Pester Lloyd - Abendblatt, September 1859 (Jahrgang 6, nr. 190-214)

1859-09-26 / nr. 210

.­ a­ar Montag, 26. Sept. Nr. 210. (Die einzelne Nummer Fostet 3 Er. 5.%.) Abendblatt as Pester? Telegraph. Depefchend. „Pefter Lioyd.“ Wien, 26. September, Ein aller­behrtes H­andschreiben feßt eine Immediatkommission mit legisla­­ctiven Vollmachten ein. Dieselbe hat für um­­fassende Reformen bezüglich des Systems Direkter Besteuerung zu sorgen. Mit dem Borfike der Kommission ist Graf Hartig mit der Leitung Sektionschef Kalbhberg, betraut. Die Mitglieder ge­­hören zumeist den Steuerpflichtigen der ver­­schiedenen Kronländer an; für Ungarn werden die Grafen Georg Andraffy und Georg Festeti­cs den Berathungen bei­­gezogen. Hüric, 25. September. Gestern und vorgestern haben Konferenzen zwischen den Österreichischen und französischen Bevoll­­­mächigten stattgefunden., Mailand, 24. September, Viktor Emmanuelle hat den Deputirten der Romagna ungefähr dieselbe Antwort ertheilt, wie den Deputationen aus Toskana, Parma und Modena. Der König drückt zwar seine unverbrüchliche Achtung vor der Kirche aus. Doch wird von ihm auch die Gemeinsam-­keit der italienischen Sache in ziemlich sehrof­­fer Weise accentuirt. „ wPolitische Rundschau, 26. September. Die Zürihher Konferenzen naben ihrem Ende, der Kongreß is in Bildung begriffen. Das ist die Effeng der heutigen Siituation. Der Pariser Korrespon­­dent eines rheinischen Blattes bemerkt zum Detail der Situation: Die Punkte, welche das öfterreichige Kabi­net auf Grund der diesseitigen Vorstellungen und Anträge fonzeici­t hat, sind folgende: Ausflug der Restauration der Herzöge durch die Waffen; Inkompetenz der Züricher Konfe­­renz in Betreff der Herzogthü­mer und der eventuellen Organi­­sation des italienischen Bundes, und daraus herum­gehend Abschluß des Friedensvertrages in Zürich unter Vorbehalt der legigenannten Fragen ; Weberweisung eben dieser Fragen an einen Kongreß, dessen Bafen entweder durch die gegenwärtig in Blarung schwebenden­ Verhandlungen oder, im Falle des Scheiterns Der leßteren, durch eine direkte Zusammenkunft zwischen den beiden Kaisern vereinbart werden sallen. Auch der Kongreß scheint Fortschritte gemacht zu haben, Indem man ih bereits mit dessen Vereinigungsorte beschäftigt, als welcher mit großer Bestimmtheit Brüsfel genannt wird. Es bestätigt si, daß die Bevollmächtigten Frankreichs und Oesterreichs in Zürich allein den Friedensvertrag unterzeichnen werden. Oester­­reich wird in demselben Frankreich die Lombardei abtreten. Weiteren Berichten entnehmen wir: Der König von Belgien ist von Biaring nach Genf gereist; swischen England und Frankreich seeint eine Eini­­gung in nicht gewonnen zu sein. Der Papst hat erklärt, würde ein Protestation an die ganze katholische Christen­­heit erlassen, wenn Der König sich nicht entschieden gegen die Einverleibung ausliege Bitter Emanuel Dagegen fährt in seiner bisherigen Weise fort : Turtiner Briefe sagen aus : Als der König die Deputationen von Parma und Modena empfing, unter­­hielt er sich längere Zeit mit denselben. Unter Anderem sprach er von der Nothiwendigkeit, Die italienische Armee zu veriar­­fen und zu entwickeln: „Es ist nicht unmöglich fügte er hinzu, Daß die augenblickliche, noch immer schwierige Lage uns verpflichtet, neuerdings das Schwert zu ziehen; in diesem Tale rechne ich auf die Unterfrügung aller: Derjenigen, welche meine Regierung proflamirten,’ — Dem General ©­a­­rtbaldt hat der König unlängst einen von ihm selbst im Yarke von Racconigt erlegten Dambirsh zum Geldenfe ge­­sandt. — Der „I­ndipendente” hält die Nachricht für wohlbe­­gründet, daß der Diktator Farint gefonnen sei, den Titel: „Regent der Herzogthümer für den König Viktor Emanuel“ anzunehmen. — Die „Bandiera d’Italia“ hat das Regno V Italia trop Villafranca und Zürich bereits fonstitutzt. Sie veröffentlicht unter dieser Rubrik ihre italienischen Notizen. Aus Mailand wird berichtet: An der Grenze zwischen Catolica und dem Po sollen Befestigungen errichtet werden. Das frühere Nationalgardekommando, an dessen Seite Herr Prinetti fand, sol gegen eine, „von mehreren ausgezeichneten und verdienstvollen Bürgern” an die Regierung gerichtete Petition gerichtliche Klage eine geleitet und dieselbe als einen Ausfluß „österreichischer Rent­­tion“ bezeichnet haben. In Mittelital­ien macht die Bewegung noch immer Fortschritte : "Le Parma hat Farint, gleich wie in Modena, die fardinische Berfassung, — in Modena zugleich den fardi­­nischen Straffoder veröffentlichen Taffen. — Der Diktator Far­rint hatte in seiner Darstellung der bourbonischen Herrschaft in Parma die angeblich neutrale Haltung der Herzogin in Zweifel gezogen. Hiergegen hatten die Freunde der legteren mehrfache Verwahrungen eingelegt. Far­rint hat jeit aus den Aftenfunden im Archiv zu Parma eine ähnlige Sammlung zusammenstellen lassen, wie früher in Mos­dena. Ihre Veröffentlichung beginnt in den neuesten Nummern der offiziellen , Gazz. di Parma.” Sonderbarer Weise ist bei der Flucht der Herzogin die verfängliche Korrespondenz; nach Wien und Paris nicht vernichtet worden. Wie die „Sindep,” mittheilt, ergibt sich aus diesen Aftenfunden, daß in den Briefen nach Wien, — die, wie zu beachten, na­ch der an Sardinien abgegebenen Neutralitätserklärung der Herzogin-Regentin ge­­schrieben wurden — die österreichische Regierung alle möglichen Mittheilungen Über Die Bewegungen der sardinischen Armee und Anweisungen, wie dieselbe an­­reichtesten auf’s Haupt zu schlagen sei, empfing. Die Korrespondenz der Herzogin nach Hartz war an Herrn ihr adressirt, und in diesen Briefen wird der Kaiser Napoleon unter Anderm als „Wehrwolf“ (ogre) und als „der größte Tartüffe der Neuzeit“ (le plus grand tartufe des temps modernes) bezeichnet. Berichte aus Florenz vom 22. melden : Am 18. in der Kommissär Vignet aus Piemont eingetroffen, um mit der toskanischen und den Übrigen revolutionären Regierungen Mittelitaliens Verhandlungen zum Behufe der Zertstellung einer gemeinsamen Zoll-, Mal-, Gewicht und Münzeinheit zu eröffnen. — Auch beabsichtigt die florentinische Regierung den freien Ber­ehl von Personen, Briefen, Geld und Waaren in Zentralitalien zu sichern. — Heute ist der Jahrestag von Manin’s Tode in der Kirche di Santa Croce feierlich ber­gangen worden. Zwei Mitglieder des Ministeriums, die Na­­tionalgarde und Offiziere des Heeres wohnten der Beier bei. — Fürst Pontatomwart if gestern abgereiftt, — Bart der italienischen (und chinesischen) Trage noch ein Magist beharrt auf seiner Weigerung Rom zu verlassen und beruft fi auf Die Friedenspräaliminarien von Billafranca und die jüngste „„Montteur-Note, Die Reg­ierung in Bo­lo­gna hat die übrigen mittel-italienischen Regierungen aufge­­fordert, sofort zu Einem Staate zusammenzutreten und einen gemeinschaftlichen Regenten zu ernennen, der die Union im Namen Ritter Emanuel’s bis zur definitiven Austragung der italienischen Frage regiere. Die provisorische Negierung in Florenz hat auf diesen Borschlag nicht eingehen wollen, weil derselbe zu gefährlichen Konsequenzen führen könnte. In Toskana flieht man also sehr deutlich, Daß ein wichtiger Un­­terfchten zwischen der Tage in den Herzogthümern und der in den Legationen ist. In Rom hat Kardinal Antonelli für die Legationen eine Konsulta in Aussicht gestellt, welche beinahe­ so viele Rechte haben sol, als der — geistgebende Körper des kon­­stitutionellen französischen Kaiserreichs. — Die Herzogin von Berry wird in Rom erwartet. Sie hat eine ihrer Töchter mit dem Fürsten Martino verheirathet, der vom Hopfte zum Generaldirektor der römischen Posten bei dieser Gelegenheit ernannt wurde.­­ In Mailand war das Gerücht verbreitet, eine französische Division werde bald in die Romagna einladen. Aus Neapel bringen Genueser Blätter fortwährend die beunruhigendsten Berichte. In den Abruzzen namentlich herrsche die größte Aufregung und in Kalabrien nehme das Räuberwesen ungemein überhand. Die , Bandiera italiana‘ veröffentlicht folgende, wahrscheinlich übertriebene oder ganz erbichtete telegraphische Depesche aus Neapel, 14. September : So­eben trifft ein Telegramm aus Messina ein : Die Bevölkerung steht unter Waffen, die Zivil- und Militärbehör­­den haben sich in die Zitadelle zurü­ckgezogen, 15 Polizeisolda­­ten legen todt auf dem Plate. Aus Deutschland liegen interessante Mel­­dungen vor:Die Berathungen der Herren von Beust,v. Hügel und v.Schrenck in München sollen sich auf verschiedene Reformen der Bundeseinrich­­t­ungen beziehen,für welche Baiern,Sachsen und Württemberg im Einverständnis mit Oesterreich die Ini­­tiative ergreifen würden.Diese Anträge sollen sich sowohl auf die politische als auf die militärische Organisation des Bundes beziehen.In ersterer Beziehung soll die Errichtung eines Bundesgerichts,in militärischer Hinsicht die Einführung eines für alle Bundesstaaten gleichmäßigen Militärsystems und die Bestellung eines Bundesfeldherrn in Friedenszeiten vorgeschlagen werden. Die Motivirung soll in einer von den drei Regierungen zu erlassenden gemeinschaftlichen Note an allen ü­brigen Bundesregierungen erfolgen. Die Ausarbeitung der Note sol Herrn 9. d. Pfordten aufgetragen sein. Weiter heißt es, daß das Kontingent der Bundesstaaten auf 2 Perzent der Bevölkerung zu erhöhen sei. — Gleichzeitig liegt uns in der „NR. Pr..." die österreichtssche Note vor, welche unterm 4. b. an den österreichischen Bevollmäch­­tigten zu Dresden, Grafen Traun, der zugleich bei den herzoglich sächsischen Höfen accreditirt­if, abgesendet wurde und welche sich über die „nationale Partei“ und die Ber­­trebungen derselben um ein deutsches Parlament sc., na­­mentlich auch über die Antwort, die Se. Hoh. der Herz 309 von Koburg Gotha einer gothaischen Depu­z­tation ertheilt hat, welche ihm eine Adresse für solche „Bundesreformen“ überreichte, ausspricht. Die Depesche lautet: . ..°­­ „Unter den verschiedenen Parteiprogramm­en, welche in der jüngsten Zeit das Thema von der Um­gestaltung des deutsi­hen Bundes in einen parlamentarischen Bundesstaat unter Preußens Führung abgehandelt haben, war uns vor­ Kurzem eines aus dem Grunde aufgefallen, weil darin mit besonderer Schärfe die Forderung der Ausschließung Oester­­reichs aus dem neu­ zu Konstituirenden Deutschland ausgespro­­chen war. Sin deser zu Gotha veröffentlichten Erklärung: war in der That der Gedanke einer bekannten Partei, welche

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