Pester Lloyd, November 1868 (Jahrgang 15, nr. 262-286)
1868-11-08 / nr. 268
» PsstchopembeL «Das sechste»Sektionskomité.»hat den umgearbeitete Gesetzentwurf in Betreffs der Nationalitäten heute 1111tc1 breitet und zugleich in lithographirten «Exemplare 11 de 11 übrigen noch tagenehmer Sektionen mitgetheilt.Tor Unitr schied zwischen den Gutachten dieses Komités imd dem Ausschuszentrum fliegt hauptsächlich in den zwei ersten Paragrafphen,in welchen Deäk die Gleichberechtigung der Nationalitäten präzisirt,Imdi1u§.12,nach welchem bei Rechtssachmvordanerich teuerster Justam der Gebrauch der Sprachen nach der bestehenden Gepfloge 11l)eit aufrechterhalten wird.Die ersu-Sektion hat unter Vorsitz Anton Csengeri’s——ohne weitläufige DebattetH den Vorschlag der sechste 1 Sektion,jedoch mit einigen Renderungen,angenommen· In der zweiten Sektion,unter Vorsitz Bitt6’s,eiferte Moriz Perczel gegen jedes Nationalitätengesetz als ein überflüssiges Ding,bekämpfte auch den Vorschlag der sechsten Sektion mit einiger Hartnäckigkeit,bis endlich die Majorität den frühernch Schluß erneuerte,auf der Basis des Ausschußentwurfes die Detailbscmthung vorzunehmen.Die dritte Sektion unter Vorsitz(8)abrief?Gnyay’s nahm den Vorschlag der sechsten Sektion als Basis ihrcer abuidhr an.Die vierte« Sektion1u·i1«durc ihren Präsidenthn Madocsänyi zur Reossumirung ihm grfaßtancschlüsse auf übermorgen eingeladen.Imdu«siebenten Sektion unter Vorsitz Zsed Gr1yi’s, zu welcher,bei der Konstituirung der Sektionen durch das Loos eincigemrZtefall die 512a111c11 aller Wortführer der verschiedenen Nationalitäten aus der Urne ziehen ließ,dauerte der mit Unter-erregtestmpf länger.Rannicher erklärte—nach Vorlesung des neuen Entwurfes——,daß er sich vorbehalten habe , in dem Falle, wenn dieser Gegenstand nicht von der Tagesordnung gestrichen werden künne, einen positiven Antrag zu stellen ; dieser sei, er möge das Nationalitätengefeg, auf welcher Grundlage es immer verfaßt wird, auf Siebenbürgen nicht ausgedehnt werden. Dieses Yard stehe in Betreff seiner verschiedenen Sprachen auf dem Rechtsboden und sein nicht ungarisch sprechender Bürger Siebenbürgens künne dem eben verketenen Entwurf zustimmen. Man könne das für Siebenbürgen giltige Spracengefäß von 1847 nicht mit einem Federstrich aufgeben. Die seitherige Praxis habe die Gleichberechtigung der ungarischen, deutschen und rumänischen Sprache geregelt — gleichsam eine Spee verkörpert, in welche sich Siebenbürgen eingelebt hat. Das Gubernium sende die Verordnungen an das Sachsenland nur deutsch , die sächsischen Kommunal- und Bezirksmunizipien, alle Kirchenbehörden verwalten in derselben Sprache und in der Hermannstädter Universität sei die Unterrichtssprache deutsch , die Näpod und Fogarafer Bezirke erhalten ihre Verordnungen in rumänischer , die Ungarn und Szeller in ungarischer Sprache. Nedner erfuhr, den Faktor nicht außer Acht zu lassen, daß Siebenbürgens Sachsen ein Kulturooll seien, welches die Mission der Zivilisation für diese Gegenden hat. Die Sachsen unterhalten fünf Ober- und zwei Untergymnasien, eine Oberrealschule und in allen Ortschaften die gehörige Anzahl von Schullehrern für ihre Bevölkerung von ungefähr 200.000 Seelen ; auf 40 Schüler komme ein Lehrer und auf 100 Seelen 15 Schüler — in Ungarn acht Schüler. In dieser Hinsicht übertreffe das Sachsenland die Kulturstufe des Volkes in England und Frankreich. Die Sachsen hätten ihre Vertreter wieher gesendet, um als solche der Krönung beizuwohnen und das Unionsgefäß zu berathen ; sie müssen daher vor der Berfaffung eines Unionsgefäßes, d. h. welches die Details der rechtlich ausgesprochenen Union definitiv regelt, gegen den gegenwärtigen — auch gegen den eben verlesenen — Lorsschlag , der von Siebenbürgen sein Sterbenswort erwähnt und dennoch in das öffentliche Leben dieses Landes tief einschneidet, feierliche Verwahrung einlegen. Hierauf antiwortet in erregtem Tone Graf Dominuf Zelesi mit der Erklärung, daß Die Unionsfrage durch den 7. Artikel 1848 definitiv geregelt wäre und die Sachsen im Jahre 1848 mit stürmischen Essens den Bestimmungen vieses Geietes beigestimmt hätten. Der Landesausschuß, welcher zur Regelung der Details ausgesendet war, hatte seinen Bericht erstattet, aber auf den Antrag Deals wurde mit der Ausarbeitung des betreffenden Gefetentwurfes das Ministerium beauftragt. Nun, über die Verschleppung dieses hochwichtigen Gegenstandes könne er seine Aufklärung geben, aber seiner Ueberzeugung nach sind die Sachsen Siebenbürgens seit der geselisch ausgesprochenen Union den Cefeken Ungarns rechtlich unterworfen ; sie können auch in Betreff ihrer Sprache nicht Privilegien in Anspruch nehmen, welche sie entweder sich selbst angemaßt oder von der absoluten deutschen Regierung erhalten hätten. Das Sprachengese von 1847 haben die Sachen nie eingehalten, sondern willführlich gedeutet und ausgedehnt, trog dessen wisse er nicht, daß die Sachsen mit den ungarischen Munizipien deutsch korrespondiren, aber er müsse sich wundern, wenn sie noch jegt den Rumänen, deren Zahl auf dem Gebiete der Sachsen namhaft ist, verweigern wollen, die Brottofolle nebst der deutschen, auch im rumänischer Sprache zu verfassen. Paul Szontagh (Meograd) bemerkt, daß er seit den drei Tagen biefer erregten Debatten manche Bittere Bille verschluden mußte, aber dafür durch mehrere mit vielem Geist .usshläger Mäszigung Vorgetragene Reden—unter welchen Ran1ficher’s vorgestriger Vortrag eine der geistvollsten war—— Aber einen Theil seines — Rannicher’8 — heutigen Vortrages künne er nicht ohne Bemerfung lassen, wo er nämlich die Zivilisationsmission der Siebenbürger Sachsen hervorhebend, rühmend ihre vielen Schulen erwähnt, mit dem Beirate, daß 15 Perzent ihrer Seelenzahl, in Ungarn aber nur 8 Perzent in denselben erzogen wurden. Abgesehen davon, daß wenn Mannicher in Ungarn auch nur die protestantische Bevölkerung berücsichtiget hätte, er wohl mehr als 8 Perzent für den Besuch der Schulen herausbringen müßte, sehe er sich gezwungen, daran zu erinnern — und hier berufe er sich auf den Vorfiger der Sektion als Mitglied des Finanzausschusses — daß alle die von ihm (Rannicher) erwähnten Gymnasien sammt der Universität in Hermannstadt von Staatsgeldern hauptsächlich erhalten werden, die Sachsen dieser Gunst noch unter Bach und Schmerling , die ein politisches Kapital für ihre Ziede daraus machen wollten, theilhaftig wurden und nun auf Kosten des Südens ihrer übrigen Mitbürger damit stolztven. Wenn er ferner fragt, ob die Autonomie des Sachsenlandes nur so viel bedeuten soll, daß die Befehle des Ministeriums vollzogen werden sollen, so müßte Nebner die Antwort ertheilen, was seine Autonomie auf Privilegien beruhen könne, welche das Mittelalter schuf, sondern auf der Basis der allgemeinen Gleichheit und Freiheit; — das Gesammtvoll muß frei sein, ehe dessen Theile sich der einzelnen Freiheiten erfreuen können. Nannicher erwiedert, daß er von den Kulturzuständen sprach, um die verwaltenden Umstände zu beleuchten ; er wolle durchaus nicht Privilegien in Anspruch nehmen, wie solche trog alles liberalen Fortschrittes z. B. auch in Ungarn bei der Septemviraltafel noch giftig sind, wo Würdenträger als solche ihr Richteramt ausüben ; und was sei denn die Magnatentafel ? nicht auch eine privilegirte, wenn auch geiegliche Körperschaft. Bis das Gesetz diese Privilegien nicht aufhebt, haben sie: Geltung. In Betreff der vom Grafen Teleki erwähnten Etjen bei dem Abschluß der Union müsse er an das Promemoria erinnern, welches die Sachsen damalen eingereicht und in welchem sie die Bedingungen feststellten, unter welchen sie ihre Austimmung gaben. Der ausgesendete Ausschuß habe viele Bedingungen nicht zurücgewiesen, daher ihre freudige Zustimmung. Die Ungarn müssen, was Religionsfreiheit und deren Vollzug betrifft, nach Siebenbürgen in die Schule kommen, wo ein interkonfessionelles Geieg, wie ed durch den Kultusminister dem ungar. Reichstage vorgelegt wurde, eine ba EÜ BETŐ BE EE it. . . Koloman Tisza erinnert die Mitglieder der Sektion daran, daß nach dem $. 5 des 7. Art. 1848, Ungarn seine Bereitwilligkeit erklärte, diejenigen besonderen Freiheiten oder Gefäße Siebenbürgens, welche der Union nicht hinderlich, der nationalen Freiheit und Gleichheit entsprechen, anzunehmen und aufrecht zu erhalten, es wolle daher den Borzschriften dieses Gefeßes gemäß, auch das Nationalitätengefet verfassen, ob nun aber darin solche Vorschriften vorkommen dürften, in Folge deren das ganze Gefeß auf Eichenbürgen nicht ausgedehnt werden könnte, werde erst aus der Detailberathung zu sehen sein, daher er den Antrag stelle, über die Basis der Detailberathung abzustimmen. Miletics erkennt zwar an, daß der $. 12 des neuen Entwurfes eine Verbesserung enthalte, aber der ganze Berichlag die Gleichberechtigung nicht durchführe, daher er ebenso wie Alexander Mocsonyi diesen Entwurf nicht als Basis der Detailberathung annehmen könne. — Bei der Abstimmung wird jedoch der neue Entwurf als Basis angenommen, worauf mehrere Vertreter serbischer und rumänischer Nationalität sich entfernen, jedoch mehrere — wie wir hören drei Rumänen — im Berathungssaale verbleiben. Die weitere Berathung wurde auf morgen vertagt. est. 7. November. T. Heute schreiben wir einmal über einen — Wassertropfen. Wir ersuchen unsere geehrten Leser fi nicht etwa wegen der Geringfügigkeit des Gegenstandes unwillig abzuwenden ; sie mögen bedeuten, daß ja manchmal auch ein Wafsertropfen allerlei Interessantes bieten könne. Ein Waffertropfen erweitert sich unter dem Mifrosfope zu einem großen, weiten See ; Hunderte der gräßlichsten Ungeheuer schwimmen darin umher und rufen uns alle die Schredbilder ins Gedächtnis zurück, von denen wir in Ammenmärchen gehört oder in mythologischen Büchern gelesen haben. Auch im politischen Leben gibt es derlei Wassertropfen und erst gestern ist ein solcher in Form eines Wortes unerwartet auf den Tisch des Abgeorognetenhauses niedergefallen. „Reichsministerium” Heißt dieses neueste Objekt politisch-wissenschaftlicher Forschung ; — ein Wort, ein zwar sehr langes, aber Doch nur ein einziges Wort, ein einziger Tropfen aus dem großen Ozeane der Sprache, der aber, wie man ung versichert, schreckliche Ungeheuer bergen soll, welche „die staatliche Existenz und die Selbstständigkeit Ungarns" vernichten konnten. Wie Schade, daß man noch kein Mikroskop erfunden hat, durch welches sich die Beobachtungskraft des geistigen Auges ebenso vertaufendfachen ließe, tote Es muß nur dem Mangel foldy zugeschrieben werden, verborgen sein sollen. Gebietes, selben ist wahr, in welchem daß die das eines jene des förperlichen, politischen Wissenschaften nicht ebenso rasche Fortschritte machen, wie die Naturwissenschaften ; auch wird man es nur eben diesem Mangel zuschreiben müssen, wenn die Welt an die Existenz jener Ungeheuer nicht glauben wird, die nach den Versicherungen der Herren Ghhezh und Konsorten in dem Worte: „Reichsministerium" Seitdem der Gebrauch dieser Benennung in der ungarischen Delegation zu dem bekannten Zwischenfalle geführt Hatte, haben wir wiederholt über die Bedeutung dieses verhängnißvollen Wortes und über die Nachtheile, welche aus dessen Gebrauche für das gute Recht Ungarns erwachsen könnten, nachgedacht, und wir miüsfen aufrichtig gestehen, daß wir zu dem Pesultate gelangt sind, daß der ganze Streit über „Neichsministerium" und „gemeinsames Ministerium" ein leerer Wortstreit Ministerium” ist, gebraucht. Es ist aber auch anderseits wahr, daß das Wort „Neich" (birodalem) in unseren Gefeßen oft gebraucht erscheint, und daß darunter nichts anderes verstanden wird, als die Gesammtheit jenes die Dimastie geistigen Mikroskopes Wort Neidigministerium kommt im Gefege nicht vor; stattdessen wurde im Texte des Gefetes der Anspruch „geeinsames Habsburg-Lothringen als erbliches Herrscherhaus anerkannt wird. Da nun von Niemandem bestitten werden kann, daß gemeinsamen Minister gerade die Thätigkeit der sogenannten welche auch von den ungarischen Gefegen unter dem, bezieht, den vorkommenden Worte: birodalom verjtanden werden, fo ift. es doch unzweifelhaft, daß die gemeinsamen Minister wirklich Reichsminister sind, ob man sie nun so nennen mag, oder nicht, und daß ihre Macht und Befugniß durch die eine oder die andere Benennung nicht um ein Haar erweitert oder verringert wird. Noch rechtlichen die es bisher unternommen, den staateBeweis zu führen, daß durch das Wort „Neideministerium” auch nur ein einziges von jenen ganz positiven und durch Gefee streng umschriebenen Rechten ertreittert würde, welche den „gemeinsamen” Ministern zusommen. Niemand hat es noch bewiesen, und es wird es auch kaum irgend jemand beweisen können, daß die gemeinsamen Minister, wenn und weil ten Ungarns sie sich sich berechtigt fühlen können. Neichtminister nennen, den Nechzu thun ES mag sein, daß einmal auch wieder Zeiten kommen können, im denen die „gemeinsamen’ Minister vielleicht wieder einmal ihre Macht auf Kosten Ungarns zu erweitern trachten möchten. Allein wenn ihnen das gelingt — was wir nicht wünschen und nicht hoffen — so gezwingt ihnen nicht, weil sie Reichsminister heißen, , sondern aus ganz anderen reellen Ursachen. Gelingt es ihnen aber nicht, Ungarns Rechte zu verringern, so werden wir unsere Rettung sicherlich ebensowenig dem Worte : „gemeinsames Ministerium‘, zu verkaufen haben. Das ist so klar, daß darüber wohl nichts weiter zu sagen ist. An die Herren von der Linken hätten wir indessen doch noch ein ernstes Wort. Diese Herren täuschen sich vollkommen über die Strömung der öffentlichen Meinung, wenigstens in diesem Augenblicke. Vor einem Jahre hätte der Coup, welchen die Herren gestern ausführten, indem sie den Beginn der Thürtigkeit der Delegationen von der eben erwähnten Lappalie abhängig machen wollen, vielleicht noch hie und da irgendeinen Streft hervorgebracht. Damals waren ja Madarap und Cfiky noch große Männer und Zifa und Gayezh daher feder gemässigte Oppositionelle. Gegenwärtig stehen die Dinge anders. Zusperberst würde man es einer ersten und loyalen Oppositionspartei wirbiger gefunden haben, wenn dieselbe offen herausragt,sie wolle überhaupt seine Delegation, als wenn sie die Theilnahme an derselben beiläufig weghalb verweigert, weil ihr die Nase des Herrn v. Beust nicht gefällt, wenn schwerer als dieser Einwand wiegt wahrhaftig auch seiner nicht, der bezüglich der Benennung: „Reichsminister", ehorben wird. Dann aber bitten wir die Herren Ghyczy und Tipa auch noch,mit uns nicht Versteckens spielen zu wollen;wir sind eben keine Kinder mehr.Wennt man diesen beiden Herren heute sagen würde,gut Euer Wille geschehe,die Delegationen werden am 12.oder 16.November nicht zusammentreten,sondern erst bis die von Euch aufgeworfene Frage vollständig geordnet ist,dann wird es aber zu spät das gemeinsame Budget pro 1869 parlamentarisch zu behandeln;dasselbe wird also actroyirt werden und für alles habt ihr die Verantwortung;da,tretether,übernehmet die Regierung und verantwortet es!——wenr man den Herren Ghyczy und Tipadas sagen und darIachhandeln wollte,gewiß Niemand käme dadurch mehr in Verlegenheit als sie selber, denn es fällt ihnen nicht im Traume ein,den Beginn der Delegations-Berathungen wirklich hinausschieben oder gar für einen Wegfall derselben die Verantwortung übernehmen zu wollen. Sie stellen ihren Antrag nur, weil sie im Voraus wissen, daß er durchfällt und sie würden si die Haare aus raufen, wenn er angenommen würde. Das mag an und für sich eine Enge PVarteitaktif sein, allein hier Wochen vor dem Schluffe der Seffion Angesichts jener Berge von Gegenständen, die noch der Erledigung harren, die Zeit im solcher Weise berzetteln, das scheint uns mindestens nicht patriotisch zu sein. Der Unmille, der sich über den neuesten Schritt der Linken in den weitesten Kreisen fundgibt, ist ein Erfolg, der von den Herren schwerlich beabsichtigt ward und der sich für sie kaum günstiger gestalten wird, wenn sie etwa den faux pas hinterher auch noch durch Lange Neden rechtfertigen zu wollen versuchen sollten. Es fan der Linken dabei höchstens Eines zum Troste gereichen ; es ist durch ihre Schuld im Reichstage von so viel Zeit vergeudet worden, daß es auf ein paar Stunden mehr oder weniger wahrlich nicht mehr ankommt. Wenn übrigens, wie es gegenwärtig allen Anschein hat, die Negierung durch ralches Zuvorkommen in dieser an und für sich nicht so sehr wichtigen, als vielmehr zu einer wichtigen aufgeblähten Frage den Herren von der Linien noch im feßten Augenblicke den Spaß verbrüht, so ist die Gefahr weiteren Zeitverlustes hoffentlich beseitigt — freilich ganz und gar ohne die Schuld der Linken und ohne irgend eine Garantie dafür, daß sich die Komödie nicht bei der nächsten Gelegenheit wiederhole. * * * Aus der heute um Halb 7 Uhr Abends abgehaltenen Konferenz der Deitpartei erfahren wir in später Stunde nur so viel, daß der Gegenstand derselben der Antrag der linken Mitte war, mit welchem die Delegation beauftragt werden soll , ihre Sigungen nicht zu beginnen , bis nicht der íchon im Schoße der Delegation beanstandete Titel „Reichsminister" aus der Titulatur der gemeinschaftlichen Minister gestrichen ist. Nach einer längern Aufklärung des Thatbestandes durch den Herrn Ministerpräsidenten in Betreff dieser umberechtigten Forderung , betheiligten sich 3fedényi un Desk in gleichem Sinne an der Berathung , nach welcher einstimmig der Beschluß gefaßt wurde, über diesen völlig unmotivirten Antrag zur Tagesordnung zu schreiten Wie wir hören, soll Graf Andpräffh die Erledigung über den Titel, mit welchem die gemeinschaftliche Monarchie im Sinne des rechtlich, bestehenden Dualismus, als solche, fernerhin in diplomatischen Artensuchen benannt werden soll, für die nächsten Tage in Aussicht gestellt haben. (S. unser heutiges Wiener Telegramm.) und einigermaßen entschädiget wurde. 68 Häufig Niemand hat in irgend auf jene Gebiete ii einer Weise Abbruch in mE : Aus dem Interhanse. Heft, 7. November. In Nachstehendem theilen wir die Nede mit, mit welcher Finanzminister v. Vtónya 4 die Gelegentwürfe in Angelegenheit der Fleisch- und Weinaccife und bezüglich der Personalerwerbsteuer in der heutigen Linterhausfigung einbegleitete. Die Gefekentwürfe selbst können wir heute noch nicht veröffentlichen, da dieselben, wahrscheinlich aus Beriehen, im Bureau des Unterhauses hinterlegt wurden, bevor sie noch abgeschrieben worden waren. Finanzminister v. Louvay. Geehrtes Haus! Die im Laufe dieses Jahres gebrachten Steuergehege treffen Verfügung über alle direkten und indirekten Steuern mit Ausnahme von nur zwei Steuerarten. Die Geltung derselben wurde dur die sanktionirten Gewege bis zum 31. Dezember 1869 erstrebt. Jene zwei Steuerarten, deren Geltung nur bis zum fekten Tag des laufenden Jahres ausgesprochen wurde, sind : die Meinund Fleischverzehrungssteuer und die Werfenalermerbsteuer. In Bezug auf diese halte ich es für meine Wflicht, vns Gefekentwürfe dem geehrten Haus zu unterbreiten. Bei der Weinverzehrungssteuer bringe ich in Borschlag, daß bis zu 5 Berzent der jährlichen Meinfechtung mit Nachsicht auf die Deckung des eigenen Bedarfes des Meingartenbefikerd, den Steuern nicht unterzogen werden sollen, und daß dies steuerfreie Meinquantum fi bis auf 15 Eimer erst reden darf. € 3 ist dies, wie ich glaube, ein Berfahren, welches günstiger ist, als die bisher in Uebung bestandenen Borsschriften und billiger gegen den Produzenten. Ferner bringe ich bei der Mein- und Fleischverzehrungssteuer die Beseitigung ver Leberweisung und bei jenen größeren Gemeinden, welche bezüglich der Einhebung der Verzehrungssteuer ein Uebereinkommen treffen, don Nachlaß einer gewissen Summe für die Einhebungstosten in Vorschlag. Das sind die Reformen, welche man unter den gegenwärtigen Verhältnissen bei der Mein- und Fleischverzehrungssteuer in Vorschlag bringen kann. Was die Personalerwerbsteuer betrifft, 10 bringe ich im Sinne des bei Feststellung dieser Steuerart gebrachten Beichluffes in Vorfalag, die in Ungarn für die Personalerwerbsteuer bestehende Norm auch aus Siebenbürgen auszudehnen und so alle jene Taren, welche in Siebenbürgen unter dem Titel Schugtare, Kopftare, Steuerzuschlag und Bürgertaxe, sowie unter dem Titel von Weidetaren für das in die benachbarten türkischen Provinzen auf die Meive getriebene Vieh bezahlt werden, aufzuheben. An die Stelle all’ dieser verschieden betitelten Steuergattungen würde die in Ungarn in Anwendung stehende ent eins Wiener Briefe. 6. November. O. R. Der November hat sonst nicht die Eigenschaft die Menschen heiter zu stimmen, am wenigsten, seitdem der Michaelizinstermin auf Allerheiligen verlegt worden ist. Aber heuer klärten sich am Ersten dieses verdrießlichen Monats manche befümmerte Gesichter auf, die die Züge jener frommen alten Dame, welche ihren Herrn Präsidenten von Schmerling, als derselbe ins Ministerium berufen worden war und verkündet hatte, daß „Missenschaft Macht” sei, als von leibhaften Antichrist vorgestellt hatte. Da hörte sie nun eines Tages den gefährlichen Dann sagen : „Der liebe Gott wird schon weiter helfen,“ und mit überströmenden Augen warf sie sich einer Freundin an den Hals und rief: „Er glaubt doch noch an Gott, es ist wo nicht alles verloren !" Wehnlichheg ging wie gesagt in den Gemüthern vor, als der Morgen des ersten November an den Straßeneden fünf Zettel ershheinen ließ, alle mit derselben Mederschrift : „Der Müller und sein Kind.” Beinahe war der Sieg schon in den Händen der glaubenslosen Presse, ein Theater na dem andern fiel ab und gab die ersten besten frivolen Stücke am Tage aller Seelen, nur die Burg und die Sorephstadt blieben no& treu. Und siehe,_plöslich vorgog sich die*Umkehr, sogar „ver Sude Aicher” Fehrte zurück in den Schvoß des allein Thränen machtenden Raupadh. Beruhigt konnte man nach Währing ziehen, um sich zuert am Gesange der Klageweiber, dann aber am Heurigen zu erquiden. Und gerade in diesen Tagen hielt der Tod wieder reiche Ernte und mancher Todte wurde auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Mege des Nefrology im Handumdrehen ein großer Mann. Sie zitterte die Feder vor Nührung, als sie den Namen Kleyhonz und ein Kreuz davor auf das Papier malte. Zerknirfeht bat sie dem muthigen Träger dieses Namens allerlei ab, nur nicht, was sie doch ihn gegen die Allgemeinheit gesündigt hatte. Die Federn , welche mit diplomatiscer Treue jede wunderliche Aeußerung des böhmischen Tischlers im Gemeinderath verzeichneten und eher das Mächtigste verschwiegen als einen sogenannten Mit desselben, hatten den braven Mann längst um seine Naivetät gebracht. Er gefiel sich in der Rolle des Spaßmachers ebenso, wie sein „unwibiger” Kollege im Reichsrath und kümmerte sich ebenso wenig darum, ob die Würde des Orts, seines Mandats und der Sache, um die er sich handelte, darunter Schaden litte oder nicht. Dem guten Kleyhonz hätte man gern das längste Leben gewünscht, aber dem „Prinzip Kleybenz” gönnt die ewige Ruhe Jever, dem er um die gesunde Entwicklung unserer Zustände aufrichtig zu thun ist. Es gibt ohnehin noch viel zu viele, denen alles parlamentarische Leben im Großen und Kleinen nichts als eine Het’ ist. Einige Tage vor dem Tischler und Gemeinderath erfuhr der herzoglic meiningen’sche Konsul Friedland die Ehren erster Klasse durch literarische pompes funèbres. Friedland war gewiß ein harmloser Mann, seitdem er den Pragern nicht mehr das Gaslicht zumas. Als Gasfabrikant hatte er sich zuerst in Breslau versucht, aber nicht seine Rechnung dabei gefunden. Die dortigen Erfahrungen ließ er sich in Prag gesagt sein. Die Flammen waren klein, umso größer sein Verdienst, und seine Popularität erreichte den höchsten Grad: öfter als irgendein Schauspieler oder Sänger wurde nämlich er im Prager Theater herausgerufen. So oft dort die Flammen erloschen, und das geschah längere Zeit täglich, schrie das Publikum „Friedland !” Allein, er war bescheiden, er erschien nicht und sein Gas eben so wenig. An bescheidenen Glanz ges wöhnt, verlegte er sich nach seiner Webersiedlung von Prag nach Wien auf das Orden und Titelfjammeln. Er verachtete auch den Kleinsten nit, bei dem meiningen’schen Konsulat sah er weniger auf Meiningen als auf das Konsulat, und eine Medaille, welche ihm das Prager Schükentorps übersandte, erpreßte dem Nitter vieler Orden Zähren vor Rührung. Auch Mäcen war er in seinen Freistunden. So soll er noch in diesem Sommer Manuskripte ungewöhnlich hoch honorirt haben, aber nicht um sie zu veröffentlichen, sondern im Gegentheil um zu verhindern, da sie in die Hände einer Submilla Affing und durch dieselben in die Oeffentlichkeit gelangten. Aber einmal wäre ihm voz Mäcenatenthum bald verleitet worden. Er hatte das Geld zur Gründung einer Zeitung hergegeben und das Seinige gethan, um dieses Verhältnis zu allgemeiner Kenntniß zu bringen . Eigenthümer einer Zeitung sein, das verlieh Macht und Einfluß, mit Zeitungseigenthümern müssen die Gewaltigen der Erwe fi auf gutem Fuße halten und die Folge ergab sich von selbst. Allein er hatte versäumt, sich in dem Punkte zu sichern, nicht Ehren und Auszeichnungen brachte ihm die Eigenschaft als Duafibefiser des Blattes, sondern Vorwürfe, wenn etwas darin stand, was höheren Orts mißfiel. Und wenn er beschämt befannte, er habe auf Das die Leitung seinen Einfluß, so glaubte man ihm nicht einmal, waren bittere Tage. Einer betrauert ihn gewiß aufrichtig. Er hatte einen Rivalen. Bald war der Eine, bald der Andere um eine Nasenlänge voraus ; begegneten sie einander, so zählte Jeder verstohlen die Bänder im Knopfloch und am Hals des Andern,, und jedesmal ergab sich eine Differenz, die auszugleichen der Minderbebänderte aufs Hibigute bemüht war. Dabei urtheilte Jeder über die Nang: und Ordenssucht des Andern und über die Mittel, welche derselbe anwende, um seine Leidenhaft zu befriedigen, aufs Herbste. Von diesem Wettrennen werden die drolligsten Geschichten erzählt, die nit sämmtlich wahr sein mögen. Dodd fidher ist, daß falsche Freunde sich auf Kosten Beider belustigten. Die eine Geschichte, für die ich freilich seine Bürgschaft übernehmen kann, beginnt mit einem gemüthlichen Souper. Der Eine von den Rivalen, sagen wir &., ist in der zufriedensten, menschenfreundlichsten Stimmung. Da flüstert sein Nachbar ihm zu: „Wissen Sie fon, was der 9. gethan hat ?“ Der Name allein verscheucht die gute Laune, die nach Champagnerglase ausgestrebte Hand fintt schlaff herab und mit lerer Stimme sath.:,,Nichts weiß ich,was hat denn der entsetzliche Mensch schon wieder?«" „Eine Infel in der Süßfee hat er sich gekauft. Denken Sie sich die Narrheit. Er muß eine Menge Geld ausgegeben haben , blos um ein souveräner Herr auf Nufunono nennen zu können. Denn besuchen wird er sein Meidy doch niemals, schon weil es von lauter Menschentreffern bewohnt wird.” „Wissen Sie das ganz gewiß 2" stammelt unser .., den Nachbar mit gläsernen Augen anstarrend. „Positiv. Er wird das Wappen an seinem Hause anbringen und hat sich schon an die britische Missionsgesellschaft gewendet, daß sie ihm einen von seinen befehrten Unterthanen fhiden sol, wen er zum Bortier machen will. Zuerst stand er im Handel um Grromangs, aber das liegt mehrere Grade fünfcher, unterm achtzehnten Grade, und da sind die Inseln theurer.” „Sp, jo," ermwiderte X. und sprach dann während des ganzen Abends kein Wort mehr. — Am nächsten Morgen läutete es in aller Frühe an der Thüre eines bekannten Weltumseglers. Der Diener wollte den unzeitigen Besuch mit der Verwerfung abweisen, daß der Herr Doktor Nachmittags seine Sprechstunde habe, aber er wurde über den Haufen gerannt und an das Bett des Gelehrten stürzte , übernächtig und feuchend : „Freund, Sie haben ja Verbindungen mit den Antipoden,, verschaffen Sie mir eine Insel, aber mindestend unter dem fünfundzwanzigsten Grade , Eojte sie was sie wolle, und zwei Dingeborne im Nationalkostüm, die das Kleiderpugen und Parketteneinlasfen verstehen. . . ." Ob er feine Kannibalen bekommen hat, darüber schweigt die Geschichte. Schwerlich hätte er große Freude an ihnen erlebt, denn mit mehr oder minder gezähmten Wilden ist nun einmal nicht zu spaßen. Das hat neuestens Fräulein Geistinger „mit der gebissenen Wange” erfahren, die beinahe das Opfer der Affenliebe — nit metaphorisch — gewordenwoäre. Vorsichtig meldeten die Lokalhistoriker, daß es eine Reffin gewesen, welche in einer Anwandlung von Eifersucht ihre Zähne in die runden Wangen der Künstlerin eingegraben hat, aber, Dant wahrscheinlich der compakten Schminklage, nicht tief eingedrungen ist. Böse Menschen hätten sonst leicht glauben können, vernebelthäter sei einer jener Affen, welche auf der Dartwin’schen Artenleiter schon einige Sprossen höher geflommen sind und sich dabei die Vorderfüße abgelaufen haben. Solche aufrechtgehende Affen halten siche bekannt mit Vorliebe im Schatten von Gängerinnen und Tänzerinnen auf. Diesmal mwar’s eben eine veritable Aeffin, deren leidenschaftliche Anhänglichkeit so vortheilhaft absticht von dem Wanktelmuth der mehr erwähnten fortgeschrittenen Affen. Die Thoren, oft könnten sie die allerbeste und Reize die ausgiebhaften haben Die verschiedenen Anstalten, in welchen Bier mit Kunst verarbeitet wird, rivalisiren in ähnlicher Art miteinander, wie einst X. und 9. Hier eine Cancanistin, dort zwei, hier ein Seiltänzer, dort einer, der mit den Füßen geigt, am dritten Ort.eine, die mit den Ohren Flöte bläst, hier ein singender Mohr, dort ein verflammendes Känguruh. Aber überall „Bariferinnen” Sie sind zwar garstig, haben feine Stimme, den Tert ihrer Lieder versteht man nicht, nicht einmal den Wortlaut, geschweige den Nebensinn, Josephine Gallmeyer cancanirt mit viel mehr Verve , in dessen — sie sind aus Paris und das macht alles gut. Frankreich rät sich spät aber sicher. Im Sommer 1867 führten wir Bierheben nach Paris, meldhe flug vom Komptoirtiih in elegante Gquipagen sprangen und si in Sururids möblirte Wohnungen fahren Tiefen. Mit fehreren Bliden sahen die Eingebornen auf diese Konkurrenz, der sie nicht die Spige zu bieten vermochten, wenn sie den Gürtel auch no so hoch s&nallten, um eine Fülle zu heucheln, welche nicht zu den gewöhnlichen Vorzügen der Gallierinnen gehört. Aus Rache fdicht uns nun Frantreich seine übertragenen Mabillefinnen und die auf dem heimischen Bo ven Geschlagenen siegen auf dem fremden. Das schmerzt tief. Zwar das Genre „a la Mannzfeld”" — so nennt es sich nämlich offiziell — hat nichts zu fürchten. Sind die Französinnen und ihre zarten Anspielungen unverständlich, so werden die Lokalsängerinnen Lerchenfelder Geblüts immer deutlicher. Man braucht nur die Titel der neuesten Gesänge dieser Damen (mit Respekt zu jagen) zu sesen und weiß genug. Die armen Teufel, melde in den Bierhäusern haufiren und obszöne Photographien an junge und alte Greife verhandeln, an denen ohnehin nichts mehr zu verderben ist, die werden bestraft. Und ihre Bilder sind um nichts schlimmer, als die Lieder dieser Hornischer und Konsorten , unter deren Zuhörern man regelmäßig junge Mädchen und schlafteun jene Kinder erblicht. Fanny Hornisher und Antonie Mannzfeld können mit Gleichmuth auf den Kultus des Französischen blicken, ihre Garde bleibt ihnen treu. Aber Andere bemerken mit Schreden, daß Tage, ja Wochen vergehen , ohne, daß in den öffentlichen Blättern von ihnen die Rebell. Dem muß, abgeholfen werden. Der alte Wis, sich auf eigene Kosten Kränze und Gerichte zumerfen zu lassen , aber sich selbst Armbänder zuzufehiden, ist eben schon gar zu alt. Zu befannt die Geschichte, die einmal Marie Seebach aufführte oder doch von sich erzählen ließ : Mitternacht, tiefe Stille, alles kläft, nur Gemöllewächter und Diebe feleiden no an den Häusern hin ; da tönt plöglich ein Thriller obrs und herzzerreißender Schrei durch die Nacht, noch einer, wie halb erfthrt, ein jammervolles Röcheln und Stöhnen, das Haus wird wach, die Nachbarschaft regt sich , ein Verbrechen, ein Mord ist begangen, wo ? woher kam der Todesschrei? Man stürmt die Stiegen hinauf, erbricht die Thüren und findet — Marie Seebach, die eine neue Rolle stubbt. Das it Schön, aber wie gesagt, schon dngetreten. Und in der höchsten Noth erscheint ung eine Reffin. Heil ihr ! Dem D Vernehmen nach haben schon verschiedene Damen , die bisher mit Kanarien und anderen Vögeln, King-Charles und Papageien „ihr träges Müthchen labten" , wie der Grobian Gottfried August Bürger sagt, ihren Lieblingen die Freiheit gegeben und sich Affen — Pardon ! Reffinnen angeschafft, von denen man Stoff für einige falls divers erwarten kann. AA >