Pester Lloyd - Abendblatt, August 1861 (Jahrgang 8, nr. 175-199)

1861-08-07 / nr. 180

Mittwoch,7·August. Hr. ISO. Der, 1861. (Die einzelne N­ummer Eostet 3 Er, 5, WS) Mond | Troß des offiziellen Dementi’s , welches der Nach­richt von der Sift­tung der Steuererofuttion gege­­ben wurde, blieb unter Korrespondent dennoch bei seiner ersten Behauptung stehen. Gestern nach Mitternacht erhielten wir ein Telegramm, in welcher er dieselbe neuerdings, jedoch mit Dieses Telegramm, welches der einer Modifikation, bestätigt, vorgerückten Stunde halber nur noch in einem Theile unserer Morgenausgabe Aufnahme finden konnte, lautet : Die Einstellung der gemeindeweiten Steuererelution bis zum 15. September bestätigt fi. Bezügliche Ministerwersun­­gen an die Finanzbehörden Ungarns sind bereits abgegangen. Die Mairegel scheint sich jedoch auf das auf dem Felde ar­­beitende Handvoll zu beschränfen. Die Erelution in den Städ­­ten wird fortgefegt­. Meber die Verhandlungen, welche diesem Beschlusse vor­­angegangen , erhalten wir von unserem w.w. Korrespondenten ein interessantes Schreiben, das wir weiter unten folgen Lasen. Bezüglich der in der Schwebe gehaltenen Trage von der Einberufung des siebenbürgischen Land­­tag­s berichtet der Wiener Korrespondent des , Sargeny" : Als gewiß Kann ich erwähnen, daß Se. Ey. Baron Klemeny, Präsident der siebenbürger Hofkanzlei, mittelst allerhöchsten Handschreibens aufgefordert wurde, wegen Ein­­berufung des siebenbürgischen Landtags seine Borschläge zu unterbreiten ; als Termin dieser Unterbreitung wird im aller­­höchsten Handschreiben der 10. August anberaumt. Dem Ber­­nehmen nach wird Baron Remény bei dem­ gegenwärtigen Stand der Dinge die Einberufung des Landtages kaum län­­ger verm­eiden können. Die Schlußdebatte des Agramer Landtages über die königliche Proposition wegen Befoidung des Reichs­­rathes lieht uns nun in ihrer Ausführlichkeit vor, und wir lassen diefelde im Morgenblatte folgen. An dieser Stelle wollen wir einige von den Betracht­ungen hervorheben, melde der. „‚Nord’‘, der von jeher gewohnt ist, jeder Bewegung auf m Gebiete des Slavismus mit Interesse zu folgen, den Verhandlungen des Frontischen Landtages Über die Union mit Ungarn widmet. Nach einigen retrospektiven Bemerkungen äußert sich das Brüsseler Journal folgendermaßen : Bei den Berathungen Über die Vereinigung mit Ungarn wurden mehrere Projekte zur Sprache gebracht, welche wir hier nicht prüfen wollen. Wenn wir die Verhandlungen von einem höheren Gesichtspunkte aus betrachten, so finden wir, daß der Kampf zimifchen zwei schon seit Lange bestehenden Parteien geführt wird. Au­f der einen Seite stehen jene, die für die gegenwärtige Gefahr keine Augen haben. Ohne die schwere Bedeutung der jebigen Zustände zu würdigen, hegen sie Mißtrauen gegen die herrfshsüchtigen Tendenzen, welche die Ungarn leider in einer früheren Periode verfolgt haben; sie sehen den Feind nicht in Wien, sondern in Pet, und wollen ae fabelhafte alte_Kroatissche Erofreidh dur Einverleibung a ten­er Gebiete Deutschlands und der Türkei wieder her­­­­stellen‘ Welterzeugungstreu, aber einfettig und unprafrlsch in ihren Ansichten fielen diese Männer die extreme Partei dar, welche ehemals der bekannten Brochi­e : „Kroatien und der Italienische Bund’ ihren Belfad gespendet hat. Die andere Partei zählt einsichtsnol­ere und unweiter­­bilcdende Mitglieder ; für sie handelt es si­­egt nur um: eines : Desterreich zu unwiderstehen,, seine Absichten nicht zu unterstoßen, und die Unabhängigkeit des Landes zu bewahren. Diese Männer sind überzeugt, daß ihre Unteressen mit jenen Ungarns identisch sind; traurige Erfahrungen haben sie den Werth der Union shäben gelehrt. Ohne si um die Ten­­denzen zu künmern , welche die Ungarn in einer früheren, abgeschloffenen Zeit gehabt haben mögen, fragen sie ihre Geg­­ner : werden sechs Millionen Magyaren die neunzig Millionen Slaven zu unterdrücken vermögen ? Jene ersteren bilden Die alte, ek­lusiv Kroatische Partei, die mit Unwillen sieht, wie Europa dem Heldenkampf der Magyaren seinen Beifall zuruft; sie möchte gern den Un­­garn ihren Ruhm, ihre Helden und den Anspruch rauben, welchen sie auf den Danz der ganzen Christenheit haben ; in neidischer Erbitterung will sie die Welt überreden, daß Kroa­­tien Alles und Ungarn nichts gethan hat. Die anderen sind in unseren Augen die Partei des Fortschrittes, und Die e ht flasiische Partei. In ihrer Mederzeugung ist der Kampf nicht zwischen zwei vivalisirenden Königreichen, sondern zwischen zwei Racen, deren eine die andere unterdrücen will ; nicht eine Krone wollen sie retten, sondern ihr Leben und die Freiheit ihrer Kinder. Es sind die Deputirten dieser Farbe, welche durch die Drohungen und ungebührlichen Forderungen des Dan und der Agramer Repräsentanten aufs Aeußerste gebracht sich nach der stürmlichen Listing vom 13. Märt zurickäugen. Wir künnten nicht vorhersagen, wie die Ungarn d­ieses dunkle Dokument aufnehmen werden, heffen zweideutige Aus­­drücke alle Sinterpretationen zulassen, und heffen verwicelter und verfehlungener Gang mit der klaren und geraden Form der ungarischen Aporesse seltsam Kontrastirt. Mit Bedauern sehen wir eine Spaltung sich wiederholen, welche Ungarn und Kroa­­tien fatal war ín einer Epoche, deren Lehren man sehr schnell vergessen zu haben scheint ; und wir befragen es um so mehr, daß wir im Lager der Kroaten übertriebene Anforderungen konstatiren müssen, da die Ungarn mehr Toleranz und einen edlern Geist der Brübderlichkeit an den Tag gelegt haben. Wa­­rum hat man in Kroatien vergessen, daß einer der berü­hmte­­sten Patristen in Pet, B. EötvH8, die Bildung eines Spezialkomitee s verschlug und durchfegte, das aus Abgeord­­neten aller Nationalitäten zusammengefegt ist , und die Fra­­gen, welche Die vollständige Einigung der verschiedenen Racen Ide,­n und auf BFRERIE Weise Lösen sol­l Und wie onnte man auf einen 10 ausgezeichneten Beweis guten Willens mit beleidigenden und en De ac­hen antworten ? Kal könnten übrigens die Agramer Adresse nicht als den Ausdruck der Wünsche der Sídklaven betrachten ; wir sehen darin nur das Werk einer Partei, ein Manifest, das gar seine legale Sanftion hat und nur die Ideen einer Minorität repräsentirt, die ihre eigenen Reglements überseht ret­­ten mußte , um ihrem Botum den Schein der Autorität zu geben,Y dúr uns und für Ale, welche den Agramer Landtag aufm­erksam und unparteiisch verfolgten, sind nur Diejeni­­gen die Rep­räsentanten der südlichen Slawen, welche sich in der Sigung vom 13. Sult von den Uebrigen trennten se allein begreifen die Situation, und münschen wahrhaftig das Süd ihrer Kommittenten; sie allein haben begriffen, das es­ für die Slawen und die Ungarn sein Heil gibt,als in einer engenluion und im Betgeffen der Beschwerden, welche durch die Kalamitäten des Jahres 1849 verlöscht wurden und deren Andenken hervorzu­­rufen nur in Oesterreichs Interesse [egen Fönnte) (­ Gegen Franz Bulftys im , 9. N.” veröffent­­lichte, und auch von uns mitgetheilte „Briefe aus dem Exil“, :­­ . . in welchen Ungarn der Mann ertheilt wurde, sich nicht zu wie auf das Ausland zu verlassen,, hatten Baron N. Söftka und Johann Ludwigh die unseren Lesern bekannte Erklä­­rung erlassen. Pulpfy antwortet nun im heutigen , 9. N.’ mit folgender Gegenerklärung : Ich sehe, daß meine Schiefalsgenosfen Baron Nikolaus Söoftk­a und Johann Ludvigh gegen meine Ansichten über den Beruf der Emigration protestiren, und damit diesen Ansichten nicht eine übermäßige Bedeutung beigelegt werde, hielten sie es für nothwendig zu erklären, — ich weiß nicht, ob 6108 in ihrem eigenen Namen oder in höherem Auftrag, — daß das die Emigration repräsentirende und unter Kossuth’s Präsidium flehende Nationalkomits fett vorigem Sinner jede politische Verbindung mit mir abgebrochen habe. Ich habe kaum nöthig jenen, die mein politisches Leben selt 1836 fen­­nen, zu erklären, daß ich immer bereit war die Verantwort­­lichkeit für jede meiner Thaten, für jedes meiner Worte zu übernehmen, und daß ich niemals wünschte meinen Worten ein von jemand Anderem erborgtes Gewicht beizulegen. Ich glaube es auch, fest noch aus tiefster Ueberzeugung, daß es eine falsche Auffassung wäre, wollte die Emigration vom Ausland aus den Reichstag leiten, Parteien bilden, Personen verdächtigen, und ich bedaure sehr, daß ich Schefals genoffen habe, deren Ansicht eine abweichende if. Da aber meine zwei Brüffeler Schiefals genoffen, Die ihre Erklärung aus Brüffel und Turin datiren, obgleich die Turiner Unterschrift für diesmal weg­­blieb oder sich verspätete, auch die Thatsache anführen, daß zwischen mir und meinem alten Freund Koffuth eine solche Meinungsverschiedenheit besteht, welche unser zwölfjähriges Zusammenwirken unterbrach, so ist es nothunwendig, daß das ungarische Publikum wisse, was uns trennt. In kompromit­­tirende Details will ich mich nicht einfaffen, und darum sage ich nur furz, mein Programm ist : Deaf oder Gari­­baldt. Dieses Programm gefiel Koffuth nit, und mir trennten uns, ich habe indeß bisher seinen Grund gefunden, von meinen im Sänner ausgesprochenen Ansichten abzuweic­en, und darum erkläre ich auch jegt entschieden, daß ichh als Po- Hitlter auf Dest’3 Verstand und Herz vertraue; wenn aber der Kampf vom Gebiet der Ideen auf das der Tidaten Übertragen werden sollte, so wird das Vaterland mich unter dem andern Banner finden, und ich glaube, daß ich dort Softra, Rupdingh und meinen anderen Leidensgefährten begegnen werde, sind doch ihre Fähigkeiten und ihr Leben so wie das meine dem Vaterland geweiht. — Turin, am 30. Juli 1861. Die Berathungen über die Steuer­­erekution, oo Wien, 6. August. Die Unterhandlungen über die Suspendirung der Erekutionsmaßregel werden zwischen dem Grafen Borgach eiterseits, den Herren v. Schmerling und Plener andererseits schon seit acht Tagen geführt. Jegten Freitag brachte Graf Sorgag die Angelegenheit im vollen Ministerrathe zur Sprache. Herr v. Plener , hierauf vorbe­­reitet, legte in der zuvor kommendsten Welle die Gründe eble­ne einmal vor, welche er dem Hofkanzler fon in den Pri­­vatunterhandlungen entgegengehalten, ergänzte dieselben jedoch diesmal durch artenmäßige Belege. Aus diesen erhoffte, daß die große Masse der ungarischen Bevölkerung sich beeilte, die rudständigen Steuern abzutragen, daß der Herr Finanzmini­­ster im Monate alt den überwiegend größten Theil der laufenden Ausgaben aus den ungarischen Erträgnissen bestritt, wilde ih — im Monat Sult allein — auf sechs Millionen Gulden beliefen. Graf Sorgádb machte hingegen bemerkbar, daß die Kosten der Steuerevolation in seinem Verhältnisse zu ihrem Erträgnisse stehen mögen. Herr 9. PMener bezeichnete diese Ansicht als eine zwar allgemein verbreitete, jedoch bucht ttrige, indem er gleichfalls ziffermäßig nachwies, daß die Ko­­sten der Steuerevolation im Verhältnisse zu dem Ergebnisse nichts weniger als erheblich sind. Weiter wies Herr 9. Plener darauf hin, daß er in seinem Boranfárlage für August auf ungarische Einläufe im Betrage von vier Millionen gerechnet. Fiele diese Summe aus, so müßte er Dieselbe durch eine Kreditoperation erregen, Welpe den ohnehin bedrängten Finanzen das Opfer von

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