Pester Lloyd, Mai 1869 (Jahrgang 16, nr. 101-124)

1869-05-23 / nr. 119

.-.-.——.--W.-...»M«.—s»..—«. Mit 1.Juni begi­nnt ein neues Abonne­­ment.Wir erkuchen unsere geehrten Post-Prär­umeranten, deren Pränumeration mit Ende Mai ablägt,ihr Abotes­nement jezeitiger erneuern zu wollest,indem sonst,wenn die Pränum­erationen spät einlaufen,ohne unser Ber­­fchulden Unregelmäßigkeit bki in der Expedition ein­treten können­. Die Pränumerationspreise sind mit Postver­­sendung:Ganzjähr 1922si.,neunmonatlich 16fi.50kr.,halbjsihrigl.1fl.,dreimonatlich 5fl.50fr., zweimonatlichztfl.monatlich 2fl.m­it"separater Ver­­feindung des Abendblattes perRkonat 30kr.1nehr. In Locox Für West-Ofeum­’s Haus gesandt­­ganzjährichlfl.,halbjähriglichfl.,vierteljährigsssi·, nwnatlichlfl.stbkr. Pest,22.Mai. Neun Redner haben heute 111 de:«Adreßdebatte ge­­sproche11,welche die m­ehr als biet­ständige Sitzung des Ab­­geordetenhau­ses gänzlich ausfüllte.Von­ ders Rechten nahmen Graf Ferdinand Zihay, Demeter Horváth, Sa­maria und Bela B­erczel das Wort; von der Linken betheiligten sich Ludwig Simonyi, Koloman Tóth, Sabbat Burovich, Ludwig Csernatony und Bir­­git Szilágyi an der Debatte. Da der Gegenstand bereits so ziemlich erschöpft ist, konnte die Debatte die Aufmerksamkeit nur in­ehr geringem Grade fesseln; seinem der Redner wollte es gelingen, etwas zu jagen, was nicht­­ schon io oft gejagt worden wäre. Dieser Umstand lastete denn auch schwer auf den Neben, seine derselben konnte sich über das Niveau der Mittelmäßigkeit erheben. Kein spielender Ot­mor, fein schwungvolles Pathos schmickte den öden Weg, den wir schleppend und sc­hwerfällig durch­wandern mußten. Das­st übrigens nur die natürliche Folge des Umstandes, daß die Frage der gemeinsamen Angelegenheiten, sonwie auch die Nothwendigkeit der inneren Reformen im Parlamente und in der Presse vollständig durchgesprochen und erledigt ist. Die Steiner, welche sich heute vernehmen Liegen, ge­­hören ohne Ausnahme zu den besseren Köpfen, einige von ihnen befigen sogar eine hervorragende politische und ora­­torische Befähigung. Allein sie fühlten selber, das das Meiste, was sie sprachen, allgemein bekannt sei und eigent­­lich Niemanden mehr interessirt. Nur Demeter Horváth entwickelte einige Lebhaftigkeit,­­ aber auch er mur dort, wo er mit nachdrüchlichen Worten hervorhob, daß dieses viele Óin- und Herbebattiren über die Aoresse eigentlich eine Zeitvergeubung­ei. Derselbe Gebante bildete auch die Pointe in der trefflichen Auseinandersegung Ferdinand Zichh’s, der si noch­ dadurch auszeichnete, daß er hie und da einige Luft vermerken ließ, den Begriff der „Parteidisziplin” in einem etwas weiteren Sinne zu fassen, als dies bisher üblich war. Wir wollen dieses Streben nicht mir nicht tadeln, da wir uns ja oft genug im ähnlichem Sinne ausgesprochen haben, sondern­ hätten vielmehr gewünscht, daß der Herr Graf diesen ersten Schritt etwas beherzter thue; bei weniger fehlichternem Auftreten wü­rde ein so gefunder Gedanke gewiß recht bald zahlreiche Anhänger finden. Die Reden B. Ludwig Simonyz’s von der Linien und Samafja8 von der Nechten litten an einer außerordentlichen­­ Gedankenbläfte, welche umso mehr auffiel, als der Vertrag ein guter, bi Samafra sogar, von einiger Monotonie abge­­sehen, ein­ vortrefflicher war. Buskovics enthüllte sich heute als ein sehr einseitiger Gefühlepolitiker. Andere — auch von der Rechten — sahen in feiner eve Gefühls­tiefe, wir erblichen in derselben eine fast an das Kindlsche grenzende Gefühls­du­felei, welche in der Politik durchaus­ keine Be­­rechtigung besigt. CS thut ung­leich, daß dieser hochachtbare und auch wirklic allseitig hochgeachtete Politiker von seinem zwanzigjährigen Aufenthalte in England nicht etwas mehr nüchterne Kälte beinbrachte. Was soll denn dieses Jam­mern darü­ber, daß der Geist der Thronrede gegen die Komitate ge­­richtet sei; was soll dieses Jammern im Munde eines Staats­­mannes, der doch in England Gelegenheit genug hatte, sich zu überzeugen, daß in bdiefen Komitaten, wie sie nämlich fegt sind, seine blaffe Iree von dem vorhanden it, mas der Engländer unter Selfgovernement versteht !? Und er ist jene Empfindlichkeit, ein verfassungs­widriges Vorgehen darin zu er­­bliden, weil die Nechte in ihrem Adregentwurfe nicht ein­­mal Erwähnung davon that, daß nicht Das ganze Land so dente wie sie! Es war ein treffender Einfall, von Bela Pergzel, Heren Bufonics darauf aufmerksam zu machen, daß auch im dem Adreßentwurfe der Linken seine solche Klausel zu finden sei, obwohl doc auch diese Partei nicht behaupten könne, daß es im Lande Niemanden gebe, wessen Ansichten von den ihrigen verschieden wären. Die drei oppositionellen Journalisten: Koloman Tóth, Ludwig Esernatony und Birgit Szilágyi hielten kurze, abgerundete, im Ganzen gut durchdachte Neven. S­i­­lágyi, von dem man das Meiste erwartete, war heute der schwächste,­­ offenbar eine Folge des Umstandes, daß er sich in Allgemeinheiten betregte. E 8 war denn auch in diesem Ge­rede über die allgemeinen Angelegenheiten seine individuelle Färbung, nichts, was die bereits sehr ermüdeten Zuhörer eini­­germaßen zu fesseln vermocht hätte. Herr Soloman Tóth hat sich seit feiner — so weit wir ung erinnern erster und letter — Medve über die Aufhebung des Zeitungsstempels be­­deutend vervollkommmet. Wäre sein Organ stärker, so hätte seine heutige Rede unbedingt unter die besten gestellt werden mü­ssen, welche bisher in der Adreßdebatte gehalten wurden. Dabei ist jetzt auch sein Vortrag besser, als ehedem. Er sprach mit einer viel größeren Freiheit und ohne jene Befangenheit, die ihn noch im vorigen Jahre beengte. Auch Herr Edemnatony verdient in gewisser Beziehung unsere Anerkennung. Er befun­­dete eine Mäßigung und Ruhe, welche von einem großen, nicht d­ 08 Äußeren, sondern auch innerlichen Fortschritte zeugen und das, diesem Nenner bekanntlich nicht sehr geneigte Haus zum aufmerksamen Anhören seiner Nede zwangen. Auch besaß Herr Esernatony Geldmach genug, um sich nicht in langath­­mige Dissertationen über die gemeinsamen Angelegenheiten zu vertiefen ; er beschränkte sich auf die einfache Motivirung bes­­sen, warum die Linie einen besonderen Adreßentwurf einbrachte. Formell müssen alle seine Motive, materiell wenigstens einige verselben, auch von der Rechten acceptirt werden. Nur der Hinweis auf die bekannte Sensationsreperche ist entschieden zu mißbilligen. Man kann über die gemeinsamen Angelegenheiten denken wie man will, aber auch wenn man sein Freund des Grafen Beust ist, braucht man deshalb doch nicht den ent­­schieden böswilligen Infinuationen der Berliner Politiker Recht zu geben, als wäre die Veröffentlichung jener Depesche eine absichtliche Herausforderung gewesen. Die moralische Unter­­frügung dieser böswilligen Infinuationen von Seiten unserer Linken schadet nicht blos der Regierung , sondern dem Lande im Allgemeinen, denn sie verringert die Aussichten einer von allen Parteien so entfehdeven geforderten Friedenspolitik, indem sie die Kühnheit der Gegner in Berlin erhöht. Wir dürfen den Grafen Beufft nicht zum Kriege ermuthigen aber — den Grafen Bismarc do wahrhaftig noch viel weniger­­ Wert. 22. Mai. N Wahrhaftig, in Berlin haben sie es nöthig, dem un­garischen Reichstag mit Mahnungen an die Hand zu gehen, daß er sich nicht gehörig den ihm gebührenden Einfluß auf die auswärtige Politi zu wahren wife! Wenn aber der norddeutsche Reichstag sich­mur die bescheidenste Einwirkung auf die innere Politik seiner Regierung anmuten will, dann wird er abgetrumpft, wie ein Lohndiener, der sich unter­fängt, in die Geschäfte des Hauses dreinzureden. „hat Geld in unsere Beutel !“, ruft der Bundeskanzler den Herren zu, aber — fügen seine Organe hinzu — vergeßt auch nicht, daß ihr einzig und allein die Bedeutung einer Steuerschraube habt und raffet euch bei Leibe nicht einfallen, für den Schweiß des Volkes, den wir von euch erpresfen, Zugeständnisse in politi­­scher Hinsicht von uns eintauchen zu wollen. Graf Bismarc, die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ und in n­euester Zeit auch die „Provinzial-Korrespondenz”" haben in­ allen denkbaren Tonarten die Melodie variirt : „Wir sind uns bewußt, von dem Reichstage nur zu verlangen, was für unsere Pläne für­­verlieh it; da­s aber muß auch bewilligt werden, oder wir machen es wieder wie bei der Heeresorganisation !" Es ist das die alte Zöpfel­ische Theorie von dem frändischen K­onstitutionalismus , der die volle Souveränetät des S­andes­­herrn durchaus unangetastet läßt. Die Stände haben danach z­war das Recht, Steuererhöhungen zu wotiren, aber wenn der Fürst zu sehen glaubt, daß in ihrer Opposition sich eine um berechtigte Widerleglichkeit a tout prix ausspricht , wenn es namentlich Far ist, daß sie bei ihren Verweigerungen nicht das Wohl des Landes im Auge haben und gar nicht die finan­­ziellen Bedürfnisse des Staates berücksichtigen , sondern dessen Anforderungen als ein Pressionsmittel für ganz andere Fragen benügen — dann ist der Monarch verpflichtet, über diese­ Re­­nitenz zur­­ Tagesordnung überzugehen. Daß eine Volfsvertre­­tung­ dieser Sorte nur eine Karikkatur des Konstitutionalis­­mus ist, liegt auf der Hand ; zum Weberfluß erklärt auch eben noch die „Provinzial-Korrespondenz", daß ein „neuer Konflikt“ unvermeidlich sei, da die „freundschaftlichen Beziehungen“ zwi­­schen Kammer und Regierung nur bei Bewilligung der neuen Steuern fortdauern könnten. Wir würden wahrlich sein Wort über dieses jammer­­volle Zerrbild eines Parlamentes, das die Welt noch gesehen, verlieren, wenn jene „nationalliberalen” Schächer, von deren Beischlüssen die preußische Regierung auch nicht die geringste Notiz nimmt, nicht die umvergleichliche Impertinenz gehabt hätten, unserem Neich­tage vorzu­werfen, daß er nicht entschlos­­sen genug die auswärtige Politik in den Kreis seiner Kompe­­tenz ziehe, und wenn ji nicht bei uns zu Lande Stimmen zur Unterfrügung einer ebenso leichtfertigen wie perfiden An­­age erhoben. Wenn man in Berlin die Befürchtung affektirt, die Wiener Regierung könne auf eine Revanchepolitik finnen, weil angeblich Ungarn nicht mächtig genug ist, ihr einen Riegel vorzuschieben,, ist da die Befürchtung nicht hundertmal gerechtfertigter, Graf Bismarc könne ein neues Komplott von Biarrig einfädeln, weil der preußische Landtag so gut wie ver­­schwunden, der norddeutsche Reichstag aber völlig außer Stande i­, nur den Schatten einer Kontrole, geschweige denn eines Zügels über die Politik des Bundeskanzlers auszuüben ? Wahrlich, wir übertreiben nicht! Wenn der Reichstag, statt der unverantwortlichen Bundesräthe, die sich auch nicht um ein Haar breit von dem alten seligen Bundestage in der Eschenheimer Safe zu Frankfurt unterscheidet, verant­wortliche Bundes­­minister verlangt, oder wenn er sich schämt, daß ihm allein unter allen ständischen Versammlungen jeder Einblick in die auswärtige Politik vorenthalten wird, schtet­­ Bismarc ihn da nicht mit der höhnischen Antwort heim: nun, auf die Verleihung von ein paar Exzellenztiten an die Bundesräthe solle es ihm am Ende nicht ankommen, und wenn die Herren recht artig seien, wolle er ihnen vielleicht auch für das nächste Jahr ein „unverfängliches­ Blaubuch zusammenstellen lassen ? Und wenn der Reichstag die Immunität aller Landtagsabgeord­­neten oder die Bewilligung von Diäten an die Reichstags­­deputirten votirt, erklären die Negierungsorgane da nicht rund heraus, darauf könne­n immermehr eingegangen werden, weil das ein Eingriff in die Nechte der Eingelstaaten sein würde ? während doch um­geführt Graf Bismarc pathetisch die „Eigen­­thümlichkeiten" Meclenburg’s in Schug nimmt, wenn dieses sanktionirten Bundesgelegen über die Abschaffung der Prügel­­strafe oder über die Aufhebung des Zunftz­wanges die Ausführung verweigert ! Wahrlich, eine trostlosere Sammergestalt als dieser nord­­deutsche Reichstag st selbst ung, die wir doch den Anfängen des Corps Legislatif beigewohnt, nie vorgenommen ; es erscheint uns gerade so unbegreiflich, wie Leute, die nicht starre Absolu­­tisten sind, es nur mit ihrer Ehre vereinbar finden können, sich in jene Versammlung wählen zu haffen. Aber nicht von Grafen Bismard Hagen wir deshalb an , sondern lediglich jene Chaupinisten, die dem großen Worte Voigt’s aus der Pauls­­fire so schmählich untreu geworden sind: „für jeden Zoll deutscher Einheit muß ein Fuß breit Freiheit bewilligt wer­­den!" Werden diese Thoren heute endlich erkennen, wie Recht ene hatten, die jeden Weg zur Einheit anders als durch die Vreiheit als ebenso verd­ammenswerth wie unmöglich brand­­markten ? Daß sie die Freiheit nicht haben, darüber sind diesen Gothaern neuester Fagon nm wohl zulegt doch die Schuppen von den Augen gefallen, weil Bismard eg sire über­­­flüssig hielt, Länger den Angenehmen zu spielen und „des trocke­­nen Zone" satt ist! Wie es aber um die Einheit und die Machtfrage steht, das ist an den fünf Fingern abzuzählen, wenn — ganz abgesehen von der Dreitheilung des alten Bun­des, von dem Berluste Luxemburgs und der bevorstehenden Abtretung Nordschleswigs — selbst innerhalb des Nordbundes Heine Duodezfürsten im Vollbemwußtsein ihrer Souveränetäts­­herrlichkeit, jedes Bundesgefeges, das ihnen nicht in den Kram paßt, ungestraft spotten dürfen, so lange sie nur den verein­­barten Stand an Mannschaften für das preußische Kriegsheer unweigerlich stellen und die bewußten 225 Thaler per Kopf des Soldaten pünktlich entrichten! Graf Bismark jedoch hat nur gethan, was er seit zwei Dezennien laut und offen als seine Aufgabe bezeichnet. Er ist der Neuntödhter des Parlamenta­­rismus, darum schlägt er den „Partikularismus nieder, wo dieser liberale Elemente enthält, wie in der hessischen und preußischen Verfassung oder in der hannover’schen Gerichtsord­­nung, und carolivt denselben, wo er eine aadere Stube der Reaktion ist, wie in den Mecklenburger, hannover’schen, hol­­steinischen Ständen. Die Hebel dazu aber find fir ihn: einer feits der in der Luft schwebende Reichstag, der dem wirklich im Bolfe murzelnden Konstitutionalismus im Namen des deutschen Einheitsschwindels den Boden fortzieht, andererseits die Vereinigung aller Depressionsmittel in preußens Hand, die fi gleich einem Weichensteine auf die­­ Freiheit legt. Eine trostlosere Gauflerei konnte es kaum­ geben, als wenn Dieter „Reichstag e“ muß wagen, sich mit der deutschen Nationalversammlung in der Paulskirche zu ver­gleichen, da doch­ beide geradezu Antipoden sind. In Frankfurt wollte man Preußen ü­ber die anderen deutschen Fürsten seien, unter ‚der Bedingung, daß er den Völkern ein Hort der Frei­­heit werde. Die Grundlage aber, auf der Bismarck seinen Nordbund basirt, ist sein geheimes V­ersprechen an die Kleinen Potentaten : „Niemand. Fan­n euch eure reaktionäre Klein­­staaterei-Herrlichkeit so ausgiebig für alle Zeit und Gwigkeit verbürgen, wie das Haus Hohenzollern mit seinem trefflichen Kriegsheere — wenn ihr dafür nur in militaribus unter­ducken wollt !" Den Duodezmonarchen blieb nach dem Tage von Königgräß nichts übrig, als einzuschlagen; wer uns aber zeigen kann, was die Völker, was Deutschland, was die deutsche Nation dabei gewonnen, der soll uns ein großer Apollo sein! Sett wird dem Neichtrage vollends das Messer an die Kehle gefett und es muß sich mummehr zeigen, ob seine Majorität in der That die Vergötterung Bismarcs so weit treibt, daß sie ihm zu Liebe sich selber zum Gespötte der Welt und den Parlamentarismus zu einer Yarce herab­wirbigt. Der bisherige Zustand war albern genug, wo der Reichstag Parlament spielen wollte, ohne daß ihm eine ernsthafte Negierung gegenüberstand — beiläufig ganz die alte Komödie aus der Paulskirche, denn die Simson und Konsorten sind viel zu selbstgefällige Nareiffe, um jemals etwas aus der Geschichte zu lernen. Allen man konnte zur Entschul­­digung anführen, daß der Bund m wenigstens gar seine eigenen Einnahmen habe, er nannte ja nichts fein, als den internen Bestand des Cinzel-Regierungen liefern müssen: Ein Prozent der Bevölkerung und 225 Thaler per Kopf. Werden auf Kriegsheeres, Fett aber verlangt der Bund die in jährlich 10 bis diese völlig den ihm die eigene Stern, direkt abwerfen sollen, in’s Blaue hinein bewilligt, ohne daß auch nur ein Finanzminister existirt, den man über ihre Ver­­wendung interpelliven Einnte, so ist es Fomisch, in Norddeutsch­­land­ fortan noch von Konstitutionalismus Berlin her zu reden — und über den Einfluß, den Bolfsvertretungen sich wahren. Eine müssen, gibt Gracchos de seditione querentes ? = Ein gewöhnlich gut informirter Wiener Korrespondent der „Köln. tg.” beschäftigt ich mit der Apreßdebatte in Weit und der Antwort, welche Seitens der Krone auf die Apresfe erfolgen werde. Er sagt : § . » »JaP(­st ist die Arznahme der Majoritätsadresse gesichert.as die Ant­wort der Krone auf dieselbe anbelangt, so wird es einer Ver­ Händigung Behufs ihrer Feststellung­ mit dem cisleithanischen Ministe­­rium bedürfen, zunächst wegen des in der Adresse in Betreff Dalma­­tiens ausgesprochenen Wunsches. Da aber die Adresse Die Zuratbezie­­hung der­ diesseitigen Länder verlangt, so wird man mehr antworten, daß man diesem Verlangen — nämlich was die Zuratheziehung anbe­­langt — nachkommen werde. 68 kann für Niemanden­ zweifelhaft sein, welchen Erfolg diese Zuratbeziehung haben werde, denn die dalmatini­­sche Angelegenheit ist so recht ein P­rüfstein für unsere Verfafung, und wen daran gelegen it, daß an­­ der Berfaffung festgehalten werde, der muß auch wünschen, daß man an der Stellung nicht rüttele, welche Dalmatien doch die Verfaffung zugewiesen ist.“ — Wie man der „Ten. tg.” aus Meufak schreibt, wird da­­selbst die Deputirtenwahl vor Mitte Juni kaum vor fi) gehen. Wahl­­vorbereitungen werden fast gar feine betrieben, da es mehr als ge­­wiß­nt, daß Sich die „Nationalen“ in beträchtlicher Majorität befin­­den. Diese haben Miletu­s als Kandidaten aufgestellt ; von einem Kandidaten der sogenannten „ungarischen Partei” verlautet auch nicht das Mindeste,­­­­ gute Lehren von Antwort: „Quis 12 Millionen tulerit c8 wann nur 1 N Hus Dem Weichstage. Wie wir berichtet, wurde in der heutigen Siung des Abge: ETURIERONILIE die Apreldebatte fortgesebt. Es sprachen folgende einer : Kolom. Tóth faat nach einer kurzen Einleitung: Diejenigen unter den Zustandebringern des Ausgleichs, welche ruhiger deuten, gestehen selber ein, daß sie die Errungenschaften um den Preis von Opfern erlangt haben, und dieses Geständnis an fi inaugurirt bereits die Bestrebungen einer Partei, deren Parole so lautet: Was wir gewonnen, wollen wir wahren, was wir verloren, wollen wir nach Zeit und Umständen wieder erringen. Redner glaubt nicht, daß die staatsrechtlichen Kämpfe die Reformen verhindern. Gewiß, sagt es, werden unsere staatsrechtlichen Kämpfe niemals so große Dimen­­­sionen annehmen, wie während des vergangenen Reichstages, und haben sie uns damals etwa verhindert, die Handelskammern freier zu regeln, den Zeitungsstempel, welcher heute bereits in seinem einzigen freieren Staate mehr erlftiet, zu beseitigen und einen wichtigen Sei des jupiziellen Rechtes des Staates aus den Händen der heiligen Stühle zu nehmen? All dies haben nicht die staatsrechtlichen Kämpfe verhin­­dert, sondern jene furchtsame Politik, welche sein einziges Interesse verlegen will, um aber dann das größte, das Landesinteresse zu vers­iegen. Auch sie — fährt er fort — haben in der Geschichte der Na­­tionen geblättert und gelernt, daß die Umgestaltung von Fundamen­­talgefegen immer mit vielen Kämpfen und Schwierigkeiten verbunden ist, immer viel Zeit foltet ; allein sie haben aug gelernt, daß Rechte und Speen, welchen einzelne Epochen aus Schwäche oder aus über­­mäßigen Berichtungen für das Leben der Nation entsagten, erst dann gänzlich untergingen, wenn sich nicht einmal mehr Parteien fanden, welche dieselben mindestens in ihren Bestrebungen aufrecht­erhielten. Neoner beklagt nin darüber, daß man selbst die Zufälligkeiten der Wahlbewegung zur Verdammung der staatsrechtlichen Kämpfe be­wußt habe. Die gefallenen Abgeordneten selber — sagt er — sind darin mit gutem Beispiele vorangegangen, indem sie statt der würdigen De­signation des Marius Lieber die Rolle der jammelnden Jeremiasje ge­­wählt haben und auf den Trümmern ihrer Hoffnungen auf ein Ab­­geordnetenmandat niemals sich selbst — denn sie sind ja nicht egoistisch —, sondern das Vaterland beweint haben, welches die staatsrechtlichen Striege überziehen. Reoner­ verdammt alsdann leidenschaftlich Trefort und macht Somifich ein Kompliment, der die Nachricht, daß er in Kaposvár dargefallen sei, mit den Worten des Tacitus entgegen­­nahm : Malo periculosam libertatem quam quietum servitium,. „So wohl,“ beschloß er den politischen Theil­ seiner Neve, „das­ konstitutioe­nelle Zeben wie das Meer muß manchmal hoch gehen, ja stürmisch branden, weil es sonst zum brachigen Tümpel wird.“ Nun übergeht er auf die in der Adresse erwähnte Revision der Preßgefege und urgirt lebhaft die Aufhebung der Rettungsstempel­­steuer. Er beruft sie auf die Worte Laboulane's: „Willst Du willen, auf welcher Stufe der Zivilisation ein Bolt steht, so­ zähle seine­ Zei­­tungen, und daraus wirt Du einen sicheren Schluß ziehen können.“ Nedner schließt mit folgenden Worten : Ich fürchte, meine Herren, wag man uns in Gigleithanien auch mit der Aufhebung des Zeitungsstem­­pels zuvorkommen wird ; sie haben all dort drüben vom menschlichen Leibe früher die herabwürdigenden Stravenfetzen herabgenommen ; ich fürchte, daß sie auch den Geist früher von feinen Ketten befreien wer­­den. Wir lieben die Reformen, meine Herren, das Malheur it nur, was es bei uns nit genügt, daß die Früchte ver Reform reifen, haz mit wir sie pflüden, sondern sie müssen exit verlaufen, damit sie dann — ie wir dies bei der Emanzipation gesehen — von selbst zur Erde fallen ; bei uns pflegt man die Lösung der Reformfragen so lange zu verzögern und aufzuschieben, daß sie zulegt nicht mehr zur Frage des Fortschritts, Sondern zu einer Frage der nationalen Ehre werden. er stimmt für Tipa’s Entwurf, ’ Demeter Horváth. Ein Fremder, der unsere Verhält­­nisse nicht fennt, würde aus dem Umstande, dob wie über vier Noteß­­entwürfe berathen, nachdem die Krone die Neformarbeit urgirt, gewiß schließen, daß diese Nation entweder überaus glücklich oder Äußerst unglücklich sei. Glücklich, weil sie die Neformen für gar nit dringend hält, unglücklich, weil die staatsrechtlichen B Verhältnisse der Nation so verzweifelt sind, daß die Neformen ganz unwüs wären. Nun ist aber 21. Mai. C.H. 63 wird Sie gewiß nicht wundern, daß ich heute einen großen Theil meines Briefes dem Leben und Treiben im Prater widme, wenn ich von vornherein gleich bemerke, daß ich mit Ausnahme der wenigen Stunden , die ich dem mothinwendigen Schlafe gönnen mußte, die Zeit von gestern Mittag bis heute Mittag , also vierundzwanzig Stunden, im Prater zugebracht habe. Gestern galt es, in einer mir nahestehenden Familie das obligate Nachspiel einer Firmung mitzus­pachen und heute war es wieder das Trabwettfahren, das mich nebst Tausenden und Tausenden anderer Wiener hinab in die Nobelallee 309. St fchon die ganze Fiimmwoche, nach gewissen Partien der Residen, und ihrer Umgebung wenigstens zu schließen,, nichts als Ein fontis nuirlicher verachtfachter Festtag, so daß der Dichter, welcher den charak­­teristischen Vers sang: „Immer ist’s Sonntag, es dreht immer am Herd sich der Spieß”, die Phäatenstadt nur in der Pfingstwoche gesehen haben mochte, — so potenzirt sich dieses festliche Treiben, dieses allge­meine Genießen doch nur eigentlich auf den Donnerstag dieser halben Mode. An den ersten beiden Pfingstfeiertagen zwar werden die mei­­sten Kinder zur Firmung geführt, aber es sind meistens Firmlinge vom Lande, die aus einem Umsreife von mehreren Meilen per Dam­pf und Achse und aus den nahen Ortschaften auch zu Fuß herangepilgert kommen und nach dem vollzogenen üirklichen Alte von ihren verscie­­dentlichen Göden und Godeln wieder so rasch als möglich in die Hei­­mat befördert werden, um daselbst die Nachfreuden der feierlichen Zer­­emonie zu vertoften. Der Donnerstag der Pfingstrohe aber gehört speziell von Wie­­ner Kindern, die an diesem Tage das stärkste Kontingent stellen, weil der Donnerstag ein Ferialtag ist. Und die Praterwirthe rüsten sich auch für diesen Einen Tag wie für einen ersten Mai oder für einen Ostermontag, denn eine Firmung ohne Prater ist für den echten Wie­­ner undenkbar. Und so gibt es denn schon von zwölf Uhr Mittags an eine Heine Völkerwanderung, oder vielmehr eine Wanderung des kleinen Beltes hinab in den Prater, die Frater, die Cinspänner, die Stellwagen, die Trammwapwaggons fünnen dem Andrang kaum gent­gen und was in diesen Behiteln nicht Blut findet oder selbst die ge­­ringen Kosten eines Omnibus scheut, macht sic­h getrost zu Fuße auf den Weg. Bald haben sich die renommirten Praterwirthschaften alle mit dem fröhlichen Bolt gefüllt und selbst jene Gasthäuser, deren Tische oft an Sonntagen an leer sind, verfehlen nicht, ihren Schnitt zu machen“. Wohin das Auge sieht, erblicht er „weiße Mädchen“, wie der Wiener diese weißgekleideten lieblichen Geschöpfe zu nennen liebt, und Knaben in feich­en Gewande als eben so viele Mittelpuntte zechender Gesellsschaften. Die Ringelspiele, die Schaufeln, die Has­­peln sind von ihnen offupitt, und die Schaubuden machen die glänzend­­sten Einnahmen. Ich rede hier natürlich vom Wurftlprater, sogenannt vom Wurf ‚Stel, der Tuftigen Figur des Marionettentheate­s, das an verschiedenen­­ Orten dieses Pratertheiles aufgeschlagen is. Im vorigen Jahre noch war es Brauch, daß der­­Wurftl den Juden todtschlug, die Kultur aber, die Alles belebt, hat sich auch auf den Wurftl erstrebt und so ist denn heuer der Jude als das unvermeidliche Opfer des Wursts — der wie es scheint, unbedingt jemanden todtschlagen muß — versch­wunden und doch eine Figur effekt, welche in dem Schnitt ihrer Kleidung und­ mit dem­ breiträndrigen niederen Hut an einen Kleinfalon mahnt. Der Todtschlag, den der grimme Würfel begeht, bleibt also noch immer ein konfessioneller. Sonst sind dieselben Puppen geblieben: der Wachter, der­beroffene Schuster, das alte Weib mit der Butte u. s. w. Auch das lebendige Kaninchen — unter diesen Larven die einzig fühlende Brust — ist noch immer auf dem Repertoire und läßt zur Freude der zuschauenden Jugend alle Unbill über sich ergeben. Gesprochen darf bei all’ diesen primitiven Szenen nicht werben, es besteht noch eine alte Polizeiverordnung zu Kraft, welche den Puppen des Marionettenthea­ters das lebendige Wort verbietet. Hoffentlich it die Zeit nicht ferne, wo auch dem Wurstl volle Neuefreiheit wird. Andeb weiß der zum Stummbleiben verurtheilte sich doch hie und da sehr beredt auszu­­prüden, so zum Beispiel beim jeweiligen Schluß der Vorstellung, wo er an einem Spagat eine Sammelbüchse herabläßt und diese mit hef­­tigen Gestifulationen schüttelt. Die Kleinen verstehen auch was er sagen will und beeilen sich, in Form von ganzen und halben Kreuzen ihren klingenden Dank in die Büchse zu werfen. Aus Vorstehendem werden Sie wohl errathen können, dab­id gestern unter Anderem auch einer Vorstellung des Wurftl bei gewohnt habe und ich schäme mich nicht, zu gesteben, daß dem so­ll. Wozu läßt man sich nicht von Kindern verleiten, besonders an einem Tage, der ihnen gehört? 63 wird wenig Schaubuden im Wurftl­­prater geben, die ich nicht gestern gesehen habe. Den rumpflosen, sprechenden Menschenkopf bekam ich nicht weniger als dreimal zu sehen, die Vergiftung der Gräfin Chorinsky,­ die Schlacht bei König­­gräb, das Kriegsschiff Navekív hatte ich gleichfalls in drei Buben zu be­­wundern Gelegenheit, die Zwerge und Miesen habe ich gar nicht ges­tählt. A­l ih aber in den „amerikanischen Karawanen-Salon,­ eine Galerie von Wachs-Automaten, trat und mir gleich beim Cintritte ein Zettel mit der auffallend gedruckten Warnung: „Vor Zaidendieben wird gewarnt !” entgegenstarrte, hatte ich genug an dieser Schaustel­­lung und suchte so rasch als möglich wieder ins Freie zu kommen. Das inere dieser Boden ist zumeist von einer dumpfen, drühenden Atmosphäre erfüllt und nur sehr spärlich beleuchtet, so hab man fort, während wie im Halbdunkel herumtappt. Bei einem nur mäßig starken Befuche haben die Tasehendiebe va allerdings ein sehr ergiebiges Feld für ihre Fingerfertigkeit. Mit dem verhältnißmäßig geringen Eintritts­­gelve ist es übrigens nicht abgethan, entweder ist eine Ertra-Abtheilung da, für die natürlich auch ertra gezahlt werden muß, oder man wird zum Grlag eines Trinkgeldes geprobt. Zwerge und Riefen verfehlen ebensowenig in dieser Richtung an deine Menschenfreundlichkeit zu ap­­pelliren, wie die sprechenden Menschentöpfe. Aber nicht nur in den Boden, auch draußen vor denselben und überall wo sich größere Gruppen versammeln, halten die Taschen­­diebe reiche Grate. Der Polizeianzeiger, den die Blätter veröffentlichen, verzeichnet tagtäglich den Prater als den Schauplab bieses oder jenes gelungenen Diebstahls und meldete neulich sogar, daß ein Uhrenzü­nder im Prater sein Meisteritüd an einem Polizeiagenten, vulgo „Bertrau­­ten”, versuchte. Und wer im Nbenpountel heimkehrt, wird gut thun, sich in der Mitte der Straße zu halten, senft fann er Einem, wenn man an dem hölzernen Gitter des Kaisergartens vorbeigeht, paffiren, daß ihm der Hut oder ein anderer Gegenstand dur eine Hand ent­­risfen wird, die plöglich über das erwähnte Gitter hinübergreift und mit ihrer Beute rasch wieder verschmindet. Es sind all die Klar­gen allgemein, daß die Löbliche Polizei dem Praterrayon nicht jene Aufmerksamkeit zumendet, die im Interesse der Sicherheit wünschens­­werth wäre. Auch andere Dinge würden im Prater nicht vorkommen, wire derselbe besser polizeilich überwacht. Ich würde beispielsweise die nachfolgende Szene kaum „für möglich gehalten haben, wenn sie mir nir von einer höchst glaubwürdigen P­erson erzählt worden wäre. Mein Gewährsmann mache kürzlich wie gewöhnlich seinen Morgen­­spaziergang im Prater, als er auf einmal einem seltsamen Aufzuge begegnete. Ein Trupp Zigeuner kam des Weges daher. 68 waren etwa dreißig P­ersonen, Männer, Weiber und Kinder. Sie führten einige gut genährte Rößleins mit sich und hatten wohl an zwanzig junge Bären in ihrer Mitte, die friedfertig neben ihnen einhertrotteten. Mein Freund blieb stehen, um die Truppe an fi vorüberziehen zu lassen, da ward sein Blid mit einem Male von einem Schauder erregenden Gegenstande ge­­fesselt und zugleich abgestoßen. Einer der braunen Männer trug näml (ich) ein todtes Kind. Die kleine Leiche war aber naht und der Mann hielt sie an beiden Füßchen mit dem Köpfchen nach abwärts, wie man ein abgestochenes Huhn oder einen todten Hasen trägt. Und dies ges­cchah am heillichten Tage, im Weichbild ver Haupt­ und Refedenzstadt. Mein Freund wendete sich entfest ab und sah nur später, wie die unheim­­liche Truppe waldeinwärts bog, wahrscheinlich um die Kindesleiche an einem stillen Ort zu verscharen ........ Heute, wie aesagt, war ich wieder im Prater, um mir das Trabwettfahren anzusehen. Sonst pflegt dieser echt bürgerliche Sport die Saison der Wiener Rennen zu beschließen. Heuer aber machte er den Anfang, weil sich diesmal auch einige N Kavaliere vom Jodeyklub zum „Mitthun“ angemeldet hatten und der rechte Renntag so spät fällt, was die Betheiligung der Blaublütigen, die schon am nächsten Tage nach Kisbér fahren, wo die alljährliche Versteigerung der ärarischen Geft­tspferde stattfindet, unmöglich gewesen wärd. 63 war dadurch dem Volksfeste, denn zu einem solchen hat sich im Verlauf der Jahre das Trabmwettfahren im Prater bereit gestaltet, eigentlich sein rein bürgerlicher Charakter genommen, die denn auch auf den Programmen vor den Namen der ehrsamen Aleischauer, Gast­­wirthe 2c. 2c., welche ihre Ginspänner gestellt hatten, die stolzen Namen eines Starhemberg, Szapáry, Trautmannsdorf, Paul Echterházy, Hunyady u. s. m. prangten. Die Herren Kavaliere wurden aber aug an Muth und Eifer von den Bürgerlichen besepamt, denn von neun Anmeldun­­gen wurden nicht weniger, als sechs zurückszogen,, während die Bür­­gerlichen vorzählig, so wie sie eingeschrieben waren, ins Feld rückten. An die eigentliche rechte Aufregung geriet­ das Publikum aber exit bei der Trabwettfahrt der Fiaker. Man muß es gesehen und gehört haben, wie die Maffen dem Fiaker Haas zujubelten, der bisher alle seine Kameraden zu schlagen pflegte. Seine Aufgabe wird ihm aber an mit jesem Jahre immer mehr erschwert. Schon im vorigen Jahre mußte er seinen Konkurrenten als Sieger des Trabfahrens vom Jahre 1867 eine Minute vorgeben, und beser mußte er ihnen, es waren nur weniger als sechzehn, gar zwei Minuten Vorsprung lassen, was ihn nicht hinderte, der Vierte am Biere zu sein. Die Freuden der Festwoche sind leider durch ein Lokalereignis der traurigsten Art getrübt worden. Bei der Alltäglichkeit der Selbst­­morde in Wien muß ein solches tragisches Ereigniß schon mit außer­ordentlichen Unständen verknüpft sein, wenn es von sich reden machen sol. Einer im zweideutigen Rufe stehenden Frauensperson ist es nun gelungen, ihr sich­­ selbst bereitetes Ende mit einer solchen Sensations­­beigabe zu versehen. Ich spreche, wie Sie errathen haben werden, von dem Liebesprama, wie es hiesige Blätter nennen, in der Schulerstrahe, das sich vorgestern abspielte. Vielleicht, wenn ich das nächste Jahr wir,­der einmal eine Schaubude im Prater besuche, sehe ich in einem Ste­­reogroß oder gar in einer Wachsgruppe die fürchterliche Szene wieder, in der Biefe moderne Botiphar dem sie verschmähenden Zoseph nicht den Mantel, sondern die Haut vom Leibe reißt und sich selbst, nach dem sie ihm in gräßlichster Weise verstümmelt, den Tod gibt. Die Be­tails der Katastrophe lassen ich nicht gut erzählen und die Blätter konnten si auch nur mit leisen Andeutungen hierüber begnügen. Der Zufall brachte es, daß gerade an dem Tage, an welchem diese scheußliche Geschichte den Namen einer prostituirten in­ Aller Mund brachte, ein Bündelchen hier erschien, welches sich die Aufgabe stellt, die Öffentliche Aufmerksamkeit auf die ganze Klasse dieser verlorenen Ge­­schöpfe zu senfen. 68 ist die Profektive: Rühende Magdalenen" von dem jüngeren Dumas, ins Deutsche überlebt von Fri Zink vom Gatl­­theater. Die junge Dame hat offenbar mit vollem Bewußtsein gehan­­­delt, als sie sich um die Bearbeitung dieses flabrösen Stoffes machte und der vollendeten Thatsache gegenüber i­ die Frage, ‚ob die Ueber­­feßerin durch die Wahl gerade dieses Themas ihrer Weiblichkeit verge­­ben habe, wohl eine müßige. Die Fräulein. (Frl. Zint spricht näm­­lich in ihrer Vorrede von Der Fräulein Chopin, der Gründerin des Asyls der Bücherinnen,) die Fräulein also hat wenigstens das Eine erreicht, daß ein paar Tage von ihr gesprochen wird, das ihr durch ihre schauspielerische Thätigkeit bisher nicht gelingen konnte und darum war es ihr wohl hauptsächlig zu thun! "

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