Pester Lloyd - Abendblatt, Dezember 1856 (Jahrgang 3, nr. 277-300)

1856-12-01 / nr. 277

a Die­­ = Redaktions­­einzelne Bureau, Do Abendblatt des e ter Floyd. tr. EM. ersten Stod: Montag , 1. Dezember. Nro, 277. A­: Be, 1866. Telegrapbifbe Depefcben der „Defterr. Epnrrefp.* Hom, 26. November. Kardinal Mattet flattete dem Tf. Tf. Efterr. Ber­andten Grafen Colloredo Wallfee im venezianischen Palais einen offiziellen Ge­genbesuch ab. Zoudon, 29. November. Die Bank hat beschlossen, wieder Borschüffe auf Stads zu geben. Der Dieswöchentliche Bankstatus enthält eine Abnahme 0-8 Notenumlaufs um 386.450 Pf. St. und eine Zunahme des Metallvorra­­thes um 213,469 Pf. — Konsols Nachmittags 9474. X- Deft, 1. Dezember. Wie weit das Einverständnis zwischen Ru­s­­land und Frankreich gediehen, erfieht man am beid­en aus der iben­­tschen Note, welche der russische und französische Bot­schafter an Refgid Pascha gerichtet haben; sie lautet folgender­­maßen : Seine Majestät der Kaiser, mein allergnädigster Herr, haben mir den Befehl zu ertheilen gerußt, von Sr. H. dem Grosvezier bestimmte Erklärungen über folgende Punkte zu verlangen : 1. In Betreff der Regulirung der Grenzen von Bessarabien Sf die Pforte damit einverstanden, die Lösung der in diesem Punkte obmwaltenden Schwie­­rigkeiten den Pariser Konferenzen zu überlassen, oder wü­rde sie vielmehr bereit sein, dieselben in der Art beizulegen, daß sie ihren Ansprüchen auf Belgrad zu Gunsten Neus­­lands entsagt, wogegen Rußland und Frankreich ihr den definitiven Befug der Schlan­­geninsel und beg Donaudeltas garantiren würden ? 2.In Betreff der fortdauernden Besetzung der Donaufürstenthü­­­mer.Sieht die Pforte darin nicht eine Beeinträchtigu­ng des Wortlautes und des Geistes des Art. 31 des Bartfer Vertrages ? und ist Dieselbe n­icht doppelt augenfällig durch den Widerspruch, in welchem die Thatsache der fortdauernden Befeßung der Für­­stenthu­mer durch österreichische Streitkräfte mit der Sprache steht, die Graf Buol auf dem Kongresse führte? " 3. Wegen der Anwesenheit des englischen Gef­waders im Bo­porus und dem Schwarzen Meere. Gieht die Pforte dieselde nicht als wider­­sprechend der Konvention vom 13. Mai 1856 an, m wonach ein Termin von 6 Monaten von der Auswechselung der Ratifikationen des Pariser Vertrages an gerechnet, für die Zurückziehung aller Streitkräfte Englands, Frankreichs und Sardiniens vom türkischen Territorium festgelebt war; und außerdem als ein Hinderung der Ausführung der Kon­­nn wegen der Meerengen, welche vom 28. Oktober an wieder in Kraft treten sollte ? = 4. In Betreff der Reorganisation der Donaufürstent­ümer. Sit die Pforte der Ansicht, daß Die Divand ad hoc sich in voller Freiheit zu Gunsten der territorialen und administrativen Bereinigung der beiden Fürstenthüümer aussprechen dür­fen, wenn eine solche in den Wünschen der Bewohner der Maladjet und Moldau liegt? und wü­rde dieses Botum, wenn es vom Pariser Kongresse in ernstliche Erwägung ge­zogen würde, auf Schwierigkeiten seitens der Pforte, als suzeräner Mat stoßen ? ©. 5, der Grosvezier wird erfuhrt, sich baldigst und in bestimmter Weise Über diese Fragen, deren hohe Wichtigkeit derselbe im gegenwärtigen Augenblick nicht ver­­rennen wird, zu äußern. Boutenteff. Thouvenel.­­ Unsere Leser wissen bereits Die Antwort des türkischen Großseziers: Die Türkei werde sich der Entscheidung fügen, welche Die Drei Dezemberalliirten, Oesterreich, England und Frankreich, treffen werden. Als hierauf Graf Bud­­berg in Wien den Grafen Bud­ und Sir Hamilton Seymour um ihre Ansicht fragte, erhielt er zur Antwort, daß zueist die Belgraphfrage entschieden werden müsse. Einen weiteren Kommentar zur Situation mag der Brief bieten. Den der Wiener Korrespondent über „Time“ unter dem 24. No­vember an das Zeitungsblatt geschrieben. Wir leiere in demselben : In den Iegten 24 Stunden lernte ich die Ansicht mehrerer wohlunterrichteten Per­­sonen ü­ber mehr als einen Gegenstand von Bedeutung lernen , und sie nimmt mit mei­­nen Nachrichten, die ich aus anderen zuverlässigen Quellen habe. Die Politik Frankreichs is noch immer nicht befriedigend; anstatt mit Bestimmtigeit zu er­­flhren, daß Rußland die eingegangenen Verpflichtungen buchstäblich erfüllen muß, sucht £ 8 zwischen dem Petersburger Kabinet und denen von Wien und London zu vermitteln. Reptere aber bestehen noch immer auf Abtretung Belgrads an­ die Moldau. Oesterreich war nicht zum Vermittler zwischen Neapel und den Weltmächten geeignet, weil es grund­­fäßlich­ gegen jede Einmisßung in die inneren Angelegenheiten­ unabhängiger Staaten ist, und Frankreich kann nicht zwischen Rußland auf der einen und England, Desterreich und der Türfei auf der anderen fehlengrichten, „weil es Rußland B Versprechungen ge­­macht hat, die es unmöglich erfüllen kann, ohne die England und Desterreich gegenüber eingegangenen Verpflichtungen zu brechen“. In diesem Say , den td­­zitire, haben Sie die in hiesigen amtlichen Kreisen sorberziehende Meinung, und allgemein denkt man, daß der Kaiser Napoleon — wenn ihm der Ruf seiner Konsequenz und Loyalität [eb ist ] sich genöthigt sehen wird, eine Veränderung in seinen Kabinet vorzunehmen. So­lange Mr. Drouin de Lous Minister des Auswärtigen war, ging Alles gut, aber sein Nachfolger hat dur sein Ungefuid dem Kaiser das Vertrauen Oesterreichs geraubt. Die freundlichen Beziehungen zwischen England und Stanfreidh gestört, und den französischen Einfluß in Konstantinopel sehr geschwächt. Napoleons Parteigänger behaupten, er werde bei den Tausche gewinnen, wenn er fir Englands und Oesterreichs Freundschaft die von Nußland und Preußen sich seh­­­haften Fannz aber leidenschaftslose Beobachter denken anders. In den Augen des Petersburger Kabinetts ist der Kaiser Napoleon ein brauchbarer politischer Aben­­teurer, aber wieder der Hof, noch dessen amtliche Rathgeber fühlen irgend­eine Sym­­pathie für ihn. Nach der Meinung der Kaiserlichen Familie ist der Graf 9. Chambord der rechtmäßige Erbe des französischen Thronss und von Louis Napoleon spricht man wahrscheinlich recht nach wie vor drei Jahren als „‚ce Monsieur“ und „Monsieur Bonaparte.“ Wir hören wo immer aus Paris und Berlin, daß die Annäherung zwischen Ftankreich und Preußen täglich Bortschritte macht, aber eine innigere Allianz peo Art wäre zu unnatürlich, um Bestand zu haben. Nach einem Gerücht hat Napoleon III. versprochen, dem Marsch eines preußischen Armeekorps gegen Neufchatel nichts entgegen zu stellen, aber die Nachricht kann nicht wahr sein, da die Kunde von einer Bewegung preußischer Truppen gegen die französisch-s hhweizeiiige Grenze nicht verfehlen würde, in Frankreich einen schwer zu beschwichtigenden Sturm zu erregen. Dagegen bricht Die Palmerstonische „Po­st seit längerer Zeit wieder zum ersten Male in einen Lobgesang vor ungetrübter Ber­eifterung zu Ohren des franzöfffigen Kaiserreichs aus. Die innern Zustände. Frankreiche werden mit denen von 1848—1851, „wo man des große Londoner Handelshaus vor den möglichen Wirkungen französischer U­mwälzungen zitterte”, in schmeichelhaften Grgenfah gestellt und als nahezu paradiesisch geschildert., Nie nur der Kon­tinent, sondern auch England schulde dem gewaltigen Herrscher, der die Orr­­ felíjehaft gerettet, die tiefste Dankbarkeit, und der englischen Nation sei Glas zu uwünsten, Daß die Allianz mit Napoleon III. auf so festen Füßen fiehe. Soll dieser Erguß auf eine Verständigung zwischen Lord Palmerston und Der imperialistischen Politik hindeuten ? — Nach dem , Star" dürfte die Wahl Buchanan’s den englischen Premier etwas nachgiebiger gestimmt haben. Bezüglich der Stellung Rußlands zu Oesterreichs ft folgende Note der „De, Korrespondenz" bemerkenswert“. Dieselbe sagt : Das in Brüssel erscheinende Blatt»Le Nord­«hat bereits,seit längerer Zeit den Gang der kaiserlichen Regierung in inneren und äußeren Angelegenheiten einer­ aller­­dings selten wohl unterrichteten,dagegen fast immer leidenschaftlichen Kritik unterzogen, ohne in Oesterreich irgendein äußeres Hinderniß seines Gebahrens erfahren zu haben, weil man in maßgebenden Kreisen der Ueberzeugung war-daß das ruhige,durch Gesetz und Veiträge gerechtfertigte Bergehen der Regierung in den unwichtigsten Fragen auf die Meinung unparteiischer und vorurtheilsfreier Leser seine nachhaltige Wirkung, ungeachtet aller tendenziösen Angriffe irgend­eines oder des anderen fremden Blattes, nicht vers­tehlen Fünne. Nachdem nun neuestens bezüglich des Journals „Le Nord”, wie wir ere fahren. Die Maßregel des Verbote durch Postdebitentzielung im ganzen Umfange der Monarchie verhängt wurde, so glauben wir mittheilen zu sollen und versichern zu kün­­nen, Daß der Grund dieser Maßregel nicht in der oben gekennzeichneten, wenn auch feind­­seligen aber wenig gefährlichen, allgemeinen Haltung und Richtung des Blattes, sondern in dem Umstande zu suchen sei, hak dieses Spurual, welches sich bisher das Ansehen geben wollte, im konservativen und monarchischen Sinne get­rieben zu sein, Jüngst es gewagt hat, ein Ziel seiner gehäfsigen Besprechungen fi zu wählen, welches allerdings zu hoch steht, um von derartigen giftigen Pfeifen getroffen zu werden, das aber auch vor den ohnmächtigen Versuchen hiezu unter jeder Bedingung bewahrt bleiben muß. Ueber den Stand der Neuenburger Frage spriät sich Die­ unten folgende preusische Thronrede in einer Weise aus, die zwar den festen Entschlußg­rund gibt, den Zankapfel zu beseitigen, zugleich aber auch die bestimmte Hoffnung rechtfertigt, daß der Diplomatische Weg zur Erreichung Dieses Zieles genügen wird. Offiziere Berliner Korrespondenten melden zwar, daß Herr v. Sydomw Drdre erhalten habe, Bern sofort zu verlassen, da Preußen nich­t mehr direkt, sondern nur noch duch Vermittlung der Gr­oßmächte mit der Schweiz unterhandeln wolle. Zugleich aber gewinnt es, nach denselben Berichterstattern, den positiven Anschein, als werde, dur­ die Mission Dufour’s vermittelt, ein Fried­liches Abkommen zweifhen den ftreitenden Parteien erzielt. Die achttägige Addbregdebatte in Brüfferl Hat mit einem Siege der Rechten, der Klernlalen und des Kabinets geendet, da der Kommissionsentwurf mit 61 gegen AL Stimmen genehmigt war­. Die Rechtfertigung Gricechenlands, wie man in ton­­don den Bericht des griechischen Binangministers Nangabe an den bors­tigen Gesandten Iriconfiie nennt, findet eine nachsichtige Beurtheilung in der "Times". Die erste Hälfte der griechischen , Apologie" sei ziemlich verständig, obgleich man nirgendewo besser als in England wissen könne, wie gut sich mit Ziffern derselbe Gut bemelsen und widerlegen Taffe . Die zweite Hälfte, welche das Auswärtige berührt, sei weniger befriedigend, wenn bei aller Mäßigung im Ton, verrathe sie einen bedeutenden Mangel an Offenheit. Natürlich, sei das ganze Affenfind nicht ohne Geshik und mit berechnendem Verständniß des englischen Charakters abgefaßt ; das englische Bolt sei Übrigens gescheich genug, um zw­ischen der einen und der andern Hälfte zu unterscheiden. Möge das griechische Ministerium — sagt die „Simes” — nur um jeden Preis auf der Bahn des Freihandels Fortschreiten und jene Handelsmarine entw­ickeln, welche unter den Errungenschaften des Kleinen Landes u­m am meisten Ehre macht. Der Ortesche ist in seiner Eigenschaft als Kaufmann oder Seemann ein fciägenswertheres Mitglied der Gesellschaft als sein mittelmänntiger Nachbar oder selbst als die Unterthanen meh­­rerer christlichen Monarchien, die am Mittelmeer gelegen sind. Da unser Handelsver­­kehr mit der Levante täglich einen größern Aufzwung nimmt, so wird w es uns gewiß nur­ angenehm sein, richtige Begriffe Über Handel, Schifffahrt und Duarantaineanstalten vom athenischen Kabinet praktisch angenommen zu sehen. Auch sind wir nicht gar so unbillig. Wir wissen, daß das griechische Ansehen verzettelt wurde, daß das griechische Bolt die Summe nicht auf einmal zurückahlen kann, und es ist kein Grund zu der In­­finuation vorhanden, daß wir Luft hätten die Monarchie zu erbrüh­en, wenn wir­ nicht zu unserem Gelde kommen. Unglülicher. Weife tt das Königreich Griechenland ein armes Land, wo man­ nicht leicht ein Vermögen erwerben kann, und folglich machen sich seine unternehmendsten Söhne auf den Weg nach andern Regionen und werden fast afch die Bürger anderer Staaten. Die Griechen sind nicht in Griechenland, sondern in London und Manchester, Marseille und Zrief, Odeffa und Mlerandrien zu Hause. Niemand denkt, daß das kleine Königreich je zu Reichthum gelangen kann, und feilte gegenwärtige Unb­lichtheit font nicht daher, daß sein Wohlstand hinter den Erwar­­tungen seiner Gründer zuriefgeblieben is. Es kann jedoch, Dank seiner geographischen Lage und seiner Sicherheit vor auswärtigem Angriff, rasche Bortschritte im materiellen Wohlfein machen, und wenn er die Handelsreform ehrlich burgführt, wird sich kein Staat mehr darüber freuen als England ! Aber wenn Herr Rangabe­ung durch seinen Freimuth und seine jenen Bei­­sprechungen Überzeugen will, daß wir seinen Grund mehr haben, seinem Gebieter zu mißtrauen, und daß es vielmehr in unserem Isnteresse Liege, ihn zum unumschränkten Herrn in feinen Staaten zu machen, — da lassen wir uns nichts vorspiegeln. Die Ortedhen, heißt es, sind der Zmietracht der Parteien müde, die sich auf fremde Gesandt­­schaften fügen, Unfertwegen. Wir haben in dieser Art von Diplomatischem Spiel nie sonderliches Serne gezeigt, und Die vufsische oder Französische Partei konnte stets auf zehn Schleppträger oder Anträger reinen gegen einen, den die englische Gesandtschaft hatte . . . Aber das ganze Aktenstü­ck des Herrn Rangabe läuft auf den Vorschlag hin­­aus, jeder der „unwohlwollenden Mächte” wieder gleich großen Einfluß einzuräumen. Das, wird mit unendlicher Schlauheit eingeleitet und vorgebracht, aber wir merken die Absicht und antworten kurz und bündig: ngland wird, so weit es von ihm­ abhängt, keinen russischen Einfluß in Griechenlan­d aufkommen lassen. Rußland hat jeden frühern Aufpruch darauf verwirkt, als es die Griechen zu­ einem Ast des Krieges gegen uns und unsere Affi­rten trieb; wir dürfen nicht gestatten, Daß £ 3 eine Obermacht, deren eg gerechter M Weife beraubt worden it , zurückgewinne, Möge Griechenland unr­uhig an der Entwickklung seiner Innern Kräfte arbeiten und nicht Die Bedingungen seiner Wiederaufnahme im Schoß der europäischen Familie selbst fortschreiben wollen. Es hat jegt Gelegenheit, eine neue Laufbahn zu beginnen ; er reise seine Aufrichtigkeit durch Thaten, hoffe aber nichts durch hohle Beschwörungen oder schlangenrechselte Mani­­feste zu erreichen. Aus Madrid sehreist man unterm 22. November : Der Ministerrath befehloß vorgestern Abends, den General Brim nach den canarischen Inseln zu verbannen. Der General begab sich in den Palast und erklärte der Königin, daß ein solches Verfahren gegen die Generäle Des Heeres hödít unpoli­­tisch sei und zu Aufständen in der Armee führen könne. Die Königin eh Narynez rufen und befragte ihn um den Grund der strengen Mairegel gegen Prim, Narsarz

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