Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1855 (Jahrgang 2, nr. 227-253)

1855-10-27 / nr. 250

paralysirt,die Entfaltung und den so wünschenswerthen Aufschwung des Apotheken­­­institutes verzöigert und gehemmt. Bei tiefer eingehender Spriiffing wird jeder Kundige leicht erkennen,daß die be­­reits angeordneten Maßregeln einem in sich organisch zusamm­enhängenden,festgeschlosse­­nen Systeme angehören,welches alle ökonomischen Belange dieses Reiches mit Umsicht zusammenfassen,und dessen konsequente Durchfü­hrung der Nationalwohlfahrt und den Staatsfinanzen hoffentlich in fördersamster Weise mit dauerndem Eisfolgeanfasten kom­men wird. 0e.Z.Wien,26.Oktober.Die Un­terhandlungen welche bezüglich der Errrich­­tung der,,Allgemeinen Kreditbank für Han­del und Gewerbe­«wä­hrend der letzten Wo­­chen gepflogen werden,sind jetzt ihrem Abschlusse sehr nahegerückt.Die zwei großen Wiener Hä­user­,welche bekanntlich sehr eng mit den meisren Pereire und anderen fran­­zösischen Kapitalisten von Bedeutung lib­t sind,haben die ihnen vielfältig gestellten Anträge zur Verschmelzung mit der bei diesem Geschäfte konku­rrerenden Geldmacht definitiv und entschieden abgelehnt und dürften überhau­pt alle ihre der Finanzverwals­­ung vorliegenden Anträge zurückziehen­.Mithin besteht seit gesternl­end kau­m ein Zweifel mehr darü­ber,mit wem jenes Geschäft zu­m­ Abschluß w­ird gebracht werden. Es hatte sich bekanntlich vorh­ingen­er Zeit in Prag ei anm­nite,bestehend aus den Herren Johann Adolph Fü­rst zu Schwarzenberg,Mangou Fü­rst zu Fürstenberg, Vinzenz Carl Fürst Au­ersperg,Otto Graf Chotek und Louis Von­ Haber gebildet,welche im Einverständnisse zuerst mit einem großen Theile des böhmischen­ Adels,dann mit hohen Adeligen der gesammten Mon­archie sich vereinigt hatten,um die ein­e Hä­lfte der zur Gründung des neuen Unternehmens nöthigen Kapitalien zu­ beschaffen­.Diese Herren stehen auch jetzt bereit,für ihren­ Theil die Summe von­ dreißig Millionen Gulden CM. aufzubringen.Das hiesige Haus SM v.Rothschild,verbunden mit den Rothschild’­­schen Häusern in Frankfurt,London,Par­is und Neapel und mit dem Hause Leopold L­ämel in Prag hat sich im Vereine mit dem Adel verpflichtet,die andere Hä­lfte des nöthigen Kapitals­ also ebenfalls die Sum­m­e von 70 Millionen­ Gulden,zu überneh­­men.Es unterliegt wohl keinemeeisel,daß der­ Abschluß mit der genannten Gesell­­schaft dieser Tage erfolgen wird. Daansleben tretendes neue Institu­ts verlangt natürlich bedeutende Vorbe­­reitungen,und kann keineswegs früher als im Beginne des nä­chsten Jahres erwartet werden.Dem Vernehmen nach wird das größere Publiku­­­­ Gelegenheit haben,sich im­ Wege der Subskription an dem neuen Unternehmen zu bet­eiligen­. Schwarzes Meer.Bis zum Schlusse des 23.Oktober war in der Krimmzi eine bedeutende Verandeisung eingetreten.Das Feuer zwi­­schen­ Noroz und Sündsebastopol dauerte fort: am 14. un­d 16. gingen in der Nähe des Arsenals no einige Höllenmaschinen in die Luft. In Mord­­sebastopol haben General Chruloff und Admiral Panfiloff das Kommando, ‚ersterer Über, die Linientruppen, legterer über das Genie und Marinetorpe übernommen. Alle Berichte: — sowohl in englischen­ Blättern als in den Marseiller Depeschen, welche für die Krimm bis zum 13. reichen — stimmen heute darin überein, die Räumung der Nord­­forts als­ höchst unwahrscheinlich und selbst Die der ganzen Halbinsel als nahe bevorstehend zu bezeichnen. Die Alliirten dringen, stetig aus dem Baivarthale gegen den oberen Belbef vor: Gortsharoff’s Heer führt zum Theil eine rückgängige Bewegung nach Simpherogol aus, theils verstärkt es die Schangen bei Madenzie, theils muß es zu Dreiaderungen gegen Blanfenmärsche des Feinde verwandt werden. Da Diejer namentlich seine Stellung in Eupatoria fortwährend verstärkt. Daß von hier und von Kinburn aus durch die 30.000 Mann, die sich dort feilgefeht, Perefop gleichzeitig von zwei Seiten her belagert werden soll, scheint jett zweifellos zu sein. Auch berichtet Gortidatori bereits über eine neue Esplation der Truppen in Eupatoria : « Am 22.Oktober­ ist der Feind in einen­ Stin­kevon­s(),i)«i)40,000 Maim aus Eupatoria gezogen,am­ 23.avanci­te er gegen Tulatz als er aber au­f der Höhe von Aschig-Djim in einer Bewegu­n­g unserer Uhl anendeire­iste­ dies eine linke Flanke bedrohte,zog er sich bis n­ach Aktin­schiziiisüch.Zi­ischen Kin­dii­-i­ und Nikolajeff ist nichts Neu­es vorgefallen­. Aus Maslak sollen sich am 11.Oktober«20.000 Man in­ anglo­­französischer Verstärkungen­ nach den­ Kl«im­mernschiffen­.Die Generäle Bosqu­et,Mellinet und Tisochu kehren­ nach Frankreich zurück,die entgegengesetzte Nachrich­t beruhte auf ein­emJirthumie der­ Mar­­seiller Depesche.Endlich­ liegen noch zwei offizielle Depesch­en­ ü­ber die schon bekannten Opellation­en­ aus Din­eprliman vor.Die ins Petersburg publizirte Rundmachu­ng über­ den Fall Kin­bur­n’s lautet: In der Nacht vom 14. auf den 15. Oktober bewüsten 7 feindliche Kanonierbote in der Nahe von Kinburn die Dunfeleit, um in den Liman Durchzubrechen, wo sie sie vor Anker legten. Amn Morgen eröffnete die Festung das Teuer gegen si. Darauf machte der Feind eine Landung auf der Kinburnlandzunge von der Seite des G Salzsees her, und am Abend begannen sechs seiner Dampfschiffe eine Kanonade gegen Kinburn. Die Festung erwiderte mit Glüd. Ein Dampfschiff erhielt eine Beschädigung und trat aus der Linie. Die Stärke der Landungstruppen, die im Laufe des Tages age wurden, lást sich nicht bestimmen , doch ist sie dem Anscheine nach nicht be­­id . Das Schießen, welches am 15. Oktober zwischen der Festung Kinburn und den feindlichen Fahrzeugen stattgefunden, wurde mit Anbruch der Nacht eingestellt; am 16. um 2 Uhr Mittags begann es von Neuem zwischen der Festung und den im Liman be­­findlichen Rangnterboten. Eines der Lesteren verließ den Liman und stieß zum Flotte. Weitere Operationen und Bewegungen von Seiten des Feindes sind bis zum geistigen Abende nicht vorgekommen. Unter dem Datum des 21. Oktober hat auch Peliffier nunmehr, nach einem Napporte des General Bazaine, über die Einnahme Kin­­burn’s und Difhaloff's an den Kriegsminister berichtet. Seine, D­er yeihe, die nach den Meldungen des Admirals Bruat natürlich nichts Neues mehr enthält, schließt mit den Worten: 1420 Gefangene, worunter der General Kycanomu­fch und 40 Offiziere, die Erbeutung von 174 Kanonen, von Kriegs- und anderen Munitionen. Die wichtige Befehung der Stellung — das sind für die Verbündeten die Resultate dieses glütclichen Unternehmens gegen Kinburn. Die Russen versofständigten sie, indem sie am 18. die rettungsunwerfe von Difhafoff in die Luft sprengten. Ich werde Ihnen die Sabbne mit dem russischen Wappen senden, die auf Kinburn’s Wällen wehte. Affen. Nach einem am 16. d. M. in Konstantinopel in U­m­­lauf gewesenen Gerücht soll General Muramcheff, der nur S0 Kanonen mit fi führt, bereits den Nachzug über den Arpartfohai aus getreten haben. Rufsische Offiziere, die bei der Affaire von Kars ge­­fangen genommen­ wurden, haben ausgesagt, daß der Sturm auf viele Festung nur in­folge eines Direkten Befehles aus Peters­burg unternommen wurde. Der russische Gesammtverlust am 29. September soll 8000 Todte und Verwundete betragen haben. Nach Briefen aus Kars befehligte beim Sturm der ungarische General Kmety die un­­ter dem­­ Oberbefehle Baffir Palha’s und des Generals Williams stehenden ottomantischen Truppen. D Viermal wurden zwei Nebouten von den Neffen genommen und von den Türken wieder erobert. Aus Erzerum wird vom 10. Oktober berichtet: Die Aufregung ist in ganz Anatolien groß. So treibt sich bei Damast ein zahlreiches Kurdengesindel umher, welches von den Bergen herabgestiegen ist und die ganze umliegende Gegend unsicher macht. Alle Anstrengungen des dortigen Gou­­verneurs Khatif Palıya diesem Un­wesen zu fieuern, sind Higher ohne Erfolg geblieben; auch gehen die Befrutirungen in dortiger Gegend äußerst schwer und langsam von Statten. Zwar fehlt es keinesswegs an kampflustiger Mannschaft, allein das Uouvernement hat nicht das nöthige Geld, um den Nekroten das versprochene Handgeld zu zahlen. Daher sind die Damaszener jeden Augenblick einer allgemeinen Plünderung ge­­wärtig. Aehnliches wird auch aus anderen Plänen Anatoliens gemeldet. Zu Omer Pafchas Korps sind während der legten 4 Wochen nahe an 10.000 Mann, sämmtlich gut equipirt, abgerückt. Ueber das Heer des Serdarg meldet die „S. 6, aus Batım vom 4. Oktober : Dömer Pascha hat von der Negierung Wagen, Karren, Brüdenequipagen,, Ar­­beiter, furz ein ganzes Material verlangt, von dem er so gut wie irgend einer weiß, daß es in Konstantinopel nicht vorhanden ist. Er with der Pforte, sich an die Feldheren der Verbündeten zu wenden, um von ihnen eine Kompagnie Pontoniere und Sappeure zu erhalten, ohne deren Hilfe er wegen der Menge von Stufen, die zu überschreiten sind, nicht vorruiden zu können behauptet. Der Generalissimus beklagt sich ferner über die Beschaffenheit der ihm zugesandten, Lebensmittel, von meiden er sagt, has sie den von den Lieferanten vorgelegten Proben nicht entsprechen. Weder Der Kriegsminister, erklärt er, noch Die Rathekammer des Kriegsministeriums wülde sich dazu verstanden haben, den kaiserlichen Truppen eine so felechte Nahrung zugumuthen. Er zeigt ferner an, er werde von allen erhaltenen Gegenständen Proben nach Konstantinopel fchteen, um dem Kriegsministerium Gelegenheit zu geben, sie mit den von den Lieferanten­ vorgelegten zu vergleichen. E. C. London, 23. Oktober. Die „Times“ kündigt heute mit Ber­stimmtheit General Simpson’s Rückkritt vom Kommando in der Krimm an. Sie verbankt visie erfreuliche Kunde seiner irgendwie amt­­lichen Duelle, aber man dürfe sie auf ihre Nichtigkeit verlassen. Sie habe ein wunderbares Vöglein, das ihr Alles sagt, und ihr kleiner Finger vert­rab­e ihr auch, das die nächste C morgenpe­ Gazette höchst interessante Ers­tennungen bringen werde. Hoffentlich denke die Regierung nicht daran, einen der jüngst geschaffenen Feldmarschälle ins­gel zu schicken, sondern don Oberbefehl einem Mann anzuvertrauen, Der werer blind noch, taub over fontrast fit, der im Nothfalle zu Pferde fiten, mit eigenen Augen» sehen, und vielleicht gar — obgleich Dies viel gefordert sei — einen kurzen Schlacht­­bericht in brutligem und grammatikalischem Englisch zu Papier bringen kann. Das Gerücht — dessen wir sehen unlängst erwähnten — deutet auf General Codrington. „Daily News’ hielt die Wahl für unwahrschein­­li, „Times“ übergeht das Gerücht mit Schweigen, aber „Herald“ sieht die Ernennung Codrington’s für ausgemacht an. Nach dem , Eb­be" hat die Regierung seinen Augenblick daran ge­­tadht, den General Simpson abzurufen, aber die Gesundheit des tapferen Generals ist so angegriffen, daß es sein Wunder wäre, wenn er um seine Entlassung wagsuchte. Der Bordbmayor hat für den 5. November ein Meeting nach dem Mansionhouse berufen, um über die Gründung öffentlicher­ Xeseanstalten in der City zu berathen. Die City Corporation hat beschlossen, zur Erinnerung an den Besuch des Kaisers Napoleon eine Bronzemedaille schlagen zu lassen. Maris, 23. Oktober. Die Lage Der Bant von Frankreich hat sich nicht ge­­bessert. Sher Barvorrath hat seit lechtem Donnerstage wieder um 18 Mill, also seit gestern vor 8 Tagen um über 42 Millionen abgenommen. Die Erhöhung des Die­­fotos und Die Übrigen von der Bank ergriffenen Maßregeln haben keineswegs dem Begehr unserer Banquiers nach barem Gelde Einhalt gethan. Die Bankdirektoren bestehen deshalb der Regierung gegenüber fest darauf, daß Dieselbe den Banknoten Anfangskönig gibt. Geschieht dieses nicht, so wird die Bank wahrseinlich am nächsten Donnerstag von Beschluß fallen, nur noch Wechsel auf sechzig Tage Sicht anzunehmen. Wie ferner verlautet, läßt die Bank für 50 Millionen Gold in Holland auflaufen. An der hiesigen Mehlwage hat ein reicher Spekulant seine Zahlungen eingestellt. Derselbe hatte in den niedrigen Preisen 19.000 Säde Mehl ver­kauft und konnte weder liefern, noch­ die Differenzen bezahlen. Der „Courrier de Marseille” sagt über die Weinlese: „Die Nachrichten, die uns über Die Weinlese der Umgegend zugehen, sind ungemein günstig. In einigen Theilen geht sie weit über eine Mittelernte. Die Ufer der Durance sind besonders begünstigt, sowohl was Die Quantität als die Qualität­ der Trauben betrifft, sen, 26. Oktober. Bon dem höheren Adel der Fürstenthümer sind in den rebten Tagen angenommen: Fürst Georg Stourza, Bornis Kantafıs­zen, Borniffirzerzunowiegw­a. m. In Galizien wird ein eigner Beuerversicherungsverein gegründet, wozu bereits Die nöthigen Einleitungen getroffen sind. Der zu München am 29. Mai unterzeichnete, allseitig ratifizirte Dritte Nach­­tragsvertrag des Deutsche Österreichischen telegraphenvereins wurde hier am 25. 9. offiziell publizirt. Im höheren Auftrage wird an einer „Koh­lenkarte“ der Monarchie gearbeitet, in welcher alle Gegenden, w nach Kohlen gegraben wird, si bezeichnet befinden. In Folge der mit a. h. Entschliefung genehmigten Organisirung der Militär- Kaffebranche wurde Die zu Oedenburg bestandene Militär-Distriktstaffe aufgelöst und die bezügliche Gebahrung an die Kriegetaffe in Preßburg übertragen. Die zu Haz­hau bestehende Militärvistriftstaffe wird mit 30. Oktober aufgelöst und Die Dies­­fällige Gebahrung wird, mit 1. künftigen Monats angefangen, der Kriegswaffe in Ofen überwiesen werden. Zeit, 27. Oktober. Unser Temessarer Korrespondent meldet uns den Tod des Herrn ©. Feldinger, Chef des bekannten, geachteten Handlungshauses, Wiener Börse vom 26. Oktober. Bei fester und günstiger Stimmung erreichten Die Kurse durchgehend­ einen Höhern Stand. Mit Ausnahme der Devise London, welche Höher ging, waren Wechsel im Preise gegen gestern wenig verschieden. Gold fchloß, obsehten start begehrt, flant Silber fest, Gold 195 Silber 16. Berlin, 25. Oktober, Wechsel auf Wien 89 °. London, 25. Oktober. Konsols 88. Maris, 25. Oft. Gerüchtweise verlautet, die Bank werde wieder 90tägige Wechsel distontiren, 3%, 64.70, 4, "­, 90.50. Verantwortlicher Redakteur: Karl Weißkircher. Schnellpressenprüf von Emil Müller, Servitenplag Nr. 4. — Berlag der Besler Coyp-Gesellschaft.

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