Pester Lloyd, Oktober 1867 (Jahrgang 14, nr. 230-256)

1867-10-18 / nr. 245

Das Faiserliche Handschreiben, a. Heft, 17. Oktober. Der Konflikt­ zwischen den österreichischen Bischöfen und der österreichischen Wolfsvertretung ist durch das kaiserliche Handschreiben an den Kardinal NRaufher in einer Weile entschieden worden, welche selbst die hochgespanntesten E­riwartun­­gen der­ liberalen Partei befriedigen muß. Die Worte Sr. Ma­iestät werden in allen Theilen Europa’s einen freudigen Wider­hal finden ; denn die Ficchliche Trage ist nicht nur in Oesterr­­eich heimisch ; fast in allen Ländern dieses Welttheiles besteht ein mehr oder minder schroffer Gegenzug zwischen Kirche und Staat, steht die ultramontane Partei den freiheitlichen Bestre­­bungen feindlich gegenüber. Fast nirgends kan sich der Glaube mit dem Wissen verführen und überall gibt es Fraktionen, welche den freien Flug des Geistes hemmen, den freien Gedan­­ken binden und unterjochen möchten. Die Bartei der Dunkel­­männer, gestehen wir es offen, hat in Desterreich bis­tet ihre Stüte und ihre Zuflucht gesehen. Auf das Konforkat, wie auf einen sicheren Fels bauend, war sie der festen Leberzeus gung, bag gerade in Defterreich die Macht der Kirche und des Klerus nie einen Abbruch erleiden werde. Das kaiserliche Hand­schreiben bringt in­ diesen allgemein, verbreiteten Anschauungen einen plöglichen und durchgreifenden Umschwung hervor. Das Licht kommt einmal auch: von Desterreich , von der Kaiserlichen Residenz in Wien ertönen Worte, welche weit über die Gren­­zen Oesterreichs hinaus einen ermuthigenden ‚Cindrud auf Alle machen werden, welche für­ die Freiheit « der «Geister hänpfen. Die Niederlage aber, welche der österreichische Ultramontanis­­mus erleidet, sie trifft‘ die Reaktion aller Länder mit gleich herbem Schlage. Wir finden die enthusiastische Ovation, mit welcher das Österreichischische Abgeordnetenhaus das kaiserliche Schreiben erz­iwiberte, mehr als gerechtfertigt ; vollkommmen begreiflich ist und auch die­ begeisterte­ Stimmung, welche die Wiener Bevölkerung in diesem Momente beherrsgt. Wie viel auch in den legten Deonaten geschehen war, um den Glauben an die Negeneration der M­onarchie zu beseitigen, immer waren doch in den Gemü­­thern­ bange Zweifel vorhanden... Die Konkordatsfrage schwebte wie ein finsterer probender Schatten am Horizonte Cigleitha­­niens. Mean fürchtete, daß jeden Moment die Reaktion aus dem­ Hinterhalte hervorbrechen könne, um die junge Saat­ des­­ Konstitutionalis­mus zu vernichten. In den legten Tagen fehier­ten diese Besorgnisse sich bei Wahrheiten zu follen. Die Sturm­abrefse Der Bischöfe hatte eine kirchliche und politische Reaktion zum Bwede. Man glaubte eine Ministerkr­sis im Anzuge. Die Rekonstituirung der Monarchie war in Frage gestellt und der mühsam aufgeführte Bau schien aufs Neue in Trü­mmer fallen zu sollen. Das Faiferliche Handschreiben macht den Zwei­­feln und den Beängstigungen ein Ende. Zwar die Konkordatsfrage selbst ist damit noch nicht gelöst, und es wird noch mancher Anstrengung bedürfen, ehe man baz mit ts Reine gelangt. Aber durch das Faiferliche Wort ist entschieden,, daß die Reaktion Feine Stüge an dem Throne fin­­den kann, daß sie vergebens hofft, ihre Ziele auf Ummegen zu erlangen. Entschieden ist ferner, daß Der Monarch die kirchliche Agitation mißbilligt daß er an jener Sprache feinen Gefallen hat, von der die Aoresfe der Bischöfe Gebrauch macht. In dem Prozesse zwischen Viberalismus und Ultramontanismus hat der Kaiser Necht gesprochen und man weiß nunmehr, zu weilen Gunsten, sein Urtheil lautet. Der wichtigste Sat des Hand­­schreibens ist aber jedenfalls, wo der Kaiser fi auf seine Pflich­­ten als konstitutioneller Negent beruft. Damit ist auch ausge­­sprochen, daß die Konforbatsfrage auf konstitutionellen" Wege " gelöst werden san und sol. Diese Versicherung wird der­­ ibe­ralen Partei vollkommen genügen und den Konstitutionellen Prinzipien gemäß konnte der K­aiser auch nicht weiter gehen. Das kaiserliche Handschreiben bezeichnet den Beginn einer Aera, wie Oesterreich sie seit den Tagen Joseph’s II. nicht er­­lebte.. Doch der damaligen Zeit fehlt der konstitutionelle Geist, und Kaiser Joseph II. selbst befah sein Verständnis­­ für die Selbstregierung und Selbstentwicklung der Belfer. Das hat sich nun Alles ganz anders und viel besser gestaltet. So kann die Initiative des Monarchen in Wahrheit eine rettende That genannt werden, welche Die Befriedigung im Innern, das An­­sehen nach Außen in bisher ungeahnte Weise erhöhen wird. Freiherr 9. Be­u­st aber hat einen glänzenden Sieg errungen. Er hat einen Erfolg erzielt, w wie er nicht leicht einem Staats­­manne zu Theil ward. Leber die glatteste Stelle seiner sehnwie­­rigen Laufbahn ist er glücklich hinnweggekommen und er darf nun wohl mit einiger Zuversicht vorwärtsschreiten. LI. = Wien, 16. Oktober. Das Ereigniß 008 Tages ist das Handschreiben, welches Se. Majestät an vng cisleithanische Episkopat gerichtet hat. Der Anhalt dieses hoch bedeutungsvol­­len Schriftstückes ist den Lesern ihres Blattes auf telegraphi­­schem Wege bekannt gegeben­­ worden ; die Wirkung, welche die­­ses waiserliche Wort auf die hiesige Bevölkerung hervorgebracht hat, ist eine sehr erfreuliche. Die Aufregung, von welcher die öffentliche Stimmung in der ganzen Westhälfte des Neic­es in Folge des Helikalen Angriffes auf die konstitutionellen Maximen und Bestrebungen erfaßt war und noch ist, dürfte durch die Entschließungen­ der Regierung beschwichtigt werden ; das Miß­­trauen und der Pessimism­us, die sich vor Gemüther bemeistert hatten, können nun, da die konstitutionellen AD­een auch in der Regierungssphäre einen sc­hönen Erfolg errungen , bekämpft werden ; bislang war dies fast eine Unmöglichkeit geworden. Das Werk der Kon­­stitwirung ist eben durch die kaiserliche Entfliegung nicht wenig gefördert worden ; der blasse Zweifel an der Möglichkeit seines G­elingens ist gebannt ; man schöpft Hoffnung, daß, da die erste Vorauslegung eines konstitutionellen Regimes — die freie, staatliche Souveränetät — nicht mehr durch eine privile­­girte Karte Lügen gestraft werden kann, auch die Konse­­quenzen unseres staatlichen Umgestaltungsprageffes dem wahr­­haft konstitutionellen Geiste entsprechen werden. Man schöpft frischen Muth und frohe Hoffnung; in Den Kreisen unserer Abgeordne­­ten wird das kaiserliche Handschreiben als ein glänzender Sieg Beusts über Tendenzen begrüßt, welche in einer „kleinen, aber mächtigen Partei" eine gewaltige Säule finden, eine Säule, deren Kapitale in gar hohe Regionen hineinragt. Zu diesem ersten Siege, welchen die konstitutionelle Spee über tief eingei­unzelte Traditionen davon getragen, hat der, wenn auch in Schrift und Wort noch immer nicht besiegelte, aber doch in dem Bewußtsein der beiden Bevölkerungen Leben­­dig gewordene Schuß- und Tinkvertrag z­wischen ber­eise und trangleithanischen Liberalen Partei entscheidend eingew­irkt. Die energische Zurückweisung, welche die öffentliche Meinung Un­­garns dem Schritte des cisleithantischen Episkopates ungedeihen­­er, sowie die­­ Bestrebungen der ungarischen Regierung zu Gunsten der Konstitutionellen. Portulate haben ihre Wirkung nicht verfehlt und wir dürfen in dem kaiserlichen Handschrei­­ben, sowie in den Schritten der Regierung, welche demnächst mit Gewißsheit zu gewärtigen sind, die erste kostbare Errungen­­schaft begrüßen, welche uns dieser Bund der Völker gebracht. Und wahrlich, die Einigkeit, welche starr macht, thut sehr noch ; der Kampf um die Sicherheit der konstitutionellen Frei­­heit ist erst eröffnet ; der gemeinsame Gegner ist Eühn und vor Ausdauer, auch wir dürfen nicht erschlaffen und uns in des Sieges Sicherheit­ einlullen lassen. „Dreiheit wie in Une gern" — .dies­ war ‚der Tenor, welcher die dreitägige Beh­atz­­ungsdebatte beherrschte , wollte man von Regierungsseite das Rek­utenbewilligungsrecht ver Vertretung, oder von überfrom­­mer Stelle das Steuerbewilligungsrecht des Reichsrathes ver­­füvzen , ober. bestreiten, so. machte­ die Argumentation, das die ungarische Verfassung diese werthvollen wichtigen Prärogativen befite, die Gegner verfassungsmäßigen Rechtes verstummen. Und so errang das Prinzip der Rarität, der Ge­danke eins Bündnisses der Belfer zum Schuge der Freiheit auf beiden Gebieten und in beiden­ Sphären der konstitutionellen Gesebgebung in der Mitte der legislatorischen Thätigkeit, sowie in der­ Entfehliegung der Exelative einen glänzenden Sieg, einen Sieg, der ung eine erfreuliche Gewähr bietet, mag der Neid­erath,, eingevent der Nothwen­digkeit dieses Bündnisses, dem getroffenen finan­­ziellen Uebereinkommen in der­ nächten Zeit seine Zustim­­mung geben werde, damit das Fundament des Konstitu­­tionalismus haben wie brü­ben gesichert es. Gestatten Sie mir, zum Schluffe, aus dem faiserlichen Handschreiben noch einige Gesichtspunkte,, die einer besonderen Beachtung merth sind , hervorzuheben. Das Handschreiben konstatirt mit einer sehr geschichten A­bsichtlichkeit, daß die Adreffe der Bischöfe nicht gleich jener des Wiener Gemeinderathes persönlich von den Absendern der Adreffe oder deren Bevollmächtigten übergeben, sondern nach dem Hoflager nach Ffi zugeshikt wurde. Indem ferner an die Verfassungssänmpfe in den Jahren 1849 und 1861 erinnert wird — zu welchen Zeiten das Opistopat ver­wandte, wenn auch nicht analoge Manifestationen erlisch, — soll angedeutet werden, daß auch ohne das Konfordat — wie eben im Jahre 1849 — „Nechte und Ipnterefsen der katholischen Kirche” mit den staatlichen Einrichtungen in Einklang gebracht werden müssen. Die Zitation des Jahres 1849 ist in dieser Richtung eine sehr glückiche und findet man die Konzeption Beust’s bald heraus. Der Tadel, welchen der Schritt der Biz daß er die nach V­erf­ührung zielenden Beziebungen­ der Negierung erschwert , it deutlich genug und bedarf seines Kommentars. Allein auch die „Vorlage” erfährt, sowie die „BV­eröffentlichung" der Adresse eine kräftige Berurt­eiz­lung und wird so das inkonstitutionelle Vorgehen der Bischöfe scharf genug beleuchtet. Die Antwort, welche das M­inisterium auf Die bischöfliche Adresse geben wird , dürfte, soviel an un­terrichteter Seite verlautet , in ziemlich milden Tore abgefaßt­­en. Nach dem Exlasse des kaiserlichen Handschreibens ist dies auch von ununtergeordneter Natur. Man sagt , die ministerielle Antwort werde si von dem Grundlage : fortiter in re, suavi­­ter in modo leiten lassen.­­ Schöfe darob erfährt, — 9n Waisen hat heute die Abgeordnetenwahl stattgefun­­den und errang dabei der Kandidat der Dealpartei, Herr Dragffy, der­ bei den Abgeordnetenwahlen im Herbst 1865 dem Baron Hermann Podmaniczty gegenüber in der Minorität geblieben war, einen entschie­­denen Sieg. Der diesmalige Kandidat der Linien war der erste Brieger Span des Vester Komitates, Ludwig Beöthy, der jedoch mit Rücksicht auf die Stärke der einander gegenüberstehenden Parteien im rechten Momente von der Kandidatur zurücktrat. Die Wahl wurde in Folge veffen durch Akklamation vollzogen und wird nun Herr Drágffy, der, wie gesagt, zur Dealpartei gehört, den Waisner Wahlbezirk im Ab­­geordnetenhause vertreten. Der unerwarteten Niederlage, die der Deát­partei vor Kurzem im Pester Sprephstädter Wahlbezirke beigebracht wurde, ist nun ein glänzendes P­aroli geboten. Am 1. August 1. 2. wurde nämlich in Waisen Ludwig Rosfuth, am 17. Oktober aber ein Mann der Deátpartei zum Abgeordneten gewählt. Hiedurch ist auch der Beweis geliefert, dab am 1. August nur die Minorität der Wähler bei der Wahl erschienen war. Die Redaktion der „Politik” fordert sämmtliche, flavischen In­­teressen ge­widmeten Journale des In- und Auslandes auf, die ger­­an­mte Slawenwelt auf die Verhältnisse in Kroatien und auf den Nothstand in der Vita aufmerksam zu machen, und für die dortigen Bedürftigen die Mittel zu materieller Unterstüsung zu sammeln. Was­­ die Lifa anbelangt, so mag dieser Aufruf als Art der Humanität gel­­ten, hinsichtlich Kroatiens jedoch ist verfelle eine verleumderische Au­­flage, in welcher von „magyarischen Gewalthabern” und von „unschul­­dig Verfolgten” die Rede ist, die „zum Lohn für ihre nationale Treue und ihre Charakterfertigkeit rammt, ihren Familien der bittersten Noth preisgegeben­ werden.” — Die Lasten, welche hiedurch den Kroaten ent­­stehen, sollen, wie es in diesem agitatorischen Aufruf heißt, sammtliche Slaven mittragen helfen. St. Baris, 14. Oktober. Die­aberikalen sind in Verzweiflung ; der Aufstand im Römischen wächst, die fünf Provinzen des Kirchenstaa­­te bis vor die Thore Rom­s sind verloren. Und dabei ist seine Aussiht auf französische Hilfe. “Die Union­ bricht heute in wahre Schmerzens­­rufe aus und beschhwört Frankreich, sofort einzuschreiten ; aber diese Aufforderung wird glücklicher Weise vergebens sein. Unsere Regierung wird nicht interveniren, so lange der Kampf auf die nsurgenten und die päpstlichen Soldaten bescränkt bleibt und das Königreich Italien sich nicht einmischt. Sollten wirtlich Mairegeln in Betreff des Kir­­henstaates nothi­endig werden, so werden sie nur in Webereinstimmung mit der Florentiner Regierung getroffen werden. Das kann ich Ihnen aus bester Duelle versichern. — Auch heute behalten die Nachrichten aus Italien ihren alarmirenden Charakter bei. Vor drei Tagen zählte die Armee der Aufständischen bereits 5000 Mann. Sie war hauptsäch­­lich in fünf große Schaaren eingetheilt, die in Sgarese, Correse, vor Sabina, bei Frosinone, ihre Hauptquartiere haben. Die Begei­­sterung wächst in Florenz beständig, und sie ist durch eine neue Prokla­­mation Garibaldi’3 vom 7. noch erhöht worden. 63 wird feit auch die Erklärung des räthselhaften Sakıuma gegeben, daß einige Bataillone der römischen Beratung ausmarschirt, aber sofort zurücgekührt sind. Die Sache verhielt sich so, daß die päpstlichen Truppen ausgeschicht waren, um die Insurgenteni wärme zu vertreiben , die sich bei Tivoli gezeigt hatten. Kaum aber hatten sie die ewige Stadt verlassen, als sich in der­­selben solche Zeichen von Unruhen bemerkbar machten, dab sie schleu­­nigst zurückgerufen wurden. So steht er mit dem „tiefen Frieden” in Rom. Zu Allevem scheint es, als ob Garibaldi nächstens entsch­­fhen wird. Man sagt wenigstens, daß die englische Veninsular and Orien­­tal Company darein gewilligt hat, den General von seiner Ansel mit­zunehmen und ihn an irgend einem Punkte des Yestlandes abzuseßen. 63 ist merkwürdig, daß ein offiziöses Blatt, wie die , Barrie", diese Gabe ohne weitere Bemerkung mittheilt. Was helfen bei solchen That, sahen alle Versicherungen, die Herr v. Rattazzi der französischen Regie­­rung zu ertheilen nicht müde wird. Er hat versprochen, den Grenzfor­­den um den Kirchenstaat abermals zu verstärken ; aber die Soldaten selbst sind für die Sache des Aufstandes begeistert und üben ihre Wache mit großer Nachlässigkeit aus. Außerdem sind die Grenzbewohner alle der Insurrestion günstig und befördern die Garibaldianer auf allen Seiten. Während die Sreiihärter harmlos und in friedlichem Arbeiterkostüme die Grenze überschreiten, gehen auf einem ganz anderen Punkte Bauern, welcher über vieselbe, auf dem Kopfe Gemüselörde, in melden sich Waffen und Munition befinden ; in einem jenseitigen Dorfe trifft man si dann, und shnell ist eine völlig ausgerüstete Schaar von hundert Mann zusammen. So wachsen die Aufständischen stündlich an Zahl und jeder Tag ist für sie ge­wonnen, da­ er sie stärkt und all ihre Sache in der öffentlichen Meinung befestigt. Unser Ministerium befindet sich in nicht geringer Verlegenheit. Der Kaiser hat seit acht Tagen gar nir in die Regierungsmaschine eingegriffen und die Minister, die gewohnt sind. Alles von seinem Mil­­len zu erwarten , willen nicht, wie sie sich benehmen sollen. Sie fürch­­ten, eher von dem Kaiser für allzu Eeinfal gehalten zu werden, als das Ger­gentheil. Morgen wird nun die kaiserliche Familie endlich in St. Cloud anfangen und übermorgen wird unter des Kaisers Vorsiß ein allge­­meiner Ministerrath stattfinden. Saztoifhen hat gestern eine Unterredung zwischen Herrn Nattazit und dem französischen Geschäftsträger in Florenz, Vicomte Treilhard, stattgefunden. Der italienische Ministerpräsident hat auf Anbringen des französischen Vertreters versprochen, die Truppen an der römischen Grenze no zu verstärken und selbst nicht in das Gebiet des Kirchen­­staates zu interveniren. Es fragt sich nun freili­­ehr, ob Herr Rattazzi seine Zusage Lange wird halten können, denn die Begeisterung für den Aufstand ist groß in Florenz und die öffentliche Meinung drängt mit aller Gewalt auf den Mann nach Rom. Vielleicht entbindet der Kaiser nach seiner Rückkehr das Florentiner Kabinet von seiner Verbindlicheit. Das heutige Leichenbegängnis Fould’s war von sämmtlichen Ministern und Marscällen begleitet. Rouher war, noch krank, von Bru­­noy hergekommen und hielt troß seiner Sch­wäche eine Rede an dem Grabe des Ministers.. Here Duruy hatte die Naht auf der Eisenbahn zugebracht , um noch zur rechtem Seit zn der Seterlichkeit zu kommen. . .3 fühlte eben jeder, daß wieder eine Größe des Kaiserreichs ohne ge­­nügenden Erfa dahingegangen sei. Zur Tagesgeschichte, oft, 17. Oktober. Die Bewegung in Italien nimmt mit jedem Tage grö­­ßere Dimensionen an ; mit jedem Tage wird die Lage schwwie­­riger. Die Unruhe, welche bisher auf der Halbinsel herrschte, verbreitet sich nun auch über Frankreich. Bischof Dupan- Loup steht mit seinem Briefe nicht allein ; er ist der Für­­sprecher der Eler­ralen Partei, die ihre Drohungen gegen N­a­­poleon richtet, falls er nicht nach ihrem Willen handeln sollte. Die letten Tage in Biarris mögen eben nicht in der heitersten Stimmung verfroffen sein, um fest in St. Cloud eine wahrhaft sch­wierige Entscheidung zu füllen. Aus Paris wird geschrieben : „Daß in Biarris gar nichts entschieden wurde, aber in die halben Entschließungen wieder durch die Kaiserin Breshe gemacht ist, lehrt der Umstand, daß erst nach der Rückkehr des Kaisers große Berathungen in St. Cloud erfolgen sollen, zu denen die Minister, die Mitglieder des ge­heimen­ Rathes und die sammtlichen namhaften Botschafter und Gesandten herangezogen werden sollen. Zu dem Zweckk sind ge­genwärtig in Paris des Winfes gewärtig : der Botschafter in Nom, Sartiges, der Gesandte in Florenz, M­alaret, der Bot­­schafter in Berlin, Benedetti, der in London, Latour - Auvergne, sowie der in Konstantinopel, Bourrde. Sobald die neue Bolitit fertig ist, ehren diese Männer auf ihre Pfosten zurück. Eine Pariser Korrespondenz der "R. 3." sagt : „Die italienische Frage scheint ihrer Lösung etwas näher zu reden, denn die Insurrektion im Kirchenstaate ist im Zunehmen begrif­­fen. Damit ist die Möglichkeit, oder besser gesagt, eine große Wahr­­scheinlichkeit gegeben, daß die italienischen Truppen den Kirchenstaat ber­legen werden,­­ wenn­ Frankreich Miene macht, die Intervention dur eine Bewegung Roms oder Civita-Beckhind zu erneuern. Die Sache steht so, daß das italienische Kabinet bei der Stimmung im­­ Bolte das Ein­­laden der Franzosen gar nicht abwarten kann, ohne beim Landen fremder Truppen die Grenzen des Kirchenstaates zu überschreiten ; aber man glaubt auch, daß ohne die Einmischung der Franzosen die italienis­chen Truppen vorgehen werden, wenn in Rom Unruhen ausbrechen, was ja leicht eintreten kann, oder wenn die päpstlichen Truppen gener­m­igt werden , sich auf Rom zurückzuziehen und dort zu fongentriren. Wird Kaiser Napoleon interveniren ? Möglich, dab er die Interven­­tionspolitik fest doch erwählen wird , weil die Umgebung des Kaisers ihn drängt und der Klerus große Anstrengungen zur Rettung des Bapstes macht. Die Warnung der " Batr­e" kam deshalb ganz uner­­wartet, weil in politischen Kreisen die Ansicht vorherrschend war, daß das französische Kabinet aus der Neutralität nicht hervortreten werde. Die Ernennung des Herrn de Lavalette zum auswärtigen Minister bez­trachtet man in diplomatischen Greifen bereits als ganz sicher. Der Mediel ist nur noch eine Frage der Zeit, und zwar, wie man hört, der nächsten Zeit." Ein jedenfalls allzu düster gefärbtes Bild von der Lage in Frankreich entwirft ein Korrespondent der „A. U. 3.", indem er sagt : Kaum haben wir die mehrfagen Biaringer Krisen überstanden, so erscheinen heute Abend wieder alle Zeitungen mit dem Schlagwort : „Die Krisi!" Diesmal handelt es sich um Rom. Alle Berichte aus den Departements an die Regierung melden, daß die Mehrzahl der Be­­völkerung gegen die italienische Regierung, entrüstet ist, und daß neun an der Scanzosen , abgesehen von religiösen Beweggründen , mit Schmerz die gemaltsame Mitrachtung der kaiserlichen Regierung in Ita­­lien sehen würden. Rom ein Seitenfunc zu Dueretaro und der Sep­­tembervertrag eine unmächtige Täuschung der Zulilerien, wie die Nikolai­burger Bräliminarien und der Prager Friede. In Regierungskreisen entdeckt man auch etwas spät den Zusammenhang der italienischen Kri­­m mit dem beachtenswerthen Wiederauftreten einer europäischen Revol­ntionspartei. Dan fießt abermals zu spät ein, daß man vor­ zehn Mo­­naten einen schweren , strategischen und diplomatischen Fehler begangen hat, als man Rom und Civitavechta räumte. Der Fehler ist nicht mehr gut zu machen. Da man sich vor vierzehn Tagen­ durch, die met­rodramatische Verhaftung Garibaldis und der die Drohung mit der preußischen Allianz abhalten lieb die Flotte von Zoulon nach Givitavec­­chia abzufinden, kann es sich heute nur so darum handeln, daß die italienischen Truppen schneller als Magini und Garibaldi nach Rom kommen und den Bapst in der Engelburg zurückhalten. 63 wird all­­gemein, sogar auch in Eler­falen Kreisen, als ein Symptom des Wahn­­sinns betrachtet, heute noch daran zu denken, die italienischen Truppen aus Rom auszutreiben oder ihnen den Weg zu verstellen. Frankreich selbst würde seit dem 2. Dezember keine solche Erschütterung­ erfahren haben. Uebrigens ist nirgends eine Spur der Bereitschaft zu einem tolchen Unternehmen zu entdecken, welches auf der anderen Seite grant­reiche Macht eben­so lähmen würde, als dies während der merikanischen Expedition der Fal war. Die Au­streuungen von einer bevorstehenden Intervention in Rom sind ministerielle Tendenzlügen, welche den Katho­­liken bemeisen sollen, daß es der kaiserlichen Regierung am besten Wil­­len nicht, fehlt. Die „Batrie” mag ableugnen, dab Herr von Nigra in Biarrng die Wahl zwischen Rom und Preußen zu infinuiren wagte, und daß er nicht abgemwiesen wurde. SHert von Nigra reiste doch nicht ab, ohne sein Spiel mehr als zur Hälfte gewonnen, ohne einen heilsamen und warnenden Ginbruch hervorgebracht zu haben. Der Telegraph arbeitet rastlos z­wischen Florenz, Paris und Biarrig. Möglich­st es, daß das Vorrüden der italienischen Truppen bis zur formellen Ausfertigung jener Bewilligung verzögert wird, oder daß die französische Flagge und Fahne den Ruhm jener Polizeimaßregel theilen sollen. In leiterem Sinne müßten also die Interventionsgerüche aus­­gelegt werden. Und wer Papst !? Wir können nicht verschweigen, was gestern Abends ebenfalls in den Salons als zuverlässig erzählt wurde. Pius IX. soll die­schen so viel besprochenen und so viel gesuchten Pa­­piere des Opfers von Dueretaro bewahren. Schon daraus erklären sich ernsthafte und politische Persönlichkeiten die Interventionsgelüste zum Schuge des Papstes. Wird Pius IX. nach den balearischen Inseln, nn der Schweiz, nach Malta sich begeben Wahrscheinlich wird er nach einem zweiten Castelfivardo in Rom verbleiben, wie nach dem ersten. Das Zuilerientabinet will ja für ihn den Befig von Civitavecchia und von Rom mit der Billa Monter Fiascone retten. Wenn er die weltliche Regierung und Gouveränetät des P­apstes nicht aufrecht­erhalten wollte, hätte es ja Garibaldi nu­ verhindert, dem König Viktor Emanuel auch Rom zuzubringen. Die Thatsache wäre vielleicht von vollbracht, und man würde sich bereits bemühen, nicht mehr davon zu reden. Das Tuilerienkabinet erntet au­ch­ die Achtung und Dankbarkeit der Gegner der päpstlichen Souveränität , denn es konnte nicht rechtzeitig zu einer oder der anderen Entschließung gelangen, und die preußische „Intervention in der ganzen Komödie läßt jeglichen Ausgang als Thrwächlich und demüthigend erscheinen.” Wir reichen hieran noch die folgende Korrespondenz aus Llorenz: 11. Oftober a Gestern wurde ein Ministerrath gehalten, der vier Stunden dauerte und in welchem beschlossen wurde, daß beim ersten Anzeichen von einer Volfserhebung in Rom selber die Intervention italienischer Truppen eine Nothwendigkeit sei. Die gesammte öffentliche Meinung treibt die Regierung zu dieser Entschließung , und die italienischen Bo­­litifer sind augenblicklich einstimmig in der Versicherung, daß Frankreich die Befesung des römischen Gebiets, ja Roms selber nicht hindern werde, weil der Kaiser Napoleon wise, daß die italienische Negierung die Re­volution , wie sie im Sinne Garibaldi­’­ Italien nach Rom führen solle, schon selber verhindern könne und wolle. Die italienische Regie­­rung ist entschlosfen, bei der Lösung der römischen Frage die Inter­­essen der gesammten katholischen Welt zu achten und zu wahren, so daß sich die französisge Negierung ihrer legitimen Sorgen für die Sicherheit des Papstes fortan überheben kann, daß das Geschrei der Ultramontanen zum Schweigen gebracht , und daß das religiöse Gefühl des italienischen Volkes nicht verlegt wird. Die Regierung beabsichtigt, die zu einer unumgänglichen Nothwendigkeit gewordene Einheit der Nation zum Abschluß zu bringen, ohne dabei die religiöse Frage zu berühren. Der P­apst soll in religiösen Dingen vollständig unabhängig sein und bleibt es, damit der französischen Regierung die Antwort erleichtert werde, falls jemand von derselben Rebenschaft wegen der vermeintlichen Auf­­gebung Roms und des Bapsitiums verlangen sollte. Was Italien will, it befannt und Täßt si in wenigen Worten sagen: Italien will die absolute Abschaffung der zeitlichen Gewalt des Bapstes, jedoch unter Wahrung aller religiösen Interessen, und seine nationale Einheit ohne die Intervention fremder Mächte. Wenn man auch zugibt, daß die jenige revolutionäre Bewegung in den päpstlichen Provinzen von ven Huaren und Anderen fremden Söldnern des Heiligen Vaters unter­­prüft werden könnte, was indessen kaum wahrscheinlich it, so würde sich diese Bewegung doch bald und zwar in noch größerem Maßstabe wiederholen. Die italienische Regierung muß sich deshalb vor dem Aus­­bruch der Revolution in Rom befinden, wenn sie für die Sicherheit des a und seine Unabhängigkeit in Fragen der Religion einstet­en will. Zur Frage dr amerikanischen Staa­ts­­fd­uld wird aus Newport, 2. d., geschrieben : Die Frage, ob Metall­ oder P­apierzahlungen für die Brisen und das Kapital der 5—20 Bonds steht, noch immer obenan auf der Tages­­ordnung. Wie wir bereits früher bemerkt haben, sind die besseren Ele­­mente in politischen, sozialen und Finanzkreisen vollständig von der Ber­­erblichkeit einer Einstellung der Baarzahlungen für den Siebst der Nation überzeugt und Butler mit seiner Partei dürfte mit seinen extre­­men Seen wohl in diesem Falle ebenso deiasto machen, mie, früher mit anderen Angelegenheiten, die er mit gleicher Heftigkeit durchzufegen suchte. Mehr zu fürchten, als er, sind mehr gemäßigte ‚Belitizer, die neuerdings an s id) dieser Frage bemächtigt haben und einen Kompro­­miß zwischen Baar und Rapierzahlung vorschlagen. In­­ Ohio, wo man bis jebt standhaft die Pflicht der Bazzahlung verfochten,­­hat Ni zu der eben erwähnten Ansicht Mr. PBenbeeton, einer der dortigen leis­tenden Demokraten und für die­ Vizepräfidentenstelle, bekannt. Nach seinen Ausführungen wären die Briten der Bonds allerdings in Gold zu bezahlen, dagegen stelle das Gold, das bekanntlich für die Zölle auf eingehende Waaren in die Staatslatte flieht, nicht, wie man bisher gethan, zum Anlauf von Re: zur Zeit im Jahre 1864 Kandidat, Hiesungssicherheiten und Anlage eines Tilgungsfondes ver­wendet ers den, sondern in Papiergeld bertwandelt werden, das man dann zur Einlösung des Kapitals der Bonds anlege. Natürli müsse dieser Kern fahren ein langsames, schrittweises sein, vurch geilichte Finanzmänner ausgeführt werden und habe man vor Allem dabei zu h­ohes Anschm­eis­­en der zirrulirenden Papierwährung zu vermeiden. Im Ganzen findet auch dieser Plan, der unter dem Namen der partiellen Repudiation bekannt geworden und sich hauptsächlich auf das Argument stößt, es sei nicht unbillig, die Schuld in derselben Meile abzuzahlen, wie sie angezahlt worden sei, nur sehr wenig Anklang und Gouverneur Cor bekämpfte noch jüngst vor einem zahlreichen republikanischen Meeting unter großem Beifall dieses Projekt aufs Nahvrndlichste. ‚Der Schieben von der Repudiationstheorie ist ein Beschlag eines Republikaners aus Indiana, der regelmäßig die Zinsen in Baarem ausgezahlt willen will, dagegen die Tilgung des Kapitals aufzuschieben räth, bis der Verkehr und Wohlstand zugleich mit der Bevölkerung und dem steuerbaren Bes ftz gewachsen sind und das Rapiergeld im Preise gestiegen ist. Dann möge man immerhin auch das Kapital in Gold abzahlen, vorderhand indefsen den Hilfsquellen des Landes die ihnen so nöthige Ruhe gönnen. Den aus Mexiko eingelaufenen Journalen vom 9. September zufolge handelt es sich bei der Auslieferung der Leiche Maximilians nur mehr um einige Förmlichkeiten. An­­fangs habe der merikanische Minister des Auswärtigen die Bedingung gestellt, daß verschiedene, angeblich nach Miramar gesandte Alterthümer zurüc erstattet werden , doch sei man von dieser Forderung abgekommen. — Marquez soll, auf der Flucht nach der Küste, in den Gebirgen von Huaftecn gesehen worden sein. D Organisirter Widerstand gegen Anavez scheint im Lande nirgends zu erklä­ren. Die AL, Versammlung deutscher Natur­­forscher. II. & Sransfurt, im Oktober. Die Geltiängfigungen waren weiter nichts, als eine Reihe von „College-Vorträgen von Professoren und Privatdozenten mit eingeflochtenen, oft sehr matt geführten Disputatorien. Für jede Sigung wurde ein neuer Präsident gewählt, einerlei, ob eine Frage erst schöpft war oder nicht. So wurde z. B. die Frage über Me­­dizinal-reform in der Sektion für „Innere Medizin“ unter zwei Präsidenten verhandelt , die Frage über Entwässerung der Städte („Gesundheitspflege") unter dreien. Dabei mußte natür­­lich der romische Vorfall pafsiren , daß bei der letzteren Frage der dritte Präsident , Professor Göfhen (Berlin), als er zum Kesumiren der Verhandlung aufgefordert wurde, ganz naiv­er­ Härte : „Ich bin noch nicht hinreichend in­struk­t !" Was dem Ganzen no mehr die Haltung gelegentlicher zielloser Dis­­putationen gab, war der gewissenhafte Schluß der Seftions- Situng, sobald es zur Hauptversammlung oder zum Mittags­­effen häutete. So zeigt man die ganze Anordnung, daß er mehr auf „Anregung” , d. h­. gelehrten Zeitvertreib, als auf nüßliches Schaffen abgesehen war. Daß nicht der Einzelne viel­­leicht Vieles dabei lernen konnte, wer möchte das leugnen Lernt doch ein einsichtiger Mann auf seiner Yerien-Reise­­ mehr wie daheim ! Die wichtigste Sektion war die für öffentliche Gesundheitspflege. Am deren Sigung war immer der vierte Theil der ganzen Gesellschaft an­wefend. Sie war in Folge eines Ausschreibens von Dr. Spieß und Dr. Bar­rentrapp (Frankfurt) gebildet worden. Diese Herren hatten auch schon zuvor die Tagesordnung dafür aufgestellt : 1. welche sind die Ursachen des Typhus? 2. De Entwässe­rung der Bäder 3. Die Ursachen der­ hohen Kindersterblichk­eit. Ueber den Typ­h­u­s wurde beobachtet, daß er entstehe: 1. bei schlechter Beschaffenheit des Bodens ; 2. durch Niederschläge aus der Luft, welche von an­­deren Orten nach dem Typhusort gebracht werden; 3. durch­ große Hite im Spätsommer, wo die Luft weniger­ feucht ist, wie im V­orsommer. As schlechter Boden wurde bezeichnet Kalk, Sand- und Thonboden. Kalfboden enthalte über 30 Prozent Luft, fiiert das Regenwasser dar), dann nimmt dies so viel Raum ein wie die Luft. Der Boden ist mit ein Drittel Wasser vermischt, also stets feucht. Thonboden nimmt 60 Perzent Luft auf; er hat noch die schlimmere­­ Eigenschaft, das aufgenommene Wasser viel schwerer abzulaffen, wie Kalt und Sandboden. Zu der Feuchtigkeit des Bodens kommen noch die aus den thierischen Ablagerungen in das Grundwasser geflößten schädlichen Stoffe. Das Grundwasser­ wirkt vergifs­tend, indem 08 das Trinkwasser verdirbt und indem es ver­­dunstet. Tritt nach Ueberschwenkungen war die Hite ein (wie in diesem und dem vorigen Nachsommer), dann bricht der Ty­­phus (und die Cholera) im großem Maße aus. Aus einer Reihe von Beobachtungen von München (Pettenkofer), Frank­­furt (Varrentrapp), Bonn (Obernier), Celle (Danosty), Bre­­men (Fode und Johann, Kiel (Hürgensen), Berlin (Virchow), wurde festgestellt, daß der Zyphus im Frühjahr und Herbst nach Ueberschmwenkungen und darauf folgender Hite ausbreche, bei trockenem Herbst namentlich am stärkten. Zur Befeitigung des Typhus wäre also zunächst Rei­nigung um Entwäs­serung der Städte er­forderlich. Die Wegschaffung des Unraths und die Entwässe­­rung glaubte ein Theil der Redner durch die Anlage von Kar­nälen zugleich erreichen zu können. Die Kanäle müßten nach englischem Spiterm angelegt werden , auf der ersten felsigen Schichte so tief unter der Oberfläche, daß alle Kellersohlen trockengelegt würden. Die Kanäle müßten unten massiv ge­­mauert sein, oben von leicht gebrannten Bacsteinen, die das Wasser aus den Kellern, Senfgruben 20, durchlasfen. In Frankfurt werden eben solche gebaut. Dr. Thudichum, ein deutscher Arzt aus London, legte einen Bericht von 24 engli­­schen Städten vor , die von 5800 bis 160.000 Einwohner zählen (u. A. Stratford, Dover , Leicester, Bristol).. ‚Zu dies­­en sind von 1843—1857 Abzugskanäle und Trinkwasserzu­­leitungen gemacht worden. Seitdem hat die Sterblichkeit im Allgemeinen , besonders aber Typhus, Ruhr und Cholera, be­­deutend abgenommen. In O­snabrück sind­ seit dem Jahre 1859 , wo die Cholera kaufte, ebenfalls solche Kanäle gebaut und schon jetzt sieht man den gleich guten Erfolg. Zur Abführung der Kloaten- Stoffe schlug­ aber Herr Krepp, Ingenieur aus Frankfurt, das Syitem des Kapitän gier nur aus Harlem vor. Dasselbe besteht in einer täg­­lichen Reinigung zu Dampfmaschinen und Luft­pumpen. Für eine Reihe von 60100 Häusern­ werden unterirdisch eiserne, Luftdichte Röhren gelegt, in welche aus­ jedem Haus eine eiserne, luftdichte Entleerungsröhre geht. Die Haupt­­röhren münden in ein gemeinsames, im­ Boden bersenktes eiser­­nes Boden. Beden und Röhren werden allabendlich Luftleer gepumpt, dann die Klappen in den Häusern geöffnet; aller Un­­roth kommt dann in dem Boden zusammen. Eine Dampfma­­rine und Luftpumpe mit angehängten eisernen Kesseln entleert die Becken und entpumpt die Luft. Auf beiese Weise ann eine Maschine mit drei Kesseln von je 90 Kubikfuß alle Nacht in acht Stunden für eine Bevölkerung von 10.000 Menschen sor­gen. Die Kosten einer solchen Einrichtung betragen 30 Gulden auf den Kopf, für Frankfurt (80,000) etwa 2% Millionen. Der Dingwerth von dieser Bevölkerung beträgt aber­­ dem 400,000 Gulden jährlich. Leider konnte sich die V­ersammlung nicht entschließen, über die eine oder die andere Frage ein Gutachten abzugeben. Die Kommisstion der Phnsiter hatte sich für Krepp’s Plan ausge­­sprochen , die Kommission der Gesundheitspfleger das Gutachten abgelehnt, weil Here Krepp dasselbe (als Reklame) „mitbrauchen" könne (1). Die Versammlung selber faßte seinen Beschlusß, weder über Krepp’s Plan, noch über die Kanalisation, weil die Mehrzahl sich nach dreitägiger Verhandlung für nicht hinrei­­chend instruk­t erklärte. Aber auch über den Tyiphus sprach sie sein Gesammt-Urtheil aus, obgleich­ die Gründe selbst für jeden Laien überzeugend genug waren. Aus der Sektion für innere Medizin erwähnen wir die Beobachtungen von Dr. Jürgensen (Kiel) über den Gebrauch der falten Bäder beim Typhus. Von 225 Kranken, von denen 139 fehwer erkrankt, seien seit der­ Einfüh­­rung falter Bäder nur 6 gestorben, "was ist 2—3 Perzent, während früher 15 Perzent starben. Professor Ziempen in heg A | 4

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