Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1861 (Jahrgang 8, nr. 225-251)

1861-10-19 / nr. 241

« "Samtag, 19 Oktober Nr.2­4. Den. 1861. (Die einzelne Nummer EFoftet 4 Br. ő. W.) Abendblatt des tp Der Obergespans-Stellvertreter , Herr Eduard b. Kapy, ist nach Wien abgereist. Einer uns verbürgten Aeußerung des Herrn Administrators zufolge bat er die Ab­­sicht, die ihm übertragene Würde niederzulegen, und hat sich eben zu diesem Zwecke nach Wien begeben. X. Wien, 18. Oktober, Was in Ihnen von Wie­­derherstellung des 1850er Progotifortiums geschrieben, ist hier vielfach kommentirt worden, und ich wie bethole heute, daß, wenn auch nicht,dieselbe Form, so doch jedenfalls derselbe Kern zu ge­wärtigen ist , ich weiß, daß in maßgebenden Kreis en derselbe Gedanke gehegt wird und eine einflußreiche Persönlichkeit äußerte bezüglich Ungarns: „Es wird binnen Kurzem Entscheidendes geschehen.” Doch ich darf bei der allgemeinen Angabe nicht flehen bleiben und glaube auch Über die Art berichten zu künnen, in welcher diese „Restauration“ wohl eintreten dürfte oder mindestens wie man sich dieselbe hier vorstellt. — Es ist entschieden, die Befru­­ttrung sol in Ungarn unter jeder Bedingung durchgeführt werden ; nach dem bisherigen Benehmen der Munizipien ist kaum anzunehmen, daß die zu diesem Umwede an sie erfol­­­—­gende Aufforderung irgend­welche Berücsichtigung finden werde, die Negreritta aber wird sich dadurch veranlagt sehen, die­­selben insgesammt auf­lösen und alfenthalben königliche Kom­missäre zu ernennen, Die, wie ns. "unaussehen läßt, Die ande­­ren Beamten­ wieder ernennen werden. "*+ diesen Akte hat die Selbstverwaltung ihr Ende erreicht, und wir stehen dort, wo uns der 29. Oktober 1860 getroffen. Möge die Zukunft mich einen falschen Propheten nennen , als Journalist glaubte ich die herrschende Stimmung des Zuges wiedergeben zu müssen.­­ Was unser Wiener Korrespondent über die A­b­­sichten der Regierung bezüglich Ungarns sehreicht, tít in den Details wohl neu, im Allgemeinen aber felten auf die „N. Nadr." die nahenden Dinge in demselben Lichte. Der Leader des genannten Blattes, das uns erst heute Mor­­gens zugenommen, sagt nämlich im­ Wesentlichen : Langsam,aber sichereoilt der Staatswagen wieder in die absolutistische Bahn zurück,die er vor einem Jahre ver­­lassen hat.Wer kann sich darüber noch einer Täuschuug hin­­geben,weranders,als diejenige 11,welche fort und fort in dem süßen Wahne leben,daß sich mit geschriebenen Worten ein großes Reich gründlich ungestalten lasse,und daß es nur des MachtsprichEs eines Ministers bedarf­ um lebenesge­r­­faffungen tobt und todte Berfaffungen lebendig zu machen. Bald, sehr bald ,wird das konstitutionelle Schauspiel in Oester­­reich wieder zu Ende sein, und das Prostfortum, diese einzige Erfindung der Neuzeit, wird wieder in unserem Diaterlande walten, diesseits wie jenseits der Leitha. Oder sollten wir schwarz sehen? Sollte etwa nur die momentane Stille, welche in den Parlamentshäusern des ganzen Reiches herrscht, in uns fo. schwere Besorgniß um die Zukunft erweden? Das Provisorium! In der That sind mit diesem Pro­­visorium noch keinen­ Augenblist entrückt worden, selt jenem Tage, wo die­ Verfassungspatente vom 26. Februar verkündet wurden. Prosiforitch­ tat eim Neidhérath zu ammen. Der von si selbst nicht sagen konnte, ob er der weitere oder der en­nere sei. Prosiforisch wurde der ungarische Landtag eröffnet, um Berghandlungen zu pflegen über die Annahm­e des Ber­­­affungstreffes, das erst ime Leben treten sol. SBrostfort beh­­elt man auch Die Serben, die Stroaten, die Stovaten bera­­tben und prosiforisch sol auch der siebenbürgische Landtag zusammentreten, um einem neuen Provisorium zu weichen, falls er sich seinen Kollegen an Pest und Agram sollte beige­­sel­en wollen. Der November steht vor der Thür. Das Budget für das nächste Verwaltungsjahr muß prostforisch, ohne Bera­­thung und Zunimmung der Volfsvertretung, verfaßt und aus­ Bier leicht folgt auch noch eine prostfo­­rische Anleihe auf demselben „außergewöhnlichen“ Wege — wir sind aus zarter Nachsicht auf zentralistische Gemi­cher so artig, den Ausdruch außergewöhnlich statt unkonstitutionell zu gebrauchen, vielleicht genügt Dies, um die Gewissen dieser haar­­splitternden Herren auf dem elastischen Kiffen des §. 13 des Reichsrathsstatutes ausruhen zu lassen. — Und in der Ver­­waltung des Gesammtstaates ? Bleibt Alles provisorisch, wie es bis zum Rücktritt des Baron Bach gewesen. So noch mehr ! In Ungarn soll nächstens sogar das Meisterwerk dieses so arg verfegerten Stantemannes, das Prostfortum von 1850, wie­­der vollständig in Szene gefegt werden, als das einzige staats­­rettende „Konstitutionelle Mittel“, welches das „Ministerium Schmerling zur Durchführung seiner Ber­affungspläne in An­­­wendung zu bringen vermag; und wenn sich diese Nachricht, welche in den legten Tagen mit großer Bestimmtheit verlau­­tete, bestätigen würde, würde man berechtigt sen, das Mini­­sterium einer Sinfonsequenz zu zeihen? Gemwiß nicht. Ministerium Schmerling hat fi Ungarn gegenüber vollstän­­dig auf den Standpunkt von 1849 gestellt, es fennt keine an­­deren Rechte daselbst, als jene, welche eine absolute Negie­­rung einem eroberten Lande gegenüber hat. Auf 1849 folgt konsequent 1850 — ob aber auch auf 1860 konsequent 1850 folgen müsse, das ist freilich eine Frage, deren richtige Be­antwortung gemeiste Anachronisten, welche doch die unfehl­­baren Chronisten unserer Tage sein wollen, übernehmen mögen ! Bereits ist die Militärgewalt in Pet in die Nofle der Zivilbehörde eingetreten und die konstitutionellen Behörden im ganzen Lande weichen allmälig vor dem Einschreiten der 1f. Kommissäre zurück, welche das Provisorium einzuleiten haben. Das ganze Merz vom 20. Oktober, die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Istitutionen, hängt nur wo an den leg­ten Fäden, — ein letter Rif, den das Staatsministerium in Wien vieleicht in den nächsten Tagen thun wird, und Die Länder jenseits der Leitha sind, was sie bis zum 20. Oktober waren: der Zentralregierung einverleibte, von Wien aus ab­solutistisch regierte Provinzen. Aber was liegt an einem neuen Provisorium In Un­­garn, wenn nur in den andern Ländern Oesterreichs „Konsti­­tutionell regiert wird “” Die Antwort hierauf ist einfach. Auch im übrigen Deiterreich folgte auf 1849 fonsequent 1850, 1551, 1852 u. f. f. bis zum Oktober des Jahres 1260. Aber auf 1860 muß nicht Fonteruentermweiie wieder 1850 folgen, wenden nun unsere Schmerling’schen Ehronisten ein, Biel- reicht nicht. Wir wollen es zugeben. Vielleicht folgt auf 1860 nicht gleich 1850, sondern er 1859, dann 1858 und so lang­­sam südwärts, bis wir in allen Ehren wieder bei 1850 an­gelangt sind. Die Wege ministerieller­­ Beziehung sind ja wunderbar. Warum sollen wir ihr nicht unbedingt vertrauen ? So schreitet denn rüftig vorwärts auf der rü­dwärtigen Bahn, die nun eingeschlagen wird, Endlich müßt Ihr doch an eim Biel gelangen. An welches — das ist eine andere Frage! Man hat,in der legten Zeit Biel son einer Nest: ftonder Leberserfassung gesoroen, in meldhe au­­ ;­geschrieben werden. Das

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