Pester Lloyd, September 1868 (Jahrgang 15, nr. 210-234)

1868-09-11 / nr. 218

«». tem ·’ , der von Zeit zu Zeit Stimmen zu­fiess,10.September. (11)Seitdem die in der kroatischen Frage entsendeten Regnikolordeputationen auseinandergingen wurde es bei uns und ithr katieti zimilich stille über diese sonst so viel bespro­­chene Angelegenheit. Nur von der anderen Seite der Leitha tön­­uns herüber, die seinen­­ Zweifel über das anerkennende Urtheil aufkommen eken , 006 den Abmachungen der Deputationen selbst von den Gegnern des ungarisch-krontischen Ausgleiches, den so sehr erbitterten fübera­­lstischen Organen zu Theil ward. Die böhmifche Oppofition würde sich — ungeachtet ihrer geharnischten Deklaration — im Innersten ihres Herzens gewiß freuen, daselbst wenn sie für Böhmen eine Lage erringen könnte, wie jene, welche Kroatien im Elabo­­rate in Aussicht gestellt wurde, und was Galizien betrifft, so ist es ja offenkundig, daß die Worte: Autono­mie, wie in Kroatien­ geradezu der Wahlspruch einer bedeutenden, vielleicht der Bedeutendsten Partei des Landes ge­worden sind. Nur in Kzoatken s klbff tauch es nich­ immer Bedenken auf,als bedrohte dasIeeue Ausgleichsobjekt die materiellen und nationale Interessen Kroatiens.Namentlich begegnen wir in der»Agramer Zeitung«einem Artikelcyklus,in welchem das ithahrels Slausgearbeitete,sehrflüchtige Unionsprogramm­ dem treuen Anskszleichsobjekte offenbar in der Absicht gegenübergestellt svi­­d,um die dem Elaborate günstige öffentliche Meinung noch im letzthugenblickenttnzustim­­men. Dieser neuerliche,­wohl etwas ich sichteiIs­ I,man köm1te sagen -verschämte Versuchier ami imnionistischen Paater darf u­m so «weniger schweigend hingenommen werden«da der Zeitpunkt nicht mehr ferne liegt,wo auch der Sendtag Kroatiens berufe sein wird,sein Votum ü­l­er das neue Ausgleichsprojekt abzugeben. BorAllkir­he»be11wårl­ ir1«vor,daß die»ngr"amerZei­­tung«·den Bersuch macht,die drollige Idee des 1861­erPr­o­­grammes wieder aufzufrisc­kekh wonach Kroix ih­n im ungarischdt Reichstage dxirch eine­ Art Von Marionetten-Re­­präsentanten—­vixr an der Zahl­—Vertr«d­e1twürde, die daselbst nichtö andere s z­.1«ihm­ hätte,als bei einer juden auftauchend anlage die Instruktionen des kroatischen Landtages herunterzuleiern und dem Gebote der La­istagsmajo­­rität gemäß alle Stimmen,die auf Kroatien nach der Volkszahl entfallen wüs dde m in demselben Sinne abzugeben.Wir gestehen e sein,wir waren auf Alles eher gefaßt,als auf die Erneuerung dieses gänzlich ulsx praktische1­,unbedingt unaus­­führbaren und mit allen Prinzipien des parlamentarischen Le­­bens in schroffedei­spruche su­­chenden Botschlages.Sehen­ wir doch,welches Bild würden die Verhandlungen des Nachs­­tages darbieten,wenn dieser Plan angenommen würde-Sobald im Reichstageci­te Frage auf die Tagesordnung käme,die auch Kroatien berühr­t,würde die Nothwendigkeit einer Instruktion "für die kroatische 11»Drabores«——wie man diese Schein­­repräsentanten zu nennen gedenkt——eintreten-Um eine solche mögliÖ zu trachenn sollte nach jenem Plane der kroatische Land­­tag entweder fortwährend tagen und selbst»aufpassen«,ob in Pest nichts vorgeht,was auch Kroatien berührt,oder aber sollte eine permanente Landtagskommission in Agram beisammenfitzett und in allen Fällen,wo eine Instruktion nöthig wird,den Land­­tag ad hoc zusammenrufen.Der Zusammentritt des Landtages würde schon­ allein einige Zeit in Anspruch nihme­n.Noch län­­­ger­ würde die Diskusion über die Frage dauern,bezüglich dere11 die­ Instruktion zu erb­eilig­ wäre und da in derwischenzeit der Pester Reichstag warten mü­ßte,so hinge es lediglich vom­­ Belieben der Herren Reisner in Agrame,die Verhandlung in unserer Legislative zu hemmen,was auch wahrscheinlich in Vollem Maße eintrete würde,we­il ja im Agramer Landtage das Bestreben,sich als Parlament zu gerb­en und möglichst hervorzuth um sehr bald erwachen­ müßte.Wir hätten also zwei aufeinander abwechselnd was ihne und lauernde Parlam­ente, was jedenfalls den Be­zug hätte,net-und­ unendlich komisch zu sein. Den ander Kardinalpunkt des durch die,,Agr.Z.««ver­­fochtenen Program­mes—um von den zahlreichen überwiegend formellen Forderungen desselben ganz und gar zu schweigen­­jenen Punkt nämlich,dir sich auf die separate»Landesmiliz« und»Natio­nalgorke«Kr­oatienis bezieht,soollen wirb­os er­­wähnt haben,da es doch nicht ernstlich vorausgesetzt werden kann,daß es jedem Monarchen einfallen könnte,seine Kriegs­­macht derart­ zu verbröckeln.Wir wollen lieber von dem wich­­tigsten Streitpunkte der ganzen Ausgleichsfrage,nämlich über die finanzielle Seite derselben einige Worte sprechen, da in Kroatien viele gerade durch diesen Thsil des neuen Projektes die In­teressen ihres Landes gefährdet glauben und die großen Opfer,die Ungarn in dieser Bezieh­ung für Kroati­en bringt,gänzlich ignoriren wollen.Auch unser Publicist in ders»Agr.Z.««führt als eine vorzügliche Beschwerde die Thatsache an,daß aus den Staatseinkünften Kroatiens nur die Pauschalssum­me von 2200.000 Gulden demsilbrn zur Deckung der Landesauslagen garantirt,alles übrige aber der Gesammtlegislative und Exekutive überlassen wird.3 EV glaubt,durch diese Vereinbarung werde Kratien materiell­ geschädigt und zu Gunsten Ungarns ausgebeutet,daher fordert er one weitergehende franzielle Mutonemie he Kroatien, d. h. dad­­et das Landesbunget festzustellen. Bei der Behandlung dieses Punktes wü­rden wir beson­­der die Thatsache einer ernsten Würdigung der kroatischen Patrioten empfehlen, daß ta jekise Kroatien frum 3 pCt. des Areals der Monarchie ausmacht und von nicht ganz einer Milion Menschen bewohnt wird, die an sürnmtlichen bivelten und indirekten Stuern nur einen Betrag entrichten, der blos 61­, p&t. der Einnahmen der Ränder der ungarischen Krone aus­­macht. Dieser Umstand fel­te fon am sich die Kroaten an eine gewisse Mäßigung ermahnen, wenn sie von finanzieller Autonomie, von Landeskredit u. bal. sprechen. Freilich rechnen die Kroaten auch die Militävgrenze und Dalmatien zu ihrem Lande, vergessen aber habe vollständig, erstens daß biese Gebiete vorerst und zwar mit Hilfe Ungarns so zu sagen zurü­hhterobert werden müssen, zweitens, daß auch die Einverleibung bieser Gebiete die finanzielle Lage des Dreieinigen Königreichs Tem­eswegd verbessern wird, da auch biese Annere in die Neihe jener Länder der Monarchie gehören, welche mit großen Defiziten kämpfen und von den übrigen Thrilen bedeu­­tende Zuschüsse erhalten. Wollten die Kroaten ein eingehendes Studium der finan­­ziellen Hilfsquellen ihres Landes vornehmen, so müßte ihnen nur zu bald das große, universelle, unverrndbare Gefeß ein­­feuchten, laß die materiellen Faktoren der Macht die einzig tauernde Basis einer ten politischen Gestaltung bilden, und tag, bevor man, von der finanziellen Autonomie eines Landes spricht, zuerst die wichtige Vorfrage erlebigt werden müsse, ob überhaupt dasselbe auf eigenen Füßen zu stehen im Stande fer? Die Rioaten haben ganz eigenthümliche Vorstellungen von finanzieller Autonomie. Sie glauben, die finanzielle Autonomie bestehe darin, dak ein Land aus seinen Einnahmen die auf feirem Wandtage nach Belieben festgestellten Aussagen bestreitet. Bleibt etwas übrig, so gehört rns dem Neche. Bleibt nichts ber nur sehr wenig, so müsse er auch gut sein. 88 muß aber Hedım, Der seine Augen vor der elemen­­tarsten Wahrheit nicht verschließen will, für fein, mag bei die­­ser Theorie die Monarchie nicht einen Tag bestehen könnte. Die Einkünfte der Gesammtmonarchie wü­rden nicht nur äußerst gering, sondern auch Höchst unsicher und schwanfend sein, so daß eine geordnete Finanziwirtschaft unmöglich wäre. Der Kalkül beri­nnt, wie Die Kroaten wollen, von unten, sondern er muß von oben begonnen werden. Ein jeder Theil des Ganzen muß zur Erhaltung des Ganzen im V­erhältnisse seiner Einnahmen beitragen; was dann erübrigt, fan «8 für sich verwenden. So hat er Ungarn bei Gelegenheit des finanziellen Ausgleiches mit der Gesammtmonarchie gemacht, ein gegentheiliges Vorgehen wäre sicherlich vom andern pastirenden Theile nie angenommen worden. Begnügt sich, also Kroatien mit jenem Grade der firangierten Autonomie, den ihm das Ela­borat bietet, nieht, will er aus der Solidarität mit und heraus­­treten, so muß e8 ebenfalls ein solches Bo’gehen beobachten. Es wurden auch sorgfältige Rechnungen angesetzt, wie sich die Sache in diesem Falle fü­r Kroatien gestalten mü­rbe, und es hat sich gezeigt, tak, wenn Kroatien zu den gemeinsamen Angelegenheiten im Verhältnisse seiner Einnahmen beiste­in würde, für sein Landesbudget nicht mehr als 1.030.000 Gulden erü­brigen würden. Nun merden aber Kroatiein 2,200.000 Gulden zugrz ficyert, so daß wir Ungarn zu Gunsten Kroatiens einen jähr­­lichen Zuschuß von 1,170.000 Gulden Leiten müssen. Wird die Einverleibung der Militärgrenze und Dalmatiens erfolgen, so wird dieser Zuschuß mindestens auf 2 Milsioner sich erhöhen, da auch diese zu den Defizitländern gehören. Wenn also die antiunionistische Partei aus der „finans­­ierten Autonomie“ politisches Kapital schlagen will, so möge sie dem Wolfe den Unterschied ja nicht verheimlichen, der zwischen jener Autonomie, die wir ihnen bieten, und jener, die sie anstrebt, besteht. Es ist ihre imoralische Pflicht, dem Volke recht ver­­ständlich auseinander zu fegen, daß die von uns dargebotene finanzielle Autonomie eine jährliche brüderliche Hilfe von we­­nigstens 2 Millionen Gulden in das dreierne Königreich, wäh­rend die von ihrer Partei geforderte Autonomie eine unvermeid­­liche Steuererhöhung um beiläufig 20 Perzent be­­deutet. Sollte dann die Majorität der Bevölkrung in Kroatien dennoch das letere wählen wollen, so werden wir ihnen ohne Zögern erwireen: „Theure France! Wir geben Euch herzlich gerne, wes hr würscht, aber wir befürchten, daß nicht wir die Folgen zuerst zu bereuen Haben werden !" = Die detail-Bonfekte der 4 Sektionen Linie Sarlflabts Fiume werden von den auf dieser Linie seit Jahresfrist beschäftigten Ingenieuren der Königl. ungarischen Eisenbahn-Baudirektion noch, in vielem Monate vollendet werden, und sollen Schifffahrt, Seftioneratb persönlich von Frachten, und De a N­en 75 die Unterbau-Arbeiten noch im Laufe dieses Herbstes veranfordert werden. == Der Chef der seit 15. August d. 3. in Wirksamkeit stehenden königl. ungarischen General-Inspektion für Eisenbahnen und Dampfz­wanger, hat in Begleitung des Inspektors Karl Fach eine Bereifung der Theißbahn­ und Staatsbahnlinien bes gonnen, um sich­ten W Vorkehrungen zu überzeugen, welche diese beiden Bahngesellschaften Behufs regelmäßiger Beförderung der zur Aufgabe gelangenden Getreide Senkungen ge­­troffen haben. 1 «-»--T:-LL—«»E-JsW«-7em-——p-«·——Js-77 Unterstaatssekretär Hollán ist nach Wien abgereist, so selbst die kommissionellen Verhandlungen bezüglich der Trennung der auf österreichischem Gebiete einerseits und auf ungarischem Gebiete andererseits befindlichen Eisenbahnen in finanzieller Beziehung wieder aufgenommen werden. Gleichzeitig sollen daselbst auch kommissionelle Berathungen mit dem gemeinsamen Kriegsministerium und dem öster­reichischen Handelsministerium über die bei Ausführung und Krone zerl­onk­ung der ungarisch galizisgen Bahnlinien festzuhaltenden Kar­­pathen-Ü­bergänge stattfinden. Der Nachkehr des Herrn Unterstaatssekretärd wird bis 16. b. M. entgegengesehen, an welchem Tage befinnt sich die Reichstags: Die Lalibritäts:V­erhältnisse Der Stadt Veit. Bon Dr. Berthold Stier. V Das altbekannteste Bedürfnis der Städte ist ein gutes Bl­­az­­ter, welches keineswegs ausfließlich der Bequemlichkeit des Verzehrs und den P­ostulaten der Schönheit dient, sondern durch Ermög­igung größerer Reinlichkeit imbiiert an die Gesundheit der Startbe­wohner fördert. Die harte, ebene Pflasterdede — und das muß sie sein, wenn sie etwas taugen soll — f­nst den Boden vor dem Einfluß der Witte­­rung, besonders vor der Aufweichung durch die meteorischen M­äller die namentlich im Frühling und Winter aus pflasterlosen Gaffen häß­­liche Vfügen machen, wie es deren zu Zeiten in unseren Vorstädten in großer Anzahl gibt. Man hat viele Beispiele, daß solche stabile Gaffen­koräfte ganz ebenso wie andere Sümpfe, Wechselfieber erzeugen können. Daß auch Grund und Mauern der Häuser durch die Bodenfeuchtigkeit leiden, und diese dadurch der Gesundheit nachtheilig werden, bedarf blos der Erwähnung. Umgekehrt Iehren uns unsere Vorstädte, ja im Zen­­trum der Stadt gelegene Bezirke, dab jene Waffen in trockenen Som­­mern wahre Staub­ und Sandmwüsten werben, melde vom Winde gefegt oder von Fuhrwerken befahren, die Atmosphäre in sehr unliebsamer Meise verdichten und verbunkeln. Doch nicht blos Morast, sondern Staub werden doch ein gutes und rein gehaltenes Pflister unmöglich‘ gemacht, sondern die vielen organischen Abfälle der Menschen und Thiere, der Waaren und Produkte und des ganzen städtischen Verkehrs, welche sonst dem aoderen Boden verfallen und dort ihre schärliche Zerießung durchmachen, werden dem Besen und der Spülung zugänglg gemacht und dadurch aus dem Bereiche der Stadt entfernt. Solich werden duch die fompatte Dede die Ausdünstungen des in großen Städten jedenfalls mehr weniger verunreinigten Bodens einigermaßen abge­­halten. Wir können aber nicht verschweigen, dab das unentbehrl­te Nilafter auch feine Nachtheile hat, welche darin bestehen, daß die so wichtige Drydation und Verwesung der in den Boden gelangten orga­­nischen Stoffe, also die Selbstreinigung des Bodens, in Folge von Abhaltung des atmosphärischen Sauerstoffs und des orygenhaltigen Regenwassers beschränkt und beeinträchtigt wird. Dadurch Teidet beson­­ders die Qualität des Brunnenwassers, indem er progressiv immer mehr organische Bestandtheile aufnimmt. Dieser unvermeidliche Nachte­il, welcher übrig und durch die Vortheile bei Weitem aufgetrogen wird, drängt ung zu einer um fo­ffrupulejten N Reinhaltung des Grundes und Bodens, der ung trägt. Ein neuester Beschluß unserer Wirt­schafts­­kommission beabschigt große Reformen in der P­flasterfrage , möge nicht vergeb­en werden, daß die Straßenreinigung, die bei ung­leicher weit hinter den bescheidensten Ansprüchen zurücksteht, ein in­­tegrirenter Theil der Pflasterfrage­n­. So lange wir Straßenfeger haben, welche ins Siechenhaus gehören, die zu jedem mühseligen Besen­­zuge den ganzen Nest ihrer alten Kräfte verbrauchen, die ein armseliges Häufchen Kehricht zusammenbringen, während der flinte Wind ganze Berge davon entführt , so lange wird auch das beste Pflaster eine halbe Maßregel bleiben. . Von den verschienenen öffentlichen Anstalten, die dem großen Sanitätsprinzipe der Reinlickeit dienen, wollen wir blos einige ermah­­nen. Dahin gehören öffentliche Badeanstalten, zu niedrigen Preisen der armen Bevölkerung zugänglich, deren hygienische Verhält­­nisse bei und wie überall die trostlosesten sind ; ferner öffentliche Waschäuser, wo es den Armen ebenfalls gegen eine geringe Summe ermöglicht wäre, die Reinigung ihrer Wäsche und Kleider zu besorgen ; ein Bedürfniß, das um so dringender wird, je mehr die Donauufer durch Dual’s, Docs, Magazine 2c. offupirt werden. Dahin gehören an öffentliche Schlachthäuser außerhalb der Stadt, da die Abfälle ver geschlachteten Thiere mehr als ein Drittel des Ge­­wichtes derselben ausmachen und daher zweckmäßiger Weise gar nicht in die Stadt gebracht werden sollen. Ein schon fertiges, nach guten Mustern geschaffenes Projekt haben wir erst jüngst in unseren Blät­­tern gelesen. — Aus demselben souveränen Grunde der Kleinlichkeit müssen sämmilie Fabriken und Gewerbe, die die Luft oder den Boden duch ihren Rauch, ihre Abfälle und Produkte verunreinigen, nicht blos in gehörige Entfernung vor die Stadt hinaus verlegt, sondern auch in einer solchen Richtung gebaut werden, daß die herrschenden Winde ihre Omanationen nicht der Stadt zuführen. Natürlich ist dies nur auf die noch zu gründenden Grablissements anwendbar , bis die Ex­pan­­sivkraft und die materielle Macht der Stadt die beflehen­den, unziwed­­mäßig fituirten Anstalten aus ihrer Nähe in eine angemessene Lage zu drängen im Srande sein wird. Leider gehört der größte Theil der, selber zu den unglücklich fituirten ; das ganze Fabriksviertel zwischen Bahnhof und Donau liegt nicht nur wie ein unverrüdbarer Keil mitten in der Wachsthumsrichtung der Stadt, sondern sendet auch auf den in unsere Straßen, wozu au­ch die Ofner Eljen insgesammt ihr­ Kontingent stellen. Zum Glück sind es zumeist Fabriken, die wenigstens seine fäulnikfähigen Abfälle liefern. In jedem Falle muß die Errich­­tung ähnlicher Etablissements im Nordwesten fu­rt und stromabwwärts nach Südost oder Süden verwiesen werden, eine Anordnung, die sie meines Misens jüngst bereits vom Magistrate ertroffen ist. Das Kardinalbedürfniß einer reinen und gesunden Stadt will ich bios erwähnen, da­ wir ja in dem einen Punkte faktisch über das Nebelmeer der Projekte hinaus und auf dem festen Grund der Realität angelangt sind. Wir bekommen aus der Hand eines Meisters minder­sten eine theilweise Wafferleitung, deren Röhrenforter ung, pleich den Pulsadern, eines der wichtigsten Lebenselemente zuführen soi. Wir hoffen, daß die Wohlthat der Wafferleitung sich nach und nach auch auf die äußeren Vorstädte erstreden und auch den Aermeren zu ers­tenwir­klichen Preisen zugänglich gemacht werden wird, da gerade in jenen Quartiren das Bedürfnis am schreiendsten ist. Nach Liebig ist das Quantum der verbrauchten Seife ein Maßstab der Kultur einer Gesellschaft; mit viel mehr Recht läßt fi dies vom Wasser behaup­­ten, dessen Konsummenge in gewissem Sinne ein Kriterium nicht bios der Kultur, sondern auch der allgemeinen Wohlfahrt und Gesundheit it. In den durch ihre Salubrität hervorragenden englischen Städten entfällt per Kopf ein viermal so großer Wasserverbrauch als in Paris , und das antike Rom mit seinen 800 öffentlichen Bädern erhielt dur seine riesigen Wasserleitungen aus den Apenninen mindestens 15mal so viel Wasser täglich, als das heutige London. Zu bedenken ist­ aber, daß die Institution der M Wafferleitung immerhin etwas Halbes bleibt, so lange wir nit auch ein zweckmäßiges Schwem­msnstem haben, ein zweites Röhrenweg, welces, gleich den Blutadern des Körpers, die von den Pulsadern zugeführte und sodann mit allen möglichen Auswurfs­­stoffen geschwängerte Messe prompt und verläßst wieder abführt. Wir haben aus dem Bisherigen ersehen, bak es hauptsächlich auf die im alten Sinne so bedeutungsvoll als Clemente bezeichneten Faktoren : Luft, Wasser und Erde, auf deren Wie und Wieviel ankommt, ob eine Stadt gesund ist, oder nicht. Wir können selbst das ehemalige vierte Element hinzunehmen, wenn wir es anstatt Feuer Licht nennen wollen. Wir haben uns überzeugt, daß diese Grundbedingungen menschligen Daseins, die unter einfache natürlichen Verhältnissen zumeist ein freies Gemeingut bilden, in den Städten keineswegs umforst zu haben sind, sondern sehr theuer erfauft werden müssen, ja bab sie in reinster Qualität an zu den höchsten Preisen nicht zu bekommen sind. Die Gemeinschaft muß Nierenopfer bringen, um die auf jeden Einzel­­nen entfallende Quantität dieser Grun­dbedürfnisse zu vergrößern und deren Qualität zu verbessern. Ja, wir können es uns nicht verhehlen, daß alle hier in allgemeinen Zügen erwähnten Maßregeln, die auf Berbesserung, respektive Vermehrung von Luft, Boden und Wasser abzielen, bei unseren eingewurzelten Weberständen, in ihrer speziellen Ausführung einen enormen Aufwand an Kapital, Einsicht und Eifer erfordern. Aber man möge bedenken, daß der Preis der großen Opfer und Arbeit ein äquivalenter, ein ebenso riesiger ist. „Die Gesundheit — sagt Stein — ist zwar sein Reichthum, aber für den Unbemittelt n­st sie die unerläßliche Bedingung jeden Eewerbes, für den Bemite telten die Beringung des Werthes seines Besiges.” Und nun wie viel mehr gilt dies Schöne und wahre Wort vom Leben, welches nach der Ansicht des Dichter wohl nicht der Gütter höchstes, aber gewiß der Güter erstes ist. Die Erfahrung zeigt es unwiderruflich, daß überall, wo man vor Opfern auf dem Gebiete der Sanität nicht zurückc­recte, diese Opfer nach kurzer Zeit ihre reichlichen Zinsen an Gesundheit und Leben trugen. Ein voranleuchtendes Beispiel ist, wie auf den meisten Gebieten, das praktische England, wo Parlament und Regierung, Kommunen und Private, der Enpuöten von Sachverständigen aller Branchen bahnbrechend vorgingen in Untersuchung der Uebel und deren Heilung. Die Mutterkörperschaft des general board of health, eine Fülle­ von gediegenen sanitären Parlaments: Akten, eine ferti­pulöse Ausführung und Ueberwachung derselben, splendid verwendete Geldmittel, eine beispiellose Berücksichtigung und Regelung des Armen­­wesens, verbunden mit der eisernen britischen Energie haben aus dem dicht bevölkerten England relativ das gesundefte Land der Erde gemacht, und ihm dur Herablegung seiner Mortalitätsziffer seit 30 Jahren viele Millionen von Menschenleben erhalten und gekräftigt. Was aber in Menschenleben, das edelfte Gut des Staates, und der Hauptfaktor des nationalen Reichthums, wirklich werth­ast, das Lehren die einfach­­sten Begriffe der Volkswirthschaft: Man könnte es in diesem Sinne in Zahlen ausdrücken, welch ein glänzendes Plus an Nationalreichthum und Kraft England durch erhöhte Gesundheit und längeres Leben seiner Einwohner gewonnen. Das übrigens in England die besseren Ernährungsverhältnisse besonders der arbeitenden Klasse ebenfalls, ja in hervorragendem Maße zu den günstigen Resultaten mitwirken, unterliegt seinem Zweifel, da Luft und Wasser nur allein, sondern an die Nah­rungsmit­­tel, die sehr vitig Lebensmittel heißen, Grundberingungen von Les­ben und Gesundheit sind. Wenn in England jeder Einwohner jährlich im Durchschnitt 900 Pfund Brot verzehrt, in Preußen faum 200, wenn auf jeden Briten täglich 12—16 Loth Fleis entfallen, in Deutsch­­land faum 8, in Frankreich etwa 6 Loth, so Werben wir uns nicht wundern, daß in England jährlich von 48-50, in Deutschland und Frankreich aber den von 38—40 Lebenten Einer dem Tode verfällt. Noch mehr leuchtet dies M Wechselverhältniß ein, wenn wir an der Hand der Statistik die merkwürdige Erfahrung machen, daß nach Mißernten, in Zeiten der Theuerung, nit nur mehr Menschen erkranken, nicht­­ nur mehr und bösartigere Seuchen auftreten, nit nur mehr Menschen (um 6—10 °/,) sterben, sondern daß auch die Zahl der Ehen und Ge: - . Berliner Leben, Original: Feuilleton) Das erste Anzeichen einer großen Stadt ist: man trifft die Leute nie zu Hause, oder sie haben so wenig Zeit, daß sie Einem Taum einen Zrunt Wasser zum Wilk­ommen anbieten. Ueber fünfzehn Minusz­ten Aufenthalt bei einer Visite ist unanständig nach dem Tournives Cover ; in Berlin kommt man nicht in Berlegenheit, diese Unanstän­­digkeit zu begehen, denn schon bei der zehnten Minute sieht uns des Berliner­ Gesicht an, wie wenn er fragen will: Wie lange hältst du dich noch auf? Ein Kleinstädter freut sich wie ein Kind, wenn Einer von einer weiten Reife her zu ihm kommt ; er schafft Eisen und Trin­­ten herbei, Frau und Kinder fegen sich um den Tisch und hören den Erzählungen des Fremden, der si unterdessen das Vorgefegte gut schmeden läßt, mit Wißbegier zu. Das „Uebernestbleiben” des Frem­­den ist für den Kleinstädter eine selbstverständliche Sache ; der Hausvater läuft zur Polizei und macht Anmeldung des Besuches und die Haus­­frau baut unterdesfen in einer Nebenstube ein regt gemüthliches Nacht­­lager zurecht. Fragt der Besucher am andern Morgen nach Bezahlung, so beißt man ihn einfach wiederkommen und freut sich, wenn es dem Fremden gefallen hat. Man nimmt die Dankesworte mit kurzem : „ist gerne gescheben !" entgegen und wünscht dem Wanderer glückliche Reife. Der Großstädter kann folge Wohlthaten in einer Heinen Stadt zehn­­mal gewosfen haben, es fällt ihm nicht ein, sich zu vevandiren ; ent­­weder hat er seinen Blog zur Beherbergung in seiner Wohnung, oder sonstige Hndernisse find­et, die von Besucher ins Hotel werfen lassen. Er erinnert sich wohl, der blasirte Großstädter, den werthen Besucher einmal da und da gesehen zu haben, aber er hat so Vieles in seinem Kopfe, Sprit­er, daß ihm Derartiges fon wieder in Vergessenheit gerathen ist. Wahr ists allerdings, in einer großen Stadt fliegt das Blendendste wie in der Laterna magica flüchtig und wechselvoll an uns vorüber, wir fallen von seinem Gegenstand dauernd Eindruck, wir bliden hierhin, dahin, immer ist’s ein anderes Bild, das uns aufstößt , wir burceilen Straßen und feben eine und vieselbe oft nach Jahren nit wiener. Das große Verk­ehrsweg erstrebt sich nach allen Stadt­richtungen,, wir harten nit lange auf einem Pfade aus, und daher fommt e&&, daß wir in großen Städten so wenig tiefgehende und dauernde Bekanntschaften haben. Ein „Ihr Diener“ und ein flüchtiger Händefreud — das it Alles, was wir einem alten Bekannten, wenn wir ihn nach Jahren zufällig begegnen, zu Theil werden lassen. Fragt man : „wie geht's “" so kann man versichert sein, daß man die steierz­type Antwort erhält : „ich danke, er geht so ziemlich " Damit ist wer Frager befriedigt und beide Begegner gehen wieder ihre verschiedenen Wege. Eben deshalb, weil die Leiber zu wenig aneinanderstoßen, ver­­traut feiner dem Andern die richtige Wahrheit an ; ever denkt, was du mich frägst, ist doch nur eine Gelegenheitfrage und es gaht am besten darauf eine Verlegenheitsantwort. Wenn ich sagen wolte : Freund, es geht mir fehleht !" würde der Angeredete mitleidig die Ad­­eln ruchen und um so schneller Juhen von mir anszusammen. Ich könnte ja möglicherweise seine Hilfe anrufen und das wirde ihn in eine unangenehme Stellung bringen. Bei einem spätern Begegnen könnte ich auch versißert sein, daß er mir aus dem Wege ginge. 294 glaube nicht, dass es in Berlin ein echtes Familienleben gibt. Schon die vom späten Aufstehen kommende ,lebte Angewohn­­heit der Frauen und Mäpchen, bis in die Mittagszeit hinein mit un­gelämmten Haaren die Wirthschaft zu besorgen , verleitet einem auf solche Kleinigkeiten sehenden Adamssohn , lange in der Nähe vieles „IHönen Gefchlegts” zu meilen. Allerdings merkt Derartiges exít ber Humbertite, denn ein artiges Spikenhäubchen, oder beim Ausgange gar ein feiner Hut verliedt gemöhnlich das „wirre Haupt“ der Schönen und Einredungen macht oft erst ver Zärtliche wenn er die Herzaller­ Viebste als Chehälfte zur Seite hat. Dann fallen natürlich bäkliche Szenen vor und allen Mefpert vor einer V Berlinerinz­unge ( ichh glaube, wir Männer treten trog des schärfsten Geschüßes den Rückzug an. 63 ist nicht Sitte in Berlin, daß Freunde und Bekannte in stil­­ler Häuslicheit, in ihren eigenen vier Pfählen eine Zusammenkunft feiern — nein, zu Hause fehlt es an Diesem und Jenem, meistend an der Geschclligkeit der Hausfrau, etwas anständig Geziehbares aufzu­­tilgen. Daher heißt es gewöhnlich : An dem und dem Tage treffen sie bei „Krol’3" oder in * Konditorei zusammen , wir wollen und kann ver bene thun und Luftig sein. Ja wohl, wer Berliner ann­teht t­eiß­ fivel sein, aber nit unter Frau und Kindern, sondern mit Trink, Kollegen, Klubgenossen und Bereinsbrüdern. Der Berliner fon­mt dem Bark­er nahh — er geht dahin, wo die Frau nicht zu treffen ist und die Frau geht dorthin, wo sie vor dem Manne sicher ist. Söhne und Töchter wandern gleichfalls ihre aparten Wege und man erstaunt über die Sicherheit, mit welcher sich die Berliner Ju­­gend in gewissen Kreisen zu bewegen pflegt. Es gibt nicht wenige Fa­­milien in der Residenzstadt, wo Vater, Mutter und Kinder von ver­­schiedenen Ausflügen erst spät in der Nacht zu Hause zusammentreffen, der Hausstand ist den Händen eines Dienstmädchens überlassen , oder befindet sich in der Aufbewahrung des P­ortierss. „Habt Ihr gegessen ?" fragt die angepagte Mutter beim Wiedersehen die hoffnungsvollen Kleinen ; diese haben sich natürlich den Tag über zu verforgen gewußt, — woher ?, fragt der Vater nicht und die Mutter nicht; it es erklärt li, lieber Leser, wenn die Kinder auf Grund dieses Sich selbst über­­lassenfeing auf Mittel und Pläne kommen , die nicht gerade die rein fülligsten sind ? Die Berliner Näh- und Blumenfabriken, die Busmachergeschäfte und Gafanteriehandlungen bergen Tausende von jungen Morden , die kaum das tägliche Brot mit ihrem Gewerbe verdienen. 980 kommt ihre elegante Kleidung , ihr But, ihr Aufwand in schönen Frisuren bei? Berlin bei Nacht wird es euch erzählen. Laßt die Wächter auf­ und niedergehen und begegnet den Konstablern an allen Straßeneden : Kuß und Liebe feiern ihre Orgien, ohne von der Hermandad gesehen zu werden und eine große Anzahl von Nerzien findet ihr Brot bei vie­lem Treiben. Man sieht in keine Stadt Europa, so viele verbummelte, den, umränderten Augen sind ihr erstes Kennzeichen. Man möchte Mitlei­den mit ihnen haben begegnet man ihnen Winterszeit im dünnen Haveloc, in den Halbtuchhofen, und in dem vor Frost und Kälte in die Augen gedrücten Cylinderhut, bedachte man nicht, daß sie im Frühling und Sommer mit allem Uebermuth und Leichtsinn aufz­u­bauen und im saisonmäßigen Habit den Glenanten spielen. Da schmeißen sie ihr Spazierstödchen wie der ftußerhafteste Yanfee und putten mit dem Glimmstergel, wie wenn sie andeuten wollten: Herr, die Welt ist mein ! Auf den Promenaden, im V­ergnügungslokal zeigen sie ich in ihrem vollsten „Wichs”, und geberbet sich ein Gardelieutenant nit auffälliger, wie der erste beste Schustergeselle aus einem Hand­­werfer- oder Arbeiterverein. Der Lurus ist in ihnen aufs Bedenklichste eingetressen, sie ringen der egalité mit den höheren Klassen entgegen und glauben im Bornehmthun den ersten Anknüpfungspunkt gefunden zu haben. Wie der nigger, wenn er auf seinen schwarzen Leib einen Frad gezogen und am ungewaschenen Halse ein Paar riez fige Bäffchen emporstarren hat, meint, ein Gentleman zu sein, so wähnt das Berliner Kind, dem Proletariat entstiegen, in seinen Glacd’3, im Duft des Eau de Cologne und der tabellosen Garderobe von Ger­­son die äußeren Anzeigen eines respektablen Gesellschaftsmitgliedes erz­wungen zu haben. Sein MWochenlohn geht deshalb auf meistentheils in Abzahlungen auf Kredit entnommener Kleidungsstüce,, bei V­ergnü­­gungstouren, von Vereinswegen veranstaltet, darauf. Der falsche Ehr­­geiz, im „Mitmachen“ von Amusement- Freunden und Bekannten nicht nachzuflehen, läßt wenig andere Großstädter so auf „Bump“ aus:­gehen, wie den Berliner. Seine ganze noble Existenz ist oft auf „ Borz­­huß“ gegründet, momentan rettet er sich dur die Pfanohäuser und will es durchaus nicht mehr vorwärts mit ihm, überlaßt er die legten Reste seines Hausstandes dem Erem­tor und miethet sich mit Weib und Kind ein Paar möbliche Zimmer. 63 kann ihm nun nichts mehr ges­nommen werden, — was er verdient, geht Pfennig für Pfennig in täg:­lien Bedürfnissen auf — lesen wir die Testamentspublikationen , die Nachlaßbekanntmachungen der Berliner Stadtgeb­ete: es ist bitter, aber wahr, daraus erfahren zu müssen, wie kaum mehr den Nachkommen hinterlassen wird, als altes Gerümpel oder Schulden. Man mag gegen die alten Kaufmannsstädte, wie Hamburg, Lübeck, Bremen dc. sagen, was man will, ein gebiegenerer Untergrund herrscht beim ganzen Hansa­­peoletariat, als bei dem unwindbeuteligen Referenzstädter. E3 steht etwas Reelles hinter ihm, er hält auf seinen Leib, auf seine Gesundheit und gibt auf das Aussehen des Rades gar nichts. „Hett he (er) Schillings in de Zajd 2" „Kann be of bezahlen “" Wer darauf zufriedenstellend antwortet, wird Reipert beim Hanseaten gewinnen , und wie der Ber­­liner Impertinent jede ernste Wahrheit, die nicht speziell berlinisch bum­­melmigig ist, mit der nichtssagenden Vhrase abfertigt­: „Wat ich mir dafür fofe!" so ist der hanseatische Meutel- und Arbeiterstand gegen alle Titulation unempfindlich und wollte sich ein Geschäftsmann „Hof,­photograph“ oder ,königl. Lieferant” nennen, er würde in den Hanse­­städten herzlich ausgelacht werden. € 3 ist widerlich, diese Unmaffen von Schildern und Wappen mit der Bezeichnung : „Hoflieferant" in allen Straßen und Winkeln­ Ber­­lins zu sehen. 63 ist, als hätten wir nicht eine große Industriestadt­­ vor uns, sondern eine Lafaienreferenz. Das Betrekte und Gotoberán­derte­­ an allen Eden und Enden raubt dem Auge jeglichen Schönheitspunkt.­­ Der Süddeutsche sieht wohl auf architektonisch schöne Bauten, aber den­n Glanz und Flitter an Läden und Schildern vermissen wir doc gewiß ! überall. Das Schild einer Wäscherin sah ich in einer entlegenen Straße­­ Berlins, es trug die stolze Inschrift „Hofwäscherin Ihrer I. Hoheit.” . Bon Schlächtern hatten mehrere Hoflieferanten-Wappen. Der Berliner­­ prahlt mit seiner wenig Loyalität an den Tag legenden Gesinnung, er Tanzelt Prinzen und König wie seines Gleichen mit aller Frechheit und niedriger Wißelei ab, dabei brüstet er si dennoch, wenn er die Ehre hat, mit Sr. Majestät Reiti­ehr im Verkehr zu stehen. Der Berliner hat viel Routine und viel Geschäftsgewandtheit, aber er ist beschränkter in seinem Weltsinn, als der geringste Kleinstädter. Ex­ bes mißt Ads nac seinem Berlin, nach seinen Ortsverhältnissen und den ihm in Boll­ und Wahlversammlungen eingeimpften Speen. Er dent nur im Geringsten selbstständig, die Boltsvertretung, die Klubredner spiegen und denten für ihn und solange diese Kraft und anseh­n haben, werden sie bebravpt und ehrenbeschenkt. Aber an die­ höchste Begeisterung dauert nur eine Weile beim Berliner. Wie wenig­st noch von Schulze Deligich die Rede! Zeigte nicht Merander Dun­fer eine so große Rührigkeit bei jeder Deffentlichkeitsgelegenheit, sein Andenken wäre längst erloschen. Der Berliner hält sich vorzüglich an die Tagesneuigkeiten, was momentan auf­ der Tagesordnung steht, interessirt ihn, rückt ein anderer Gegenstand in den Vordergrund, wen­­det sich das Unteresse diesem zu. Der rasche Flug von Neuigkeit, zu Neuigkeit, von Gerichtszeitungstlat­k zu Volfzzeitungspolitik, vrübt dem Berliner Volkscharakter eine Oberflächlichkeit auf, die ihm selbst das Gemüth, das der Wiener bei allen Gelegenheiten zeigt, um jede herzliche, aufrichtige Regung bringt. Das „Gemachte”, das Blasirte kommt in Haltung und Sprache beim Berliner zur Geltung und möchte man geradezu über die komödienhaften Aufführungen laden, mit denen Berliner Dienstmädchen und Handwerksgesellen in lauen Sommernäch­ten, versteht im Thiergarten oder auf Moabit3 „grünen Fluren” Romeo und Zulia spielen, wenn nir hinter diesem Treiben ‚der morali­ge Verderb für Kinder, denen solche Niarden an Schule und Spazierbe­­gleiter übergeben, läge. Das Auge der Schulmannschaft wacht überall, all da, wo es nicht nöthig ist, aber das Auge sorgsamer Eltern und weiser Erzieher, das Auge solcher, die Anderen mit gutem Beispiele vorangehen, vermissen wir auf Kinderbällen, Promenaden und öffent­­lichen Vergnügungsorten. C3 herrsät eine musterhafte Polizeiordnung in Spreezgítber, aber auch ein verfehrter Glaube von Ehre, Bildung und Monierligkeit. Berlin wird MWeltstadt, Berlin nimmt zu an Umfang und Mensgenzahl, an industrieller Großartigkeit und glänzender­­ Elendig­­lichkeit. Otto Spielberg, - .

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