gnade unsers erhabenen Herrn, er wurde milder gestraft. Die Schuldigen wurden unmwerth gefunden jemals irgend ein Mili­­tar- oder Zivilamt zu begleiten , sie werden nach der Insel Kandia gebracht und dort sieben Jahre in Eisen auf der Lettung bleiben." Hierauf trat ein Brigadegeneral heran, in ihnen die Auszeichnungen herab, worauf sie sos fort auf ein Schiff gebracht wurden, welches nach Kandia unter Segel geht. Auf dem Kriegerschauplage hat er im Grunde nichts Neues zugetra­­gen; die Truppen der Aliirten stehen noch immer Gewehr im Arm und warten auf gutes Wetter und einen Wechsel in den Ereignissen. Der Feind seinerseits scheint wenig gewillt, seine Angriffe auf die Linien der Verbin­­deten zu wiederholen ; er befestigt seine Stellung am rechten Ufer vor Tscher­­naja und am linken des Belbef. Er dürfte wahrscheinlich sein, waß die Bes­lagerer angreifen, wenn Omer Parcha mit seiner Armee vor Eupatoria im Süden ver Nuffen drehoudjirt. In der Festung ist Alles beim Alten, Sch­wei­­gen auf Seiten der Alliirten,, unaufhörliche Kanonade bei den Nuffen. Ae Arbeiten der Belagerer sind beendet, jedoch ist Die Rede davon, noch einige Hilfsbatterien zu errichten, um die neuen Berbheinigungswerte zu beschie­­fen, welche die Ruffen zwischen der Maftbastion und dem Kugelhügel errich­­tet haben. Eine rückgängige Bewegung der Ruffen wurde von den Alliirten benügt, die Laufgräben gegen den Quarantänehafen auszudehnen ,wodurch eine unmittelbare Verbindung mit den Kriegsschiffen hergestellt ist, die dort anfern.­­ Die Soldaten, namentlich der französischen Armee sind gut gesteivet, mit guten Schuhen versehen und gut genährt; sie sind verwahrt gegen Wind, Negen und Kälte. Sie sind aber nicht s­estoweniger stets froh, wenn sie mit dem Feinde zu thun haben; es ist Dies eine Zerstreuung. Tag oder Nacht in den Traitheen zuzubringen. Feines ist sehr angenehm, da man sich fortwährend vor den daher laufenden Kugeln hüten muß ; übrigens haben vier Truppen eine unglaubliche Fertigkeit in diesem gare la-bas­ erhalten und nur selten richtet eine Kugel ein wirkliches Möbel an. Eine Stimme aus Berlin über die Sich­rung Preußens, (Mach der National-Zeitung.) Es sind Verhandlungen mit Rußland im­ Zuge, um eine Friedenst vereinbarung auf Grund der vier Garantiepu­k­te zu versuchen — und die fünfte Großmacht, deren Regierung von Anfang der Berwickerung an die Erhaltung und die Wiederherstellung des Friedens als ihren recht eigentlichen Vorwurf bezeichnet hat, nimmt an den Verhandlungen seinen Theil. Der Vertreter Rußlands in Wien ist mit den Vertretern von Der­sterreich, Frankreich und England bereits wieder in Beziehung. Schon ist von dem bevorstehenden Beginn eines Sh­evendfongreffes die Rede, von Instruktionen, welche die Vertreter der durch den Vertrag vom 2. Dezember verbundenen Großmächte dazu einholen sollen, von einer an die Pforte zu richtenden Aufforderung , ihrerseits sich an den Konferenzen zu betheiligen, und einen Bevollmächtigten dazu zu ernennen. Der fünften Groß­­macht ist bisher seine Erwähnung gesciehen. Sie war aufgefordert wor­­den, dem Beitrage vom 2. Dezember beizutreten ; sie hat diesen Beitritt abgelehnt, wie sie es abgelehnt hatte, sich an dem Notenaustausch vom 8. August zu betheiligen und für die damals zuerst vorgebrachten vier Garan­­tiepunkte fídy irgendwie zu verpflichten. Bei den bevorstehenden Unterhand­­lungen gilt es, die Revision und nähere Bestimmung älterer europäischer Verträge, die Herstellung neuer Vertragsverhältnisse behufs der Wahrung der europäischen Interessen im Orient, die Gewinnung von Garantien für die Befestigung des europäischen B Völferfrieden­s — und die fün­fte Großmacht steht außerhalb dieser Verhandlungen. Noch ist man allerdings unbekannt damit, Über welche Auslegung der vier Garantiepunkte die drei Mächte des Dezember - Vertrages unter sich einig geworden sind. Aus der „Moniteurnote” vom 4. b. M. ging nur hervor , daß dieselben sich über eine dem Fürsten Gortscharoff zu ertheilende gleichlautende Antwort verständigt hätten, welche die vollkommene Soliva­­rität ihrer Interessen und die vollständige Nebeneinstimmung ihrer A­b­­sichten ermeise. CS steht noch dahin, ob, wenn es nun auch zur Eröff­­nung förmlicher Friedensverhandlungen und Präliminarien kommen möchte, dieselben zur Herstellung des Friedens führen werden. Dennoch befindet sich die fünfte Großmact als solche in einer eigenthbümlichen Lage, daß vergleichen wichtige und jeden­­falls in einer oder der anderen Weise entscheidende, für eine nähere oder entferntere Zukunft maßgebende Verhandlungen ohne ihre Zuziehung be­ginnen werden und ohne daß abzusehen ist, wie sie als fünfte Großmacht bei dem Stande, den sie die Dinge hat annehmen lassen, die gebührende Betheiligung zu gewinnen haben wird. Zu befäiweren oder zu beklagen hat sie sich in der Beziehung im Grunde über Niemand. Sicherlich nicht über England und Frankreich, mit denen sie in ein näheres Ver­­hältniß von Verpflichtungen und Berechtigungen nicht hat treten wollen. Auch nicht über Rußland, da es sehmwerlich erwünscht sein würde, wenn etwa Rußland die Zuziehung der fünften Großmacht zur Bedingung machen, sie derselben so gewissermassen aus zweiter Hand erwirken sollte. Auch nicht über Oesterreich, dem einzigen unter den Großstaaten, mit dem Preußen in mehrfachen V­ertragsverhältnissen und im Bündniß für die vor­liegende­ Berwiclung im Orient steht. Die fünfte Großmacht hat, dals sie auf Dant­over Anerkennung der Art gerechnet hätte, offenbar seinerz­eei Gewinn davon, daß sie es so lange hinausgeschoben hat, si gegen Rußland zu erklären, und daß sie seit vielen Monaten figy Oesterreich an­­geschlossen, viesem seine Hülfe zugesichert, und ihm so zu sagen eine euro­­päische Position auf Kosten und zum Nachtheil Preußens bereitet hat. Er muß die Frage aufgeworfen werden, ob es denn dahin kommen künnte, daß der Frieden abgeschlossen würde und neue Bestimmun­­gen für den europäischen Rechtszustand getroffen werden, ohne das die fünfte Großmacht das Recht vor Mitwirkung dazu, das sie sett Men­­schenaltern unbestritten gehabt und geübt hat, das mit so schwerem theurem­ Blute erfauft ist. Das wahrlich Feine Etiquettenfrage,­ feine Sache vor Form und eitlen Stolzes ist, diesmal zur Geltung brächte. So ungewisser die Zu­­kunft und das Ergebniß der schwebenden Unterhandlungen ist, um so bevent­­licher ist es, daß die fünfte Großmacht vraugen steht, äußerlich, faktisch, für den Augenblick, nicht mehr, nicht näher und nicht wirksamer betheiligt, als Sardinien over Schweden, Baiern oder Sachen. Werde eső Friede, werde es längerer, größerer ernsterer Krieg — Preußen kann in solcher N­oh­rung nicht bleiben; es kann die Errungenschaft seiner ganzen bisherigen Geschichte nicht aufgeben, und es hat zu lange als große Macht gegolten, als war es in dieser Geltung könnte eine Pause eintreten lassen, wer Nation und dem Lande gleichsam vorbehalten, vermal einst einen Lauf von neuem zu beginnen, wen zu unterbrechen Beide niemals gestimmt gewesen sind. * Odessa, 29. Dezember. (Köln­­ig.) Nachrichten von Perefop meinen, daß die am 19. Dezember von hier nach der Krimm ausgerückten Reserven der 10. Division (die 10. Division gehört zum 4. Armeekorps, früher Dannenberg, jet Osten-Süden) in Eilmärschen mittels Wagen nach der taurischen Halbinsel erpevirt werden. Die Geleitemorte, welche diesen Truppen vom Erzbischof auf den Weg mitgegeben wurden, sind charakteristisch genug, um mitgetheilt zu werden. Er sagte unter Anderem : (D. Red.) I #) Leider war diese unsere Wittheilung bereits gedruckt, als auf unsere Bitte an den Herrn Schulinspektor,, dieser im besonderer Güte uns das Manuskript seiner trefflichen Rede zukommen ließ. Wir können sie daher erst in unserem nächsten Blatte ausführlich mittheilen,

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