Pester Lloyd - Abendblatt, September 1862 (Jahrgang 9, nr. 200-224)

1862-09-01 / nr. 200

Abendblatt as Pester Lloyd. Montag, 1. September. Ar. 200, Def, 1862. (Die einzelne Nummer Loftet 4 Er. 6. 8.) St. Paris, 28. August. Frankreich geht einer großen Zukunft entgegen, dies erfahren wir baute aus dem „Eon­­fitutionnel“. „Es ist sein Optimismus, heißt es, wenn wir behaupten, bag, Dant dem Willen des Kaisers und der Energie, mit welcher „der Minister des Innern die regenerirende Politik­ des Souveräns unterfrügt, Stanfield­ fi bald der großar­­tigsten Entwicklung der Kommunikationsiwege erfreuen wird, welche jemals ein Bolt bereifen.” Und alles das , weil für die Straßen des gesammten großen Frankreichs ein für alle­­mal 25 Milionen res, ange­wiesen worden. Wie viel hat allein die Rue Rivolt gefortet ? — Der Prinz und die Prinzessin Murat und die Prinzessin Anna sind vom Koiser ein­­geladen worden, den Hof nach Btarrich zu begleiten. Man hat überhaupt seit einiger Zeit bemerkt, daß die Familie Murat sich io jeder bedeutender Auszeichnungen erfreut, und es fehlt natürlich nicht an Kommentaren über diese Erschei­­nung. Das Gerücht von einer außerordentlichen Verstärkung des römischen Okkupationsheeres hält sich aufrecht, Man geht sogar so weit zu behaupten, die Franzosen werden, ver­­wuthlt­ auch zur Hebung der moralischen Autorität der ita­­lienischen Regierung, verschiedene bedeutende italienische Städte, ja im Nothfalle selbst Neapel beseßen., Da sich vor­­hersehen läßt, daß selbst Die bis jest schon getroffenen mili­­tärischen Anstalten einiges Erstaunen erregen werden, so hat man auf telegraphi­gen Wege Erklärungen namentlich über die Bewegung des Evolutionsgeschwaders gegeben. i Das L­avalette einen Urlaub erhält, scheint jebt sicher 3 die römische Trage tritt eben aus der diplomatischen in die militärische Phase. Vorgestern sol Lavalette abermals eine Audienz beim Papste gehabt haben, der ihm seinen Dant für die „Montteur”- Rote aussprach. — Heute hat in St. Cloud ein Ministerrath­ stattgefunden, dessen Tagesord­­nung, tat ausschließlich, von der römischen Angelegenheit ausgefüll war. — Mehrere Bischöfe haben beim Kus­tusminister beantragt, das gegen Gueroult , den Chefredak­­teur der „Opinion nationale‘, Repressivmaßregeln ergriffen würden. — Es heißt, der „Konstitutionnel” werde zur Ver­anstaltung einer Abendausgabe für Parts autorisiet werden. Dabei hat man wohl auch die wirksamere Konkurrenz mit der „Srance“ im Auge. “ Der Marquis de Moustier, französischer­ Gesandter in Konstantinopel, hat Befehl erhal­­ten , gegen das Verfahren der Pforte gegen Gerbten zu penteftiren. — Der „Montteur,, offizielles Journal des Kaiserreichs", enthält heute einen Artikel: „Ausflug an die Ufer des Rheins”, von 3. Claudin, in welchem unter anderen Turnoren Dingen auch die bemerkenswerthe Entde­­ckung gemacht wird, bag man von Köln nach Mainz den Rhein h­erab fährt : De Cologne on descend le Rhin jusqu’& Mayence. In Belgrad, 29. August, . Die Nachrichten, welche aus Bulgarien hier anfangen, lauten sehr beunruhigend, die Räuberbanden haben schon mehrere Gefechte mit dem­ türkischen Militär glücklich ausgehalten, die nationale Erhe­bung greift täglich mehr um sich), und es ist viel Wahrschein­­lichkeit vorhanden, daß nach der beendeten Fechtung nicht nur in Bulgarien, sondern auch in Bosnien ein allgemeiner Schristenaufstand ausbrechen wird. In den legten Tagen sind einige Abtheilungen Barchtberufs aus Bosnien an die ser­­bische Grenze vorgerügt, in Folge dessen wurde auch die serbische Begehung längs der Grenze verstärkt. Die Konferenzfigungen in Konst­antinopel haben aufs Neue begonnen, und so wer man hier weiß, wird noch im Laufe bdiefer. Mode der Enpheshhluß Über die Festung Bel­­grad gefaßt, hier ist jede Hoffnung auf eine friedliche Lösung verschwunden, und man hält den Krieg für unvermeidlich, welcher jedoch erst im nächsten Frühjahr e­insbrechen dürfte, indem absichtlich bis dahin die Unterhandlungen verzögert werden. Seit einigen Tagen tít das Gerücht im Umlaufe, daß der Pfortenkommissär Berit Effendt mit Ethem Palda neuerdings nach Belgrad kommen werde, um mit der serbi­­schen Regierung in Unterhandlung wegen Abtretung der Wer Jungen zu treten; wie es heißt, wäre Die Pforte geneigt, gegen angemessene Entschädigung an barem Gelde die Zeitun­­gen abzutreten, Befif Effendt sol dem Divan dazu ange­­ratben haben. Die Pforte will aber daran die Bedingung anknüpfen, daß Serbien die bosnischen und bulgarischen Flüchtlinge ausliefere und jeder materiellen Unterflüßung der Christen entsage, zu solcher Verpflichtung wird sich Fürst Mi­­ad­ gewiß nicht herbeilassen, dabei alle Unterhandlungen erfolglos sein dürften. Ethem Pascha ist hier seit dem Jahre 1858 persönlich bekannt, wo er als Kommissar zur Schlich­­tung des Gtreffes zwischen dem gewesenen Fürsten Kara­­georgevics und dem Senate abgesendet war. & Aus Teihen in Schlesien is dem "Dyien­­nit polski" folgender Aufruf zugefhtdt worden : „Wir begeben am 3. September auf dem erhabenen Radhofer die Vorfeier des tausendjährigen Andenkens an die Ankunft der fragischen Apostel Cyril und Methodus. — Die auf dem Berge abzuhaltende heilige Messe, Die Gesänge und Reden werden und Gelegenheit bieten, einander fennen zu lernen, und daß in dieser Gemeinschaft der Slave dem Slaven die Hand reiche, Auch euch, Mitbrüder des vorntídten Stammes, laden wir zu dieser Feier ein, u. a. daß ihr fon am 2. Septem­­ber zu uns nach Freystadt ankommet, wo wir euch herzlich begrüßen und um euere Unterkunft forgen werden. In die­­ser Hoffnung rufen wir euch schon im Borhinein ein herzlig­es Meilffommen ! zu. Das Komits der Radhopezer Beter.“ In Lemberg fand der „Scharffchen Korre­­spondenz“ zufolge am 28. August in der dortigen Bern­­hardinerkirche eine Iranerandacht für Das Seelenheil des in Karshau Hingerichteten Ludwig Jaroszynski flat. — Nach dem „Dyiennis polssi“ haben die Wiener Behörden von der russischen Gesandtschaft die Mittheilung erhalten: Daß die wahrseintih auf österreichischem Territorium befindlichen Ignaz Chmielinsti, Gutsbesiter von Barczaca, aus dem Warschauer Gouvernement, 28 Jahre alt, und Eduard Rodomwicz, Schneidergeselle aus Warschau, 25 Jahre alt, ich an dem Attentate gegen das Leben des Großfürsten Konstantin betheiliget haben. — Die dHsterreichischen Behör­­den haben wahrscheinlich auch die genaue Personenbeschrei­­bung der zwei Angeklagten zum Behufe ihrer Eintreibung erhalten. Wie der „Morgenpost“ mitgetheilt wird, ist der vor mehreren Monaten in Ungarn zur Haft gebrachte Garibaldi’ske Emilfar Biola, welcher Proklamationen mit sich führte, vom Militärgerichte wegen Hochverrath an 16 Jahren SKerker verurtheilt worden und hat das Urtheil bereits die Bestätigung erhalten. Politische Nundschan, 1. September. Die Ge­fangennehmung Garibaldi’s beherrscht natürlich Die poli­­tische Lage, und Haft alle anderen Tngesnachrichten in­­ den Hintergrund treten. Die lebten Meldungen über das Ereigniß lauten : Surin, 30. August Der amtlichen Zeitung zufolge bestätigt eine Depesche Cialdini’s die Nachricht von der Ge­fangennehmung Garibaldi’s. Die Kolonne Pallavicini zählte 1800 Mann, die Zahl der Gefangenen beträgt 2000. (??) Die Regierung erklärt, um die Annahme un­wahrer Madrid­­en von Seite des Publikums zu verhüten, da­ die offizielle Zeitung allein das Organ ihrer Gedanken und Kundgebun­­gen sei. Die „Italia militare“ for­t von 12 To­ten und 200 Verwundeten. Garibaldi erhielt zwei Wunden, darunter eine schwere. Menotti ist ebenfalls verwundet. Der „Onizetta di Torino“ zufolge hätte Garibaldi verlangt, ss auf einem englischen Schiffe einzuschiffen, um auszuwandern. Nach der „Discussione” hätte Garibaldi eine Wunde am Fuße und eine Kontusion am rechten Schenkel. » Aus den größeren Städten treffen fortwährend Be­­richte über regierungsfeindliche Demonstrationen ein. Aus Florenz wird vom 28.gemeldet,daß die Bes­­örden beim Abreißen der Gatibalvischen Proklamation auf Widerstand gestoßen seien.Es fanden mehrere Verhaftungen statt. Abends versuchte man die Gefangenen zu befreien. Die Truppen stellten die Ordnung wieder her. Nach Berich­­ten aus Messina waren in Catania ungefähr 2000­­ Frei­­twillige geblieben. Nach Genua, mo selbst Demonstratio­­nen stattfanden, bei welchen die Zusammenrottungen ge­walt­­sam zerstreut. Mehrere verwundet und einige mit Dolden Bewaffnete verhaftet wurden, sind aus Furcht vor neuen De­­monstrationen Truppen abgewührt worden. In Mailand, wo es bereits am 26. zu einem Zusammenstoß gekommen war, fanden am 30. Abends an mehreren Punkten der Stadt Demonstrationen zu Gunsten Garibaldi’s unter Zusammen­­rottung statt., Kavallerie mußte einschreiten,, wobei mehrere Verwundungen vorfamen. Ein Mann aus dem Volke fol getö­tet worden sein. Auch in Brescha und Como haben De­­monstrationen stattgefunden. In Neap­el ist am 29. August das fran­­zösische, aus fünf Schiffen bestehende Geschhwader unter dem Kommando Rigault de Genouilly’s im Golf angekommen. In der Nacht sind 100 Kampfristen ver­­haftet worden. Kalabrien und Neapel sind ruhig.­­ Der „No­id" bestätigt die Ernennung Stafelberg’s zum rufis­­fen Gesandten in Turin. Demselben Blatte zufolge ist Benedetti’s Abberufung vollerachte That­­sahe, und wird derselbe nur nach Turin zurückehren, um sein Abberufungsschreiben dem Könige zu überreichen. Der „Scharf. Korr." berichtet ihr Turiner Korre­­spondent unterm 28. August, daß in Turin das Gerücht verbreitet war, Oesterreich und England hät­­ten die Erklärung abgegeben, daß sie in Bezug auf Ita­­lien das Prinzip der Nichtintervention strenge durchge­­führt wissen wollen und daß, wenn selches verlegt werde, England in Sizilien, Oesterreich jenseits des Mincto festen Fuß fassen würden. — Der Prozeß gegen den D­bersten Acerbi Hat mit der Stellprechung des An­­geklagten geendet. Im Laufe der Verhandlung sind TIhatsachen an die Oeffentlichkeit gezogen worden, melde die Organe der italienischen Polizei in hohem Grade kompromittigen . Acerbi war der Werbung von Truppen für Garibaldi angeklagt. Ein Telegramm aus Paris, 31. August, berig­­tet und ; . " Der heutige ,Montteur" fcretet: „Der­ Aufstand, welcher die Gefüjtde Italiens zu gefährden drohte, ist, been­­det, Garibaldi, nach einem sehr lebhaften Kampfe verwun­­det, mußte sich mit allen seinen Anhängern ergeben. Garki­baldi wurde allsogleich an Bord einer italienishen Fregatte gebracht, welche beauftragt ist, ihn nach Speszia zu­ führen. Die Blodade der Küsten von­ Ställten­st anfgeheben. Der Kaiser hat gestern dem Ministerrathe­präfibirt und wird , , ,

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