Pester Lloyd, September 1856 (Jahrgang 3, nr. 204-227)
1856-09-02 / nr. 204
hereinbrechenden Elementarschäden,und würde nur selten an die Versicherung seiner Habe denken, wenn in dieser Hinsicht nicht Das Prinzip der Oeffentlichkeit befolgt würde. Dem vierten Bormuffe endlich, daß die Affe furaugen nur „schüben und nichts schaffen", stellen wir unsere Ansicht entgegen, nach welcher das Eine wie das Andere vom volfswirthschaftlichen Standpunkte gebilliget, werden möge. Schüben ist ein negatives Schaffen, umd der Schub des Borthandenen wirkt ebenso vortheilhaft auf den Nationalreichraum, wie das Schaffen neuer Güter. Die Nilfpiraten und Prinz Adalbert v. Preußen. & Die neuere marvlianische Geschchte fefert den Beweis, daß die Seemächte des Festlandes aus Besorgnis vor Englands Eifersucht manche bittere Erniedrigung ertrugen. Als der spanische S Konsularagent Darmon, ein geborner Franzose, wegen Vermundung eines marosfanischen Soldaten auf der Jagd 1844 enthauptet wurde , obgleich der sardinische Konsularagent ihn in Schub genommen hatte, forderten zwar die in Tanger residirenden Konsuln, mit Ausnahme derer von England und Frankreich, vom Sultan Genugthuung, erhielten aber eine fahnliche Antwort und mußten die verstärkte Plünderung der Schiffe ihrer Nation hinnehmen. Sardinien ließ sich mit einer leeren Entschuldigung abfinden, Spanien sammerte zwar 12.000 Mann und fehickte 9 Kriegsschiffe vor Tanger, enthielt sich aber auf Englands Forderung des Streites und nahm dessen Vermittelung an. Die damalige Bedrängnis des Sultans bewuchten die fehwenische und die Dänische Regierung. . Sie flichten einige Kriegsschiffe an die marosfanische Küste. Sie wurden indes dadurch nicht von ihrem jährlichen Tribut von 30.000 Piastern befreit sein, wenn die Franzosen sich nicht ins Mittel gelegt hätten. Diese brachten einem maroflanischen Heere von 15.000 Mann im Treffen bei Muilab am 15. Juni eine Niederlage bei , nachdem sie während der Unterhandlungen treulos von den Maroflanern überfallen waren. Die Besorgniß vor England hielt damals auch die französische Regierung ab, den Befehl zum weiteren Vorbringen in Maroffo zu geben. Dagegen kontambirten sie nach vergeblichen Verhandlungen am 6. Aug. Tanger und am 11. Aug. Mogador, das, beiläufig, von den Kabylenstimmen, welche zum Schuhe der Städte herangezogen waren, geplündert wurde. Am Yely siegten den 14. Aug. 8500 Mann franz. Infanterie mit 1800 Reitern und 16 Kanonen unter Birgeaud über 40.000 fanatisirhe Marosfaner unter Nipd-el-Kader und einem Sohne des Kaisers. Der dann mit Srankreich abgeschlossene Triede führte zu seiner Ruhe unter den Algier benachbarten marossanischen Stämmen. Ihre Parteinahme für Apd el-Stader, ihre vielfachen Kämpfe gegen den Sultan und die Franzosen bis in Die neueste Bett sind bekannt. Der Sultan selbst ist machtlos gegen sie und hat seine Autorität nicht pur Mittel aufrecht erhalten künnen, die jenen gleichen, wo ein katserlicher Prinz im Jahre 1847 beide; die unwaffenfähige Mannschaft der Stämme Beni, Amer und Hashem niedermachen Tief. In ganz eigenthümlicher Weise bespricht der „Morning Herald," das Organ Urquhart’s, den Zusammenstoß des Prinzen Adalbert mit den Riffpiraten. Um den Blödsinn in wenig Worten wiederzugeben — der „Herald“ behauptet, das Scharmüßel war von Nußland eingefädelt, um England in einen Krieg mit Maroffo zu verwideln: „Ein preuß, Admiral macht mit bewaffneter Macht einen Einfall (!) in das Gebiet des Kaisers von Maroffo, eines mit der Königin 9. Großbritannien alliirten, unabhängigen Fürsten ;er wird verwundet und zurückgeschlagen, und ein britisches Kriegsschiff wird abgefeicit, um Genugthuung zu fordern — nicht von der Regierung des preuß. Admirals, der dessen Schritte der Handel im Mittelmeere und der Wiltfriede gefährdet worden sind (!!), sondern von jenem Souveraine, dessen Land in so muthwilliger, gefegtwidriger Weise angegriffen worden ist. Betrachtet man die thatsachliche Stellung Preußens , die nahe Verwandtschaft des preuß. Admiral mit dem Czaren und die Lage Englands unter Lord Palmerston, so läßt sich diesem Gebahren kein anderer Name geben als Beginn eines Krieges zwischen England und Maroffio, aus Gehorsam gegen die Wersungen von Petersburg.“ Werthvoller in Bezug auf das, was zur Unterbrüdung der marosfanischen Küsten-Piraterie demnächst zu gescreihen hat, ist eine Mittheilung in der „Limes“ vom früheren britischen Vigelunful in Tunis und Tripolis, M. Joseph Dupuis Er glaubt, man nenne die sogenannten Riffpiraten mit Unrecht Seeräuber, denn sie rüsten keine Schiffe aus, sondern plündern blos, wie alle Stämme an der atlantischen Hüste Afrikas. Fahrzeuge, die an ihren Küsten scheitern, verkaufen die Mannschaft als Sklaven, und verbrennen die Trade , um jede Spur ihrer Raubtat, zu vermischen. Es seien hiemit der Strand, ale G Seeräuber.. Den von ihnen Gefangenen gehe es nicht allzu schlecht. Der Kaiser von Marokko Faufe ihnen, wie es scheint, aus Gutmüthigkeit, jedesmal ihre Gefangenen ab, und fehide sie durch Die betreffenden Konsulate gratis in ihre Heimat zurück; anderseits seien sich die Araber, die auf Hüftenraub ausgehen, durchaus nicht der Schlechtigkeit ihres Handwerts bewußt. Sie betrachten jedes gescheiterte Schiff als eine und banken Allah dafür in großer Ohrfurcht. Was nun spe hielten, die Ruffen, die man ihnen als Sende ihres Glaubens geschildert hat, anzugreifen. M. Dupuis hält Diese Version nicht eben für die richtige, aber für sehr unwahrscheinlich, daß die Schuldigen ihren Angriff auf Diese Weise entschuldigen werden; dann aber müßte man sie zur Nede stellen, weshalb sie ohne Weiteres, ohne vorausgegangene Aufforderung, auf Das Rot des Prinzen geschaffen haben.’ Das sei ein legaler und nothunwendiger Schritt, Thäate man ihn nicht, und wurde der Souverain (Muley Aberberrahman, der Herrscher der drei Königreiche, aus denen das marossanische Reich zusammengefestist), die Angeschuldigten ohne weiteres zur Strafe ziehen, so künnte dadurch eine furchtbare, blutige Revolution unter allen jenen Küstenflammen hervorgerufen werden, die dem Räuberwesen nur Dorfschub letzten konnte. Denn wenn auf diese Nilfpiraten unzweifelhaft unter der Botmäßigkeit des Kaisers von Marokko stehen, seien sie zu Beiten diesem selbst höchst gefährlich , anderseits seien nicht alle jene Stämme Strandräuber, die meisten darunter seien friedliche und gastfreundliche Leute, und was den Kaiser von Marokko selbst betreffe, so habe er nun während seiner ganzen Regierung dahin gestrebt, dem Unwesen zu steuern, und den Verkehr der Europäer sicher zu stellen. Das Öerathenste wäre somit, wenn er die preußische Regierung fürs Erste um Genugthuung an den Kaiser wendete. Mit einer Flotte Tiefe sich wenig ausrichten, und mollte Preußen das Land mit einer Armee von feinen Rauberflimmen säubern, so müßte es ein gar mächtiges Landheer fhnden, und all dieses hätte in jenen Verhältnissen eine undankbare Aufgabe vor sich, Preußen würde nichts zu verwüsten finden als höchstens ein paar Bote. Die nächsten 4 Monate bis Weihnachten, meint M. Dupuis schließlich, seien die gerignetsten, sich durch den Starfer Genugthuung, zu verschaffen, weil in dieser Zeit die Nilfpiraten von den Bergen in die Ebene formen, um ihre Aeder zu bestellen, sich dann der Regierung unterwürfiger zeigen, und von Dieser leichter zur Nechensschaft gezogen werden können. Die Folgen einer sofortigen militärischen Expedition dagegen seien für den Bestand des Kaiserthums Marokko und für den europäischen Verkehr an den atlantischen Küsten Afrikas nicht zu bemeisen. Den Prinzen Adalbert erwartet man erst gegen Mitte des nächsten Monats in Berlin zurück. Die Gemahlin desselben, Frau 9. Barnim, an welche er vom Vernehmen nach bereits am 9. August von Gibraltar aus geschrieben hatte, ist von hier nach London abgereist, um den Prinzen dort zu erwarten. Wie wir Hören, befindet sich auf der Storekette „Danzig“ auch der einzige zwölfjährige Sohn des Admirals, Adalbert 9. Barnim, melchen er mit besonderer Erlaubnis des Königs auf die Fahrt mitgenommen hatte, Frau Therese 9. Branim ist bekamntlich eine geborne Elsler, Schwester der berühmten Tänzerin Fanny; ein Bruder derselben ist kürzlich in einem Kloster bei Wien als Mönch unter dem Namen „Bruder Pacific" gestorben, E. C. London, .29. August. Die königliche Familie ist, wie der Telegraph meldet, gestern Abend mehlbehalten in Edinburg angefommen. Die Reise zwischen den beiden Hauptstädhten wurde, einen halbstündigen Mittagsaufenthalt eingerechnet, in 10 Stunden und 35 Minuten zurückgelegt, und wie immer wurde die Königin auf allen Stationen, wo der Zug anhielt, mit Beweisen von Ehrfurcht und Liebe empfangen. ? Der „Star" rügt es als Mangel an guter Lebensart und Gastlichkeit, Daß der Hof die Königin von Dude nicht einmal flüchtig begrüßt habe. Wenn die Königin Victoria nach Dude küme, würde die indische Majestät nicht gerade diesen Zeitpunkt zu einem Besuch in Schottland mwählen. Natürlich. Was wir vor einigen Tagen Über, die der deutschen Region eröffneten Aussichten mittheilten, wird vom , Globe" bestätigt. Mit der neuerten Post vom Borgebirge der guten Hoffnung ist nämlich die Nach- Auferung des Kap-Parlamentes auf Sir ©, Grey’s Vorsschläge eingetroffen. Die Regierung erbietet sich, jeden Legionär, der sich als Militärkolonist am Kap niederlassen will, ni nur mit einer Enftelobüchse und vollem Lagergeräthe auszustatten, sondern auch seiner Frau und seinen Sündern, false er mit einer Familie gesegnet ist, freie und bequeme Ueberfahrt zu verschaffen. Wenn er Junggeselle ist, so gestattet ihm die Negierung, oder vielmehr sie muntert ihn auf, vor der Abreise in den heiligen Ehestand zu treten. Natürlich ist den deutschen Solonisten die Aufgabe zugedacht, die wilde Grenzmark der englischen Niederlassung gegen Burkmänner und Kaffern zu faben ; bei diesem militärisch-landwerthschaftlichen Beruf kann indeß mancher unserer Landsleute in kurzer Zeit zu einem soliden Wohlstand gelangen, und je größer die Zahl der deutschen Einwanderer , desto füherer und leiter wird die neue Militärgrenze aufblühen. Die Bevölkerung, welche recht aus einer Mischung von englischem und holländischem Blut besteht, wird in den Deutschen ein wahlverwandtes neues Element erhalten. Wie erfreut man am Cap über das vorgeschlagene Arrangement ist, zeigt der Umstand, daß der Legislative Council der Regierung durch den Gouverneur seinen Dank sagen rief, während die Legislative Alembly ihre Danksagung mit einem Votum von 40.000 £. als Beitrag zu den Niederlassungstosten begleitete. Kurz, es scheint, man wird die Deutschen dort mit offenen Armen empfangen. Auch die Mehrzahl der Londoner Tagesblätter nimmt die Anzeige mit herzlichem Beifall auf, und fett Tanger Bett sind der „deutschen Züchtigkeit" nicht so viel Komplimente gemacht worden, E38 sei ja unweltbekannt — heißt es — daß die Deutschen ausgezeichnete Ansiedler machen se. Was si die „Times" von dem Unternehmen verspricht, is gar nichts Geringes : England wird alle fünftigen Kaffernfriege 108 sein. Die Kolonie’ werde start genug werden, um ihre Grenzen gegen den innern Heinen Feind selber zu hüten. In der That sei es recht und billig, daß sich Das Mutterland und die Kolonie in die Arbeit theilen. Wenn es die Pflicht Englands bleibe, seine Söhne gegen jeden etwaigen Angriff einer fremden Großmacht zu vertheidigen, so dürfe der Hinterwäldler seine eigene Polizei bilden, und der kühne Farmer, der seine Herden auf eigene Fanft immer weiter gegen Norden treibe, müsse fi gewöhnen, den schwarzen Viehräuber mit eigener Faust abzuwehren. ( Anders Äußern fid) „Advertiser" und "Herald", die bisher gegen die Existenz der deutschen Legion waren. Sie tadeln plöblich die Auflösung der tüchtigen Kriegsschaar. Man habe si so viele Mühe genommen, um sie recht einzudrillen, und gerade sei nachdem sie einen so hohen Grad der Mannszucht erreicht habe, wolle man sie entlassen. Ein „Reisender in Italien" — augenscheinlich ein Parlamentsmitglied auf Terient theilt in der „Times“ seine Eindrücke mit, und nimmt Mazzini gegen den Vorwurf sozialistischer Bestrebungen in Schub. Es sei in der That der größte Irrthum zu erwähnen, daß der Sozialismus in Italien Boden gewonnen habe. Mit dieser Ansicht erklärt sich die „Times“ so weit einverstanden, daß sie selbst dem Süden seine Empfänglichkeit für abstrafte Verblendungen zutraut: Mazzini führe in seinen Nundschreiben eine so hochtrabende und orafelhafte Sprache, daß es nicht zu verwundern sei, wenn man ihn für den Hohenpriester fast aller Geheimlehren halte, welche die Menschheit unglücklich machen. Wenn Mazzini wirklich nicht in Sozialismus mache, nun so habe er eine Thorheit weniger zu verantworten ; sein Sündenkatalog sei ohne Sozialismus auch groß genug. So habe in der Maremma bei Orbitello wieder einmal ein Freiheitskampf zwischen 30 Patrioten einerseits, und der toskanischen Gensd’armerie andererseits stattgefunden, welcher leiteren die Heere Toskanas und Oesterreichs den Rüden riefen. Dreißig Mann gegen die Truppen einer Großmacht. Die wahnsinnigen Menschenopfer Dieser Art, die Teider in Italien so häufig vortämen, würden mit Recht oder Unrecht der Anstiftung Mazzini’d zugeschrieben. — Wir, ruft die "Times", sind weder Oesterreicher noch Italiener, haben also sein Dirertes Interesse für oder wider, aber wir protestiren im Namen der Menschlichkeit und des gesunden Menschenverstandes gegen eine so tolle Bergeudung von Menschenleben. Die Königin von Dude hat noch während ihres Aufenthaltes in dem Major Bird einen Dollmetscher gefunden, der von dem Ballon ihres Hotels folgende Anrede an das Publikum gehalten : „Ich bin beauftragt von der verwitweten Königin von Dude, von dem Bruder des Königs und von dem Thronfolger, Euch den herzlichten Dant auszusprechen für Euer freundliches Willkommen,. Natürlich werdet Ihr fragen, was diese königlichen Personen hieher geführt. Die Antwort wird wahrscheinlich Eure Theilnahme erregen. Eine bejahrte Königin, fast 60 Jahr alt, die in allem Lurus des Orientes (der, in Parenthesi bemerkt, lange nicht so groß, wie der des Deccidentes), erzogen, deren Fußraum je die Erde betreten, unternimmt eine Reife von 10.000 Meilen und kommt zudem englischen Volke, um Gerechtigkeit zu fordern, um an Euch zu appelliren von dem Afte der ostindischen Kompagnie, der sie ihres Thrones, ihres Landes beraubt hat, um eine gründliche und unparteiische Untersjuchung zu fordern in die Gründe, weshalb eine Familie entthront worden is, deren treue Freundschaft für England der Marquis von Dalhousie öffentlich bezeugt und gerühmt hat. Wie verhielt der König von Dudefid während unseres Unglückes in Cahul, wo Tausende unserer Landsleute zu Grunde gingen, wie während der Kriege im Pendihab, während der britischen Periode, wo Die Fonds der oslindischen Kompagnie den niedrigsten Kurs erreicht und wo es nicht an Wispern fehlte, doc die Gelegenheit zu bewußen? Damals gab der König von Dude die Pferde seiner Kavallerie her, damals entlich er Mannschaften aus seinen eigenen Regimentern, um unsere Armee zu verstärken, und nach jedem großen Feldzuge, den wir uns terngmmen, hat er uns Beisteuern zu den Kosten gegeben, die nicht nach Hunderten, nicht nach Tausenden, sondern nach Millionen Pfunden zählen. In diesem Augenblic ist die ostindische Kompagnie ihm 21), Millionen schuldig aus Darlehen, die sie zu verschiedenen Zeiten von ihm aufgenonmen, Zum Dant für alles das nahmen wir ihm sein Land. Und unter welchem Vorwande? werdet Ihr fragen. Unter dem Vorwande, das Bolt von Dude von schlechter Regierung und Unterdrüdung zu befreien, Mitbürger! denkt Euch den Fall, bag der Kaiser von Frankreich oder irgend ein anderer Potentat, mächtiger als England, ‚Die bestehenden D Verträge brechen und die Königin ihres Landes berauben wollte, um Euch von einer Negierung zu befreien, Die er fir schlecht hält. Ich meine, Ihr würdet sagen: Tat uns Das selbst besorgen. Denkt Euch den Fall, daß ein stärkerer Nachbar sich in Eure Wirth sehrft mischte, Euch von Eurem Herde versagte, weil Ihr Euer Haus fehlecht besorgtet. . Wie würde Euch das gefallen? Wollt Ihr, deren Brüder und Söhne gefallen sind, um Nußland die Anwerkung zweier Präyingen zu vermehren, wollt hr es zugeben, daß die ostindische Kompagnie ein Königreich anwerkt so groß wie Belgien? Wollt Ihr nicht eine unparteiische Untersuchung gewähren? Ihr Als Vortregung in der Beilage nebst ihren Burfehen bilden ein langes buntes Spalier. Se. Majestät in Hußarenuniform gefolgt von einer glänzende Suite gehen an der von dem Bolt gebildeten Hede vorüber, bleiben hie und da zur huldvoll herablaffenden Ansprae stehen, hie und da wird Seiner Majestät die Hand gefaßt, endlich verfügt sich Allerhöchstverfehle nebst der glänzenden Suite von einer begeisterten, jubelnden Wolfsmenge gefolgt, zum Wettrennen, bei welchem Bauern in Dattyen, mit fliegenden Hemdärmeln drei Kurse machten. Während dieser Zeit langten auch Se. Eminenz der Kardinal- Primas an, und gingen zu Buß, gefolgt von zwei Hußaren zu Sr. Majestät. Während dieses Jubels über die Herablafung des Kaisers wurden der Wein und das Brod vertheilt. Das war ein Drängen und Jubeln, ein Singen und Zrinfen, das nur mitangesehen und gehört werden, nicht beschrieben werden kann. Von dem gebratenen Ochsen haben wir nur später eine Trophäe in den Händen einiger Ölüdlichen gesehen; es zwar der wohl abgemachte Kopf fammt den Hörnern. Das Heft wurde heute, wie den vorhergehenden Tag von heiterem Wetter begünstigt, das natürlich auch der Beleuchtung am heutigen Abend wohl zu Statten kam. Alle Häuser, die Triumphpforten, die neue Brücke, das Rathhaus, das Komitathaus, das Seminar u. s. w. waren glänzend beleuchtet. Die Fronte des Rathhauses zeigte in Flammenbuchstaben die Namen Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin, an den Fenstern des Domherrn Grafen Sorgah sah man Statuen, und Buirlanden von Girandolen beleuchtet, am Seminar, das die Beleuchtung bei einem Wiener Dekorateur bestellt hatte, der aber Tontrastbrüchig wurde, war nicht edestoweniger eine gesämndvolle Beleuchtung angebracht, darunter ein Transparent mit den Bildnissen Sr. Eminenz des Kardinalprimas, und der Bastlisa, kurz ganz Oran schwamm in einem Fellermeer, Ledo über Alles erhaben, und Holl überraschenden Zaubers, war die hochragende Bastlisa, die ringeherum, und oben auf dem Knauf mit bengalischen Stämmen beleuchtet war, welche die Landesfarben weithin in die Nacht ftralerten. Von geringerem Glanz aber von unaussprechlich magischer Wirkung war das beleuchtete Kreuz vor der Kapelle auf dem Thomasberge, das sich am bunteln Hintergrund wie ein neues Sternbild am Himmel abmalte, In der Nacht um neun Uhr durchfuhr Se, Majestät abermals die Straßen Orans unter einem womöglich gesteigerten begeisterten Säbel der Bevölkerung, und geruhte bei dieser Gelegenheit kurze Zeit im Komitatshaus zu verweilen. — Um einf Uhr verließ der allerhöcfte Gafı Gran, und Hinterließ einen tiefen, freudigen Eindruck bei der Bevölkerung, in der von Erinnerung der heutige Tag lang fortleben wird, Kotizem * Aus Königsberg schreibt man dem „Elbing. A." : Dieser Tage langte Baron Adolph Rothschild aus Neapel, auf seiner Reise zu den Krönungsfeierlichkeiten in Moskau. Hier an. Was ihn verlaßte, seinen Weg über Königsberg zu nehmen, war nichts mehr und nichts weniger als der beabstätigte Ankauf eines Schreibsekretäre. Bald nach seiner Ankunft sah man den Baron Rothfchild in einer Droschle nach der Lizenzstraße fahren, und dort an dem Hause, in welchem die Witwe Lehman, die Beriterin des fraglichen Schreibsekretärs, wohnt, halten. Nach äuferst kurzer Unterhandlung war der Schreibsekretär für die Summe von 2500 Thalern gekauft. Man erräth sofort, daß es sich hier nicht um einen gewöhnlichen Schreiberhranf Handelt, sondern daß es mit dem bezeichneten Möbel eine ganz besondere Bewandtnis haben muß, und so ist es in der That. Der Schreibsekretär ist ein altes Kunstwerk, von einem Werthe, der sich gegenwärtig gar nicht mehr bestimmen läßt. Dieser Schrank, von dem bereits Beschreibungen und Abbildungen aus älterer Zeit existiren, ist im 16. Jahrhundert von einem Florentiner Künstler aus feinem Nußbaumholz gefertigt, und besteht aus einem Untertage mit vorn herabzulaffender Kappe, in seinem Innern mit Behältnissen zu Schreibgeräth und vielfachen Schieblarden versehen, oben wird er von einem Inppelförmigen Auffabe getränt mit Fronten, Waas und D Waffentrophäen. Die Höhe beträgt 6 Suf, die Breite 4 Fuß, die Tiefe 23 BON. In der Mitte der über der untern Abtheilung sich erhebenden Hauptfacade befindet er ein großes Hautrelief mit Figuren soll Charakteristik und Icendiger Bewegung. Die Szene ist die Vertheidigung der Tiberbrüche durch Horatius Cortes. Die G Seitenflächen des Schreiberkranzes enthalten gleichfalls Hautreliefe aus der römischen Geschichte. Der Herr Baron hat das Kunstwerk, wie wir Hören, zu einem Gefchente für den Papst bestimmt. Er hat ein für sich sehr günstiges Geschäft mit der Witwe Lehmann abgeschlossen. Man darf sich nicht wundern, daß der böse Leumund dem Banquier eg verdenft, dag er bei seinem plößlichen Eintritt in das Haus der Witwe Lehmann sich nicht zu erst tennen gab, und mit der überraschten Eigenthümerin des Schrants sehnell den Handel abfchloß. * Am 21. August hat sich im Markte Malborgeth im Kanalthale ein Selbstversammelungsfarkl ergeben, der in psychologischer Hinsicht interessant sein dürfte. Der verehelichte Sagmeister Santo M. im Markte Malborgeth als ein braver und arbeitsamer Mann bekannt, hat sich mit einer scharfen Holzhade mehrere schwere körperliche Berlehungen selbst beigebracht: am Schopfe eine zwei Zoll lange, bis auf das G Stirnbein eindringende Haffende Hiebwunde und noch zwei andere Wunden , wovon eine 618 auf die Beinhaut eindrang, die anderen aber nur die Haut trennte. Den Hals hat er durch wiederholte Hiebe geradezu zerfleischt, Indem sämmtliche Weichtheile bis auf die Wirbelsäule zerhact und Flaffend sind. Durch diese Verlegungen noch nicht eingeschüchtert , führte er einen kräftigen Hieb gegen den linken Armbug und verursachte dadurch eine 11, 300 lange, sämmtliche Weichtheile bis auf das Armgelenk trennende Hiebwunde. Weiters nom hielt er sich die linke Hand vom Vorderarm quer über dem linken Handgelenk gänzlich ab, und es sind an der abgetrennten Hand am Büden derselben drei querüberlaufende Hiebe erfichrlich,, welche sehr ‚Kräftig ausgeführt sein mußten, weil die Sinochen, über welche Die Diebe gingen, ín ihrem Befüge getrennt sind. — Der Unglückliche,, welcher ungeachtet der Schmerzen und des großen Blutverlustes bisher so vollkommen bei Bewußtsein ist, gibt an, daß er sich die fehmeren Verlegungen selbst beigebracht habe, was auch aus der Richtung und Lage der Wunden nach dem Ärztlichen Gutachten mit Bestimmtheit hervorgeht. Ueber die Ursache dieser gräßlichen Selbstverflümmelung befragt, ermiederte der Unglückliche, daß es ihm bei seiner Säge nicht mehr nach Wunsch von flatten ging, und er sich gefürchtet habe, seinen seit mehr als 20 Jahren erworbenen guten Ruf als Sagmeister zu verlieren. Die Aerzte zweifeln an seinem Aufkommen. * Ber dem Schwurgerichte zu Fulda wurde am 23. August ein elternloser und verwahrloster Knabe von zehn Jahren aus Sorga bei Hersfeld zu zwölf Jahren Sangsarbeitshaus verurtheilt, weil er sein vierjähriges abzehrendes Schwesterchen, das von ihm gemartet und getragen werden mußte, aus Meberdruß an diesem Hinderniß des Bettelns und Bagabundirens erläuft hat. Der Reine Verbrecher gestand sein Verbrechen erst nach der B Verurtheilung ein, während er vorher einen anderen ganz schuldlosen Knaben beharrlic als den Thäter bezeichnet hatte, »