Pester Lloyd - Abendblatt, September 1866 (Jahrgang 13, nr. 200-223)

1866-09-19 / nr. 214

ausgehenden Fuhren aufzulauern und sie zu plündern,und bei diesem Anlasse kamen bedau­erliche Exzesse vor,gegen welche, wie es scheint,seitens der Behörde nur u­nzureichende Vorkeh­­rungen getroffen wurden. Die Cholera hat den Berichten der , Brekb. 3ta." zufolge im Neutraer Komitat sehr ernstlich um sich gegriffen, und hatte die Seuche in diesem Komitate bis zum 17. b. bei­­ 1500 Personen dahingerafft. In dem Heinen Fleden Tornócz (Eisenbahnstation), welcher kaum 200 Seelen zählt, sind bereits 88 Personen der Krankheit erlegen ; in dem Fleden Ujlak rafft die Cholera täglic­h 3—15 Personen weg, und so auch in an­­deren Ortschaften der Umgegend.­­ Wien, 18. September. Die ihnen bereits vor eini­­gen Tagen signalisirte Differenz zwischen den österreichischen und den italienischen Anschauungen bezüglich der finanziellen Aus­­einanderlegung nimmt bedenkliche Verhältnisse an. Die Ein­­mischung Preußens hat auf Oesterreich erbit­­ternd und somit nur ungünstig gewirkt. Napoleon III. lehnte seinerseits die von Italien erbetene Vermittelung ab. Der freundliche Charakter der österreichisch:italienischen Verhand­­lungen ist übrigens durch jene Differenz nicht beeinträchtigt worden. Preußens Verhandlung mit Sachen hat in den Letzten Tagen, vornehmlich durch die Bemühungen der Königin-Witwe von Preußen (Smillingsschwester der Königin von Sachsen) eine Wendung genommen, welche eine nahe Verständigung in Aussicht stellt. Aus Rom wird gemeldet, daß der päpstliche Geheimkäm­­merer, Msgr. Fürst Hohenlohe, sich in außerordentlicher Mision nach London begibt. E­FT Wien, 18. September. Baron Werther hat heute Dr. Majestät dem Kaiser in einer Privataudienz die Kreditive überreicht, welche ihn als „Gesandten in außerordent­­licher Mission” beglaubigen. Er ist das eine Form, welche nicht ausschließt, daß er ständig hier bleibt, und welche am aller­­wenigsten bedingt, daß er nur zur Erledigung bestimmter Spezialfragen bevollmächtigt worden. Lange Zeit hatte Rusland und noch fest hat Dänemark einen „Gesandten in außerordent­­licher Mission” in Wien.­­Es ist eine Form, die einer gewissen Entfremdung und Kälte einen äußeren Ausdruck gibt, aber die Kompetenz des Bevollmächtigten nicht enger begrenzt. Bezüglich des viel kommentirten Aussceibens des Erz­­herzogs Karl Ferdinand aus dem aktiven Dienste wird mir von sehr orientirter Seite eine kgdssgruta 5 gegeben, die ich nach meiner Kenntnis der, personen und Verhältnisse für unbedingt zutreffend halten möchte. Der Erzherzog war bekannt, ist bis zur preußischen Okkupation kommandirender General in Mähren und Schlesien und er trat das Kommando in Wien nur interimistish und nur mit dem Vorbehalt an, seinerzeit in seine frühere Stellung zurückverlegt zu werden. Nachdem aber jenes Generalkommando als solches zu existiren aufgehört hat und der Síp desselben nach Wien verlegt worden ist, zog er es vor, sich zurückuziehen, um in Brünn, wo er seit Jahren seine ganze Häuslichkeit konzentrirt hat, und auf seiner nächst Brünn gelegenen Herrschaft Selowis auch fortan seinen bleibenden Wohn­­sit nehmen zu können. Der Abmarsch der fähsischen Truppen muß sehr nahe bevorstehen. Der Volksgarten zeigt für morgen das „Abschiedskonzert der Fün. fähsischen Infanteriebrigade Prinz Georg“ an, der Friede­n zwischen Sachsen und Preußen ge­slddert sei. Die Friedendbedingungen sind ganz barnach­einge: Politische Rundschau, 19. September, geht uns auf telegraphischem Wege die michtige Aug Wien Nachricht zu, richtet, um Sachsen für immer an Preußen zu fesseln. Der Kronprinz von Sachsen muß als Befehlshaber der füc­­sishen Armee dem Könige von Preußen den Eid der Treue leisten. Der Königstein erhält den Charakter einer Bin­­defestung, was mit der Weiergabe dieser Festung an Preußen gleichbedeutend it. Die sücfische Armee wird nach preußischen­ Muster organisirt und auf einen Stand von 40.000 Mann er­­höht. Vielleicht sind dem Könige von Sachen in mancher Be­­zieh­ung günstigere Bedingungen gewährt worden, als ihm an­­fangs in Aussicht gestellt waren. In der Hauptsache hat Preußen seine Absicht erreicht , der bisher treueste Bundesgenosse Oesterreich it nunmehr gezwungen , seine Kräfte im Dienste preußischer Interessen zu verwenden. In Deutschland wenigstens ist die von Lavalette angekündigte „Freiheit der Allianzen” nicht o. 3 berundende Prinzip. An Widerstand gegen die preußischen For­­derungen hat es Sachsen nicht fehlen lassen, aber die in Paris wieder zur Herrschaft gelangte preußenfreundliche Strömung mußte eine endliche Verständigung nothwendig erscheinen lassen. Wie eine Korrespondenz der „KR. 3." behauptet, hat der sächsis­che Gesandte in Baris Herr v. Seebach einen vertraulichen Mint erhalten, wie angenehm es der französischen Negierung wäre, die preußisch-sächsische Angelegenheit möglichst rasch gere­­gelt zu sehen. Einer Pression von dieser Seite mußte Sachsen weiche. Hoffentlich wird und nunmehr auch bald die Nachricht werben, daß der Friede zwischen Oesterreich und Ita­­lien geschlossen is. Während unser Korrespondent behauptet, daß Frankreich eine Einmischung seinerseits in die österreichisch­­italienischen Unterhandlungen ablehne, wird aus Florenz ge­­meldet, daß am 17. b. eine Konferenz in Wien stattgefunden, in welcher General Menabrea eine von Frankreich und Preußen unterftagte Transaktion in der Schuldfrage vorgeschlagen hat. Wir haben bereits gestern dag Mesen bir­­ser Schuldfrage nach den uns zu Gebote stehenden Mit­­theilungen darzustellen versucht. In einer Pariser Korrespon­­den; der , A. A. 3." finden wir heute darüber noch Folgendes : Bei den Friedensunterhandlungen von Zürich hatte das Kabinet von Turin es durchgefest, daß ihm blos drei Fünftel vom Monte­ Comardo,veneto und ferner 40 Millionen für das im Jahre 1854 abgeschlossene Ansehen , ebenfalls vier Fünftel des auf Italien zu überschlagenden Theils bildend, zur Zahlun­g auferlegt werden. Oesterreich wollte schon damals die Ausglei­­chung auf Grundlage der Gesammtstaatsschuld und der italienis­chen Bevölkerung bewerkstelligt wissen. Bei den Verhandlungen von Nikolsburg bestand Italien neuerdings darauf, daß ihm die noch übrigen zwei Fünftel allein auferlegt werden und, wer Frankreich und Preußen unterfragte, trug die italienische An­­schauung wirklich den Sieg davon. Die italienischen Unterhänd­­ler glaubten somit die Grundlage von Zürich als gesichert be­­traten zu dürfen, und waren nicht wenig erstaunt, in bir Kaiserstadt angenommen, zu erfahren, daß Desterreich zwar biz Büriher Grundlagen fir die bis 1859 zu Stande gekommene Staatsschuld hingehen lassen wolle, daß aber im Gegentheil fit: die seit 1859 abgeschlossenen Ansehen die von Oesterreich ver­­langte Berechnung nach der Seelenzahl zur Richtschnur genom­­men werden müsse. In Ziffern ausgesprochen, beläuft der Un­­terschied wischen den beiden Veranschlagungen sich auf 100 Mil­­lionen $r., indem Oesterreich 350 Millionen verlangt, während Italien blos 250 Millionen anbietet. Allem Anschein nach wer­­den die Verhandlungen in Folge dieser Meinungsverschiedenheit sich noch um einige Tage hinausschieben , doc zweifelt ma­n nicht an einem endlichen guten Ergebniß , und Italien zählt auf die freundliche Vermittlung von Preußen und Frankreich, die ihm auch kaum entgehen wird. · Ueber die andern Punkte des Friedensvertrages ist,wie AUs Florenz gemeldet wird-ein Einvernehmen erzielt.Auch ist der italienische General Nevel nach Venedig abgereist,um ein Arrangement wegen der Uebergabe der Festungen zu treffen­ . ipaf

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