Pester Lloyd - Abendblatt, August 1859 (Jahrgang 6, nr. 165-189)
1859-08-03 / nr. 167
(Die einzelne Nummer Eoftet 3 Er, 5.8.) Bet, 1859. andblatt as Pester Lloyd. Mithvod, 3. August. Ar. 167. Politische Rundfehan, 3. August, Man traut dem Ranpfrieden nicht! Der Friedensartikel Des „Moniteur” hat merkwürdigerweise in Paris weniger gläubige Xefer gefunden wie in London, wo man fs allerdings Höflichkeitshalber den Anschein gab, in die friedlichen Betheuerungen des bonapart ftischen Hoforganes einiges Vertrauen zu geben. Dafür sprechen aber fast sämmtliche Pariser S Korrespondenzen laut ihren Unglauben aus : Die legten Erklärungen im englischen Unterhaufe — sagt der Pariser Korrespondent der „N. 3." — haben Feineimwegs die aufs Neue drohenden Berwidelungen beseitigt, Der Kaiser der Franzosen Lied im „Moniteur” erklären, Daß er seine Armee und Flotte auf den Friedensfuß zurückführen werde, und in London erklärt man, Daß er mehl daran thut, daß England aber seine Rüstungen fortlegen müsse, um seine Streitkräfte zu Lande und zur See eben nur auf den Friedengfuß zu bringen. In Paris konnte man si bei der jenseits des Kanals herriehenden Stimmung auf seine andere Antwort gefaßt machen, und es fragt sich nun, ‚welche Stellung Louis Napoleon diesem Auftreten gegenüber einnehmen und, ob es ihm gelingen wird, die Lage der Dinge so zu gestalten, daß er vor der öffentlichen Meinung, die er als sein Tribunal anruft, wieder als der Beleidigte und Angegriffene erscheinen kann. Im Augendlich feinen die Pläne des Kaisers auf große Schwierigkeiten zu stoßen. England, obgleich Lord Palmerston dort jegt das große Wort führt und es einen sc&hülerhaften Minister des Aeußern besigt, ist auf seiner Hut. Rußland scheint Frankreich aufgegeben zu haben, seit dieses sich mit Oesterreich verföhnte, und Preußen ficht fett dem Frieden von Villafranca seinen Rüden und seine Küsten gedecht. In der Schweiz herrschen Besorgnisse; in Belgien denft man an die Vermehrung der Wertungswerte von Antwerpen und in Spanien führt man eine ‚Sprache, ähnlich der der englischen Blätter. Es bleibt also nur Oesterreich übrig und 1813 beweist, daß man in Paris sich nicht zu sehr auf Wien verlassen kann. Der Schüßling Frankreichs, für den es so viel Blut und Gut bergab, steht im Ganzen nicht in dem Rufe der Treue, und würde ohnehin bei einem französisch-österreichischen Bündnisse nothunwendig auf die Seite der Gegner hinübergedrängt Sp ft die Lage. Louis Napoleon scheint selbst ihre Gefährlichkeit einzusehen. von den 500 Millionen, die fett dem Italienischen Kriege votirt wurden, sind noch 200 übrig. Der Staatsrath, darum befragt, ob man dieselben für öffentliche Bauten verwenden könne, antwortete, daß dieses unstatthaft sei, Da sie durch ein Gefek für die Land- und Seearmee bewilligt worden seien und deshalb nur durch ein Gefeg eine andere Bestimmung erhalten könnten. Der Kaiser beschlof barber, sie für die Verbesserung, des Materials der Flotte und des Heeres zu verivenden. Dies fleht nicht nach Entwaffnung aus, und es fragt sich fest nur, ob Louis Napoleon Mittel und Wege findet, um das Weg zu zerreißen, in dem er sich in Billafranca fing. Die öffentliche Stimmung in Paris is immer noch eine sehr gereizte, Hohen Ortes glaubt man, das die Feste vom 15. August, dei Olanz und Pomp, den man bei dieser Gelegenheit entfalten will, die Pariser verführen werden. Möglich ist es, denn die Bewohner der Seinestadt geben die Schauspiele noch mehr als die alten Römer. In ähnlicher Weise äußert sich der Pariser SKorrespondent der "D. A. 3." : Der Artikel im „Montteur”, der melden die Verminderung der französischen Streitmacht zu Wasser und zu Lande auf den Friedensfuß der beunruhigten friedensbedürftigen Welt zugesichert wird und der von den englischen Sournalen freundlich begrüßt wurde, fand Hier eine fahle, zurückhaltende Aufnahme.Selbst die außerordentliche Leichtgläubigkeit der Srangofen ist in Bezug auf die Vereicherungen des „Montteur“ dur die vielerlei Erfahrungen erschüttert , und wenn der „Konstitutionner“ ich also vernehmen läßt: „Man weiß hier, daß das Kaiserliche Wort Fein ettles Wort sei; man weiß, daß es hält, was es verspricht, und für ung hat das Programm von Bordeaux seinen vollen Werth behalten : das Kaiserreich ist immer der Friede!” fort man versucht, es für Ironie zu nehmen; und id kann Ihnen versichern, das diese Worte dur ihre Kühnheit Auffehen gemacht haben. Denn den mir zugehenden Andeutungen Glauben beizumessenist, hätte der Lenker der französisen Nation wichtige Gründe, die Töne seiner Politik sanfter erklingen zu lassen und sich Europa gegenüber etwas schmiegsamer zu zeigen, als er nach der Unterzeichnung der Friedenspräliminarten von Billafranca zu thun geronnen sein mochte. Nicht nur zeigt sich in Frankreich ein heftiges Widerstreben gegen die Fortlegung deg Krte gerischen Gebarens, sondern Die Berichte aus allen Theilen Europas zeigen ‚die Gesellschaft in den Höhen mie in den Tiefen aufgeschredt, zum mächtigen Widerstande gegen drohende Ereignisse bereit, England 309 am lauterten die Sturmglocke und fing an, nicht nur in seinen Häfen und Arsenalen, sondern auch in den europäischen aus allen Kräften zu arbeiten. Da fich die russische Freundschaft für Frankreich infolge des Abkommens von CBillafranca, Durch welches sich die unbetheiligten Großmächte von Europa ein wenig zurücgefest fühlen müssen, und noch aus andern Gründen ein wenig abgekühlt zeigte, fing man in Paris an zu fürchten, daß die Politik des Kaisers Nikolaus, melche von Sir H. Seymour zurückgewiesen worden war, wieder etwas verändert in Aufnahme gebracht werden und daß sich aus all den Elementen eine russische englisch-preußische Allianz, folglich eine Gefahr für Brankreich herausbilden könnte. Das Gericht von einer Reise des Kaisers nach Osborne erhält sich; ja man versichert sogar, daß bereits ein Schwarm von Sicherheitsagenten über den Kanal gesdidt wurde, um alles Störende von dem Wege des hohen Besuchers fernzuhalten, Ob der Kaiser Napoleon wohl im Stande sein wird, den Argmwohn Englands zu überwinden ? Die „Aut. Korresp.” schreibt : Der. E. französische Geschäftsträgr Marquis de Banpville hatte bis fest seine Audienz. Die Gerüchte, versehle habe ein Handschreiben ds Kaisers Napoleon an Se. M. Kaiser Franz Joseph überbracht, erweisen sich sanach als unbegründet. Herr dr. Banpille vermeilt überhaupt nur vorerst als Privatmann in Wien, und beschränkt seine Thätige teit auf Besuche, die er dem Herrn Minister des Neußern Grafen 9. Medlberg abstattet, um sich, wie es Heißt, über die Kongreßfrage zu besprechen. Eine Turiner Korrespondenz der "N. 3." vom 28. Juli ist dur einige interessante Aufschlüffe bei merfengwerth. Es Heißt daselbst : Graf Desambrots if vorgeftern nach Paris abgereist , um, so beißt es, dort seine Instruktionen zu vervoltändigen, da man ihm von hier aus keine anderen als die einsanften Bollmachten, den Frieden nach den schon bekannten Bedingungen zu unterzeichnen, geben fann und will. Ob Sardinien in Züri noch etwas über diese Bedingungen hinaus erlangen, oder ob es namentlich gendmigt sein wird , einen größeren eher kleineren Antheil der österreichischen Staatsschuld auf sich zu nehmen, das sind Fragen, die wohl leichter in Paris als in Turin angebahnt werden können. Nach allen Anzeichen ist jedoch noch immer wenig oder gar nichts zu hof új