Pester Lloyd - Abendblatt, September 1866 (Jahrgang 13, nr. 200-223)
1866-09-11 / nr. 207
Apennin-eins "Dienstag,11.September.Nr.207. (Die einzelne Nummer kostetäkr.ö.W.) Pest,1866. Telegr.Depeschendes»Pester Lloyd«. Berlin,10.September.(K.-B.)Das Herrenhaus nahm in seiner heutigen Sitzung nach längerer Debatte die Annexionsvorlage in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung an.—Die,,Nordd.Allg.«Ztg.· schreibt:Die Verhandlungen mit Sachsen wurden noch nicht auf die künftige Stellung Sachsens zum Nordbunde ausgedehntet.Preußen verlangt als Vorbedingung der Verhandlungen die Räumung der Festung Königstein.Dieselbe erfolgt wahrscheinlich demnächst. Konstantinopel,10.September.(K.-B.)In Candia finden täglich Zusammenstöße zwischen Türken und Griechen statt.Das Militär schreitet kräftig ein.Der Generalgouverneur von Macedonien Hueni Pascha wurde abgesetzt.Die Pforte errichtet eine Gesandtschaft in Washington.An die Pforte ist eine Petition um Ernennung Aristides Baltazzi zum Fürsten von Samos gelangt. Die Eisenbahn Varna-Rustschuk ist fertig. Konstantinopel,11.September.(K.-B.)Die Koupongzahlung für Oktober—Jänner ist durch das Arrangement mit der Sociesté Egénérale und der ottomanischen Bank gesichert.Saviet Pascha soll Großvezier,Cabouly Handelsminister,Halil Großmeister der Artillerie werden.Marquis de Moustier erhielt den Osmanilorden in Brillanten.Nach Candia und Samos sind Truppenverstärkungen abgegangen.Eine amerikanische Kriegskorvette ist hier angelangt. Berlin, 10. September. Getreidemarkt. Bei sehr sehr beschränkt. Weizen Yofo und auf Lieferung wenig Umrat, Roggen soso unverändert, auf Lieferung war die Kaufluft merklich höher. 10. September. Hamburg , sehr fest. · Amsterdam,10.September.Getreidemarkt. Weisen und Loko-Roggen etwas höher,Termin-Roggenmatt. · London,10.September.Getreidemarkt Etwaifcher Weizen4s,fremder2s,Malzgerste28,Mahlgerste 1s,Hafer-Vs höher.—Wetterschön. Getreidemarkt == Weber das Scheitern der Verhandlungen, meide allenthalben die Hoffnung auf das baldige Inslebentreten des ungariischen Ministeriums hervorgerufen, finden wir heute im „Hon“ einen Artikel, der die Vorgänge einer scharfen Kritik unterzieht, die nicht ganz frei von ironischen Betrachtungen ist. „Hon“ äußert sie folgendermaßen : Mir sahen, daß die Sache in solchen Händen war, aus welßen niemals rasche Thaten hervorzugehen pflegten. Das auptkennzeichen der sogenannten konservativen Politik i: GSchwanken, Zögern und Aufschieben, zumal in einer Epoche, wo die Leiter der Partei die Annehmlichkeit der „beati possidentes” genießen künnen. 63 heißt, die Trage des ungarischen Ministeriums sei aus dem Grunde oder unter dem Borande vertagt worden, weil die „Deal-Partei” sich nicht mit den Konservativen vereinen wollte, diese Lektoren aber sich außer Stande gefühlt haben, eine Regierung zu bilden, die vor der Neidstaggmajorität im Ernste hätte erscheinen können. Sene Patrioten, die sich mit Recht der Freundschaft Stanz Deus’s rühmen dürfen, fordern gewiß, daß die maßgebenden Kreise schon fest ihre Zustimmung zum Claborat der Fünfzehner-Subkommillion erklären. Wie es scheint, ist es ihnen nicht gelungen, diese Besicherung zu erhalten, und haben sie hierauf Wien verlassen und den Blut den Konservativen geräumt, die im verflossenen Sommer sich gegen das Ministerfoftem ausgesprochen haben, endlich aber body nicht abgeneigt waren, den Ministertitel anzunehmen, wenn sie nur bezüglich des Wesens der Sache vieselben bleiben könnten, die sie bisher waren, und, wenn, sie nicht fürchten müssen, daß sie bei einer Niederlage im Reichstage im Sinne des rebt in Europa florirenden Konstitutionalismus der Majorität zum Trot ihre Wirksamkeit fortzufegen genöthigt wären. Die Konservativen willen, daß dieser Fall schon beiner ersten Diskussion einer Prinzipienfrage zuverlässig eintreten muß. Sie müßten also resigniren oder solche Männer als Nachfolger empfehlen, die so lange seine Regierung bilden können, bis nicht das Minimum der Forderung ihrer Partei — BA A 003 Glaborates des Fünfzehner-Komites — gesert ist. Wir müsen annehmen, daß in diesen Tagen der abgelaufenen Verhandlungen an die alte deutsch-österreichische Bureaufratie nicht geruht hat, sondern mit dem vollen Apparate ihrer bekannten Argumente aufgetreten ist. „Weshalb soll man — sagten diese Herren — die Genennung des ungarischen Ministeriums rebt urgiren, wo uns Niemand dazu zwingt. Die Angeegenheiten des „Reiches” stehen durchaus nicht schlecht. Durch den Verlust Venedigs haben wir die unfräsbare Position gerwonnen , daß jede Ursache zu einem Krieg mit Italien und Frankreich weggefallen ist. Die Angelegenheiten 063. deutschen Bundesinfommodiren uns nicht mehr, und die Beit, in welcher ein neuer Bismard seine Augen selbst auf die Deutschz österrei Hhsden Provinzen zu werfen wagen sollte , ist so weit entfernt, daß höchstens unsere Enkel sie erleben. Königgräß ? Wer würde heute noch von einer Vergangenheit von so unangenehmer Erinnerung sprechen. Die Armee it wieder organisirt, die fünflribirten und angeworbenen N Rekruten haben die gelichteten Reihen ergänzt, heute over morgen werden wir Zündnabelgewehre in genügender Menge haben, und verlebte Krieg hat bewiesen, welche Generäle diejenigen sind, die nicht unter einem so glücklichen Stern geboren wurden, hab man ihnen die Führung ganzer Armeekorps anvertrauen könnte. Ober haben wir vielleicht kein Geld ? Wir hatten teines, so lange die Bantatte den Finanzminister, genitte; egenwärtig it jevoch auch dieser Damm niedergerissen und un 2 Schiff tann in der Richtung der aufgezogenen Schleuße Gott weiß bis wohin vorbringen. Mit einem Worte: Tein Grund, 0. b. Fein solcher Grund, welcher für die „heutigen Staatsmänner” von Gewigt zu sein pflegt, ist heute dafür vorhanden, daß wir uns dur allerlei Neuerungen , wie der Vorschlag der Ernennung eines ungarischen Ministeriums wäre, Sorgen, Werger und Unbequemlichkeiten verursachen sollten. Over könnte uus vielleicht das Lärmen der Zeitungen stören? Guter Gott, in Pet herrscht das Preßgeieb Bad'3., in Wien der Ausnahmszustand ! Diver könnte vielleicht jemanden der Umstand beunruhigen, daß die Einberufung des ungarischen Reichstages nicht verschoben werden kann ? Was ist der ungarische Reichstag ? Eine Kasinoversammlung, in m welcher die Bar trioten sich auslärmen, worauf sie wann nach Hause gehen. Wer der wir, noch sie wissen, wie dieses System in den Ujus gekommen it; nun aber ist der Usus nach ungarischen . Tonstitutios neuen Begriffen ein zweites elet. Im Jahre 1861 sind sie in ihren Forderungen sehr weit gegangen, doch blieben sie auch nicht ohne Strafe. In der ersten Hälfte von 1866 haben sie sich gemäßigter betragen , dafür wurden sie aber auch in Gnaden nach Hause entlassen. Und