Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1858 (Jahrgang 5, nr. 224-249)

1858-10-22 / nr. 242

4 freitag, 22. Oktober. Az. 242, Per. 1858.­­­­­ bendblatt des Beiter Lloyd.­­­ ­­lichen Altes tief ergriffen. Skräftig erhob sich aber die Sprache­öffnung des preußischen Landtages, am 20. b. fand, wie die uns heute vorliegenden Detail­­berichte aus Berlin melden, mit großer Feierlichkeit statt : Ein feierlicher Gottesdienst im Dom und in der Katholi­­ken St. Hedwigskirche, welchem die Mitglieder­­ beider Häuser je nach ihrem Glaubensbefeintriffe beimwohnten, leitete die Feier ein, von 111. Upr­an füllte si der Schloßhof mit Equipagen und der weiße Saal mit einer glänzenden Versammlung, welche besonders durch die­ Pracht und die Mannigfaltigkeit der zahl­­reichen Uniformen ein bewegtes Bild darbot. Außer den Mit­­gliedern, beider Häuser des Landtages waren auf besondere Ver­anlafung auch f­ämmtliche hiesige Generale und die königlichen Räthe erster Klarek im Saale anwesend. Gegen 12 Uhr erschienen ihre königlichen Hoheiten die Frau Prinzessin Friedrich Wilhelm sowie die Frau Prinzessin Iriep und Karl und nahmen in der Mittell­oge der großen Hoftribüne Plab. In den Seitenlogen hatten sich zahlreiche Personen aus dem Gefolge der hohen Herrschaften, sowie aus den küniglichen und prinzlichen Hofstaaten eingefunden, während die gegenüberl­iegende Tribune von den Mitgliedern des diplomatischen Korps, vielen­ Hofgestellten Militärs und Beamten, sowie von zahlrei­­chen anderen mit Einlasfarten versehenen Personen dicht belegt war. Um 12 Uhr traten­ die Königlichen Staatsminister, ein und stellten sich links vom Throne auf. Bald­ darauf erfehlen­de, königliche Hoheit der Prinzregent in Generalsuni­­form mit dem Bande des Hohen Ordens vom scwarzen Adler, gefolgt von den Königlichen Prinzen. Während die königlichen Prinzen sich zur Rechten des T­­rones­ aufstellten, stieg d­ie, Königliche Hoheit der­ Prinz-Regent die Stufen des Thrones hinan, nahm rechts neben demselben Stellung und verlag, den Helm in der Hand, mit lauter,, Hangvoller Stimme folgende von dem Ministerpräsidenten Hüchst demselben überreichte Er­­öffnungsrede :­n Erlauchte, edle und Liebe Herren von beiden Häusern des Landtages ! Ini tiefer und schmerzlicher Bewegung , aber mit fester Zuversicht, trete Sch in Ihre Mitte. Das schwere Leid, welches selt Jahresfrist unseren Allergnädigsten König und Herrn ge­troffen hat, ist, ungeachtet der Inbrünstigen Gebete Seines treuen Bolfes, nach dem unerforsehlichen Willen des allmächtigen Len­­ters unserer Gefdide noch nicht von Ihm gewichen. Mein königlicher Bruder hat sich Demzufolge, und da von den Nerzten ein längerer Aufenthalt im Auslande für nothwendig erachtet worden ist, bewogen gefunden, sich zur Uebernahme der Re­­gentschaft aufzufordern, bis ihm dur­ Gottes Gnade gestattet sein wird, das Königliche Amt Allerhöchst selbst wieder auszu­­üben, was Meine Wünsche und Gebete — bef­fft Gott Mein Zeuge — unablässig erflehen. Daß des Königs Majestät Aller­­höchst selbst in Ihrer Weisheit und Bürsorge für das Landeswohl Mich zur Uebernahme der Negentschaft berufen haben, das gereicht Mir zur besonderen Beruhigung. In Befolgung dieser Allerhöchsten Willensäußerung habe Ich mit Nacsicht auf die thatsächlich bestehenden Umstände und die Landesgefeg­­e den Borschristen die schwere Hast und Verantwortlichkeit der Regentschaft auf Diich genommen, die ernsten Willens, ferner­­weit Dasjenige zu thun, was Die Landesverfassung und die Gefege von Mir erheirschen. Ich erwarte von Ihnen, Meine Herren , dad Ste Ihrerseits das Gleiche thun werden. Es werben Ihnen mittelst einer besonderen Botschaft in vereinigter Sigung beider Häuser die Dokumente, welche sich auf die Re­gentschaft beziehen, vorgelegt und es wird ihnen auf Berlan­­gen jede sonst noch etwa nöthige Auskunft ertheilt werden, Meine Herren ! Se trüber im Hinblick auf den fortdauernden Krankheitszustand unseres Königs und Herrn die Gegenwart Aft, um so höher lassen Ste uns die Fahne Preußens in gewissen­­hafter Pflichterfüllung , in gegenseitigem Vertrauen und in Einigkeit tragen. Mit dem Rufe, der sonst in diesem Saale so freudig erichallte, fehliege Ich diese feierliche Handlung, mit dem Rufe: ES sehe der König ! Der hohe Redner erfolten besonders zu Anfang­ des feter­ bei der­ Stelle , welche die ernste Willensmeinung darlegt , fer­­ner unweit dasjenige zu thun , was die Landesverfassung und die Gefege von dem Negenten erheirschen,, und die Erwartung aus­­spricht‘, Daß auch die Landesvertretung ihrerseits das Gleiche thun werde. Mit verstärktem Nachdruck betonte der Prinz dann die Aufforderung zum Hochhalten der Fahne Preußens in ge­wissenhafter Pflichterfüllung und gegenseitigem Vertrauen und in Einigkeit und schloß mit einem weithin tönenden Lebebochruf auf Se, Majestät den König, welchen die V­ersammlung begei­­stert dreimal wiederholte. Sobald die Subelrufe verklungen waren, brachte der seitherige Präsident des Herrenhauses, Fürst von Hohenlohe, ein tebelhod auf Ge. Tünigl, Hoheit den Prinzregenten aus, in welches Die Bersammlung ebenfalls drei­­mal mit großem Enthusiasmus einstimmte. Hierauf erklärte der Herr Ministerpräsident den Landtag für eröffnet, worauf der Prinzregent und die königlichen Prinzen unter dem ehr­­furchtssch­en Gruß der Versammelten sich entfernten. Die englische Korrespondenz vom 18. d. meldet: Folgende Skizze aus dem Leben des Hofes in Balmoral entnehmen wir dem „Court Journal” : Der Ball, den die Königin den Dienern, Dienerinen und Burschen in Balmoral gab, it­ein Zeit, wie es sonst in England nicht weiter vorkommt, da die Königin bei diesem Feste (alljährlich­ aufs ungezwungenste sich unter ihre bescheidenen­ Säfte mischte, und nicht blog formell einen Rundgang um den Ballsan­ machte. Dem Beispiele der Monarchin folgt natürlich der ganze Hof, und Lords und Gentlemen fordern ganz ungezwungen die Mägde des Hauses zum Tanze auf, und drehen sich mit diesen so luftig und beharrlic im Kreise, daß die Meisten unserer schmächtigen Salonherren die Augen aufreißen würden, wenn sie die Ehre hätten, dabei sein zu können. Prinz Alfred vergnügte sich aufs Gründ­­lichste, indem er mit einer drallen Magd durch­ die Reihen der Z Tanzenden flog, und auch der jüngere Prinz Arthur hatte schon einigen der Dienerinen seine besondere Gunst zugewendet. Der Prinz Gemahl und der Graf von Flandern begnü­gten sich mit dem bloßen Zusehen, dagegen überließ sich die Gräfin Persigny, am Arme des einen oder andern von den Prinzen oder von den Herren am Hofe, als muntere Französin ohne Rücbalt dem Vergnügen des Tanzes. Die Prinzen trugen alle Sochland- Kleidung, und es war ein gar fröhlicher Abend. Bei einem landwirthsgaftlichen Festmahl der „„ Western Cambridgeshire Agricultural Association“ in Sneesworth hielt der Centreadmiral Earl of H­ardwide eine Tafel­­rede, in der er sich sehr pessimistisch über den Stand der en­gl­­ichen Kriegsflotte und die englische Seemächtig­­keit überhaupt ausließ. Lord Hardwide is Tory , und als Seemann von Sach und Standesinteresse findet er sein Marine­budget groß genug; trosdem werden seine Bemerkungen auffal­­len, um so mehr als sie mit einer Empfehlung des alten M­a­­trosenpfeffens schließen, und als der Mann, von dem sie kommen, an der Spibe der königlichen Kommission über die Bemannungsfrage steht. Lord Hardwicke sagte im Wesentlichen : Die britische Kriegsflotte befindet si in einem Zustande, in welchem sie sich zur Zei unserer Väter nie befunden; und obgleich derselbe zu beklagen ist, entspringt er doch aus seiner Bernanplästigung seitens der Regierung, sondern aus den täg­­lichen­­ Verbesserungen, welche Kunst und Wissenschaft einführen. Die Erfindung des Dampfes hat im Seewesen der ganzen Welt gleichsam tabula rasa gemacht und alle Staaten gezwun­­gen, in der Marine von vorn anzufangen. Das­ Segelschiff kann man als Kriegswerkzeug für ausgestrichen ansehen. Ich muß es aussprechen und Ihnen einprägen, daß unsere Marine schwäcer als jemals, gewiß absolut sch­wächer, als die einiger uns nahe liegenden Großmächte ist; und „obgleich, die vom Parlament­­ bewilligten Summen groß seinen mögen, müßt Ihr doch noch viel tiefer in die Tasche greifen, damit die Ne­gierung fidh regen Tünne. Diejenigen, die an der Soige des Seewesens stehen, sind nicht ganz mit fich einig, wie die Staats­­gelder am zweckmäßigsten zu verausgaben sind, denn so rasch ist der Fortschritt der Wissenschaft und so veränderlich Die An­­sight der Erfinder, daß Kaum ein halbes Jahr ohne irgend eine Politische Rundschau, 22. OOktober. Die Er­­­­n _

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