Pester Lloyd - Abendblatt, März 1860 (Jahrgang 7, nr. 50-75)

1860-03-28 / nr. 73

m Mittwoch, 28. März. Nr. 78. = (Die einzelne Nummer Koftet 3 Er. ö. MI.) #­&e, Kaiserl, Hoheit der Herr Erzherzog­ Öouver­­nem Albrecht reife gestern Morgens von hier ab und wurde des Abends in Wien erwartet. — © e. Taif. Hoheit Herr Erzherzog Ferdinand Mar und Deffen durch. Iran Gemahlin find am 25. Abends auf dem FE, Tf. Kriegsdampfer „Elisabeth" in Gravola eingetroffen. Politische Rundschau, 28. März. Wir müs­­ten uns täuschen oder das „herzliche Einverständnis“ zwischen Sranfreich und England hat einen har­­ten Stoß erfahren. Nicht nur die Schweiz hat noch vor wenigen Wochen die „Lonfidentielle‘‘, aber nichtsdeftoweni­­ger auch offizielle Zusage erhalten, da­ im Falle der Cession die neutralisirten Provinzen Chablais und Fancigny ihr überlassen werden sollten; auch dem engli­­schen Kabinet warb noch Anfangs Feber­buch von fran­­zösischen Gesandten die Erklärung gegeben, da­ die neutralisirten savoyischen Gebiete nicht in Frankreich einver­­leibt werden sollten. Sonach begreift man den Berger voll­­kommen, den der Durch den „Moniteur“ vom 25. b. veröffent­­lichte piemontesisch-französische Vertrag über Die Abtretung Savoyens in Downing­ Street hervorbringen mußte, und Dent, Lord Ruffell in der Unterhausfisung vom 26. den ungeschwächten Anspruch gab. Ein uns heute vorliegen­­des Telegramm, — etwas ausführlicher als das im Mor­­genblatte mitgetheilte, — berichtet hierüber : Horsman findet es tadelnswert­, daßs die Re­­gierung das Parlament über die Annerton Savoyens nit informirt habe. Oesterreich, Savoyen und die Schweiz wür­­den dadurch zum Widerstande gegen die Einverleibung erl­äuthigt worden sein. Hierauf erwidert Lord Ruffell: Die Annerton Savoyens berühre zunächst die Neutralität der Schweiz, lestere habe die Unterfrügung­­ der übrigen Mächte angerufen, von denen mehrere wünschen, die Annexions­­frage vor einen Kongreß­ zu bringen. Das Verhal­­ten Napoleons in dieser Angelegenheit gebe An­­laß zu Mißtrauen­ z allein, die heftige Sprache des Parlaments hätte den Kaiser der Franzosen. in feinem Bort geben nicht gehindert ; die Einverleibung Savoyens , künne die,Kriegerische Nation der­ Franzosen zu andern ähbn­­nihen Fordberungen führen. Wir müsfen und daher nicht entfernt halten von den andern Nas­tionen Europa’s, wenn Fünfzig „derartige Tragen entstehen sollten, bereit sein, mit ihnen gemeinschaft­­lich“zu handeln,und freundschaftlich aber fest erklären, Daß, der Friede Europa’s, und dessen Arrangement für Eng­­land wichtig ; der örtebe aber nicht gesichert sei, wenn einer­­sests, fortwährend Befürchtungen und Zweifel über die An­­nex­on eines Landes erhoben , anderseits die Regierungen zum­ Behufe der Sicherung des Friedens Rechte und gegen­­seitige­ Grenzen respekteren sollen. Lord Manners droht seine volle Befriedigung. über die Auslassungen Lord Nuffell’s aus­, welche den Beweis für, die Rückkehr zu­ einer Politik liefern, von welcher England sich niemals hätte entfernen sollen. Und­ die „Zoimes" vom gestrigen Datum, — auf diese Aeußerungen des Parlaments Bezug nehmen­, — bewterft : Die Diskussion im Unterhause lafe seinen Ausweg zu jenen Kombinationen. Lord Ruffell habe das Ende des herzlichen Einverneh­mens mit Stanfreib angezeigt. So endet das Vertrauen auf den Handelsvertrag. Kaiser Napoleon wird die fritfie­­sten Interpretationen wollen, wir seien den Vertrag anders fommentirt. : „Erwachen wir! Sagen, wir Napoleon , wir sind getauft, unser Vertrauen geschwunden !* Ueber den­ Ton und die Bedeutung der legten nach Paris gesandten engalischen Note verlautet wo nichts Bestimmtes, dem „Nord“ schreibt man aus der­­­französischen­ Hauptstadt unterm 24. b. : Man suchte heute unsere finanzielle Welt zu beun­ru­­higen, indem man das Gerücht verbreitete, Lord Cowley habe Herrn Ihousenel eine Depesche Lord John Ruffell’s über­reicht, Die sich auf die Abtretung Savoyens und Nizga’s be­­zieht und in so lebhaften Ansprüchen abgefaßt ist, daß Herr­­ Thouvenel den englischen Botschafter aufforderte, sich mit seiner Regierung zu berathen, ehe viele Note dem Saiser mitgetheilt werde, die, wie der französische Minister hinzu­­fügte, danach sei, die Allianz zwischen beiden Rändern fr­eunstlicher Weise zu gefährden. Es Liegt, gelinde gesagt, viel­e Uebertreibung in tiefen Gerüchten. Die Antwort des engli­­schen Kabinets auf die Note des Herrn Thouvenel ist aller­­dings eingetroffen, sie enthält in Wahrheit Bemerkungen ge­­gen­ die territoriale Vergrößerung Trantreichs am Ab­­hange der Alpen, aber der Ton bdieser Dexerche weicht in feiner Weise von der freundschaftsien Sprache ab, welche die englischen Minister nicht aufgehört haben, in beiden Kammern über diese Trage zu führen, als sie die häufigen darauf bezüglichen Sinterpellationen beantworteten. Es ist daher sein Grund vorhanden, sich über die Deversche Lord Sohn Ruffel’s zu beunruhigen. Man­ thut indek­t gut, Dieser Auslegung Des Brüs­­feler Blattes sein besonderes Vertrauen zu scheifen; der Korrespondent hat eben die offiziöse Aufgabe zu beruhi­­gen und ihr sucht er nachzukommen. Andere seiner Pa­­riser Kollegen sind weit weniger beruhigt; sie berichten : Bei dem jüngsten Konzert in den Tuilerien­ hat der Ratiserkord Cromley in Gegenwart mehrerer anderer Diplomaten in auffallend heftigem Tune wegen der unauf­­hörlichen Interpellationen im Parlament zur Rede­ gestellt. Der Ansicht des Kaisers nach hätte eine festere Haltung des Ministeriums die Wiederkehr dieser Interpellationen abschnei­­den können. Gleichzeitig sol Graf B­ersigny Auftrag erhalten haben, zu erklären, daß, wenn Kinglafes Motion angenommen würde, dem Kaiser wohl nichts übrig bliebe, als seinen Botschafter abzuberufen. — Nach einer­­ anderen Version hätte Thom­enel in einer, an Persigny gerichteten Deposche erklärt, das fernere Interpellationen im englischen Parlamente wegen der fanoyischen Frage und die, damit ver­­knüpften Injurien gegen das Falferliche Gouvernement das Bü­ndnis zwischen England und, Frankreich, im höchsten Grade kompromittiren würden. Wie sehr England noch bis auf den rechten Tag bestrebt war, Die Annexion Savoyens hintanzuhalten, ersehen wir am besten aus dem hartnädigen Widerstande Cavour’s, der­ dabei gewiß dem Rathe und Sporn Eng­­lands folgte. Der Pariser Korrespondent der „Preuß. 3." schreibt nämlich am 24. b. : Graf Basour behauptete noch am Mittwoch, also an demselben Tage, an welchem der Kaiser die sanoyische Deputation empfing , daß die definitive Abtretung der Pro­­vinzen ohne Zuruliehung des Parlamentes eine Unmög­­tepfett sei. Der König , sagte er, hat Savoyen und Nizza nur unter der Bedingung eines Botums der Betheiligten beigegeben , und das Turiner Kabinet hat die allgemeine Abstimmung als den zu den französischen Institutionen am beten pasfenden Modus vorgeschlagen. Da nun der Kaiser die Bolfswam abgelehnt hat, so stelle ich fest die Nem "wahl des Parlaments als das geeignete Mittel , wo der nationalen Zustimmung dar. Herr Thnuvenel ant­wortete, der König habe die Provinzen bereits abgetre­­ten, mithin dürften sie seine Deputirten mehr ins Parlament bhiden. Der Fall gestaltet sich nun so, daß er vieleicht ein­­ig in der Geschichte dasteht. Die Wahlen finden bekanntlic morgen, den 25. statt. So bis dahin, also im Laufe des heutigen Tages, der­­ Vertrag nicht unterzeichnet, so haben Sayoyen und Nizza gleic­h allen anderen Provinzen Deyu­­tiite in das Parlament zu fchiden. Gefleh­t dies aber, so wäre die Ungerechtigkeit, die Vertreter dieser Länder nit an dem Botum über deren Schicsal Antheil nehmen zu lassen, beito, größer. Aus diesem Grunde ist bereits Dienstag­bene der Vertreter der politischen Abtheilung im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, Herr Benedetti, mit dem Projekt Des Vertrages nach Turin abgereist. Würde er diose sogleich unterzeichnet worden sein, so hätten die Sovopar­­den, morgen nicht mehr zu wählen gehabt. Der heutige Tag ist .also, der entfeidende. . (Ingwishen meldete uns der Te­­legraph , daß der Vertrag am 24. März unterzeichnet wore­den). Piemont beansprucht an eine nicht unbedeutende Geld-Entschädigung und stellt dabei folgenden Be­­itspunkt auf. Die Staatsschuld beläuft sich auf etwa eine Miliarde Franken. Da nun Savoyen und Nizza den fünf­­ten Theil der Monarchie ausmacht, so hätte Frankreich den fünften Theil­ der Staatsschuld, also 200 Milionen zu zahlen. Die französische Negierung sei dies etwas theuer gefunden und, wie ich glaube, 159 Millionen angeboten haben , bei denen die 60 Millionen, die Piemont Frankreich vom legten Kriege her schuldet, abgezogen werden. Die übrige Summe wir Stantrei in der weiteren Ablösung der piemontesischen Staatsschuld übernehmen. Der „Moniteur“ vom 25. ist uns heute zugegan­­gen, aber auch er bringt nur Die „Hauptbestimm­ungen" des Vertrages, — es muß wohl guter Grund Horkan­­den sein, den Wortlaut desselben noch zur Stunde zu verheimlichen. Hat Dob Viktor Emanuel der am 22. von ihm empfangenen Deputation der Stadt, Nizza, zu verstehen, gegeben, Daß man den Kaiser Napoleon m­it, besonders se­i nicht, vor den Kopf flogen dürfe, wo man vieleicht seiner nochmaligen Hilfe mehr denn je b­ewürfen werde !!. Sollte wer Bertrag nicht ein­ neues napoleonisches Beisprechen an den König enthalten? — Aus den Mittheilungen des „Moniteur“ haben wir nur Solgendes als Ergänzung nachzutragen: Art. 3, 4 und 5 des Vertrages: Gemischte Rom­­mmisionen werden Die Grenzen beider Staaten bestimmen nun beauftragt sein, die verfchiedenen zufälligen Fragen zu lösen, welche durch die Vereinigung entstehen. Art. 6. Die sardinischen Unterthanen savoyischer Absta­mmung und aus dem Bezirke von Nizza werden dur den Zeitraum eines Jahres das Recht geniehen, die Beibehaltung der sardini­­schen Rationalität zu reflamiren. Neuere Berichte aus Paris melden, daß bereits französische Truppen in Savoyen eingerüdt und dag der frühere Polizeiprüfer Bietri mit In­­kruptionen des Naisers nach Nizza gegangen. — Gegen­­über der Opposition, auf welche Diese Annerion bei den Großmächten im Allgemeinen fößt , fuht man in Paris Das Gerücht einer neuen Tripelallianz zwischen Stanfreich , Piemont und Rußland zu verbreiten und Hebt insbesondere hervor, Daß wer französische Gesandte in, ‚Petersburg fidh mit dem Fürsten Gortschatoff, — der wieder vollkommen hergestellt is, — über die politischen Hauptfragen, die an der Tagesordnung sind, verständigt Haben sol. Wir halten es jedenfalls für rathsam, erst die Bestätigung vieser Nachricht abzuwarten. Ueber die Feier der am 22. in Turin stattge­­fundenen Am­erioa Tostana’s berichten Tu­­­riner »Blätter : Um 1 Uhr kam Ricafotti hier an und wurde vom Synboifus und Munizipium der Stadt ebenso feierlich empfan­­gen wie Farini. Die Nationalgarde bildete vom Bahnhof bis nach den Albergo Trombetta, wohin der Weberbringer des

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