Pester Lloyd, Dezember 1864 (Jahrgang 11, nr. 276-299)

1864-12-03 / nr. 277

Kaiserfeld und Schmerling. Kaiserfeld ist der Mann,der dem ungarischen Staatsrechte den Eingang in den Wiener Reichsrathverschaffte; ihm müssen wir an dieser Stelle zuerst unseren Dank aus­­sprechen.Und was das Verdienst des genann­ten Abgeounkstexe erhöht,ist die Thatsache,daß er zu jenen wenigen Autonomisten gehört,welche selbst in der ersten Blütheperiode der Federver­­f­assung sich von der allgemeinen zentralistischen Strömung nicht fortzeigen ließen, sondern beharrlich die Fahne der Sünder- Autonomie, als die ihrige erklärten. Ein reines Häuflein, wag­­ten die Anhänger dieser Anschauung nur schüchtern hie und da herveizutreten ; allein, wie dies bei wichtigen Leberzeugungen stets ver Fall, je größer die Stürme, gegen die sie anzutüm­pfen hatten, desto mehr festigten sie sich. Was v. Kaiserfeld gestern im Wiener Abgeordnetenhause erklärte, es ist daher nicht die Frucht der derzeitigen Stimmung, im Gegentheile, es ist der Kern beffen, was vor Jahren die Autonomisten als ihr Programm feststellten und seh­vem konsequent aufrecht hielten ; nen ist nur die Stimmung, in welcher dasselbe gestern das ganze Haus fand, — und bag v. Kaiserfeld den Boden so rich­­tig fondirt hatte, auf den er seinen hoffentlich regenreichen Sa­­men ftreute, daffte sei dem Stellvertreter der Landeshauptmannschaft der Steiermark nochmals der tiefste Dant ausgesprochen. — Des Tages Palme, jagt der Berichterstatter der „N. fr. Br.", gehörte dem steirischen Abgeordneten v. Kaiserfeld, dessen Rede im Hause einen Einbruck zurücíte" , "wie wir ihn dort noch niemals wahrgenommen haben. Am Wesen des Redners paarte sich äußerliche Ruhe mit innerer Erregtheit, man hörte ihn an, das jedes seiner Worte tief empfunden war. Als eines der bedeutendsten Talente bei Hause seit Lange schon viel beach­­tet, hat er heute doch selbst seine nächsten Freunde und Vanbe­­reute in hohem Grade überrascht , da schwieg in Abgeordneten­­treffen jedwede Eifersucht und Mißgunst , vie Hhperzentralister ausgenommen, war Alles in der­­ Ansicht einig, daß diese Rede die bedeutendste unter allen sei, die in dem Hause vor dem Schottenthore bisher gehalten wurden. Katserfeld’s Vortrag ist in der Regel, und war es auch heute, ein ruhig gemessener, der Pathos ein wohlthuend gemäßigter, und den äußeren Gffeft beeinträchtigt nur sein etwas hohles, nicht gening nolltd­­nendes Organ. Was Nasjerfeld’s Nede für die Weiniiter­­bant besonders beachtenswerth macht, bag­ift — beg Nii­­ners Alter, das Feuer und die Kraft, die Fertigkeit der Sprache und die Bestimmtheit des Ausbruchs, man könnte sie ber Rede eines Mannes in den Dreißiger-S Jahren nicht bisier s wü­nschen, und doch ist der Abgeordnete Kaiserfeld über viele Jahre längst hinaus. Da it nichts von jugendlichem Heilspornthum und übermäßigem euereifer, da sprach das reife, müchterne Alter mit feiner Erfahrung, und das macht die wahrhaft Liberale Rede zu einer doppelt werthooffen. In der Geschichte unseres jungen Parlaments ist ein Tag verzeichnet, an dem Herr v. Schmerling einen ähnlichen Erfolg erzielte, wie heute der Ab­­geordnete Kaiserfeld. Er war der 30. A­ugust 1861. Auch damals wurde, wie heute, über die von Herrn b. Schmer­­ing „so genannte" ungarische Frage debattert. Das stenogra­­phische Protokoll jener Sigung, das vor uns liegt, verzeichnet bei der glänzenden Nebe, die Herr v. Schmerling damals hielt, bittendweife , Stürmischer Beifall", „Lauter, an­haltender Bei­­fall“, „Bravo von allen Seiten" u. s. w. Und heute? Das Blatt hat sich gewendet, wir und die Verfassung, und die un­­garische Frage mit uns, sind seither um mehr als drei Jahre Älter geworden — und bag stenographirte Protokoll von heute verzeichnet bei der Nebe des Herrn v. Schmerling : „Lautlose Stille, nur am Schluffe einzelne Bravos aus den siebenbürgi­­schen Reihen“. Ob Herr dr. Schmerling wohl dieses Wechsels sich bemußt iut ? Ob er es wohl fühlt, welch eine Lehre darin für ihm Liegt, daß seine lange heutige Rebe das Haus fast in seiner Totalität fast und unbewegt ließ, wie noch nie? Fast glauben wir, daß er es fühlt, denn der tiefe Ernst, der sein Gesüchl bei Beginn der Katjerfeld’schen Rebe umzog, wich nicht mehr von ihm. Dieser Craft theilte sich aber auch seinen Kollegen am­ Meiniftertische mit. Wer die Mienen der Mini­ster heute betrachtete, der konnte daran zweifeln, daß wir wirt­­­­ ohne Meinifter verantwortlichkeitsgefeg leben, so finster und besorgt sahen sie drein. Ueber die Bedeutung der Katferfeld’schen Rebe im Ge­gensat zu jener Schmerling’s , sowie über ihren Werth für Ungarn sagt dasselbe Blatt : „Wir können es nicht unternehmen, jede der tauffend Mahrheit­ten, welche v. Kaiserfeld mit patriotischem Unmuth heute ins Haug und gegen die Ministerbank schleuderte, einzeln hervorzuheben. Daher bescheiden wir uns, vor Allem den schonungslosen Freimuth zu preifen, mit welchem der Redner seine Kritik an der ftagiirenden und, wie er sh Haffiih_ansprühte, „von dem Marasmus ihrer Nichterfolge ange­­freffenen” Schmerlingschen Politik übte. Aber mehr noch galt uns die fritische Beleuchtung, welche der Abgeordnete v. Kaiser­­feld der V­erfassung überhaupt zu Theil werden ließ. Diese Kriti von einem Anhänger der Verfassung geübt und mit so erleuch­­tender politischer Einsicht gehandhabt, wie heute vom Abgeordneten v. Kaiserfeld geschehen, das ist ein B Programm sehr positiver A­rt, und die Ministeriellen mögen es sich fortan, wollen sie nicht der Wahrheit ins Antlcs schlagen, abgewöhnen, von der unfruchtbaren, nur negieenden, positiver Speen­baren DOpposition zu reden. In Kaiz ferfelo’ s Programm ist der Grundgedanke biefer, Daß die Regie­rung gar feine DE­­­men berechtigt sei, meber bier, nd deshalb der ungarische Landtag kraft seines schon vor drei Jahren an­­ge­wendeten Wahl­­e einberufen werden müsse, hab die ung­a­riischen Be­tungsgeseße, infomweit sie nicht in Ungarn, dab ame , dber bestehenden Reichsverfassung zumiderlau­fen, in Kraft treten, und insofern fievdereid: verfafsung entgegen sind, Landtag revidirt werden müssen, daß aber auf ver­fassungsmäßigem Wege mit Ungarn ein Matt anzustreben ist, und wa hieran sich eine Revision der Reichsverfassung zu Festigung der konstitutionellen Freiheiten zu knüpfen haben wird. Dies ganze Broavamın aber ist bei Kaiserfeld getragen von der Treue für die Verfassung und begleitet von dem Entichluffe, Ungarn zwar das Mögliche zu bieten, aber Oesterreich nichts Unmögliches zuzumuthen. Nichts war geeigneter, den tiefen Gindrud der jorvákdérs ana nister­ Rede zu erheben, al bie spätere Darlegung von der Aunäßit holte der Staats­minister für die heftigen Kant, vom ungarischem­ Angriffe, welche die Üpdresdebatte wider ihn zu Tage förderte. Trost in dem Gepanten, es gebe Konstitutionellen Ministern in anderen Län­­dern ebenso und würde, wenn die oppositionellen Medner zu Dlini­­stern berufen würden, viesen niet anwerd geben. Boch eine ganz par­­ticuläre Gescheinung hätte Her­r. Schmerling nicht überleben sollen, und diese ist, daß u­:­­ngeiffe wider ihn nun aus den Reihen derer kommen, auf die er selber sich gen­ügt, auf die sich selber zu stoßen ex verurt­eilt ist, wofern er konstitutionell bleiben und nur ohne parlamentarische Partei regieren will. Das ist der große Unterschied, Die Opposition der Clams und Thung, auf diese mag Herr v. Schmer­­ling stolz sein, aber die Opposition bei Nuersperg, Berger, Giskte, Herbst, Kaiserfeln . Diese Opposition is eine schwere Anklage wider ihn. Das fühlt sicher Herr. v. Schmerling selber, und wir möchten die Bemerkung, Die er sich entk­lüpfen liek, indem er meinte, daß die Herren von der Opposition wohl vergeblich nach den Pränen auf der Ministerbank streben, nur auf Rechnung einer ungemöhnl­en Gereizt­­heit des Herrn Staatsministerö fegen. Oper sollte die Rede Kaiser­ 2 eine Ahnung in ihm erzeugt haben, als könnte doch eines Ta­­ges — —. Wir fallen den Totaleffekt übers zwei Reden vie­leicht am bezeichnendsten in der Behauptung zusammen, daß der abge­ordnete Kaiserfeld seine Rede ebenso aut auch wie er sie vor Schmer­­ling’s Rede gehalten, noch nach derselben hätte halten können. Go richtig hatte Herr v. Kaiserfeld die Schmerling’sche Politik gezeichnet, so wenig hatte Herr v. Scmerling die Kaiserfeldsche Rede entkräftet oder widerlegt. Ungarn aber mag aus der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses entnehmen, ob er uns hier mit dem Streben nach einer konstitutionellen Beilegung des­­ Verrasungsstreites wahrhafter Eraff­it. Mehr als das Kaiserfeld’sche Programm den Ungarn bie­­tet, mehr hat das Konstitutionelle Oesterreich Ungarn allerdings nicht zu bieten, aber uns scheint, daß es genügen künute. Wenn nicht, dann würde allerdings der Staatschnifter Recht behalten — und was wäre in dieser­ Falle gar traurig für uns, wie für Ungarn, ja für gan Oesterreich.” ki Gleich anerkennend für Katserfeld, aber noch viel schärfer über Schmerling Äufßert sich die „Presfe" ; in ihrem Leiturti­­tel heißt es : „Das Ministerium hat endlich seinen Meister gefunden, und meler Meriftze war Herr v. Kaiserfeld. Das Gebäude, welches, aus biwaschendem Vertrauen und stolzer Zuversict errichtet, drei nolle Jahre aushielt, iit in feinem a Stunde erschüttert, und seine Stagballen rei­­chen mehr aus, er für Die Dauer aufrechtzuerhalten. Die Wacht des erwähnten Mednere beruht nicht in dem Aufgebote jener Mittel einer gewandten Gophistit,, welche dem Genser das Wort im Munde um­deckt. Das Alter hat feine Haare gebleicht, die Erfahrungen langer Jahre sind an ihm vorübergegangen ; er hat tiefe Studien gemacht in der großen Geschichte unserer politischen Täuschungen ; sein Stre­ben ist frei von eitlem Chigeize, und duchiweg 2­018 rechtschaffener Ba­­triot hat er das­­ Wort ergriffen. Diese Eineinheiten waren er jedoch gerade, welde seinem Worte eine unwiderstehliche Siegesgewalt ver­­liehen. Wir mößten sagen, der Cato Desterreich habe erprogen, ein Mann, der, wenn er je berufen würde, die Minister­­ant zu zieren, keinen Augendfid anstehen würde, sein Bortefeuille niederzulegen , wenn er nicht im Stande wäre, seinen treugemeinten Ab- und Ansichten Rettung zu verschaffen. Des eben ist das Unglück unserer zerfahrenen Zustände, daß die Macht blos darum, weil sie me­chanischen Gehorsam findet, noch zu unverhältnisig große Anziehungs­­kraft übt, und die kostbare Pflanze jener­­ Bürgertugend selten gedeihen läßt, weile die Gewalt nur als ein Mittel achtet, um der Wahrheit und dem Rebte Anerkennung zu verschaffen. Wir sind überzeugt, daß wir einem allgemeinen Gefühle Ausbruch verleihen, indem ihir die Kaiserfeld’sche Rebe al die vollendetste Blüthe der parlamentarischen Mirnsamzeit unserer Droll­vertretung während der ganzen Dauer derr selben bezeichnen. Der Redner trat gewissermaßen aus sie selbst her­aus; gleichwohl beherrigte er den Gegenstand mit der Macht seiner tiefgewurzelten Weberzeugung. .. „Bw unserer Genugthuung haben wir vernommen, daß Here v. Kaiserfeld Ungarn gegenüber auf die verlöhnende Macht der wahren Freiheit größeres Gewicht legt, als unsere Offizieren, die den Ungarn den durchaus unverdienten Vorwurf zuschleudern, nicht genig­­sam liberal zu sein. Cin Deát, der lange vor 1848 für die Volks­­freiheit gewirkt, ist wahrlich sein Reaktionär. Führen wir der Ungarn den Beweis, da wir die Freiheit mit ganzem Herzen und voller Seele ergreifen und lieben — dieses Mittel wird zuverlässiger auf sie wir­­ten, als die administrativ,gerichtligen Reformen. Stimmen , tie­fer Kaiserfeld’shen, kann gelingen, was dem sebigen Herrn Hoflanzler kaum gelingen wird, und ebensowenig dem Herem Staatsminister,, wer einst im Unterhause ein Altenstäd vorlaz, in wonach den Ungarn die Ge­währungen des Diploms nur als ein Ausfluß der Allerhöchsten Gnade zu Theil geworden seien. Here v. Schmerling warf b dazumal dem Lande den Fehdehandschuh hin, und es hat mit dem passiven Widerstande geantwortet. Die ursprüngliche Polität unseres Mi­nisteriums mochte zu Konsequenzen führen, die sich ungefähr in dem Gate des Grafen Kinskiy : „Einheit in der Freiheit“ resumiren lassen. Aber um mit dem Gedanken der passiven Widerstandes versührend zu wahtiren, dazu fehlt es dem Herrn Staatsminster an den nöthigen Prämissen. Die Konsequenz gestattet sein Transigi­ren über leitende Prinzipien. AS der Träger eines Prinzips hatte bisher Herr v. Schmerling gegolten : als Unififator in größtmöglicer Freiheit. Heute sind wir auch darüber vollkommen­ ent­­täuscht. Heute, insbesondere nach der Rede, mit welcher er dem Abge­ordneten aus der Steiermark replizirte, erscheint er uns einfach als ein Opportunitätspolitiker, gar nicht wesentlich verschienen von seinem Kollegen, dem Herrn B Verwaltungsminister, der auf dem Grunde seiner Gewan­­theit im Administrationsfache eine Stube des Bach’schen Systems bildete, ein eifriger Hilfsarbeiter des Grafen Go­­ljuchowski war, und nachmals den Feber-Konstitutionalismus pflegen half. Wir achten die Geschäftsroutine, die vielseitige Braucbarkeit des Herrn v. Lafler ; aber wir sind außer Stande, ihn als politische Kapazität und als hervorragenden politischen Charakter zu bezeichnen. itropirmna mebt vorzuneh!­en den Namen Schmerling’s hingegen heftete sich allerdings eine schöne NXbee, und wir bedauern, daß dieser Stern, der mwenigstens viel­ versprechend aufging, sich nun zum Untergange neigt.” Der Reichsrath hat seine Pflicht gethan ! ruft hie Í­­ reg Lob beanspruchen. Das Haus mag gleich glänzende und wungvolle Reden geküt haben , aber seine so stante männi­­sche wie die des Dr. Kuiserfeld , und die Abgeordneten, die ihre Gige verließen, um dem Nebner die Hand zu brücen, ehrten damit nicht nur ihm , sondern auch sich und das Haus. Der Neichsrath bat seine S­ympathien für Ungarn glänzend ‚ bolumentiit — dies wollen wir heute freudig fonstatirt haben.­­ ! Weniger freudig gestimmt ist der „Wand. Als fest und bleibend gewonnenen Resultat der Adrehdebatte in ihrem bisherigen Verlaufe — meint er — muß der Umstanb gelten, dab endlich vollommene Klarheit in die Gitwation Tam, die zieiischen Regierung und Mbaeorpnetenhaus bie berri­enve Hrt. Herr v. Schmerling’s Rede Fäßt seinem Zweifel darüber Ran, ob die Regierung der Horefle zustimme oder nit, vielmehr hat sich der Staatsminister ausdrücklich dagegen verwahrt, dab man sein Scmeigen in der Generaldebatte als Zustimmung deute. Wenn man ber Üdiebentwurf, wie er schwerlich anders kommen dürfte, zum Ber­geluß erhoben wird, so wird er es nicht mit Guthersıng Seitens der Regierung. Da er aber schlechterdings undenkbar ist, bak Me Mini­­ster in Fragen so ausschlaggebender Natur , wie die Aoresie sie be­­rührt, sich neutral verhaften wollen, bleibt nicht amberes übrig, als anzunehmen, hat sie gegen die Upresle Bolto foffen werden. Diese enthält die Aufteilung der Gesammtlage von Geste des Hauses, die Crurchzüge des Programmes jener Molitis, welche die Abgeordneten in ihrer Mehrheit für die einzig heilbringende ansehen. Das Minister­ium acceptirt diese Politik nicht , regiert aber fort — was mir wanı natürlich, aber grumdfäglich auch ganz Demjenigen analog finden, was in Preußen zu sehen is. Der Gegenfal zwischen Regierung und Voll­verteetung wird bei una allerdings ein minderer, aber nicht ältesto, weniger vorhanden sein — die Anlässe, welche ihn­­ dürfen oder noch weiter mäßigen werden , haben wir abzuwarten. Wir warten, ohne für das Ministerum oder den Meichsrab­b zu zittern, mit denen wir als M Wortführer einer Opposition, die nach ganzen Bölterstämmen zählt und nach dem unverfänglichen Zeugnis des Herrn v. Kaiserfeld ficht­­li an Babl und Stärke zunimmt, unsere wie bes Meider Sade nicht identifizier haben. a Zu den beiden Reben selbst übergehend , raffen wir zu­nächst die des Herrn v. Kaiserfeld ihrem ganzen Wortlaute nach folgen. — Aus der Ermiderung des Herrn Staatsministers, deren ersten Theil wir im­ Abendblatte nach der „Gen.Korr." gebracht, zitigen wir an dieser Stelle nur Folgendes : ... Das Wort — sagte er, — dem ungarischen Landtage solche königliche Propositionen zu machen, die das Band bez­friedigen, das, meine Herren, ist wohl ein sehr allgemeines Wort, und ich hätte sehr gewünscht, daß der sehr weh­rte Redner näher auseinan­­dergefegt hätte, wie denn diese Propositionen lauten müssen, die auf der einen Seite das Land voll­ommen befriedigen und auf der andern Seite ha­ben Gedanken und die Form der Reichsverfassung unberührt lassen, und wenn das n­i­ch­t solche Propositionen sind, dann haben sie nach der Meinung der kaiserlichen Regierung ihren Werth volständig verloren... Ein verehrter Abaordneter aus Mien hat in seinem vielgelesenen Blatte wiederholt darauf hinge­wiesen, der Umstand sei sehr verlegend, bak die Präsidenten vom Kaiser er­nannt würden, d­­alaube aber nicht, dab dieser Umstand ein der­­artiger ist, da seine Abänderung in irgendeiner Meise hinreichte, die Ungarn zu gewinnen, freudiger in den Reichsrath zu kommen. Denn heffen können Sie, meine Herren, ficher sein, daß, wenn auch das Er’ nennungsrecht der Präsidenten der Krone vorbehalten ist, wenn die Ungarn in den Meidarath eintreten, sicher aus ihrer Mitte einer der Präsidenten ernannt werden wird. So weit das, was wir aus dem ersten Theile der mis nisteriellen Rede nachzutragen gehabt ; den zweiten Scheil lassen wir weiter unten vollsü­ndig folgen. : § " Morizn Raiserfeldd: 63 war keine gehobene Stimmung , in welcher nach Schluß der vorigen Gefsion die Abgeordneten in ihre Heimat zurückkehrten ; nicht der bloße Umstand , plönlic­hes geliebte Vaterland in die Gefahren einer unsicheren Politik geworfen zu sehen , sondern auch die Unfertig­­keit der Verfassungszustände und die Unfruchtbarkeit der verflossenen Gession, die Zweifel, ob die Negierung wohl die Kraft in sichh tragen werde, die vorgenommene schwierige Aufgabe zu erfüllen , waren es, welche uns bis zur Gutmüthigung verstimmt hatten. Die Landtage haben zu einer einprieflichen Thätigkeit Gelegenheit geboten und in dieser Richtung muß ich der Negierung Gerechtigkeit widerfahren lat fen, dag es m wenigstens dem steierischen Landtage nit so wie dem tiro­­lischen erging. Jedoch auch mitten in dieser Thätigkeit konnten wir und der Grinnerung nich erwehren, und hätten wir er auch vermocht, die grollende öffentliche Meinung hätte uns daran erinnert, daß für die Sicerung der Rechte Aller und Jeder, für die Befestigung der kon­­stitutionellen Ginheit der Monarchie, für die Begründung eines der neuen Aera Oesterreichs entsprechen­den R­egierungssystemes nichts, fast gar nicht seibeichen sei. Belorderd mußte dabei auf die Seele fallen der Gebante, daß baz Haus denn doc die erste auf Grundlage der be­stehenden Verfassung berufene Voll­vertretung sei und bak in dieser Beziehung dem Hause die verantwortliche Aufgabe wurde, baz Recht und die Verfassung zu befestigen, bak wir bereits in dem legten Drit­­theile unserer parlamentarischen Thätigkeit sind und seine Erfolge in dieser Beziehung aufzuweisen haben. Dies ist die Stimmung, die un­sichtbar durch den ganzen Tenor der Übresse durchgeht. Hätte die Häresie nur dieser Stimmung Mednung getragen, wäre sie nicht au in anderer Beziehung eine Haze Darstellng der Lage, so würde dies allein mi bestimmen, mich derselben ganz anzufließen. Wenn ich alle Bemerkungen, die hier vorgeführt worden, zu einem Gesammtbilde zusammenfassen wollte, so müßte ich fürten, wenn einst die Zeit mil­­dernd und heilend über die Wunde der Gegenwart­­ weggegangen sein wird, daß die Geschichte mir den Vorwurf machen würde, ich habe ein Zerrbild gezeichnet. Dies jedoch wäre sein Zerrbild. Redner glaubt, alle diese Erscheinungen ließen sich auf die legte Erscheinung, und zwar der Stagnation und der Unsi­cherkeit der Berfaffungszustände zurückfüh­ren. Diese führten wieder auf zwei Ursachen, von denen die eine in der DVerfassung selbst liege: Die uallar, widerspruchh­voll, mangelhaft und der Revision bedäürftig und in ihrer Vollständigkeit noch nichtpurchge­führt sei; die andere liege in dem feiner al n fight nach vollkommen unrichtigen Weg, werden d­ie Regierung gegangen, um die Berfaffung durchzuführen Die Kritik der Berfaffung sei woch lange seine Kederei, wenn auchfie soeben unter heiligen Shug genommen­ worden (Bravo lints) ; sie sei auch feine Feindseligkeit, wenn wie füme er dazu, eine solche zu hegen, nachdem er doch und seine Freunde die Berfaflung als den Boden betrachteten, aus dem man alles Net schöpfe, und den er sich nicht entziehen lassen, auf dem er aber auftreben wolle, was no fehlt. (Bravo linke.) Haus sei die Berfaflung ein Anter, an welchen fi gegenwärtig allein die konstitutionelle Monarchie hänge, für ihn sei sie das Medium, durch welches dem Laufe ohne Ostropyirungen die Lösung der Ber­­affungswirren gelingen sei ‚die einzige Möglichkeit, doch allen trennenden Stammeshader und alle Stammerfebn fuhr Wenn es die Aufgabe einer jeden Verfassung sei,duschstach Bezeichnung ver Kostpetenz jeue Beruhigung, jung nit gegeben, französischen sei und in Für­bestandtheiten zu absorbiren, gen, feine Dahl das soll. Die Verfassung Hoffnungen wieder zu der gemeinsamen öster­­reichischen Baterlandsliebe zu gelangen. (Lebhafter Beifall.) welche der öffentliche Rechtezustand haben muß, zu geben, so zwar, daß keiner der legislati­­ven Körper in die Sphäre des andern hinüber greifen könne, so stüffe man sich gestehen, biete Beruhigung engeren Reiherath die Thätigkeit den Grundlagen der Berfaffung der" Recht illusorisch "machen, und dennoch Einnahmen und Ausgaben zu die habe die nicht die Berfal­­ever fiberalistischen Regierung se­ bie Möglichkeit geboten, doch den Landtag Ungarns von Reichsrath zu eliminiren und jeder zentralistischen Regierung stehe er frei, durch den im ihren merthwolisten ohne damit den Bucstaben der Berfas­­sung zu verlegen. Ohne sich in eine subtile Unterschreibung zwischen engerem und weiterem Neid­erath einzulassen, müsse er befennen, daß jede dieser Auslegungen doch die Verfassung gerechtfertigt sei. Die gegenwärtige Art der Behandlung des Budgets sei ganz ruhe sie jedog nicht, denn der Umstand, daß prinzip Gesetgebung nothwendigerweise das eine oder am ja er könne Das Vertretungb­ der Verfassung und vielleicht auch in der Braris in einer Reife ausgeführt, daß sein Neichsrathsabgeordneter von sich sagen könne,oderselbe gentehe das öffentliche Vertrauen, und des ihn entsendenden Landtages, beson­­ders wenn er der einzige Mann war, der ge­nommen werden konnte, den Stammes­ und konfessionellen (Sehr gut, h­urs.) persönliche und bürgerliche Frieden, und auf über einen Gegenstand dem A und die Geldbewilligung über denselben Ge­­genstand dem B zustehe, müsse rege in der verfassungs­­mäßigen Aufstellung und Behandlung des Budgets die Möglichkeit, die Finanzen des Staates zu entlasten und ein Gleichgewicht ein Beweis des Bertran Grundrechte tenne die Berfassung gar nicht, und dennoch schienen ihm dieselben ein roßer Vortheil für wenn gewisse, allgemein anerkannte und dennoch von der Praxis sehr stets verhöhnte Grundlage aufgestellt werden. meine Prinzipien hier und jenseits der Leitha, ganze Reich ums fatend — dazin läge die Solidarität der Interessen, und das Ban, das Ale festhalten würde. Die Unabhängigkeit der Richter ist kein Staategr undgefect, und der Solizeigewalt auf den Nichterstand, durc Die durch die Abhängigkeit von den Vorgefechten,so tief gesunken, daß nur die staatsgrundgefeglich gesicherte Unabhängig­­keit und Oeffentlichkeit des Beriehtes es möglich machen werden, hab subjektive, politische und soziale Motive für unsere Richter Nichts, und hat Gefeb allein Alles sein werde, eines unabhängi­­gen Kompetenzgerichtshofes für Streitigkeiten swischen der Administra­­tion und Justiz, der Kreitung eines obersten und weist daran die Unvollständigkeit fasfung nach. Nechrungshofes Redner übergeht hierauf auf die ungarische Frage.Hier zeige sich die Unfertigkeit der Verfassung und die Unvollständigkeit des Hauses in ihren betrübendsten Ligen,welche jene Erscheinung enhers beiführten,die von den rund wer bereits angedeutet wurden.Hier liege der Grund für die Zweideutigkeit bewog­,fürven Zwang und die unerbittliche Nothwendigkeit,in Ausnahmen und Aus­wahrheiten sich zu bewegen und mit Fiktionen zu hand­hudie,weil sie die Wahrheit nicht sind,die Wahrheit nicht ersetzen können.Gei­­faltrechts.­Daher rübte das Mitschleppen eines Stückes Absolutismus mit dem sogenannten Konstitutionalismus,daher staunen­ Man­­gel an Autorität,die nur eine wirkliche Boyket­vertretung nach oben­ und unten haben kann, die Erscheinung­ daßsau überall,in der Rechtes­pflege,in der Avministration,auf allen Ge­­bieten des Staatslebens demselben schleus drinn,denselben Personen begegne(Beifalllinke); daher die Furuchtbarkeit aller Bemühungen des engeren Reichsrathes, in der Gesetzgebung einem gesunden Liberalismus Eingang zu der dennoch ist benden Einfluß unsere Zusammen­werfung der Justiz mit der fSiekte Bezahlung, der Landtage zuständen sei bringen. Hätten wir Grundrechte, fährt unser N­ichterstand, in preußischen entsprechend, doch einmal Gerechtigkeitspflege Verwaltung. (Lebhafter Beifall.) Redner weist sodann auf die Nothwendigkeit E­in die fa bin Freiheit und für­­ vie durch den betrü­­der Redner fort, gewisse allge ber Durchführung der Vers s. durch Tann arm in Karma VEGREERESE SOK E ATTYA SET TERESA EZES em .«»..,-»-·.-—..Js..,»'·«"-—«-,»-.-«...7.·.,-»Y­a­zi EIERN­ (Aus dem , Orvofi Hettiap“.) Es ist von jeher eine Liebharer von mir gemwesen, Fremden die Merkwürdigkeiten von Beil-Ofen als Cicerone zu zeigen. Ich weide mich so gerne am ihrer Mederraschung, wenn wir vom Mit­­telpunkte der Brüde aus unseren Bad hinauf und hinab den Strom entlang gleiten ressen, an ihrem Entzüden, wenn sich von der Höhe des neuen Festungsweges oder gar vom Bledeberg das große Panorama der Schwesterstädte vor ihnen entrollt ; mir wird es gang warm um’s Herz wie beim Lob der Geliebten, Höre ich von ihnen die Pracht des Donauquais mit dem Schön»­sten vergleichen , was sie in Europas Großstädten gesehen haben. Und gestehe idy8 nur, ich wende manche erlaubte List an, um meine Baterlstadt wo­möglich im g­ünstigsten Lichte sehen zu las­­fen. Wer wird mir’s verdenken, wenn ich nach Thunlichkeit nur folge Stesen paffire, die in legten Jahren frisches Pflaster er­halten haben ; wenn ich mich früher ein wenig umsehe, in wel­­chem Stabslheile ber Unrath halbwegs weggefegt worden und zwar nit vom Winde sondern von richtigen Kehrbefen ; wenn ich mich sogar befriebe unseren treuen Mitbürger, den wirbelnden Staub, wo möglich im Kuüden zu behalten und stets in den Fili­­ter feige, wenn wir ihm die Stirne bieten müssen. Mit solchen und ähnlichen Mitteln einer erlaubten Skelet­­terie ist es mir fast immer zu meiner großen Freude gelungen, jedes Ueberreihen in einem verrätherischen Negligee zu vermeiden und — habe ich nur meine Gäste bis zum Einsteigen in den Eifelbahnwaggon nicht von der Seite gelassen — ihnen einen so hohen Begriff von der Schönheit und Kultur unserer Vater­stadt mit nach Hause gegeben, wie ich nur selbst wü­nschen mochte. Nun, der Erfolg macht tühn umb verleitet ums mitunter zu Leichtfertigkeiten, die wir später bereuen. Unlängst habe ich mic, einer solchen schuldig gemacht, die mir mitten in meinem Ion fihern Triumphe eine ver­bittere Beschämung zugog. Est amarı aliquid quod in ipsis floribus angit. Barım mußte es mir auch einfallen, nach der Besichti­­gung des Kaiserbades , meldhes meinem Gaste so außerordentlic gut gefallen (ich war natürlich bemüht, an jedem der zahlreichen Schmugwinkl und Schmughaufen ber Diner Borstett seinen Süd nach der entgegengefegten Richtung zu lenken) ihn bei hellem Tage auf die Kerepeferstraße zu führen. Ich sah meinen fee­ler zu spät ein ; da war michts zu vertuschen und nichts zu ver­­bergen ; von beiden Seiten des Weges dichte Haufen von allers­lei Abfällen, die bewiesen, daß h­at ein, sondern mehrere Gemüt: und fürmliche Barriluren von Bauernwagen in siebenschürbigster Unordnung, doch die kaum durc­hzusommten war. Das Rochusspitel, d­achte ich, fol mir aus der flemme Helfen und Dies war mein zweiter großer Fehler. Freilich wäre mein Gefährte nur gleich mit mir Hinein gegangen und würde er den schönen Blumergarten im Hofraume gesehen haben, ich zweifle nicht, der Eindruck wäre im Ganzen ein guter geweser. Nun muß er aber den an der Nordseite des Gebäudes auf und abgehenden Wachposten bemerken und mich mit der Trage in Verlegenheit fegen , wozu eine bewaffnete Schildwade vor den Fenstern eines Krankenhauses diene. Das Lügen gehört nicht zu den erlaubten Liften und so mußte ich ihm denn ehrlich berennen, dag das Gouterrain bes Hauses von den Gefangenen der Stadt bewohnt sei. Es war eine fümwere Prüfung für mich, erst die Ausrufe des Staunens und weiter die vielen Gründe anzu­­hören, welche der Fremde gegen ein folder, wie er meint, ganz unerhörtes Zusammenfoppeln zweier total heterogener öffentlicher­­Änstalten laut werden sich: „Des wichtigste und Heiligste aller Wohlthätigkeitsinstitute so Heinstädtisch engherzig behandeln, daß man für dasselbe nicht einmal ein ganzes Haus zur Verfügung habe, das Asyl unglück­­licher Betroffener, das man bestrebt sein solte, von allen abste­­enden oder furchterregenden Aeuterlichkeiten frei zu Halten, ja geradezu mit einem Schimmer von Wohnlichkeit und selbst Ele­­ganz zu befreiven, einen solcjen­legten Zufluchtsort für so viele Tausende, die ohnehin nicht selten mit erflärlicher Angst an ihn denfen,, gerade mit dem­ sprechen often Zeugniß des menschlichen Elends mit dem Kerker in ein Gehäube zu flnden — jedes bes­­sere Gefühl im Menschen muß sich dagegen auflehnen. Und biese Gefangenen selber, sind sie nicht blos auf so und so viele Jahre zum Verluste der Freiheit, zu Kummer und Schande, zu Waffen und Darben, sind sie bei euch­eima auch zu Typhus und Blat­tern verurtheilt worden, dak ihr sie hinfegt, wo sie solchen Stra­­fen mit größter Wahrscheinlichkeit anheimfallen. Aber hat man denn überhaupt in bdiesem Spitale des Raumes so überflüssig, sind Küchen und Wäscherei und Borrathatammern und die vielen Mieikfhöfiselemente eines großen K­rankenhauses hier so gut un­tergebracht , ohne dem Belegraume Eintrag zu thun, daß man bei Gonsterrains so leicht entrathen kann. Das scheint denn doch nicht der Fall zu sein, fuhr er auf dem Wege durch, den Hof­­raum fort zu demonstriren, denn sie aus drei Perioden flammen­­End­idg wußte er body Athem holen nach dem aufgeregten Meden und diese Pause benutze ich zu der flevilanten Bemer­­kung, deß die Krantenhangotreítion wiederholt um Entfernung der Arrestanten erfuhr, daß der Magistret auch die Billigkeit die­­ses Aufsehens anerkannt habe, die Stadt sei aber im so großen Geldrötgen, was selbst so dringend gefühlte Bedürfnisse für eine spätere Zeit vertröstet werden müßten. Das wollte er nun schon gar nicht gelten lassen. „Eine Geldnoth verfiche er nur für tuz zuschauten, für kostspielige Verbesserungen, bei dem Plane für eine Wasserleitung begreife er ec­no ; für ein Spital jedoch gebe es seine Geldnote, dürfe es seine geben. Man habe früher einmal sagen dürfen , wenn Franzosen eine Kolonie gründen, so bauen sie vor Allem ein Theater, die Engländer eine Kirche, die Aze r­faner zu allerart eine Schule; heutzutage aber ist die Huma­­nitätsb­estrebung allen gebildeten Nationen zum Gemeingut ge­worden und Hospitäler sind das Schaflind einer sich ihrer Schuld gegen ihre Mitmenschen lebendig bewußten Gesellschaft. Und haben Sie mir nit selbst von den Hunderttausenden gejagt, die Ihr Prachtbau am untern Donauquai, nebenbei gejagt, ein Pracht­­bau von mindestens zweifelhafter Schönheit, bereits gefortet hat." Vergebeng führte ich meinen etwas aufgeregten Freund duch die Korrivore des minierten Flügels und ließ ihn einige der Krankenzimmer sehen, die in Bezug auf Neinlichkeit seine An­­sprüche halbwegs zu befriedigen schienen. Da waren ihm die Betten viel zu zahlreich und zu eng an­einander gestellt und ge­­radezu unverantwortlic fand er es, daß für so viele Kante bei Tag und Nacht nur eine einzige Wärterin bestellt sei. Und wieder tam er mit Halsflarrigkeit auf das vorige Thema zmiüd, und verlangte, daß ich ihn in den Hofraum führe, in welchen der Zugang zu den Gefängnissen ist. Wir gingen bin und fanden natürlich den Ein­­gang verschlossen. Niemand froher als ich, bag wir ein nec plus ultra für alle weiteren Forschungen in einer wohl verrie­­gelten Thüre und einen seiner Parole bewußten Thürwächter vor uns hatten. Aber so leichten Kaufes sollte ich diesmal nicht wegkommen. Will es der Zufall, dag einer der Angestellten des Hauses vorbeigeht, ein Wort gibt das ambere, und bevor ich­­ mich heffen versehe, Hat mein wißbegieriger Neffender ein Schu , Mittheilungen über die sogenannte Arrestantenabtheilung des­­ Krankenhauses. Da unmittelbar über den Gefängnissen einige­­ Heine Zimmer, theils ein- theils zweifenstrige zur Krantenpflege ! Bestimmt sind ; daß Männer und üranen nur durch ein kleines Borhaus getrennt sind; daß im diese winzige Abtheilung nicht den Bubanten zeugen ja geradezu für die fkte von Neuem fid­­­blos Patienten aus­bieten, sondern auch aus den beiden anderen geltend malende Unzulängsh­eit des befichenden Manns, Gefängnissen der Stadt eingebracht werden , mag aber auch nicht verurtheilte in Untersuchung befindliche Gefangene hier behandelt werden, aber auch Schüblinge, Vagabunden, unterstandslose, bet­­telnde Buben und Mädden und was noch sonst alles befsel, zu verschweigen als zu erzählen war. Ich ftand da auf Napeln, und mußte geduldig zusehen, wie man mein mühsames Walten während zwei Tagen in der leichtsinnigsten, mich büntte fast, 609= hartesten Weise zu Grunde richtete. Mein Reifender verfiel dies ber in den früheren Affekt, der ihn beinahe die Di­frektion außer Acht fegen Sie, die da dem Fremden seinem Wirthe gegenüber so wohl steht ; aber so manches Andere, von dem er hörte, hätte fi­nody ein Wort mit ihm reden lassen, aber daß Leute, die in Untersuchung sind, mit dem Auswü­rfe der Gefängnisse, mit Die­ben und Räubern in Gemeinschaft kommen müssen, weil sie eben das Unglück haben Trank zu werben, bag sogar Minderjährige in so anägenden Kontakt mit dem Laster gerathen, das brachte ihn fast außer sich und bemüthigte mich auf’s Zieffte. Unter solchem Eindruck konnte und wollte ich ihn nit raffen, ich schlug ihm vor, das nahe gelegene Kinderspital zu bes­­uchen, im welchem er eine Mutteranstalt und zwar eine solche sehen werde, die einzig dem milleiltätigen Sinn von Privatperso­­nen ihr Dasein und ihre Erhaltung verbaufe. Wieder ein Feh­­ler, ich war aber schon so ganz aus aller Fassung, dag mich meine gewohnte Buficht fast ganz verlassen Hatte. Ich hatte an das bulabreherische Pflaster vergessen, das die Herbstgaffe so aus­­zeichnet, in welche bo Jahre aus Jahr ein weit über 4000 traufe Rinder wandern, und so Humpelte unser Wagen über Berg und Thal zum Thore der Anstalt. In diesem schmerzlichen Augen­blide mußte si m ein gebemüthigter Vaterstadtflotz die bittere Frage aufwerfen, warin die St­chergasse z. B., das unbedeutende feitabliegende Gäßchen, mit einem so behaglichen Trottoir gesegnet sei und die Herbstgaffe nicht. Soll hier eine Moral zu Grunde liegen, sol es hanßgreiflich barthun, daß der Weg zum after verführerisch bequem, der zur Tugend führende aber steil und bes­chmwerlich ist ? u Die Einrichtungen des Kinderspitales erwarben den lauten Beifall des Fremden ; ich aber befand mich nicht eher wohl, als bis wir wieder am Fenster des ersten Ctocmertes im Hotel­­ de­­ Europe standen und das reizend schöne Bild des Stromes mit seiner malerischen Umgebung zu unseren Füßen Tag. Und als wollte er ein Unrecht wieder gut machen, jagte er nach langem Hinausblicken auf die belebte Szene : „Freund, Ihre Baterstadt hat doch eine unvergleichlic­­höne Lage !" .

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