Pester Lloyd - Abendblatt, Februar 1855 (Jahrgang 2, nr. 28-50)

1855-02-01 / nr. 28

N....ch Empfang dieses Briefes bat Lodeberdeen um einige Tage Bedenk­­zeit,womit sich Lord J.Russell in einem Briefe vom 18.November einverstanden erklärte und hinzufügte:­­ ehe Sie einen Entspruß fassen, Sie meinen Brief dem ich Ihnen schrieb, hatte ich durchaus nicht die Aba ficht, ihn irgendwie tadeln zu wollen. Ich glaube im Gegentheil, daß ihm die Anstren­­gungen, melche er gemacht hat, sehr hoch anzurechnen sind. Allein er war nicht im Ber­­­eiche der für einen so großen Wirkungskreis erforderlichen Autorität und vermochte nicht, alles das zu thun, was sich mit einer größeren Macht ver Kontepte Hätte thri­­­fen. Auf diesen Brief antwortete Lord Aberdeen — den Vorschlag Lord John Ruffel’s, nach dessen Aussage falsch auffassend —, daß er sich mit der in Anregung gebrachten Neuerung nicht einverstanden erklären könne. Unterm 21. November reibht er: Da sich Ihr Borfálag auf die vermeintliche Unangemessenheit der Beantragung des Budgets durch Herbert und auf die daraus folgen­de Nothwendigkeit gründet, daß der Staatssekretär für den Krieg Mitglied des Unterhauses sein muß, so macht er Die Entfernung des Herzogs von Nemweastle von seinem gegenwärtigen Posten unvermeidlich. Allein wenn­ Teich Ste dies als das unvermeidliche Ergebniß eines offiziellen Arranger überhaupt irgend ein Unparteiischer, es in Demselben Lichte ansehen würde. Die Regie­­rung würde dadurch so sehr aus den Tagen gerathen der dafür angeführte Grund anscheinend so unzureichend sein, daß man die Sache als ein Manöver würde betrachten können, um einen Mann an die Stelle eines anderen zu fegen. Obgleich Ihnen ein solcher Wunsch ganz fremd sein mag, so würde man den Schritt­body nicht anders aus­­legen können. Ich glaube, es würde ungerecht gegen den Herzog sein, legen ihn ohne Die dringendste Veranlassung in eine tote Lage bringen wollen. Unterm 28. November schreibt Lord I. Ruffell : 30 komme nun zu der Krieg, in dem wir begriffen sind, erfordert. Indem ich jede Historische Bezugnahme bei Seite sehe, halte ich «8 für Tax, Daß entweder der Premierminister selbst der thätige und bewegende Geist der ganzen Maschine sein muß, oder das dem Kriegsminister die Auto­­rität zu übertragen ist, andere Departements zu kontroliven. Bei Einrichtung ist weder das Eine noch das Andere der Fall... machen ; allein ein Kabinet ift partements statt­gefunden hat; ein zreifälliges aber geben später, Sie und eigentlichen Frage, zu der Frage nämlich, was der große der gegenwärtigen Treil­h hat das Kar­binet bei seinen festen Zusammenkünften viel gethan, um Unterlaffenes wieder gut zu und ungefüges Justenment zur Rüh­­rung eines Krieges. Es kann guten Rath ertheilen oder. Beischlüsse Über eine ihm un­­terbreitete Maßregel faffen; allein es kann nicht administriren. Was uns Daher noch thut, tut, ich muß es nochmals wiederholen, ein flairer und angesehener Kriegsminister. Da es sich um die Wohlfahrt des Reiches und um den Erfolg unseres gegenwärtigen Kampfes handelt, so nehme ich meinen Anst­and, dies auszusprechen. Behalten Sie, wenn Ste­eg für gut halten, einen Kriegssekretär als vorläufiges Auskunftsmittel bei. Lasfen Sie es aber nicht zweifelhaft, daß es eben nur ein vorläufiges Auskunftsmittel ist, d. bh, daß dieser Posten eingehen sol, sobald eine vollständigere Konform­irung Darauf antwortet Lord Aberdeen unterm 30. November des Kriegs be­­tem Parlamente und dem Lande die Ueberzeugung, daß Sie Die Leitung des Krieges in die Hände des Mannes gelegt hat­ben, welcher dazu am besten befähigt it. Am Ende renutirt ich doch Ihren Brief die Sache Doch ganz einfach eine Frage persönlicher Vorliebe und Die Vertauschung eines Mannes mit einem anderen. Auf meine Bemerkung, daß seine Kollegen dem Herzoge doc einige Rücksichten schuldig seien , entgegnen Sie, daß man Ihres Willens bei Gründung des Ministeriums dahin übereingenommen sei, daß eg das zu thun habe, was am ersprießlic­hten meinwohl sei, ohne Rücksicht auf die Eigenliebe oder selbst die errungene Stellung be­­stimmter einzelner Personen. Ohne Zweifel war das der Fall, und ich theile vollständig die Mederzeugung, daß der Herzog von Nemcastle der Lebte sein würde, Der eine Aus­­nahme von dieser Regel zu seinen Gunsten wünschen würde. Allein ich muß doc bemer­­ken, daß man bei der Bildung des Ministeriums noch nicht an Die Bildung eines Kriegs­­­ministeriums dachte, und als das Kriegsdepartement von dem Kolonialamte getrennt ward, hatte Niemand etwas Dagegen einzuwenden, daß der Herzog von New­­castle das Kriegsdepartement für sich wählte, und eben so wenig ist meines Wissens bis jet Klage über Die Art geführt worden, wie er Diesen Posten verwaltet hat. Nun glaube ich, Sie werden mir zugeben, daß, wenn auch bei Gründung dieses neuen Postens vielleicht jemand anders vorzuziehen ge­wesen sein möchte, es Doch etwas ganz Anderes sein würde , einen Mann seines Amtes, dem er geschidt und ehrenvoll vorgestanden hat, blos deßhalb zu entgeßen, weil man glaubt, es ließe sich jemand finden, der noch besser dafür geeignet sei. Ohne Zweifel muß das Staatswohl alem Anderen vorgehen , allein so lange Tein Uebelstand bewiesen und meine Unfähigkeit behauptet wird, vermag ich keinen hinreichenden Grund zu einer solch­en Veränderung zu erblicken , die auch in der That, wie mir scheint, dem Gerechtigkeitsgefühle widerstreiten würde»... . Alles in Allem genommen muß ich somit, da eine Veränderung, wie die vorgeschlagene,, von zweifelhaftem Vortheile für das Publikum sein würde, da ich entschieden das Gefühl Habe, das sie eine Handlung der Unbilligkeit und Ungerechtigkeit gegen einen Kollegen sein würde, und da meiner Anfigt nach alle derartigen Veränderungen, sie müßten denn unumgänglich nothwendig sein, nur geeignet sind, eine Regierung zu ihm wären, nochmals wiederholen , daß ich Ihren Vorschlag nicht mit gutem Ge­wissen der Königin empfehlen kann. Paris, 27. Männer. Schon im nächsten Monat sollen 40.000 Mann, die Dent Inner Lager entnommen werden würden, durch die Schweiz nach der Donau gesandt werden. Er bestätigt sich, daß General Schramm die nach Oesterreich bestimmte Armee befehligen wird. General Niel hat den Auftrag erhalten, sehr genaue Angaben über die Aussichten vor Sebastopol zu geben. Von diesem Berichte dürfte das Schicksal der er­­warteten Unterhandlungen in Wien abhängen. Dem „Moniteur de­­r Flotte” zufolge liefert das Geschwader des schwarzen Meeres auf Verlangen des Generals Canrobert abermals zur Belagerungsarmee neun dreißigpfündige Kanonen und zwanzig achtzig­­pfündige Haubiten, so­wie 166 Mann zur Bedienung der Geschübe. Der Herzog von Cambridge ist hier eingetroffen und im englischen Botschafte­­hotel abgestiegen. Er wird doret bis vier Tage verweilen. — So unglaublich­es Tringen mag, so gewiß ist es doch, daß die Legitimation des Herrn von Morny als Sohn des Königs Ludwig von Holland und der Königin Hortense ernstlich in Angriff genommen wird. Das Faktum kann nicht mehr bezweifelt werden. Daß man von einer Verbindung des Grafen mit einer deutschen Prinzesin pri­t, ist nach dem Vorhergehenden nicht zu verwundern, aber eg ist nicht genann — Herr Magne hat das Finanzministerium angenommen, sol­ls aber ausgebeten haben, vorläufig noch sein Portefeuille behalten zu dürfen, so lange nämlich gewisse Eisenbahnarbeiten noch nicht fertig seien. — Herr Zaire, ehemaliger Minister unter der Republik,, is verwarnt worden wegen Theilnahme an Berathungen zu orleanistischen oder legitimistischen Zr­eden. Die­­ Amtlichen Blätter werden häufige Bulletins über den Prinzen Napoleon bringen, den man beim Publikum wieder in Gunst fegen möchte. Er ist jet entfehleren, daß der Prinz nicht nach Italien gehen, sondern seinen Aufenthalt in Paris nehmen und im Palais Royal absteigen wird. — Gestern besuchte der Kaiser mit der Kaiserin das Elysee, wo er auf einem der Baffins Schlittschuh lief, und kehrte nachher mit ihr zu Buße durch Die elyfätischen Zelder zurück. Am Abend war maskirte Gesellschaft in den Zud­erteen. — Herr Spule wird Her eintreffen, um mit seinem Kollegen über die wichtige Angelegenheit von Cuba zu berathschlagen. — Die französischen Teuerver­­sicherungsgesellschaften haben sich zur Förderung der Weltausstellung bereit erklärt , die Gegenstände gegen 3 p. mille im Hauptgebäude und 5 p. mille in den Nebengebäuden zu affefth­ren, während dieses bei der Londoner Weltausstellung 101/9 p. mille kostete. A Paris, 29. Jänner, Die Nachricht von einem erschütternden Selbst­­morde macht seit Freitag die Runde in allen hiesigen Kreisen. Den frühen Morgen jenes Unglückstages fand ein Gergant­re ville an dem Gitter eines kleinen Fen­sters, das auf einen der absehenlichsten Gaffen in dem alten Stadttheile von Paris geht, einen sauber gefleiteten Mens­chen am Halse aufgehängt. W ild er denselben abschnitt, war der Unselige schon fast; in seiner Tasche trug er einen, auf den Namen Gerard de Nerval ausgestellten Halt. Die Straße Nieille-Tanterne, wo der Arme in so fantastischer Weise sein düsteres Geschtef zum Abschluffe gebracht, ist eher ein Kloaf als eine Straße zu nennen. Sie it in der Nähe des Gatelet-Plades und gehört zu den Quartieren, welche abgebrochen werden sollen, um dem neuen Paßgebäude Plan zu machen. Das eine Enpe verselben schließt mit einer Art von scheußlichen , verfallenen Treppchen ab, über dessen ersten Stufen das fragliche Fenster liegt. Der ganze Durchgang besteht aus den Hintergebäuden der abscheulichsten Häuser, worunter­­ sie auch noch sehr zweideutige und ganz verödete befinden. Der unglückliche Schriftsteler hat diesen empören­ den Ort recht mit Absicht gewählt, um seinen Entschluß ohne jede Störung aufführen zu können : alle seine Maßregeln waren mit der größten Umsicht getroffen. Er hatte einen ganz neuen, augenscheinlich erpreß dazu gekauften Strich hinter eine Stange des Fenstergitters geschleudert, und, dies eine Ende wieder aufgreifend, die Schlinge aus nächster Nähe geknüpft, indem er sich auf einem Steine, den er dort vorfand, in die Höhe erhob. Sobald er den Hals darin und den Sprung gemacht hatte, rollte der Stein natürlich fort und er hing in der Luft. Man brachte von Kadaver nach ver Morgun, wo ihn seine beiden intü­nften Freunde, Theophile Gautier und Arsene Houffage, die sofort von dem Vorfalle benachrichtigt wurden, fanden, ein Lächeln auf dem Gesechte, wie immer während’ seines Leben. »,jJi­rv als eigentlicher Name ist de la Brunie:sein Vater,der schon als Militärarzt den russischen Feldng mitmachte,lebt noch in sehr hohem Alter.Ner- Val war 46 Jahre alt,und bei seinem entschiedenen Talente­ namentlich für Revue-Aufsätze——keineswegs unglücklich zu nennen.In seiner Tasche fand man noch die Korrektavbogen von seiner neuesten Arbeit fürkie,,Revue parisienne." Der Grund seiner ‚Schredensthat ist daher nur in intermittirender Geisteszerrütz­­ung zu suchen, die ihn schon zweit Male in eine Privat-Irrenanstalt gebracht hatte — wie er denn auch noch ganz neuerdings in der Comedie frangaise seinen Bekannten im Foyer erzählte, er müsse nach dem Oriente abreisen, da er zum Sultan ernannt sei! Man weiß, daß er einen Paß zu dieser Reife bei si trug! Und da ich einmal bei der Literatur bin, so erlauben Sie mir nody hinzuzu­­fügen, Daß der Kaiser gestern der ersten Vorstellung eines halboffiziellen Stückes „masque de poix" (Pechmasse) beimohnte, die zum Beten der Orientarmee stattfand ; und daß Einer unserer fleißigsten Philologen in der Bibliothek von Tourd das älteste, bisher bekannte Drama in unserer Sprache entwedt hat, ein anglo-normannisches Manuskript aus dem zwölften Jahrhunderte, Berlin, 30. Jänner. Die Opposition der zweiten Kammer rüstet sich zu ei­­ner kräftigen politischen Debatte, bei Gelegenheit der Berathung über die Verwen­­dung des bis zum Schlusfe des Jahres 1854 noch nicht Disponirten Krevits von 30 Millionen Thaler. Kopenhagen, 29. Jänner. (Hamb. Nadr.) Eine Kommission von vier Ge­neralen und zwei Stabsoffizieren Monarchie niedergefebt worden. Der Antrag Lindberg’e auf ausschließliche Verwen­­dung der Holsteiner und Lauenburger zum deutschen Bundeskontingente ward heute mit 73 gegen 9 Stimmen abgelehnt. Dfen, 31. Sinner. phifchen Nachricht von OP. D. 3). Gleich nach dem Eintreffen ver telegra> werden bei der Geburt eines Prinzen 101 und nen Schüffe von den Gefhügen ver Festung Dfen erfreuli­­chen Ereignisses gelöst werden. Noch am selben Tage oder bei zu später Ankunft der Nachricht am folgenden Tage wird in der Hauptpfarrkirche der Festung Ofen ein feierliches Te Deum abgehalten, welchem sämmtliche Militär- und Zivilbehör­­den, dann Honoratioren in Galla anwohnen werden. * Wien, 31. Jänner, Die Witwe des Baron Welden, eines ausgezeichneten Ingenieurmajors, sol zur Ara des zu erwartenden Kaiserlichen Kindes bestimmt sein. Der „Schlei. 3." wird von hier geschrieben : Es ist vielfach die irrige Meinung ver­­breitet, als ob die Entbindung Ihrer Majestät täglich, ja ftündlich bevor siche. Dieses Ereigniß wird jedoch nicht vor Ende Feber , vielleicht erst Anfangs März erwartet. Erst vom 20. Feber ab sind dazu Die lebten Vorbereitungen in der Hofburg getroffen und der Erzbischof von Wien hat die Einladung erhalten, wo möglich bis zum 20. von Rom hier einzutreffen. — Am 2. Teber ,­ald am Feste Maria Lichtweg wird in allen Kirchen Wiens ein Danfamt mit Te Deum wegen des Aufhörens der Cholera abgehalten werden. Die Seuche hat in Folge der strengen Kälte vollständig nachgelassen. ís Sch möchte jedoch, daß, Herzog von Newcastle zeigen. Als ments betrachten würden, so läßt sich Doch nicht annehmen, Daß­­ das Publikum,­­ aber wenn feine Kol­­auf für das Ge­­­­der­k­ zur Untersuchung erfolgten Entbindung des Befestigungsunwesens Ihrer Majestät als Bek­ündigung des ver­ ver Kaiserin bei der einer Prinzess­in 21 Kano­­ Wiener Börse am 31. Jänner. Bei wenig erheblichem Geschäfte trat in den meisten Fonds und Ärzten seine wesentliche Veränderung ein; nur Raaber Eisenbahnaktien waren namhaften Schwankungen unterworfen. Devisen und Metalle waren nur unbedeutenden Variationen unterworfen. Gold 311]2, Silber 271].. Wien, 31. Jänner. Der über das Haus D. A. rant verhängte Konkurs ist bereits aufgehoben. (VB. B.B.) Verantwortlicher Nebakteur : Karl Weiskircher. - Buchbruderei von Gustav Emtch. — Verlag der Petter Lloypn-Gesellschaft.

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