Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1856 (Jahrgang 3, nr. 226-252)

1856-10-23 / nr. 245

­ Die einzelne Nummer Foftet 1tr. EM. Redaktion- Bureat, Do. rotheagaffe HR} re. 12 im eriten Stock. Donnerftag, 23. Oktober. Aro. 245: Den, 1856 Zelegrapbifede Depefcben der „Defterr. Eoprrefp.* Paris, 22. Oktober. Nach dem „Moniteur“ wird der Erbprinz von Ipsiana am 28. 9. M. zu Compiegne erwartet. Venedig, 21. Oktober. Der hiesigen „Onzetta" wird aus Rom vom 16. 9. M. mitgetheilt, Daß Unzufriedenheitsäußerungen bei dem dort garniso­­nirenden Schweizerregimente vorgekommen sind, die jeder in der Handhabung des­ Disziplin ihre Ursache hatten. Die BVersicherung, daß gerechte Beschwerden berücksichtigt werden würden, beruhigte sie sofort. "Enrin, 20. Oktober. In Monaco werden Vorbereitungen zum festlichen Empfange des neuen Fürsten Karl II. getroffen. gr Die österreichische Korrespondenz über die Donaufürstenthümer: Ö. CO, Wien, 22. Oktober. Pariser Blätter beschäftigen sich neuer­­dings besonders eifrig mit der andauernden Befebung der Donaufürstenthümer durch Fall, österreichische Truppenabtheilungen. Zur Richtigstellng der That fahen­ fügen wir allsogleich Hinzu, was die französischen Journale zu ignoriren seinen, daß auch türkische Truppen noch immer moldau-walac­hische Gebietstheile belebt halten und daß deren An­wesenheit Daselbst genau durch dieselben Rechts­­motive begründet ist, wie Die des f. Tt. Armeeforgs, Streng der gleiche Rechts­­titel, rechtfertigt auch die fortenuernde Anwesenheit einer Kgl. großbritannischen Flotte in den Gemwässern des schwarzen Meeres, der strikten V­orschrift des transitorischen Zusagertikels zu dem Pariser Friedenstraftate vom 30. März d. h. ungeachtet.­­ Diesen parallel Taufenden Thatsachen gegenüber, beruhend auf überein­­stimmender Rechtsauffassung Oesterreiche, Großbritanniens und der 4. Pforte muß er Hillig Verwunderung erregen, daß die französische Presse Eine derselben allein heraussucht und sie mit ungerechtfertigtem Mißtrauen bespricht. Dagegen aber die einzige Ursace des gleichzeitigen Beharrens der vorgenann­­ten drei Mächte in ihren militärischen Positionen in der Moldau und Bal Tachet, wie im Pontus als unbedeutend und gleichgiltig Darzustellen­ds veran­­laßt, findet. Der­ Friedenstraftat vom 30. März ist glücklicher Weise feststehend und besiegelt. Niemand, wir sind es überzeugt, denkt daran, ihn anzutasten. Feine Macht will sich seiner Bestimmungen entziehen. Wovon es sich heute noch Han­­delt, das ist allein die Ordnung, die Reihenfolge im Vollzug seiner Bestim­­mungen. Diese wurde von der Pariser Konferenz auf keine andere Art auf­gefaßt, als mag die Kommissäre fi nach Konstantinopel zu begeben haben, für bald die durch Art. 31 des Traktates vom 30. März bestimmte allmälige Räumung des ottomanischen Gebietes weit genug vorgeschritten if und daß die Kommission ihre Ankunft zu Bufurrít mit dem volständigen Auf­­hören der zeitweiligen bewaffneten Ossupation, so wie mit dem Voll­zug des Art. XX. in Betreff der Rektifilation der mold­auischen Grenz­e verbinden kann. Die Rektifila­tion der moldauischen Grenze it aber nicht nur nicht volle zogen, fie­­ ft strettig. Ego ist bekannt, das Rußland die Abtretung Belgrads und der Schlan­­geninseln verweigert, während die übrigen Mächte, insbesondere die bei der Ver­quh­rung der Grenzfrage am wesentlichsten interesi­ten Regierungen, auf Grund des Friedensschlusses darauf beharren. Das die für einen­ feierlichen Friedensschluß festgelebten Grenzterrito­­rialbestimmungen eine Nebensache, ein untergeordneter Punkt bei dem Vollzug, bei der Verwirklichung des Friedens. Dagegen die Gebietsräumungen durch Truppen oder Flotten alliirter Mächte, — welche von dem zuständigen Gene­ran oder Suzerän nicht gefordert noch gewünscht werden — ein in erster Linie zu disfutirender Punkt sei. Daß sodann aus diesem heraus noch überdies eine einzelne, mit den beiden andern in gleicher Schlußfolgerung aufrecht erhaltene Offupation vor allen Dingen beseitiget werden müsse, has­st eine internatio­­nale Logik, zu der wir uns allerdings nicht zu benennen vermögen. “So beruht die andauernde österreichische Offupation der Donaufürsten­­thümer, auf demselben Nehtemotige, wie die türkische, auf demselben, die Die maritime des schwarzen Meeres durch Großbritannien. Nicht aus Mißtrauen gegen Rußland, sondern auf Grund des Rechtsverhältnisses, das durch die strei­­tige Grenzregulirung anno vorliegt, verbleiben die Truppen und Slotten der drei Mächte Derzeit noch auf Gebietstheilen und Meeren, welche sie allerdings zu räumen haben, sobald die Grenzmarken des romanischen Gebietes definitiv festgestellt sind, "Es findet hier der Schlußfab des Art. 31 des Pariser Traktats vom 30. April, volle Anwendung, meldet — nach Feststellung des Grundfaches der (nach dem Austausch der Nazifikationen) „sobald als möglich“ zu beweisstelli­­genden Räumungen ausdrücklich anfügt : „Die Feiffen (les délais) und die Mittel der Ausführung, werden den Gegenstand einer Vereinbarung zwischen der Hohen Pforte und den Mächten ausmachen, deren Truppen ihr Gebiet be­rehtgaben.“ Die h. Pforte ist aber, wie bereits erwähnt, mit, Oesterreich und Groß Britannien über Die bezeichnete Suift, richtiger Aufshub Chelai­, völlig einver­­anden. Haben wir nachgewiesen, daß die fortdauernde Anwesenheit der Tf. FE. Truppen, die der türkischen in den Fürstenthümern, gleich derjenigen der Fl. aropsritannischen Flotte im schwarzen Meere auf einem N­echtegrunde berußt, so folgt daraus mit Innerer Nothmendigkeit, daß sie an dem Tage auf­­hören wird, an m welchem das Nedtemotiv befeitigt, d. hh. die Grenzfrage ge­­ordnet und fesgestellt tt. Die Ordnung der inneren Angelegenheiten, die der künftigen Regierung und Berfaffung der Donaufürstenthümer hängt damit nicht zusammen , und. die­ Theilnahme, melde die F. F. Regierung für das Wohler­­gehen und Die Ruhe dieser Nachbarlande liegt, wird sie in freundschaftlicher Verständigung mit den übrigen Drogmächen und insbesondere mit der b. Pforte bet­ätigen, ohne daraus ein Motiv für die Verlängerung der Osfupa­­tion herzuleiten. X Wert, 23. Oktober. Die „Nee Züricher Zeitung“ veröffentlicht folgende tel­egraphische Depesche aus Bern vom­ 17. 9. M.: „Die von dem "Oberländer Anzeiger" gebrachte Nachricht, Die Sch­weiz werde bei der Pa­­riser Konferenz in der Neuenburger Frage vertreten sein, wird von guter Seite ni­ch­t Bestätigt”. Dagegen scheint sich die Nachricht der "S. b." von einem Handschreiben des Czaren an den König von Neapel zu bewahren : namentlich soll er eine Modifikation des­ Kabinetes sein, die Alexander II. dem Fürsten ans Herz legt. In Paris versprach man sich von der Wirkung dieses Briefes und der gleichzeitigen Abberufung der unweftmächtlichen Gesandten große Dinge. Folgendes it der Wortlaut der, ihrem Inhalte nach fon befaun­­tn spanischen Defrete über das Konservat und das Desamor­­tisationsgefäß: Art. 1. Alle wie immer gearteten Verfügungen,, melde­­n was immer für ‚einer Weise das, worüber in dem mit dem heil. Stuhle am 16. März 1851 abgeschlos­­senen Konkordate übereingenommen worden ist, abschaffen, Ändern oder modifi­­ziren, sind und bleiben ohne Wirkung. Art. 2. Die bezüglichen Ministerien werden Mir sofort, jedes in seiner Kompetenz, Maßregeln zu dem Zmede vorschlagen, damit genwärtiges Dekret allsogleich seine solle und gänzliche Wirksamkeit erlange. Art. 1. Die Bou­ítredung des vom 1. Mai 1855 datigten Desamortisa­­tionsgefeges if­­ünfzighin und von heute an suspendirt. Art. 2. In Folge dessen wird keines von jenen Gütern, deren D­erlauf das erwähnte Gefeg amordnete, zur Öffentlichen Versteigerung gebracht werden ; die noch feslgehenden Versteigerungen werden keine Genehmigung erhalten. Art. 3. Die Regierung wird den Eorteg die definitive Lösung bezüglich der Bollziehung des besagten Gefeges vorschlagen. Die Petersburger Blätter bringen Die folgende offizielle Anzeige : „Generalstab der 1. Armee, Hauptquartier Warshan, den. 2. September 1856. Auf Befehl des Kaisers wird der Kollegiensekretär Zelegly, Kommissionär bei der Proviantirungskonmission des 4. Armeekorps, vor Das Kriegsgericht und zwar vor die zu Diesem Zmwede beim Generalstabe der 1. Armee niederge­­feßte Kommission geladen: wegen Unterschlagung von 150,000 R. ©. und Desertion in’s Ausland." Der Zelebly wird aufgefordert, sich binnen jede Monaten, wenn er si in Europa befindet, und im Laufe eines Jahres, falls er außerhalb Europa ist, vor das genannte Gericht in Person zu stellen, widri­­genfalls er in contumaciam verurtheilt werden wird. Der russische Minister des Innern hat ein Zirkular an die Gouvernements-Adelsmarschälle gerichtet, im welchem er ihnen mittheilt, trag er den Ausdruch ihrer Dankbarkeit für den huldvollen Empfang von Seiten des Kaisers und des kaiserlichen Hauses, ein Empfang, der den ganzen vruffischen Adel hoch egre und beglüde, dem Monarchen Hinter­­bracht und von demselben auch die gewünschte Erlaubniß erwirft habe. Die von den Marshhällen zusammengestellten, bei Dieser Gelegenheit gemachten Xeußerun­­gen des Kaisers dem gesammten Adel Tund zu thun. Der Kaiser habe Diese Zusammenstellung unter Thränen gelesen.­­Die erwähnten Menferungen des Kaisers Tauten wörtlich: „Roh einmal, meine Herren, danke ich Shen für den Cifer und die Verdienste des Adels. Der Adel war stets das erste Muster der Hingebung und Lebe für Thron und Vaterland ; so war es immer und ich bin überzeugt, das es auch künftig so fein­­wird. Sie haben Die Iegten Augenblicke meines unvergeßlichen Vaters verfüßt. , Ihre Heußerungen, welche ich selbst Ihm vorlag, gereichten Ihm zur Tetten Herzensfreude. & sagte mir: baue auf sie und vertraue Ihnen — und ich vertraue Sihnen, meine erren I” Stimmen aus der Mitte der Marschälle: „Herr, unser ganzes Leben ges hört Ihnen, wie es Ihrem Durchlauchtigsten Vater gehörte.” „Da vertraue Ihnen, meine Herren, ich glaube Ihnen.­­ Gott sei Dant, die schweren Zeiten sind vorüber; sollten sie aber wiederkehren, so bin ich überzeugt und werde stets überzeugt sein, daß ich in Ihnen eine feste Stüte und dieselben Gefühle finden werde, die mir so angenehm sind. Sagen Sie Ihren Edelleuten wieder, daß ich Ihnen aufrichtig danke für Ihre Liebe und Ergebenheit”. Stimmen aus der Mitte der Marshälle: „Wir sind glückig, Herr, durch Ihr Huldreiches Wort für unsere Edelleute und durch die huldreiche Be­achtung, welche Em. Majestät uns persönlich würdigen", „Sie Alte stehen meinem Herzen nahe. Cs if mir erfreulich, Sie um mich zu seben in diesen für mich Heiligen Tagen, ihnen zu danken und durch Sie dem gesamm­­ten Adel wissen zu lassen, dad ich Euch traue, traue, trauen. Heber die, In unserem Morgenblatte aus Berlin gemeldete M­o­rb that Tiegen jebt folgende nähere Details vor: Der Gerichtseromitor Rai wohnte mit seiner Familie, einer Frau und zwei Kindern, Knaben von 10 und 12 Jahren, in der Bahnhofsstraße Nr. 3. In regter Zeit schon Herten die Nachbarn häufig Szenen häuslichen Unfriedens. N­afch sol immer in eine sehr unglückliche jähzornige Stimmung gerathen sein, wenn er, sei es auch nur wenig, geistige Getränke zu sich genommen. Die Nachbarn und der Wächter hörten mitten in der Nacht die Frau am Fenster um Hilfe rufen und Feuer fihteten, da aber folge Auftritte in fester Zeit mehrere vorgekommen waren, so glaubten sie, es handle ss wieder nur um einen vorübergehenden Zmift zwischen den Eheleuten. Niemand­ schritt ein, zumal da bald das Geschrei verstummte. Erst heute Morgen, als Geschäftsleute vergeblich an der Thür der Wohnung klingelten, die sonst immer von der zeitig aufste­­henden Frau geöffnet wurde, ward man unruhig und stieg auf einer Reiter zum Küchen­­fenster hinauf, durch das sich nun der fehredliche Anblik darbot. Als die Thür aufge­­brochen wurden, fand man auf dem Boden ster furchtbar entstellte Let- Kent in ihrem Blutefdhwimmend Die Frau Hatte eine Menge Wunden von Hieben und Stichen und eine tüchtliche am Halse. Den beiden Knaben war, wahr­­scheinlich mit einem Beil, der Kopf gef­alten und der Mann hatte sich mit einem Ra­­fi­mesfer am Eingange seiner Schlafstube den Hals abgeschnitten. Wahrscheinlich hat bei dem entstandenen Streit der Mörder der Frau zuerst eine Wunde beigebracht, die sie zu dem Hilferuf veranlaßte, sie dann zu Boden geschlagen, darauf auch die der Mutter zu Hilfe eilenden Kinder getödtet und sich zulegt selbst das Leben genommen. Neben der Hand der Frau fand man noch einen entblößten Säbel (Rafh­ war früher Militär), mit dem sie sich vieleicht zur Wehr gefecht oder der das Werkzeug zu ihrem Tode geworden war. Am 4 Utr sol Rafh noch aus dem Benster mit dem Wächter

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