Pester Lloyd - Abendblatt, April 1857 (Jahrgang 4, nr. 74-98)

1857-04-02 / nr. 75

éz] Abendblattdes Pefter Floyd. = Donnerflag, 2. April. Giro, 75. Peft, 1897. Politische Nundschau, 2. März. An entscheidenden Nachr­uten in den großen politischen Fragen des Momentes fehlt es auch heute. — Aus Konsantinopel mit unterm 25. v. M. telegraphirt: Riza Ben, früher Pfortengesandter in Athen, geht als ordentlicher Gesandter nach St. Petersburg Das englische Geschmacher ist von Bujafdere nach Pera gekommen und wird die jepantinischen Gewässer bald ganz veh­affen. Ad­­miral Lyons gab auf dem „Royal Albert" dem persischen Gesandten ein Diner, — Eine Turiner Depesche vom 30. 9.­­M. meldet : Groß­­fürst Konstantin hat mit der russischen Flotte den Golf von Spezia ver­­raffen und ist nach der Insel Elba abgegangen. In Neapel merken die Kriegsschiffe „Parthenipe" und „Regina“ so­wie einige Merkantilschiffe nach Ostern den Transport der nach der argentinischen Nepublik "zu deportirenden Verhafteten besorgen. — Schließlich ist auf eine telegraphische Meldung aus London vom 1.­0. eingelangt, des Inhalts: D’Israeli, Bulmer, Bentind sind ohne­­ Widerspruch wieder gewählt worden. Im­ legten Quartal sind Die Staatsrevenien um 115,047 Pfo. gestiegen; im Vergleiche mit dem Vorjahr haben sich Die Neventien um 2,525,066 Pd. Sterling vermehrt. In Paris gält die Angelegenheit Des Bischofs von Mouling fortwährend Publikum und Presse in Spannung. Die „Union“ hatte die Ber­­ufung an eine weltliche Behörde wegen Misshbrauch der geistlichen Amtsge­walt selbst für einen großen Mißbrauch erklärt und gesagt, daß seine Negierung, die eine Freundin der Religion sei, zu solchen extremen Mit­­ten ihre Zuflucht nehmen werde. Die „Estafette" weit nun nach, daß unter der Restauration nicht weniger als jed­e Berufungen an die weltliche Behörde stattgefunden haben. Bei der Gelegenheit wurde eine Verordnung des Bischofs von Poitiers und ein Hirtenbrief des Erzbischofs von Toulouse mit dem stolzen Motto : Etiam si omnes, ego non . . . ganz einfach unterbrücht. Der „Moniteur" veröffentlichte im Jahre 1824 sogar einen langen Artikel, worin auseinandergelebt war, warum und wann die Berufung an eine weltliche Behörde gestattet sei. “ Die „Patrie” beruhigt ihrerseits Die Vertheidiger des Bischofs mit folgenden Worten: „Sürchtet nichts! Linter einer Regierung wie die des K­aisers wird man weder den erzbischöflichen Palast in Paris verheeren, noch Kreuze umwerfen, noch Priester beleidigen. Der Kaiser hat die Anarchie in Rom besiegt, ehe er sie in Frankreich be­wältigte. Er hat den Papst in den Batk­an zurückgeführt, er hat die Kirche der Heiligen Genovefa dem Gottesdienste wiedergegeben. Er wird der Religion Achtung zu verschaffen willen, indem er niemand die Sorge läßt, sie besser als er selbst zu vertheidigen.“ Ueber eine neue Predigt des Pater Ventura in der Zuilerienkapelle berichtet man Der „N. 9. 3." Folgendes: Alle Fehler der Hofleute und des Hoflebens wurden mit einer Schonungslosig­­keit aufgedeckt, da­ man beinahe mit den Fingern auf gewisse Persönlichkeiten deuten konnte. Damit jedoch genügte es nicht; er apostrophirte direkt den Kaiser. „Sire I” warf er ihm zu, „es it nicht genug, wenn Ihr Wandel rein, wenn Ihr Leben ein Gott ergebenes ist. Sie müssen alle Seite von sich entfernen und von Ihrem Angesicht ver­­bannen, welche dem Volke dur ihre Kafter, durch ihre Korruption und durch ihre Zü­­­gellosigkeit Anlaß zum Aergernis geben.” Er stellte dem Scaffer ferner vor, „er sei in einem Strthunte befangen, zu glauben, seine Privathandlungen blieben innerhalb der Mauern seines Palastes eingeschlossen. Er und Leute seines Gleichen lebten in einem Stashaufe und keines ihrer Geheimnisse sei sicher vor den neugierigen Blicken und der Schwaghaftigkeit der Höflinge. Zu ihm bilde man auf als zu einem höhern We­­sen, begabt mit höhern Kräften, Gutes und Böses zu thun, als jeder andere. Deshalb erwarte man von ihm auch mehr. Da seien aber die Schmarosker und Höflinge, welche für Gold die Gunst und den Schuß des Hofes verfauften ; da seien Leute, die sich ge­­mästet soi Unrecht , deren Reichthum aufgeschoffen durch Trug und Balschheit.“ Aus der Sikung der Turiner Deyutiitenkammer vom 25. 9. Mts. wird berichtet : „Zu einer sehr lebhaften Debatte gab der Artikel über die Gonttesläste­­rung Anlas. Das bestehende Gefet verhängt über ein solches Bergeben die Keffer­­strafe, deren Dauer ganz dem Ermefsen des Richters überlassen ist. Einige Deputirte wollten diesen Artikel aus dem Strafgefesbuche ausstreichen, indem sie anführten, daß es dem Menschen nicht zustehe, die der Gottheit zugefügten Beleidigungen zu ahnden. Der ministerielle Antrag lautete dahin, bei solchen Vergehen die Kefferstrafe auf sechs Monate höchstens zu beschränken, und zulest wurde die Sterferstrafe auf höchstens Drei Monate festgestellt und bestimmt, daß bei solchen Bergehen das Strafverfahren nur dann stattfinden solle, wenn die Gotteslästerung an einem öffentlichen Ort ausgesprochen würde. Das ganze Gefes wurde dann in geheimer Abstimmung mit der imposanten Mehrheit von 108 Stimmen gegen 15 angenommen. In der Sibung vom 26. begann die Berathung über die Reform der Organisation der israelitischen Kultusgemeinde nach einem auf sehr liberale Grundlage basirten Entwurfe." Aus Wien vom 1. wird geschrieben: Die zugwafchung wird an heuer am Gründonnerstage am Allerhöchsten Hofe von Ihren Majestäten dem Kaiser un ver Kaiserin an 12 Greifen und 12 Greifinen in Aller­­höchsteigner Person vorgenommen werden. Die alten Leute werden mit Wägen in ihren Wohnungen abgeholt, erhalten eine neue Kleidung nach mittelalterli­­hem Schnitte, und begehen um 7 Uhr in der £.T. Hofkapelle die heil. Kommu­­nion, wonach die Zeremonie der Fußwaschung unter Assstenz; des Hofstaates und die Speisung unter den Augen ihrer Misestäten stattfindet. Diese besteht in vier auserlesenen Saftenspeisen sammt Nahtisch, und in je einer Maß borz trefflichen Weines, womit die Gabe eines zinnernen Bechers mit der­­ Bezeich­­nung der Jahreszahl und der Veranlassung, sowie Befhenfung mit 30 Silber- Zingen verbunden is. Die Neste der Speisen, sowie den Wein nehmen die Greife und Greifinen nach Hause, wohin sie wieder mit Wägen gebracht werden. Das d­iplomatische Kopa trifft bereits Vorbereitungen zum Landau­fenthalt. Im kommenden Monate wird die Mehrzahl der Vertreter auswärtiger Staaten die Residenz verlassen, und in der Umgebung Wiens den Aufenthalt nehmen. Der türkische Botschafter Fürst Kalimaki hat eine Villa in Hiebing gemiethet; der französische Botschafter Baron v. Bour­­queney begibt sich nach St. Veit; der russische Gesandte Baron v. Budberg nimmt den Aufenthalt in Baden; Der FE. belgische Gesandte Graf D’Sulivan in Penzing ; der 1. englische Gesandte Sir Seymour Hamilton in Hiebing , der T. mürtembergische Gesandte, Herr 9. Om. in Büslau, ec. Volkswirthschaftliche Nundfehau. Die in Berlin stattgefun­­denen Berathungen der österreichisch-deutschen Zollverein Bevollmägtigten sind vom 27. 9. M. geschlossen worden,­­ ohne erhebliches Resultat. Die von Oesterreich gemachten Vorschläge in Betreff ge­­genseitiger Verkehrserleichterungen, Ermäßigung der Durchgangszölle, die an Erhöhung verschiedener Zollvereinstarife wurden größtentheile abgelehnt. — An demselben Tage vertagte sich auch in Nürnberg die Konferenz für Entwer­­fung eines Allgemeinen deutschen Landelsgeseshbuchs, indem sie in Dieser ihrer 47. Sibung die Verhandlungen über die beiden ersten Bü­­cher des Entwurfs zu Ende führte, um nach Ablauf der Osterferien ihre Ar­­beit wieder aufzunehmen. Die Grazer Bankfiliale sandte dieser Tage an die Nationalbank nach Wien 40 Fäßchen a 3000 fl. Silbergeld; in Mürzzuschlag wurde bei Resision dieser Sendung wahrgenommen, daß ein Fäßchen abhanden gekommen sei, ohne daß man ermitteln konnte, auf welche Weise. Der die Geldsendung übermachende Parker ist eingezogen worden. In Belgrad soll eine Hypothesenbank aus Staatsfonds errichtet werden. Die Gelder nämlich, welche die Regierung bisher gegen Pupillarsicher­­heit mit 6 pCt. verzinst hat, sollen zurückgenommen werden und den zukünftigen Bankfonds bilden. — Das Amtsblatt des Fürstentrums Serbien vom 9. (21.) März veröffentlicht einen Erlaß der Regierung, welcher, mit Rücksicht auf das in den Nachbarstaaten eingetretene Sinsen der Getreidepreise, das bisher beste­­hende Getreideausfuhrserbout aufhebt. Eine bavische Gesellschaft für Tabak­produktion und Handel ist in Karlsruhe in der Bildung begriffen. Der Zied der Gesells­­chaft ist Kultur und Handel von Tabak im Badischen Oberlande, woselbst Der Boden als vorzüglich erprobt wurde. Das Grundkapital der Gesellschaft be­­steht aus 2 Millionen, eingetheilt in 4000 Stüf Aktien a 500 fl., wovon jedoch vorerst nur die Hälfte ausgegeben werden soll. Davon sind bereits 750.000 fl. von den Gründern und einigen größeren Kapitalisten fest über­­nommen und 25 Prozent werden für die öffentliche Substriktion im Lande res fersirt bleiben. Die ,B. B. 3." bringt eine Mittheilung aus einem B Pariser Han­­delsbrief, der von unterrichteter Stelle kommt. Demselben zufolge würde die Dividende der Gesellschaft des Kredit Mobilier pr. 1856 aller Wahr­­scheinlichkeit nach die Summe von 95 Fr. nicht übersteigen, was also incl. der 25 Fr., die pr. 1. Semester bereits abschläglich gezahlt sind, einer Gesammtt­­dipidende von 110 Fr. entsprechen mw­rde. Börsen­ und Handelsnachrichten. * Wien, 1. April. Bei recht belebtem Geschäft und für Kreditartien sehr günstiger Stimmung stellten sich an der gestrigen Abendbörse Kreditaftien 273% ,, Nordbahn 229, Staatsbahn 2463/,. Heute eröffnete die Börse eben­­falls sehr amimirt, Kreditak­ien mit 274 um bis 275 zu steigen. Meirerer Hohe Stand veranlaste jedoch namhafte Neuliftzungen, und bei beträchtlichen Umfäsen drühte sich der Kurs wieder auf 271—271­/,, um so zu verbleiben, Nord­­und Staatsbahn vernachlässigt, behaupteten ihren gestrigen Stand, Banfaftien etwas höher begehrt, und von jungen Bahnen namentlich Theisbahn beliebt und zu weiter erhöhten Karsen stark umgefebt. Für Staatsefferten zeigte si im All­­gemeinen ebenfalls eine günstigere Meinung, welche etwas erhöhte Notizungen zur Folge hatte, Wechsel und Silber abermals etwas fester. Schlußfurfe: Kreditaktien 2711, Nordbahn 2281/ Kreitbahn 103%, Orientbahn 65%. = Staatsp. 2461, Paris, 31. März. Spätige Rente 70.50. 4Y,yCt. 92.25 ; Stantsp. 780; Credit Mobilier 1455 ; Lombarden 546 ; Franz-Josephsbahn 516; Arends IpCt. Rente 70.621; London, 31. März 3 Uhr. 3pEt. Konsols 937%. Frankfurt, 31. März. 4Y/,pCt. Metall, 694,5­5pCt. Metall. 791/,; 1854er Lore 104%/,; Wien 114; Banfaktien 1158; Nationalanleihe 81­/; Staatshahn 282; Kreditattien 190. Berlin, 31. März. 5pCt. freiwillige Anleihe 99/,; 5pCt. Metall. 809/9; 1854er Lore 1075 Wien 961; Nationalanl. 825/ 5 Staatshahn 160'/, ; Kreditartien 1871/9. Hamburg, 31. März. Nationalanleihe 82. Hamburg, 30. März. Getrei­demarkt: Weizen und Nog­­gen bleibt flau und file. Del flat Toto 32%, pro Frühjahr 324, pro Herbst 29,5 Kaffee sehr ruhig. Zint 1000 Ztr. Frühjahr 185/,. Amsterdam, 30. März. 1pCt. Spanier 24 °/,; 3pEt. Spanier 38 °/, ; 5pCt. Nuffen Stieglig 941; 5pEt. Rufen Stieglig de 1855 96/,; Sanne­burger Wechsel Turz 33 °/, 5 Holländische Integrale 63 °/,; Getreidemarkt: V Weizen in Roggen unverändert. Raps pro Frühjahr 891, nomis­iell, pro Herbst 76. Berlin, 31. März Weizen : Detailgeschäft zu Schwach behaupte­­ten Preisen, gelb IOpfd. fehler. 77 Ihe. bezahlt. Roggen Toto­geschäfte­ 108 wegen zu fester Forderung der Eigner für gute Waare. Termine. Anfangs zu etwas anziehenden Preisen gehandelt, schliegen matter. Nübel pr. März in Dedingen wesentlich Höher bezahlt. S Frühjahrstermin fest; Herbst matt bei ziemlich lebhaftem Geschär. Spiritus sehr fest auf gestrigem Werthe­ber haustet. Ta Tg

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