Pester Lloyd - Abendblatt, September 1858 (Jahrgang 5, nr. 199-221)
1858-09-13 / nr. 208
zxs K Handblatt des sdifters Lloyd. — .IJeII,1858.. Montag iz septema Ny 208 XSe.k.Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzhermosnyche Operalgouverneur sind am 9.d.M. Abendshalb 10 Uhr in Kaschau angelangt und nach Besichtigung der Ehrenkompagnie des k.k.Infanterieregiments Herzog von Nassau in der bischöflichen Residenz abgestiegen.Am 10.J.haben,wie das»Kasch.Runds.« weldch Sr.kain Hoheit das oberungarische Naturhlienkabinet mit höchst ihrer Gegenwart beglückt,und dem Komitee die höchste Zufriedenheit über die Anstalt ausgedrückt. .. .Politische Rundschau,13.Septemb.Der Sieg der Westmächte in China ist vollständig,in London ist der Vertrag Englands mit China bereits eingetroffen, und auch der gestrige»Moniteur«enthält eine Depesche des Baron Gros vom 7.Juli,wonach der zwischen Frankreich und China abgeschlossene Friedensvertrag von dem chinesischen Kaiser am 4.Juli ratifieirt worden ist. Diplomatische Agenten dürfen hiernach nebst öamiílie permanentín Ye tíng weilen. Die Bevollmächtigten der verbündezten Mächte sollten am 7. Juli Tientsin verlassen. Gleiczeitig wird aus London telegraphirt, daß Lord Elgin und Seymour bereits nach Japan abgereist sind! In Petersburg wird man mit den Erfungenschaften der Westmächte wenig zufrieden sein und sagt u. A. sehr bezeichnend : „Es ist Zeit, die Chinesen daran zu erinnern, daß sie an ihren nördlichen Grenzen einen tarfen Nachbar und beständigen Bundesgenossen baden.” Die Chinesen können dagegen freilich einwenden, daß thjat diese Bundesgenossenschaft bisher wenigstens noch theurer zu stehen kam, als die Feindschaft der Engländer und Franzosen sen getärkenden frage gehen und mehrere interessante Berichte zu : Jemand, der den in Paris mweilenden Palmerston fragte, ob er an die Möglichkeit einer Wiedergeburt der Türfei glaube, erhielt zur Antwort: „Gewiß glaube ich das, und dem Sultan fehlt weiter nichts, als daß man ihn seinem Schtefale überlaffe und ihn allein walten Yaffe. «Ich erinnere mich, fügte er. lächelnd hinzu, daß vor vielen Jahren ein Mann in einer der Straßen von London hinter mir her gelaufen kam, um mir anzufündigen, daß mein Sachtuch zur Tasche heraushinge.“ „Denn Sie es mir nicht herausziehen, wird es gewiß nicht herausfallen,“ antwortete ich dem Verbindlichen lächelnd, und dasselbe kann die Pforte ihren europäischen Freunden antiworten.” Oesterreich und England sind entschlossen, den Plänen Ruslands und Frankreichs in Betreff einer Gebietsvergrößerung Montenegro’3, welche nach einem Gericht dem Prinzen mantelo von Paris aus ausdrücklich zugesagt wäre, entschieden entgegenzutreten. Das Beharren der französischen Negierung auf dem von ihr in dieser Angelegenheit eingenommenen Stand- Hunt ergibt sich unter Anderem auch aus der in den legten Zagın slattgehabten abermaligen Vermehrung des vor Gravofa ankommenden französischen Geschwaders um einen Dampfasifo. Aus Konstantinopel vom 4. b. wird der „Er. 3." geschrieben : Die groß die Gewalt Riza Pardha’sif, dürfte Die Thatfadhe beweisen, bat er im Laufe dieser Mode selbst einen großherrlichen Befehl mit des Sultans eigener Unterschrift unbeachtet und unvollzogener. Eine hochgestellte Person hatte nämlich vom Sultan eine Anweisung für eine nicht unbedeutende Summe erhalten, welche der Finanzminister mit dem Bedeuten von sich wies, "daß zur Auszahlung die’ Autorisation ‚Niza Pascha’s unumgänglich erforderlich sei. Als matt nun diese Anweisung dem Seraskier und Großmeister der Artillerie vorlegte, rißer sie entzwet mit der Bemerkung, derartige Geschäfte hätten vorderhand noch gute Welle, Augenzeugen versichern, daß er sich im Salafte selbst und gegenüber den Schwiegerfahnen des Sultans noch weniger Zwang auflegt. Man behauptet sogar, daß es zwischen ihm und Si-Hamt Pafa zu Auftritten gekommen sei, welche nur dur die Dazwischenkunft des Großherrn selbst ihre Beilegung fanden. Auch stoischen ihm und den andern Schwiegersühnen soll es handgreifliche Demonstrationen abgelöst haben. Man fürchtet allgemein, dag Riza Pascha den vielen gegen ihn angesponnenen Intriguen bald unterliegen werde und dann eine um so fühlbarere Reaktion eintreten könne. Der Justizminister und noch vier hochgestellte Beamte sind zu Intendanten der fünf Sultaninen Mile, Tatme, Refte, Gemde und Muntre ernannt worden. Zum ersten Male seit dem Regierungsantritt des Sultans, werden hohe Staatswürdenträger mit einem solchen Amte betraut. Einen nicht unbedeutenden Schaden würde das Gouvernement gewiß erlitten haben, wenn der Plan einer auswärtigen Balshmüngerbande gelungen wäre, nahe an 2 Millionen falscher Karmes hier in Umlauf zu bringen. . Glücklicherweise wurde jedoch der Emissär dieser Verbrecherbande in der Person einer hübschen eleganten Dame, die ihrer Aussage nach einer moldauischen Fürstenfamilie angehörig, in dem Augenbli entdeckt, als dieselbe mit ihrem ergiebigen Handelsartikel den Fuß in die Stadt sehen wollte. Die Zollwächter, welche gegen die Schöne, obschon sie am Arme eines jungen Schiffslieutenants auf der Maut herrschten, Verdacht schöpfeten, untersuchten troß des bereits erhaltenen ergiebigen Barfchild die Koffer der hübschen Reisenden und fanden in denselben nicht weniger als 1,300,000 . Piafter in Yauter Schwanzigerfatmes. Eine weitere Summe von 120,000 Piaftern fand sie noch bei genauerer Prüfung der eleganten Toilette der Dame in ihrem — ‚Malakoff und in den Falbeln ihres Kleives und andere 40,000 Piafter fanten noch in einem dritten Berstede zum Bor fchein. Seinige Malakoffgeschichten spielen hier, überhaupt seit einiger Zeit eine tragisomische Rolle, indem sie bereits Einferderungen, Geldbußen und selbst Ehescheidungen veranlaßt haben. Drei der angesehensten Handelsfirmen versichern, daß sie allein in der kurzen Zeit, von fünf Moden nahe an 130.000 Ptatter für ordinäre Feuerwaffen eingenommen, und, daß sich diese Summe gewiß auf mehr als eine Million belaufe, wollte man alle nur in ihrer Straße gemachten Waffeneinläufe genau zusammenzählen. Und in der That kann es nicht geleugnet werden, daß einem nur halbwegs aufmerksamen Beobachter auf einem Spaziergange durch die Stadt in der kurzen Zeit von einer Viertelstunde zahlreiche waffentragende (wohlgemerkt dazu nicht befugte) Personen begegnen. Der langgehegte Wunsch der Bulgaren, einen nattionalen Klerus, zur Verwaltung ihrer religiösen Angelegenheiten eingefest zu willen, jgent wieder lebendiger als je erwacht zu sein, und man will Íriffen , daß er von ruffielder Seite sogar lebhafte Unterftüsung findet. Leider tragen die geistlichen Herren selbst dazu bei, die Opposition der Slawen, gegen die Griechen wachzuhalten. Die Synode sicherte den Griechen durch die Befigergreifung. Täamntilicher Erzbistümer, durch die Verwaltung zahlreicher und reich potischer Klöster unter der flavischen Bevölkerung der Türkei, eine so wichtige Stellung, me fse dem numerischen Verhältnisse ebenso wenig, als den Sympathien der Slawen entspricht. Seit dem Friedensvertrag von Kathardichi haben die morgenländischen Christen, vorzugsweise aber die Griechen, Gelegenheit gehabt, wahrzunehmen, daß das Protestionsrecht der orthodoxen Kirche in der Hand Rußlands zu einer zweischneidigen Waffe geworden, die je nach Umständen Freund und Feind bedroht. Frankreich kann weder selbst,noch läßt es Andere zur Ruhe kommen: So beabsichtigt eine französische Gesellschaft dben jetzt nichts weniger als sämmtliche belgische Blätter aus Haufen-Dieklerikale,,Emanzipation««ekkläryvaß sieähnlicherrschläge,wieder«,,Observatorik"erhalten,sie abers«natürlicher Weise«zurückgewiesen habe3 das in nahezu 152000 Exemplaren verbreitete Tagblatt,,L’Etoile Belge«hat« sich ehrenhafter Weise gleichfalls nicht verkaufen wollen,so wenig wie ein ultrasklerikales Blatt,für das man gleichfalls «Napoleons«im Sacke hatte.—Dem Prester»Ocean«zufolge ist General Niel im Auftrage des Kaisers mit einermnfaffenden Arbeit über Erweiterung des Brester Kriegshafens und der Küstenbefestigungen beschäftigt. Dagegen hat das Testament Der Herzogin von Orleans in Paris große Sensation gemacht:, Die Trage, schreibt man, war : Verbieten oder nicht verbieten ? Der Kaiser selbst hat für die Zulassung entschieden, nur sollten die Stellen, welche eine „Schritts” des gegenwärtigen Regime’s: ent-halten,fortbleiben. . Die Herzogin rechnet auf die Zukunft, die ihren Söhnen die Rüdkehr in das „Konstitutionelle, feiner Würde und Freiheit wiedergegebene Frankreich“gestatten werde.: «Dies nennt man die Kritik, mit deren Nusschluß die Journale das Testament aufnehmen dürften. Einige ehrliebende Blätter verzichteten unter diesen Umständen auf den Abdruch;. ich, nenne „Debats” und „Liede”, sie enthalten das Aktenstüik weder gefälscht, noch mit der Kritik. „La Mrefjer hat die Vegiere gefunnhen und den Weberrest gebracht, die fremden Blätter, die das Affenftüd solständig enthielten, sind auf der PBost zurüdgeblieben. Die „Times sagt über das, Testament: Nachdem die Herzogin von Pflichten der Religion und der persönlichen Freundschaft nachgekommen ist, überträgt sie die politische Sendung, welche sie selbst empfangen, auf ihre Söhne. Sie will, dag nicht ein Titeldden von den Abnsprüchen, ‚welche sie jemals zu erheben berechtigt war, mit ihr absterbe, und sie sendet den Grafen von Paris als Prätendenten auf den Thron Sraafreiche in die Welt, als Prätendenten in ebenso vollem Sinne des Wortes, wie James III. und Hinz Edward Stuart ein Prätendent auf den Thron der britischen Insel,war. Wie weit es Pflicht sein kann, solche Ansprüche aufrecht zu halten, das hängt hauptsächlich von ihren Aussichten auf Erfolg ab. Frieden und Ordnung schweben ohne Zweifel in einiger Gefahr durch das Bordanvenfetn von Prätendenten, die nichts zu thun haben als Nänte zu sehmieden, Mißvergnügten ihr Willkommen zuzurufen, und überhaupt, der bestehenden Ordnung so viel Unheil als möglich zuzufügen. Hier zu Lande ist man beinahe dahin gelangt, einen Prätendenten einfach als eine Landplage anzusehen. Aber England ist nicht Frankreich. Ereignisse gleich denen, welche die Geschichte Frankreichs in den lesten zehn Jahren bilden, könnten sich bei uns unmögli) begeben, und ein Kaiserthum der napoleonischen oder römischen Gattung würde nirgends, wo das zu regierende Bt aus zehn Engländern besteht, einen Tag lang íte halten künnen. Moral und Wahrheit und alles was mit dem allgemeinen Begriff „Ordnung“ bezeichnet wird, befssen bet uns Bürgschaften, die in Frankreich unbekannt sind oder wenigstens feinen politischen Fuß gefaßt haben. Es wäre daher einfach impertinent ein Berfahren zu Fritisiren, von dem bet uns Feine Rede sein könnte. Die Herzogin von Orleans hat nur gethan, was Tranfresh von ihr erwartete, und sie mürde, die Achtung ihrer Feinde, wie ihrer Freunde verwirft haben, wenn sie der anvertrauten Sendung untreu geworden wäre und ihre Söhne der Aufrechthaltung ihrer Prätentionen entbunden hätte. Der Kaiser wäre der lechte Mann, eine solche politische Selbstverleugnung zu erwarten. Es gebärt zur Sache, und wenn man es recht bei Licht betrachtet, ite im Interesse Frank reiche. Welche Schranken hat: der Kaiser *, Die Geseke sind Feine Schranken für ihn, denn er macht sie selbst. Die Armee ist feine Schranke für ihn, denn er kommandirt sie ; die Meinung nicht, denn er zenfirt sie 5. das Bot von Brankfreich nicht, denn er hat die Stimmen von 7 Millionen in der Tasche. Nur durch Prätendenten und nebenbuhlende Dynastien wird er in Schranken gehalten. Sollte er seiner Pflichten, denn auch das Kaiserreich hat dergleichen — uneingedent werden, so tritt ihm überall das sehr edenvolle Bild fürstlicher Vortrefflichkeit in der Person eines Orleans oder eines alten Bourbon entge h - j- « ---«J«—J-LÅ« stb