Pester Lloyd - Abendblatt, August 1862 (Jahrgang 9, nr. 176-199)

1862-08-02 / nr. 177

muß, und die darin besteht, daß wir, wenn eine andere Be­­hörde die Steuerangelegenheiten verwaltet, wenn Beamte die Steuerkt ausschreiben und einheben,, die nicht nur von den ungarischen Munizipien, sondern im Kő­rn Bew­erten unabhängig den bhödssten ungarischen Regierungspisa sind, — eine geregelte Administration für unmöglich hal­ten ; denn das Nebeneinanderwirken zweier von­einander vollkommen unabhängiger Behörden würde zu ewigen Mel­­dungen und zu herben Streitigkeiten­­ Veranlassung geben,­­wobei eine ordentliche und pünk­tliche Administration und ein friedlicher ruhiger Zustand der Landesbewohner kaum ge­­dacht werden kann. Im­ weiteren Verlaufe bekämpft­ er die Zentralisten, welche die Welt gern glauben machen möchten, der Wi­r­­kungskreis des Wiener Reichsrathes műre weit größer als der unseres geieglichen Reichstags , und daß­ wir demnach schon aus „Konstitutionellen” Rücsichten , den Reichgrath be­­fohleen sollten. Er sagt: vergleihen wir den ehemaligen Wirkungskreis des ungarischen Reichstages mit dem M Wirkungskreise des Reichs­­rathes. Vor Allem fehen wir, daß dem Reichsrathe Fein Einfluß auf die auswärtigen Angelegenhei­­ten eingeräumt wird, daß er daher in dieser Hinsicht nicht mehr Rechte ausübt als der ehemalige ungarische Reichstag. Hinsichtlicht der Militär - Angelegenheiten bestimmet der Reichsrath nur die Art und die Ordnung der Militärpfli­­tigkeit , aber die Zahl der zu stellenden Nefruten , die des zu unterhaltenden Militärs auf dem Friedens- und auf dem Kriegsfuß, die Eintheilung in Regimenter, die Verpfle­­gung, die amtliche Sprache des Militärs u. s. w. kann der Reichsrath nicht bestimmen, während der ungarische Reichstag hierüber öfter verfügte und folglich in dieser Hinsicht nicht weniger , sondern mehr Rechte ausübte. In Bezug auf die Handels- und Geld - Angelegenheiten ist es wahr, daß die Staatsgewalt dem ungarischen Reichstage im Wider­­sprug mit unseren Älteren Gefegen nur einen geringen Wir­­tungskreis einrä­umte. Doch wissen wir auch, daß diese fakti­­ve Anomalie nur aus der Steuerfreiheit des ungarischen Adels ihren Ursprung nahm , und daß, als sie aufgehoben wurde, die Ansprüche der Reitstage an moralischem Gewichte zunahmen. Hinsichtlich der Ste­u­er - Angelegenheiten dage­­gen besaß der ungarische Reichstag bedeutend mehr Rechte, denn er konnte Die direkte Steuer, welche jecht schon 36 Mil­­lionen beträgt, nach Gutdüűntten bewilligen , herabfegen und erhöhen, er konnte selbst Steuerarten ganz aufheben , wäh­­rend der Reichsrath die Steuern nur erhöhen, aber nie herab­­fegen, nur neue Steuerarten einführen, die bestehenden aber nie aufheben kann. Politische N Rundschau, 2. August. Unter den twidersprechenden Meldungen über die Absichten Ga­ri­balpi’s wird es schwer, auch nur eine auf M Wahr­­scheinlichkeit beruhende Muthmaßung auszusprechen. Allent­­halben herrschen Besorgnisse, aber nirgends vermag man einen sicheren Grund dafür anzugeben. Wir erachten es daher am räthlichsten, Die Mittheilungen, wie sie aus den verschiedensten Duellen ung zufließen, hier aneinander zu reihen. — Zuerst mag die Reve­lier Plab finden, die Garibaldi am 19. Juli in Marsala gehalten; sie über­­trifft, bemerkt die Wiener „Pfefse” mit Recht, an maf­­ioser Heftigkeit gegen Kaiser Napoleon alle anderen An­­griffe der italienischen Aktionspartei auf den Iestern, und zeigt, wie tief der Bruch zwischen Garibaldi und den diplomatischen Lenkern der Gefichde Italiens, in Paris und wohl auch in Turin geworden. Diese Rede lautet wie folgt (allerlei kräftige Präparate, mit denen sie ge­­würzt ist, übergehen wir) : „Es ist nicht mehr an der Zeit, den Fremden auf ita­­lenischem Boden und die Slaverei eines Thei­es unserer Brüder zu dulden. Italien kann diese Schmach nicht Länger ertragen; es­st eine Schmach für 25 Millionen L Italiener, und diese Schmach muß binnen­­ wenigen Tagen aufhören. Sa, Rom gehört uns (das Volk­ , Es gehört uns”); Ha, Nom oder der Top! (Stimmen: „Rom oder der Ton !”) Von Marfala ging der Freiheitsruf aus, von Marfala ertönt heute der Ruf: Rom oder der Tod! Und dieser Ruf wird toiberhaffen, nicht nur auf der Halbinsel, sondern er wird ein Echo finden in ganz Europa überall, wo der Name der Freiheit nicht profanirt wurde, Wir wollen nur, was uns gehört, und Rom gehört uns, Nom oder der Tod! (Eine Stimme: „Rom oder der Tod!) Sa, Rom oder der Tod,­­dieses Wort wird schwerer wiegen in der Waagschale der Diplomatie als alle möglichen Bitten, Wir sind es müde, zu bitten, Der Herr Frankreichs foppt uns sest 14 Jahren ; durch 14 Jahre politischen Gaufelspieis hat er uns hinläng­­ld ermüdet, . Keine Protestationen mehr. Napoleon mille es ein für allemal, daß Nom uns gehört, daß die Römer unsere Brüder sind, Daß Niemand = täusche mit der Bor­­fyiegelung, daß wir dem Tyrannen Frankreics Dant schul­­dig sind; wir sind Dank dem französischen Volke schuldig. Sa, das französische Bolt ist mit uns ; es ist unser Bruder, denn es seufzt als der Shave eines Despoten und strebt nach Freiheit. Napoleon führte den Krieg von 1859 nicht um Italiens willen. Er arbeitete für sich selbst! Wir gaben ihm unser Blut im Krimmfriege; wir bezahlten ihm 60 Millio­­nen; wir gaben ihm Nizza und G Savoyen, und er wollte noch etwas anderes, ih, th weiß es. Er arbeitete, um seine Fa­­milie groß zu machen. Er hat einen Meinen Prinzen bereit für Rom, und einen Heinen „Monsieur“ für Neapel u. f. w. td weiß! Er wollte Sklaven aus euch machen. Als Feind Italiens unterhielt er das Räuberwesen in den Südprovin­­zen zum Hergeb­iß von ganz Europa. Er hoffte dadurch die Einheit von 25 Millionen Italienern zu entnerven. Wir brauchen nicht zu bitten, das franzgöttische Bolt ist mit uns. Napoleon gebe! („Er gehe !“) Rom gehört uns, („Es gehört uns­ Ich fhäse mich glücklich, unter euch zu sein, denn mit Recht nennt man mic) euern Freund. Lebt wohl!“ Die „Opinione” sagt von dieser Rede: Es gibt kein gehäfsiges und beschimpfendes Eigen­­schaftswort, das sie nicht gebraucht hätte. Gerne würden wir die Rede veröffentlichen, um zu zeigen, bis zu meiden Uebergriffen sich ein Mann, der Feine Autorität und keine geiegliche Schranke fennt, verleiten lassen kann ; aber unter dem gegenwärtigen Ministerium ist das, was in Marsala er­­laubt ist, nicht an in Turin erlaubt,” das Turin vom 29 Suli seien wir in der „Liiester t“."­­ Die Gerüchte von geheimnißvollen Expeditionen, welche unter Zeitung Garibaldi’s von Sizilien absegeln sollen, zerfuh­ren noch immer. Der „Unträ­ttal," zufolge sollte sich Garibaldi am 31. mit 6 oder 7000 Freischärlern in Marsala einschiffen, um gegen Ro­m zu ziehen. Die Regierung rühmt si aber, wie man der , Helfer." schreibt,, daß­ sie­ genaue Ueberwachung übe und von den Ereignissen nicht überrascht werden könne. Im­ Rom haben die Gerüchte von Landungen große Aufregung hervorgebracht. Tavalette hat si beeilt, dem Pap­st zu versichern, daß er seine Gefahr zu besorgen habe; die französische Sarnison warb um 400 Mann vermehrt, die Posten wurden verstärkt. — Folgende Proklamation wurde, wie die „Konf. Defterr. Ztg.” berichtet, in mehreren Tausend Exempla­­ren in Umlauf gerebt : „Brüder ! Ein solcher Zustand darf nicht fortdauern, No einige Tallimente, wie diejenigen, von denen unser Handel betroffen wurde, und die römische Bevölkerung ft aufs Aeußerste­ge der Augenblick zu handeln ist ge­­fommen. Ein Losungswort versammle euch Alle im Forum, auf der Piazza del popolo, Tangs Eurer geheiligten Stra­­fen, und sprechet Euch hier, da es Euch untersagt is, Euch mittelst der Absimmung auszusprec­hen, durf Eure Zurufe aus, damit sie in ganz Europa widerhallen. Wenn die Päpstlichen, auf Euch schießen,­­so widerleget Eu bis zum Tode, wenn die Franzosen es thun, zieht Euch zurück, da­­mit Euer Märtyrert­um, wie das Polens, die Welt rühre, So wohl, Brüder ! Vorwärts mit den Imponirenden Demon­­­­strationen ; die Imponirendsten sind die wünschensmwertheften, i ;

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