Pester Lloyd - Abendblatt, September 1866 (Jahrgang 13, nr. 200-223)
1866-09-12 / nr. 208
Länder diesseits der Leitha gemeinschaftlichheilnehmen,Delegirte nach Wien senden sollen.Wan bemerkt mir diesbezüglich weiter,daß die·Zahl der Delegirten,welche jedes Land zu vieler gemeinschaftlichen»Berat·hungen zu entfeinden hätte,von Seiten der Regierung im Sinne«der Feberakte festgestellt werden solle.Nach einer anderen·mitzugehend·en Version soll das Projekt vorliegen,zwar die Ziffer der Delegirten jedes einzelnen Landes im Sinne der Feberakte beizubehalten,die Wahl derselben jedoch nicht nach Gruppen,sondern aus dem ganzen Landtage vornehmen zu lassen- Ueber diese beiden letzteren Punkte vermochte ich indessen»nichts »erfahren,was ich Ihnen als feststehend bezeichnen konnte.orwiegend jedoch gibt sich in Allem,was ich vernehme,die Intention der Regierungskreise dahinkund,daß das zu erwartende ungarische Resultat nicht in den einzelnen Landtagen,sondern nur in einer gemeinschaftlichen Berathung sämmtlicher diesseitiger Länder zur konstitutionellen Behandlung kommen könne.«« Unser Landsmann,Dr.A.Fischhof,spricht sich in einem an die Redaktion des»Telegraph«gerichteten offenen Sendschreiben folgendermassen über die Lage der Monarchie aus: „Es ist wahr,der Tag von Königgrätz ging mit ehernem Tritte, hinweg über das riesige aber entwervte Deiterreich, schwer und tief sind die Wunden, die er jedem der Völker des Reiches klug und unter allen die schmerzlichsten jene, an welchen die Deutschen in Oesterreich bluten, denn diese waren tief und Ser getroffen, in ihren heiligsten nationalen Gefühlen verlost. Da die Situation zu ändern, it nicht im Bereiche unserer Macht ; das Kriegsglück hat gegen uns entschieden , hart und unwiderzruflich entschieden. Um Unglüd thatenlos zu grollen , ist nicht Männerart. Völker wie Individuen müssen in solcher Lage sich momentan auch mitten im Clenve häuslich einzurichten und durch Zhätigkeit und weise Delonomie aller Kräfte und Mittel allgemach) wieder empor zu arbeiten suchen. Und der leitende Politiker, der nicht die Umstände fieh , wohl aber si) den Umwänden anbequemen kann , darf ob bei vielen Schattenseiten der Situation sein Auge nicht den Lichtseiten verselben versclieben wollen , und das Vorhandenseinbieter wird Niemand leugnen, der unbefangenen Blides die politischen Folgen des rechten Krieges prüft. Die zwei Hauptresultate desselben sind die Abtretung Venetien und die Verzichtleistung Defter auf seine Machtstellung in Deutand. Im Verlaufe seines Sendschreibens spricht sich Dr. Fidhof in den anerkennendsten Ansprüchen über den steirischen Abgeordneten v. Kaiserfeld aus, den „Steiermark mit Stolz zu seinen beten Söhnen und Oesterreich mit Verehrung zu seinen größten Bürgern zählt, und der, wie Wenige, berufen, in dem es vielleicht auch beschieden ist, die dauernde Neugestaltung Desterreichs kräftig zu fördern, vorausgeseht, daß seine That: traft seiner Weisheit gleicht.” “ Die Angelegenheit der Belt-Lorenczer Eisenbahngesellschaft in einer günstigen Entscheidung nahe gerückt. Wie nämlich die „Belter Korr.” mittheilt, ist es dem gestern hier angelangten Präsidenten des Verwaltungsras the, Grafen Anton Forgäch, gelungen, im Gesammtministerium für, vor der Abreise Sr. Majestät nach StRI (am 7. d. M.), auf übereinstimmenden Antrag des b. Finanzministeriums und der Tönung, Soflanzlei eine Berathung über die Lorenczer Bahnfrage herbeizuführen, und diese der Erledigung anzuführen. — Der Konkursaufhebung steht nunmehr kein Hinderniß entgegen, und die Regierung bewilligte in Summe 3 Milionen Gulden, wovon 2 Millionen in Barem und 1 Million in Schienen geliefert werden. Der Verwaltungsrath hielt während des geitrigen Tages unter dem Präsidium des Grafen guch mehrere Gebungen, und genaueren Erhebungen zufolge dürfte die Strecke Beit-Tarjin Thon mit Ende Dezember I. 3. eröffnet werden. H Wien, 11. September. Die Meldung, österreichischerseits sei die Herausgabe der eisernen Krone verweigert worden, widerlegt ji durch die Thatsache, dab der italienische Bevollmächtigte Diesen Gegenstand big jet noch gar nicht zur Sprache gebracht hat. Es befindet sich die ehrwürdige Reliquie gegenbärtig zu Verona, wohin sie im Jahre 1859 auf Monza mit großem Pomp gebracht wurde. Schwerlic verbleibt dieses Symbol des lombardischen Königthbums bei Oesterreich, welches sich des lombardisch venetianischen Königreichs nunmehr vollständig entäußert hat. Gestern fand die vierte Konferenz zwischen dem Grafen Wimpffen und dem General Menabrea statt ; er nimmt diese Verhandlung zugleich auch die Thätigkeit des französischen Botschafters sehr in Anspruch. Entschieden dürfte nunmehr sein, daß der auf die Privatgüter des großherzoglich toskanischen und des herzoglich modenesischen Hauses gelegte Sequester aufgehoben und daß für das in den venetianisen Festungen befindliche bewegliche Eigenthum des österreichischen Verar3 eine Entschädigung geleistet wird. EI Wien, 11. September. Aus der „Augsb. Allg. 3ta." ist in die Blätter die Nachricht übergegangen, es sei den Gemeindevorstehern im südlichen Tirol die Weisung zugenommen, die Gemeinden zu einer Kundgebung für das Berchreiben bei Oesterreich zu veranlassen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Man hat hier in Erfahrung gebracht, daß einzelne Gemeindevorsteher in spontaner Weise zu Adressen in der gedachten Richtung aufgefordert haben. Daß freilich in Wien kein Grund vorhanden ist, solche Adressen ungern zu sehen oder gar zu hintertreiben, liegt auf der Hand. In Bezug auf die Meldung,daß der erste Generaladjutant des Kaisers,FML.Graf Crenneville,·von Kiffingen aus mit einer Mission nach Paris gegangen sei oder·geven werde,wird mir auf das Bestimmteste versichert,daß dieselbe jeder Begründung entbehrt. · Die Befestigung Wiens,nach einem·Sy·stem übrigens,welches der Entwicklung der Reichshauptstadt in jeder Beziehung den freiesten Raum lasse,ist von den tompetetten militärischen Stellen dem Vernehmen nach im Prinzip bereits als dringend wünschenswerth erkannt und werden,sobald das Prinzip an allerhöchster Stelle gebilligt worden,die betreffenden Vorschläge und Pläne im Einzelnen ausgearbeitet werden. Politische Rundschau,12.September.Die telegraphisch mitgetheilte Note der,,Patriet«über die Donaufürstenthümerfrage wird nicht verfehlen,großes Aufsehen zu erregen.Frankreich nimmt in ausfallender Weise Partei für die rumänischen Bestrebungen und sucht auf die Pforte eine Pression auszuüben,ähnlich derjenigen,welche gegen Oesterreich angewendet wurde,ehe es sich zur Zession Venetiens entschlossen hatte.Zwar spricht die»Patrie«noch von»Anerkennung der Suzeränität der Pforte««;aber man weiß,daß diese Suzeränität bereits zur bloßen Fiktion gewordenKurt,die Pforte ist mit ihren Freunden so übel bestellt wie mit ihren Feinden,und es ist nur der Unterschied,daß Frankreich sie langsam zu Tode kurst-mähtend.Uoch schneller quer begehen würde.Vorläufig läßt sich der Note der»Patrie«entnehmen,daß die Ernennung Moustier’s allerdings,wie vermuthet wurde,mit der orientalischen Frage im Zusammenhang steht. In Berlin scheint man sich von Seitennarkteichs ganz sicher zu fühlen. Die offiziösen Journale führen eine Sprache, als ob ein neuer Krieg gegen Desterteich angezettelt werden sollte. Wir sind es gewohnt, hab die „Norbd, Allg. 319." fi in den frechsten Weußerungen gegen alle Staaten, besonders gegen diejenigen ergeht, welche sie, wie das militärisch ihm nahe Belgien, ershreden zu können glaubt. Alles Maß überschreitet jedoch das Organ Bismard’s, wenn es, indem 1! ·