Pester Lloyd, Oktober 1856 (Jahrgang 3, nr. 228-254)

1856-10-10 / nr. 236

Ueber den Verbleib der SZ Millionen L.St.Sil­­­ber,die,wie wir gesehen haben,auf dem europä­isch-amerikanischen Markte durch den kaufpilnisch-australischen Goldzufluß disponibel geworden Tan). Schon Die Geldkrisis. Zur solfswirthhaftlichen 11. Pest,9.Oktober. fi natürlich Feine Ratistische Bilanz, die Null mit Null Daten allgemeinerer Art snlständig, die nur den Verlauf jener Erscheinung in groben Umrissen veranschaulichen und die Mittel, ferneren verderblichen Folgen derselben vorzubeugen, andeuten. In Europe eröffnete ei der unvermeidlich gewordenen Silberand­­wanderung ein dreifaches Ziel. Zunächst in der dem Beginne der Krisis die gemischte Währung ab­­schafften und die reine Silberwährung einführten, nationalökonomischen zweiten wo also, namentlich in den Jahren 1851 und 1852, die flüsigen Silbermasfen freies Beld fanden, die vorhandene Goldeirenlation auszufgeilen und an deren Stelle zu tret­ten — bad Gegenflüd des in erhöhtem Maße während des Krieges, ganz beton­­aber nach dem Friedensschluffe, wo der als zukünftige Lebensbedingung des Neid­es anerkannte materielle Aufschwung bald ein Geh­bedürfniß Herausstellte, als sich zur laßt aufgeht, aufstellen. Rußland, Oesterreic, das inmitten großartigen Plane den Grund genügen indeß auf­ Belgien mir in Trankreich beobachtet. Den Abzugskanal bildete zwingenderes Zeit des Kampfes geltend gemacht. Als dritter Markt fungirte Valuta t­at Hebung und Berner­­f einem Schoße brachliegenden Schäbe und Hilfequellen Tegte, seines gesammten Sil­­neuer unwirthe­nchaftlicher tionalbans, allein der Na­­von Ende April bis Ende August 1856 um 2%, Million 8%, Gt. vermehrte, er Bewegung, deren nationalökonomische Kraft vorläufig, so zu sagen, wo „latent“ bleiben mußte ten bei Agios Aufern konnte, Freilich Hätte sic) das und sich und neben ihm ganz Deutschland fi in einen Stapelplad des Silbers verwandeln lassen, wenn man hier, gleich wie in Holland und Bel­gien, die gemischte durch die reine Silberwährung erfeßt Hätte, und nicht außerdem noch in jener ganz vortrefflichen Erfindung, die man Wuchergefechte nennt, einen ausgezeichneten Hebel besäße, um fremdem Stapitale den Eintrit zu wehren und einheimische Geld aus „Stettiner Handelsbl.”“ sagt dem Lande Das eg bereits gerade heraus, Preußen möge sich Darauf gefaßt machen, den rechten Thaler über die Grenze wandern und Aufgeld von Silbermünze gibt, fon Heute für Klingende sich in ein Damno für Papiergeld und Banknoten ver­­wandeln zu sehen, wenn es von jenem Schoßfinde das Silber zwingen würden, für 4 bis 6 pCt. im Lande zu bleiben, wenn dasselbe gleich in Hamburg eine Verzinsung von 7 bis 8 pCt. finden könne. In der hereschenden Constellation ist das Wurdergefet Nichts als eine Prä­­mie auf die Zurückweifung des ausländischen und die Vertreibung des eige­­nen Kapitales, und ob der Börse damit geholfen is, mögen Geschäftsleute beurtheilen, die, wenn es ihnen langweilig ist etwig dieselben Gemeinpläße aufwärmen zu hören, nicht vergefsen wollen, daß es für den Publiciten noch viel uninteressanter ist, solche Trivialitäten immer und immer wieder fällen zu müssen. Im mittleren Europa durch die, mußte es gemischte Währung so­wie durch die Sondergewebe behindert, der größte Theil des verfügbar gewordenen Silbers für andere Auswege suchen : es fand sie naturgemäß in jenen hin­­terasiatischen Ländern, wo das Silber dem Golde gegenüber stets einen verhältnismäßig höheren Preis behauptet hat als auf dem europäisc­­amerikanischen Markte — fand sie in dem englischen K­enta­­in Silber nach Ostindien , und China­­ entführte und während der lebten Jabre, durch eine Reihe von Umpftänden begünstigt, wahrhaft Foloffale Di­mensionen annahm. Den ersten Plan unter diesen Ursachen nimmt der Krieg ein, der den Westen nöthigte aus dem asiatischen Osten Gurrus gate für suffische Produkte mafenhaft zu beziehen , dazu Fam­iie Mi­s­­erate von 1855, die einen gesteigerten N Ressimport nebenbei absorbistende Eisen hbam­bautendber oft in difäen Compagnie beträchtliche Summen : ganz neuerdings endlich ruft das­­ Sehlschlagen der Seiidenernte in Südeuropa eine enorme Vermeh­­rung des Seidenimportes aus China zu erhöhten Preisen hervor. Und um das Maß voll zu machen, müssen­ fast alle diese Contos in Baarem, d. h. in Silber als dem einzigen in Ostasien­­ üblichen Zahlungsmittel ausge­­glichen werden, da in Folge des Bürgerkrieges die Ehinesen ihr Geld vergraben und im himmlischen Reiche der Bedarf sowohl an Opium als an europäischen Habiitaten zusehends abnimmt. So sind denn in den zwölf Monaten bis Juli 1856 für mehr als 10 Min. 8%. St. Silber aus England nach Indien und China erportirt worden— zu welcher Emigration der europäische Continent allein während der ersten acht Monde dieses Jahres 3 Mit, hat beifteuern müssen, da der Metal­lwerth unserer jefländischen Münzen ihrem Nennwerthe meistens so nahe sieht, das die Einschmelzung si recht wohl lohnt. Kann man sich da­nn über den Geld­mangel an unseren Börsenpläben wundern, wenn man bedenkt, mag die Gilberproduktion eines erheblichen Wachsthums nirgend mehr fähig zu sein scheint, mag die Menge neuer Unternehmungen und die Besseiung der Arbeitslöhne eine Zunahme der Zahlungsmittel gebieterisch erheirschen, während Gold und Papier in Ländern mit ausschließlicher oder vorwiegender Silberwährung doch nur in beschränztem Maßstebe als Baargeld dienen können; mag dazu noch dur ein künstliches Darniederhalten des Zinsfußes, d. h. des totalen Marktpreises für Silbergeld, die Aus­­wanderung des Silbers nach Märkten mit freiem Zinsfuße förmlich im Wege des Gefeges foreizt worden ist! Wenden wir nun den Blick von der Vergangenheit in die z­u tunft,so Tapt sich ein Ende der Krisis allerdings in so ferne absehen, als von den europäischen Stapelplägen für den Abflug an Silber, Holland und Belgien wohl mit diesem Metalle gesättigt sind, als Ruslands Be­­darf weniger auf ich hat, da er bisher kaum eine Halbe Million €. St. jährlich betrug , als in Oesterreich das finfende Agio ebenfalls eine Min­­derung der Silberbezüge in nächte Aussicht fielt. Dagegen werden die Bedürfnisse Ostasiens einstweilen­ eher eigen als fallen , und unter allen Abzugskanälen fand und steht noch heute der Silbererport nach Indien und China obenan. Die „Zimes‘‘ berechnet, dag in dem Zeitraume von Juli 1856 bis Juli 1857 die ostindischen Bahnen 2 Millionen mehr Tonfu­­nk­en werden, der Opiumhandel Eine Million weniger einbringen und die Seidenausfuhr 5 Millionen mehr foften wird, als in dem entsprechenden nächstvorhergehenden Éyflus. Es würden dann also, statt 10, diesmal für 18 Millionen £. St. Silber nach Hinterasien fließen, und Europa hat allen Grund, so weit das in Menschenhand gegeben ist, Vorkehrungen zu treffen, daß diese Silberverminderung nicht eine Entblößung unseres Welttheiles von metallenen Zahlungsmitteln veranlaßt und Daß diese Ent­­blößung, in­so­fern sie unvermeidlich ist, weniger verhängnißvolle Wirkun­­gen ausübt. Die Wege Hiezu legen im Obigen für vor. Die Aufhebung der Wuchergewebe würde wenigstens verhindern, das mehr Me­tallgeld aus dem Lande geht, als zur Ausgleichung der Handelsbilanz nothwendig ist . Künnte jene Mafßregel auch einstweilen dem Abflusse des Silbers nicht steuern, so würde uns doch­ ab­ dann das ausscheidende Silber dur eine vermehrte Goldzufuhr theilweise erfeht werden. Die aus diesem Mechfel entspringenden Uebelstände ließen sich leichter tragen, wenn wir fei­­ne dub Annahme der reinen Goldwährung den Schwankungen vorbeugen, die sonst dur­ Die gesteigerte Einfuhr im Werthe des Goldes unfehlbar eintreten müssen und bei dem Chvermetalle, das un­­rehlbar über kurz oder lang unter Haupteireulationsmittel wird, von sehr üblen Folgen sein könnten. Um der­­ Silberausfuhr wenigstens eine Art von Grenze zu stehen, wären endlich unsere Silbermüngzen in Zu­­kunft so weit zu verschlechtern, daß sie nur noch im Inlande als Sche­i­­demünze fungiren, aber nicht mehr mit Bartheil eingeschmolzen werden konnten : den Weltmarkt müßte ausschließlich das Gold be­herrschen. Das sind, um uns nicht mit fremden Webern zu schmüchen. Die Vors­chläge des City-Berichterstatters der „Limes“ , und bei der Fritischen Lage unseres Geldmarktes scheinen sie uns mindestens die ernsteste Erwägung zu verdienen. X. Wien, am 8. Oktober. Wenn ich Ihnen gestern berichtet habe, daß die Düsselndorfer Bank sich bei der Errichtung der Maschi­­nenfabrik betheiligen wird, so muß ich Heute Ihnen meiterd melden, daß dieses Unternehmen nicht den Inbegriff der Spekulationen dieser Bank auf Österreichischem Gebiete darstellt, sondern daß sie an in einer anderen Rich­tung ihre Thätigkeit auf Oesterreich ausdehnt. So Hat sie, wie ich vor­­nehme, auf der von Ir in Westgalizien angetauften Gütermasse Kohlentrager aufgefunden, welche sie nun auszubeuten die Absicht hat. Weiters steht sie eben fegt mit dem Eigenthümer eines Privat­bergwerks in der Näihbe von Kafdan in Unterhandlung, um es an sich zu kaufen und selbst zu Betreiben. Nachdem vorliegender Teil meiner Korrespondenz an meinen gestri­­gen Bericht angeknüpft hat, glaube ich, ebenfalls an denselben anknüpfend, die immer weiter greifenden Prätensionen eines hiesigen Blattes zurückzu­­messen. Hierzu scheint es mir am einfachsten die Gebahrungs­weise dieses Blattes aufzuheben. IH habe nämlich am 24. v. IR. meine erste S Korre­­spondenz, und überhaupt die er­st­e Korrespondenz über die von der Stre­­ditanstalt beabsichtigte Errichtung einer Maschinenfahrtt in ihrem Blatte gebracht. Diese Nummer traf am 25. September in Wien ein, und am 26. brachte die „Deflerr. 3." einen Originalleitartikel, worin file. ihren Lesern Die Thatsache mittheilt, daß die Kreditanstalt, im Verein mit auslän­­dischen Instituten, eine Maschinenfabrik für den Eisenbahnbedarf zu grün­­den beabsichtigt; die näheren Details könne sie nit hinzufügen, weil die Verhandlungen erst im Zuge sind. Neber diesen magern Braten gießt sie eine die Sauire, und seht ihn ihren­ Lesern vor, Ii es nun nicht auf­­fällig, daß Dieser Artikel gerade an dem Tage nach jenem erscheint, an welchem die „De. 3." den „Pefter Lloyd“ mit meiner Korrespondenz des­­selben, aber weit detaillirteren Inhalts erhalten hat? Wir wollen darüber nicht weiter grübeln, denn der Moniteur der Kreditanstalt kann ja auch von dieser, nachdem sich schon die Journalisä­t der Sache bemächtigt hat, die Andeutungen erhalten haben. Aber nimmt sich dann Dag prätentibje Poden dieses Blattes auf „feine Quellen“ nicht absonderlich Tomitch aus ? muß dann der Angriff auf einen Korrespondenten, dem man auf lahmen Krüden mit einem dürftig gefüllten Bettelfade nachhritt, nicht zum Scha­­den des Angreifers enden? Der gereigte Auffall der „De. 3." mit feiner leiden Emballage und feinem särglichen Inhalte, hat uns an die Worte des Dichters erinnert : Schön ist die Armuth, wenn sie Feufch verhangen . Die Hifen forglich um die Blößen breitet. — — ders hung ben — ichehen die ift, aller gleich seit Sahren, und größeres des Maffengetötes und nach einem eine in Der Staat, der sich bers entledigt, begann sichen Handel, 1 bis Erklärung des auch Oesterreich der von 1848 seit 1848 und 1849 beinahe einzahlbare durch in rechtlichen Weisheit nicht ablaffen Silber wolle, Unternehmungen und durch die ihren Baarvorrath Phänomen’s Prozesses, energische Schritte zur Herstellung 2 per mille, das die Börse zur noch feiner Ak­ten die direkten Silberimporte in viel höherem Grade als da alle Wurhergesehe der Welt bis 1855 sind, un­d Hol­den jebt wieder an sich zu ziel nur negativ in dem Si­ne zu jagen. ed­ge nothwendig machte : 8, Gt. einer antiquirten etwa 12 Mil. das flraf­­nie Bulgarische Zustände. * Sifton, 30. September. Ich habe Ihnen bereits über den Gabrovoer Ausland berichtet. Es ist nun eine Kommission abge­­gangen, welche untersuchen soll, in­wie­weit Die gegen den Kaimalan G­ali Pafd­a erhobenen Anschuldigungen sich auf Tihatfahen flnden. Die Mo­­tive des Aufstandes dürften übrigens neben anderen Beweggründen auch in folgenden zu suchen sein: Es gibt in der Türkei eine Art Steuer, welche Birgia heißt und von den Unterthanen alle drei Monate erhoben werden sol. Bis zum Beginne des lechten Krieges wurde die Virgla viermal, in legter Zeit aber schon zwölfmal im Trnavaer Kreise jährlich erhoben, somit verdreifacht. Nachdem die Birgias allmälig vermehrt wurden, sollten von diesen die verschiedenen Beiträge, welche während des Krieges gegeben wur­­den, abgeschlagen werden. Dies geschah denn auch theilweise­ in den an­deren bulgarischen Streifen, welche nur sechs Virgins zahlen. Die zwei leb­­ten Birgins sind Die Beisteuer für die Stammtatarenwohnungen. Im Irnavaer Kreise ist es dabei mit der Weingartensteuer auch nicht besser ge­­gangen. Früher zahlte man per Dalum — 20 Kreften der Länge und Breite nach, im I­n jede und einen halben Piafter, wovon blos Diet Piafter den Staatsschach erreichten. Die übrigen 3­, Piafter verdienten die Steuereintreiber. Seit vier Jahren aber stieg diese Steuer auf sechzehn und einen halben Piafter. — Der Rath, welcher diese Steuervergrößerung in Tenava zu seinem Besten veranstaltete, bestand neben Bali Yafda aus dem Metropoliten Neofit und einem türkischen Nathähteren, Namens Mufluna, und aus noch drei ristlichen Tihorbadshis. Aus Tatar Pasardpshik erhalte ich ein Schreiben von Freundeshand, welches die dortige Administration der fanartotischen Geist­­lichkeit gleichfalls in dunklem Lichte erscheinen Täßt. In Kürze will ich aus demselben nur erwähnen, daß der Metropolit Srifant von Plochiv einen seiner Bischöfe Namens Leo Ti nach Tatar-Pafardshid sandte, wo dieser die niedere Geistlichkeit aus der ganzen Umgebung zusammenberief. Da Inmen sie denn Alle, in der Meinung ein reines Konzil über kirchliche Angelegenheiten zu halten. Aber zu ihrem größten Erstaunen sahen sie, daß es sich sehr um weltliche Angelegenheiten handle. Es wurde ihnen nämlich bekannt gegeben, daß von nun an die geistliche Steuer, welche in den Seel des Metropoliten fließt, um 40 Prozent erhöht werde, zugleich aber müsse jeder Geistliche dem Metropoliten zum Weihnachtsfeste [hozo suta ess e ee e es hose eme ee bei TEGERNSEE SEES ee lee es — et Sobanna Su;mann (die fiziltanifche Vefper), große Oper in fünf Aufzügen von Ber, Text von Geribe, Die Stile, welche im öffentlichen musikalischen Wirken unmittelbar nach Lißt’s Abreise eintrat, war vorauszusehen, da nach jeder geistigen oder physischen Anstrengung eine Art SKraftabspannung zu erfolgen pflegt. Die exefutirenden musikaligen Kräfte bedurften der Ruhe und der Erholung. Eine neue Oper aus Berdi’sg Fabrik hat uns nun aus Dem durch vier Wochen mit Muse geworfenen Stillleben aufgerüttelt. Aufrichtig gestanden, hätten wir nicht der Referentenpilot nachkom­­men müssen, wir hätten den nachhaltigen Eindruck, den Lift’s Messe und Zongemälde in uns ertrecte, nicht so Leicht in die Schanze geschlagen. Es ist nicht unsere Absicht, der gewiß fliedsamen Intendanz über die abermalige Wahl einer Verdi’ichen Oper Vorwürfe machen zu wollen, im Gegentheil mußte man, nachdem der Nordstern, die Züdin, Tell (welch? Tehterer Teider zu selten auf die Bühne kommt), in die Szene gefecht worden sind, der Menge ein sogenanntes „Zugest­ändniß“ machen, und der ehrenfigelnden Dudeltumbei-Mufif Pla geben, vorbehaltlg, mas die Kunfin­­teressen der National- Bühne bei der nächsten Blum Torgentsier vertreten ein­ werden, und die vielversprochene Aufführung einer Mozart’schen Oper in Erfüllung gehen werde. Wir hegen die feste Mederzeugung , daß jedes der älteren Werke Des einzigen noch produktiven Maestros, und des hoffentlich rechten Vertreters melsscher Chablonenarbeit, mit frischer Terzunterlage, denselben Erfolg davon­­getragen hätte, wenn die Pracht der Kostü­me, der Dekorationen, das Bal­let mit feinen liebenswürdigen Tänzerinen der Produktion zu Hilfe gekom­­men wären. Und troßdem nennt Verdi sein rechtes Produkt eine neue Drei. — Was ist dabei neu? Wir wollen nit vorgreifen, und uns zuerst an das Buch wenden. Der Couserneur (Herr Büredi) irgend einer eroberten Stadt, gleichviel auf welchem Erbstich Europas, lebt mit den Insassen nicht im besten Einvernehmen, und legtere möchten sie gerne der fremden Herrschaft entledigen. Wie der Herr so der Diener, daher die Soldaten seine Gele­­genheit verabsäumen, Händel­ anzufangen, wo, nebenbei gesagt, einige vers­abscheuungsmürdige Erdoldungen auf der Bühne vorgehen. So zwingen die vom Wein ermunterten Soldaten die Heldin, Johanna Ouzmann (Frau Kaiser), welche mit dem Gebetbuch in der Hand aus der Kirche kommend, ein wenig promenirt, ein Lied zu singen — warum die Dame sich eine halbe Stunde unter berauf­ten Soldaten aufhält, möge der Dichter selbst erklä­­ren, genug, sie bestraft Dies Tühne Begehren und — singt — und zwar eine solche Sabaletta in üblicher VBerbi’scher Form, mit Trompeten und Daufenbegleitung, daß die Soldaten schüchtern und düster werden, denn die Mufii vermag sogar biefe­raufen Naturen zu verflu­mmen. Im zweiten Akt redet ich ein Brief vor, der dem Oouverneur die erfreuliche Mittheilung mat, Heinrich (Herr Ellinger­, ein ebenfalls Unterdrücker und verfolgter, sei bessen eigener Sohn, Solo Briefe sind ja bald geschrieben, und die Erfennungsszene gibt ein Knübsches Duett, mit obligater Umarmung. Unser Tenorist ist aber nicht schwaßhaft, und theilt diese Entwerfung seiner Geliebten Johanna Guzmann nicht mit. — Warum nicht? Das hat der Dichter wieder bei sich behalten. — Im dritten Akt gibt es eine Kone fpiration gegen den Gouverneur, wodurch dessen Leben bedroht wird. Die Beschwörer, Johanna Duzmann an der Spibe, „mit dem Dolch im Gemwande”, nähern sich masfich dem Gouverneur. Schon flieht man die Dolce ge­zücht, als der gefundene Sohn, der um das ganze Komplott weiß, seine Brust dem fßigen Stahl bietet, ohne seine früheren Genossen zu entbehen, warum er an ihnen zum Verräther geworden. Johanna Gutmann, ein sehr weiches Wesen, will das Eisen nicht in die Brust des Geliebten bohren, Wachen umringen die Rebellen , der Borhang fällt. Im vierten Akt sollen die Verräther die sehmwarze That mit dem Tode büfen. Der Gouverneur will aber Gnade üben, und der Johanna Guz­­mann rammt ihrem Gefährten (Hrn. Köfeggy das Leben schenken, wenn Heinrich sich entschließt ihn laut , Bater" zu nennen. Heinrich zögert lange, obwohl es schon bald zehn Uhr ist, bis der Anblick des mit dem Richtheil bewaffneten ruthen Mannes, der sich seiner Geliebten zu nähern ansdidt, ihn entfernt, und seinen Lippen die bedeutungsvollen Worte „Mein Vater“ aus­­preßt. Hierauf vereint der­ Gouverneur die Liebenden, und der Vorhang fällt zum vierten Mal. Man könnte jecht getrost nach Hause gehen, wenn nicht der Gefährte S­ohanna’s (Köpeghi), um der geschichtlichen Wahrheit gerecht zu werden, abermals eine Konspiration anzettelte, welcher der Gouver­­neur diesmal wirklich erliegt. Johanna warnt ihn zwar früher, er will aber nichts Hören, die Gloden ertönen, die Rebellen kommen und führen Cäsar’s Tod auf, der Vorhang fällt, und diesmal aber Gott sei Dant zum lebten Dale. Dieser geistreich Tombinirte Tert reiht sich hundert Ähnlichen DOperbä­­hern würdig an, mit dem alleinigen Unterschiede, daß die sonst herbei ge­­schleiften Effekte hier gar nicht zu finden, und die bewüßten zu verbraucht und veraltet sind. Henker, Tod, Beschwärung, die wie vom Feuer roth erleuchtete Bühne, gezüchte Dolcje dc­ se., vermögen nicht mehr das Publi­­kum in Spannung zu bringen, besonders wenn diese Schauder erregen sol­­lenden Anbilce Feine wahrhaft gerechtfertigte Dramatische Ursache zum Grunde haben. Die Unnatur dieser heutigen Komödie wurde durch die Unerfahrenheit des Regisseurs noch vergrößert, und manche Szene erregte oft slatt Ente feßen, heiteres Gelächter. So viel über das Bug, das sich selbst richtet. Wir konnten nach dem vom Maestro bis Heute Gehörten allerdings sein musikalisches Chef d’oeuvre erwarten, die gesinnungslosen trivialen Opern­­­ machen, die bis jeht den Geschmack der Menge vergiftet, Tiefen Gutes nicht ahnen, jedoch fand ihm bisher ein bedeutendes Duantum von Gedanken, Material zu Gebote, und in mancher Oper, wie in „Rigoletto," „Macs bet“ , „Ernant" blihte no bie und da ein Funke von dramatischer Auf­­fassung, oder fließsamer Instrumentirung auf. In diesem unstreitig schwäch­­sten seiner Arbeiten aber Herrfcht durchgehende komplette Sinsterniß, und wenn wir einige kneipenmäßige Melodien ausnehmen, eine erbarmungsvolle Idren­­armuth, und die Leichtfertigkeit, die Leichtigkeit der Harmonie und Instru­­mentirung hat den Höchst möglichen Gipfel erreicht. Den Motiven arakteri­­stisches Gepräge zu verleihen, der Mufik situationswahren Ausdruck zu geben, war nie die Aufgabe weltcher Opernfabrikanten, insbesondere hat Verdi den for­­derungen der dramatischen Kunstgebete mit Fäusten ins Ungesicht ges­la­­gen. Erwähnen wir nur als Beispiel die Sterbeszene in „Ernant,” welche das Orchester mit einer polfaartigen Melodie begleitet. Vieles war daher nicht zu erwarten. Die glänzenden petuntären Erfolge, deren fich­ter Mac­­firo aber erfreute, und die ihm gestattet hätten gewissenhafter, gesinnungstüch­­tiger zu arbeiten, da ihm nicht wie früher eine bestimmte Lieferungszeit festgelegt wurde, konnten zu dem Glauben berechtigen, er werde sich bestre­­ben, da ihm Talent nicht mangelt, in die Reihe seiner heiseren Kunstge­­nossen zu treten, und im Bewußtsein, der Künstlerpflicht Gediegenes zu schaffen, der wahren Kunst zu huldigen. Leider ist dem nicht so, denn sie Johanna Ouzmann ist schlechter denn Luise Müller, Attila und Konsorten. Die feenhafte verschwenderische Ausstattung auf dem französischen Theater war die fehilfernde Außenseite dieses Franken, faulen Inhalte. Es ist nicht wohnend,, und für die Leser gewiß ohne alles Interesse die Oper in ihren einzelnen Theilen zu zergliedern, um entweder den Fraffen Unsinn ganz aufzuhecen, oder mit Noth einer Spur von Befferent nachzer­­jagen. Es findet si eben so wenig eine Melodie, die nur annähernd das Gepräge der Neuheit trage, als in der ganzen Oper eine wirklich Durchge­­führte ariose Nummer oder ein Ensembleftüd gehört wird. Du lieber Gott, was nennt Verdi überhaupt ein Ensembleftüd? Zuerst singt einer 8 Zalte, dann pausirt er, und ein Anderer febt dieselbe Melodie fort, endlich singen z­wei oder mehrere, oder auch­ der ganze Chor dieselbe Phrase, höchstens ja die Stimmen fi einmal in Terzen theilen. Ein einziges Duett zwischen Bariton und Tenor fliht aus Kiefer­fadensheinigen, farblosen, feichten Musl­ hervor und vermochte mehr no­dur den hübschen Vertrag zu­ erwärmen, so wie der Bolero der Herrin, der zu ihrem sentimentalen Gesang des­­ ganzen Abends­­ wohl auch nicht recht paffen will, eine Spur von Erfindung zeigt. « Die Künstler,Frau Kaiser,die Herren Fürebl,Ellinger und Kößeghiwaken befl­ssen­,durch warmen Vortrag die Langeweile fern­zuhalten,was ihnen auch gelingen dürfte,wenn Kapellmeister Eskels wohl­­thätige Hand einen guten Viertheil der Oper gestrichen haben wird. Jedenfalls hat das vorkommende Ballet,die von Campilli recht netzarrangirten Gruppirungen mit farbigen Bändern,und­ die reizernde Sylphide Frl.Aranyvarp,in Begleitung der Viel Versprechendensoryphäe Frl.Rotter,das größte Verdienst um die Oper,und du­rften n­och mehrere Abende das schaulustige Publikum anziehen,besonders wenn die durch die Ausstanung vielleicht nothwendig gewesene Preiserhöhung­ Plätze aufgehört haben wird. » —sS--""

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