Pester Lloyd - Abendblatt, Dezember 1855 (Jahrgang 2, nr. 279-301)

1855-12-03 / nr. 280

.Den neuesten Meldungen­ aus Tripolis zufolge unterwarfen sich Viele der dortigen Aufständischen freiwillig dem­­ neuen Pfortenstatthalter Os­­man Pascha und erhielten die erbetene Amnestie.Nur der Rädelsführer des ganzen Aufstandes Namenanmna behauptet sich noch zuehit an der­ Spige einer Heinen Schaar. Die Explosion am 13. November. Die englischen und französischen Korrespondenzen aus Sebastopol vom 47. November beschäftigen ss am 15. Nachmittags, fast ausschließlich mit Wir entnehmen den Berichten . großen Explosion der „Daily News"­olgendes : 6919 Das Ereignis war das Furchtbarste, was in dieser Art bisher irgend jemand in der verbü­ndeten Armee erlebt hat. Ich habe die Erplosionen am 8. September und nachher gesehen, aber nicht ein halbes Dugend von ihnen zusammen glich dieser an Stärke und Getöse, Ueber einen Flächenraum von fast einer halben. Cengl.) Meile eigte die Luft eine einzige ungeheure Säule von Hasserdampf und aufgeschleuderter Ende, durch welche hin und aus welcher berstende Hohlkugeln und Raketen zu Hunder­­ten zuchten und auf mehr als 1000 Yards umher Verderben­­ spien. Der Bergleid mit einer gleichzeitigen Salve aus tausend Nrtifferteparts mag übertrieben scheinen, und doch gibt Dies Gleichniß nur eine dürftige Idee von der Kraft des Donnerd, der die Erde auf Meilen in der Runde erschüttterte, das foltiefte Mauerunwerf zerwarf, und Holz­­hütten und Zelte im Na­megfegte. Schwere Belagerungsgefolge wurden von ihren Kafsetten weit weg geschleudert, und segtete zerbrochen und die Splitter in die Luft zerstreut.­­ Von den geplanten Sohlgesehoffen fiel ein Eisenschauer nieder, als hätten die Ruffen ihre 8 Dirt­fferte gegen einen Punkt vereinigt. Bin­dlicherweise haftet die Ver­antwortlichkeit für diese Ereignig nicht auf uns, obwohl wir seine Verkuste reichlic mit zu tragen haben. Es steht fest , daß die Explosion im Französischen Artilleriepark bei der Mühle in der Nähe von Snkerman zum Ausbruch kam. Die Ursache wird wahrscein­­­d nie entdect werden, da der Urheber wohl das erste Opfer des angerichteten Bere derbens geworben is. Man trägt sich mit vielen Kabeln; bei der großen Dachsamkeit, mit welcher unsere Verbündeten jeden Zugang zu ihrem Artillerieparf hüteten, ist es sehr wenig wahrscheinlich , daß ein ruffischer Emissär bei hellem Tage dort eingedrum«­gen sein solte. Am Nächsten siegt, daß irgend ein vormwhgiger Soldat eine der dorthin gebrachten erbeuteten ruffischen Bomben des Näheren untersuchen wollte und dadurch das Magen verselben verursachte. Unser Park war von dem französischen nur durch eine ganz sehmale Strece getrennt, und nahe dabei tít das Lager unserer leichten Di­­vision.­­ Unmittelbar nach der ersten großen Entladung gingen die kleineren Borrathe­in in der Nähe der Reihe nach mit der regelmäßig fett eines Pelotonfeuers in die Luft; das Echo rote furchtbar durch die Schluchten Über die Bucht zu unseren Feinden hin­­über — Ihnen one Zweifel eine willkommene Musik, innerhalb des französischen Parts somte des unfrigen waren große Haufen von Brennholz, alten Faschinen und anderen brennbaren Materialien aufgesammelt, und von der langen trockenen Witterung ausgedörrt, fingen sie rasch Feuer und brannten­­ in hohen Slammenbüscheln bis in die einbrechende Nacht. Die Kleinen E­rplosionen boten zum Theil das Schauspiel prachtvoller Teuerwerte und sie hörten erst gegen acht Uhr auf, nachdem auch Das Feuer so ziemlich erforchen war. Zum Glük war ein sehr toter Theil der leichten Division, welche die meisten Verluste zu beklagen hat, zu vers­chiedenen Diensten abkommandirt, so daß das Lager verhältnißmäßig leer wars; hätte sich die Erprosion in der Nacht zugetragen, so wäre das Unheil sehr groß ge­wesen. Zuerst foh Alles in wilder Haft von der Stätte des Verderbens ; die Sinne der Leute waren völlig betäubt. Doch man hatte sich nicht sobald von dem ersten Schrecen ero­bolt, als eben­so allgemein ein rühmlicher Wetteifer in Rettung der V­erwundeten und versü­mmelten an dessen Stelle trat. Zrog der fortdauernden Gefahr wurden sie bald aufgesammelt und in die Tazarethe gebracht. General Codrington mit dem Stabe erschien bald selbst auf dem Schauplabe und gab die nöthigen Befehle. Die beiden Brigaden der let­sten Division wurden gegen die Bistortaredoute und den Franzosenhügel zurücgezogen und ein Kordon gezogen, um jede Annäherung zu hindern. Die Hauptgefahr bestand darin, daß unser großes Magazin, das in der Windmühle selbst sich befindet und achtzig bis neunzig Tonnen Hulver enthielt , jeden Augenblick in die Luft fliegen konnte, zumal das Dach fon durch die nahe Explosion sehr­ gelitten hatte. Der Brigadegeneral Straubenzee forderte Freiwillige auf, Hand zur Rettung anzulegen und Lieutenant Hope mit 25 Mann entsprach sofort dem Aufruf und war schon 10 Minuten nach dem ersten Ausbruc­he auf dem Dache, welches dicht mit wassen Tüchern bedeckt wurde. So wurde die weitere Ausdehnung des Unglück verhindert. Auch mehrere Haufen Bomben und Raketen wur­­den glückicc fortgeschafft, bevor sie die Explosion erreichte, Im Uehrigen ergibt sich, Daß, wie in selchen Fällen unvermeidlich, dem Bor­falle unter der Macht des ersten Einbruchs größere Dimensionen geliehen wurden, als er nachher aufwies. Durch eine telegraphische Depesche des Generals Codrington it bereits bekannt, daß der Verlust der Engländer 22 Todte, 120 Verwundete und 4 Dermitte betrug. Nach den englischen S Korrespondenten vertheilt sich derselbe zu fast zwei Dritt­­b­eilen auf die Leichte Division, und zu etwas mehr als einem Drittbeil auf die Ar­­tilleriemannschaften, die unmittelbar auf der Stätte der Erplorten Dienst hatten. Eine Anzahl von Hütten und Zelten der letchten Division wurden furchtbar durchlächert oder ganz zerstört, doch ein größerer Brand in deren Lager verhütet. Die Verluste der Franzosen waren nach der Meinung der englischen Berichterstatter bei Weiten ber trächtlicher (Marschall Peliffier hat dieselben in seiner Depesche vom 16. November nur auf 30 Todte und 100 Verwundete gefihäst). Die Russen unternahmen während der Bertotrrung, welche der Explosion folgte, eine Demonstration gegen Snferman, wurden aber von den französischen Batterien sofort lebhaft empfangen und gingen wieder zur Süc. Am Morgen des 16. ließ General Bodrington die Armee zeitig unter die Waf­­fen treten, für den Fall, daß der Feind etwa einen weiteren Berfudy machen sollte, das Ereigniß auszubeuten. Doch zeigte er sich nicht. Die Stätte der Verwüstung bot einen grauenvollen Anbli, zeigte jedoch nicht die tiefen Trichter, welche hinter den Erprofsenen vom 8. September zurüidblieben, da alle Vorräthe nicht in unterirdischen Gemwölben, sondern über dem Boden aufgeschichtet gewesen waren. Schwarzes Meer. Der Herzog von Newcastle wurde durch den englischen Gesandten dem Cultan vorgestell. Der ehemalige Minister sprach die Hoffnung aus, das England im nächsten Belvzuge mit einer Armee von mehr als 100.000 Mann auf dem Kriegsschauplage erscheinen werde. Man bemerkt in der That, daß die Werbungen für Eng­­land seit Kurzem wieder mit besonderer Energie aufgenommen werden. Der „Times“ schreibt man aus Konsttantinopel, daß die Cholera in Scutari wieder flärfer aufgetreten it und namentlich die Deutschen in der Fremdenlegion hart mitnimmt: nach einem Briefe des „Sourn­ de Conft.“ som 22, ist indeg — nachdem die Legion 38 Mann und 2 Offiziere verz­loren — dem Uebel der Verlegung Red Lagerplates aus der Kaserne in die Ebene bereits abgeholfen. Ein Theil der englischen Flotte ist in Konstantinopel angelangt; eben­so meldet das „Sourn­ ve Const.” die An­­kunft des Kommodore Breeze, Chefkommandanten des amerikanischen Mittel­­meergeschwaders. Auch finden wir im demselben Blatte zwei Tagesbefehle Mehemed Sadyf Palha’s an die ottomanischen Kosaren, worin diesen angezeigt wird, daß ihr zweites Regiment unter Zamoystt auf Befehl des Großveziers dem englischen Kontingente einverleibt wird. Stilles Meer. Ein telegraphischer Vorläufer der „Sapichen Pott” enthält die Meinung, daß die Al­irten auf von von Rußland befeß­­ten Kurilensönfeln gelandet sind, und die Flaggen Englands und grant reichd dort aufgepflanzt haben. Ziffen. Omer P­aldıa hat in seinem Berichte über die Foreirung beg Ingur gemeldet, dag die einflußreichsten Häuptlinge des Landes ihm ihren Beistand angesagt haben, und baf­ die Bendlierungen sich gegen die Z­ürfen sehr günstig gestimmt zeigen. Ay will man andererseits wissen, Muramieff rechne so sicher auf den Sai­son Bars, was er nur 12.000 Mann vor der gettung gelassen habe, die er sir hinreichend hält, um die ausgehungerte Stadt in Schach zu halten. E. C. London, 29. November. Die Königin begab sich gestern, nun schon zum dritten Male, nach Chatham, wo die Kranken und Verwun­­deten aus der Krimm 518 zur Vollendung des bei Southampton in Bau begriffenen großen Hospitals zum Theil recht nothnürftig untergebracht sind. Die hohe Frau ging von Bett zu Bett, erfundigte sich bei den Aerzten und Kranken nach ihren Bewürfnissen, und tröstete mit der ihr eigenteü­mlichen B­artheit und Liebensmächtigkeit, die sie zum Abgott der englischen Soldaten macht. Gegen Abend kehrte sie nach M­indsor zurück. Der König von Sarpdinien wird, so weit es bis zur Stunde angeordnet ist, morgen Abend um 11 Uhr von Calais abfahren. Prinz Albert wird den König auf der ersten Station vor London, die Königin ihn in Windsor zuerst begrüßen. Am Sonnabend machen sie mit ihrem könnglichen Gast wahrschen un­d einen Ausflug nach dem Krystallpalast von Sypenham; für Montag ist eine Besichtigung von Portsmouth in Aussicht gestellt; die Fahrt nach der City ist für Dienstag, das Drvenskapitel der Hofenbanpritter und die Aufnahme des Königs in den Drven für Mittwoch angesagt, und am Donnerstag reist Se. Majestät ü­ber Ostende nach Brüsfel. Contreadmiral Sir Edmund Lyons ist von der Königin der blauen Flagge befördert worden.­­ Die Berehrer des verstorbenen Marquis v. Londonderry geben mit dem Gedanken, um ihm ein Denkmal zu errichten, und Kaiser Napoleon, der ihm persönlich befreundet war, hat als Beitrag 50­2. angewiesen. Der Bibelverbrennungsprozes in Kingston bei Dublin macht ein unerfreuliches Aufsehen unter den Katholiken wie Protestanten Srlande. Bei der­legten Vernehmung der Vorgeladenen hatte die Polizei Mühe, den aufgeregten Pöbel im Zaume zu halten, und zwei naben, welche gegen die Redemptoristen Zeugniß abgelegt hatten, wurden, als sie das Polizeige­­richt verließen, von der Menge erfannt und furchtbar mißhandelt; ohne das rassche Einschreiten der Polizei wären sie kaum mit dem Leben davon gek­­ommen. Gestern erschien Pater Pecherine wieder vor den Schranken, ohne sich jedoch auf eine Vertheidigung einzulassen, so Das der Richter ihn vor die Geschworenen wies und gegen eine Bürgschaft von 200­2. Et, auf freien Buß stellte. Nach den befehlworenen Zeugenaussagen stand der hoch­­würdige Gentleman dabei, als mehrere Bibelexemplare verbrannt wurden; daß er die Verbrennung selbst anordnete oder alle Bücher nannte, die­ der Pöbel verbrannte, geht nicht deutlich aus den Behauptungen der Vernom­­menen hervor. Der heißkatholische,‚Newry Bramm­er’ bemerkt: „Pater Wladimir Peche­­rine ist ein Ruffe von Geburt und zwar aus Opelta. Die anderen Väter des betheiligten Ordens sind, mit ein, zwei Ausnahmen, ebenfalls Ausländer, Die Patres Buggenoms und Vanteraa sind Belgier, Patres Thennis und Leon sind Griechen, Pater Baghan ist ein Engländer und Pater Harbis­ton ein Irländer. Das trische Haus des Ordens befindet sich in Limerich, und fände der Prozeß dort statt, so wäre alle (2) Truppen in Irland nös­t­ig, um einen Aufstand zu unterdrücken, in solchem Ansehen stehen die Redemptoristen dort. Selbst in Kingstown sieht es schlimm genug aus. Ihre Kapelle ist von 5 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends zum Besten EP Klaffen offen und zu jeder Tageszeit gedrängt voll von An­dächtigen. Es trifft sich unglücklich, da­ das einzige russische Ordensmitglied Gegenstand der gerichtlichen Verfolgung ist; denn Dieb wird beim Bolfe ruffische Sympathien erwecken. (Cd) Im Ganzen ist die Anklage eine Uns­atigheit, sie wird in ganz Irland eine Entrüstung hervorrufen, die sich so bald nicht legen und vielleicht nicht ohne unangenehme Sorgen bleiben wird.‘ Viel heftiger und rücksichtsloser klingt es von den katholischen Han­deln. So predigte ein Never. MEvoy in Kelly: „Wir haben diese from­­men und gelehrten Priester. Diese geheiligten Diener des Herrn vor die Polizei schleppen sehen auf Grund einer Anklage, welche diese guten Männer selbst abers und abermals für falsch erklärt haben. Wollt ihr­chfe fen, worin die Anklage besteht? Daß sie von Flammen ein Ding übergaben, welches­ sich die Bibel nennt, aber eigentlich eine schnöde und gotteglätterliche Verdrehung des Wortes Gottes ft; ein Buch, welches ich, wenn ich es in der Abwesenheit des Attorneye General und Enlicitors General verbrennen wollte, mit der Feuerzange anfaffen würde, aus Furcht mir die Finger zu befudeln." (!) Sehr rastvoll und zeitgemäß sind die Herzensergießungen des „ Catholic Standard“ (des Organs von Cardinal Wiseman) über Sardiniens Stellung zu den Alliirten. Sardinien, so heißt es in dem Artikel, verspüre nur zu große Luft, Das gewaltige Defterreich zu untergraben. Daher: — „Mit aller Ehrfurcht vor unserer gnädigen Königin sei es gesagt, wenn unser sardinischer Bundesgenosse recht wirksam gedemüthigt werden könnte, ohne die Gräuel des Krieges über Westeuropa auszudehnen und ohne Elend und Blutvergiegen über seine unschuldigen Unterthanen zu bringen, so gibt es wenige Dinge, die erfreulicher wären, so wie es wenige gibt. Die reichlicher verdient sein könnten. Wie 11,2.Dezember.Seine kaiserliche Hoheit Herr Erzherzog Albrecht wird,nach gestrigen Berichten von­ Neapel,bis circa 20.Dezember hier eintreffen. Die in Wien befindlichen Aktionäre der,,Preßburg-Tornauer Pferdeeisenbahn«« haben zur Wahrun­g des Gesammtaktienkapitals sich bittstellend an dag hohe k.k. Handelsministerium gewendet,um die unverweilte Einberufung einer­ außerordent­­lichen Generalversammlung zu erwirken. Pest,3.Dezember.Aus Wien wird uns gemeldet,daß in einer noch nicht bestimmt angegebenen Stadt Ungarns eine neue Universität errichtet werden wird, der zum Admiral / Nationaltheater, Lázár pásztor , Drama nach dem Französischen, Deutsches Theater, Robert der Teufel, Benefize der Frau Betty Bundy. Verantwortlich Redakteur: Bar­ Weißkircher, Särzpfeifenprud von Emil Müller, Serottenplag Nr. 4. — Verlag ber Peter Lloyd-Gesellschaft.

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