Pester Lloyd, Februar 1871 (Jahrgang 18, nr. 26-48)

1871-02-14 / nr. 36

« id­­TER Seh, 13. Sebe. «»Eötvös ist das Bouquets mein­es Ministeriums!«Welch ein herrliches Wort,welchtreffende,sinnige,poetische Be­­zeichnung für den­ Welch und die Bedeutung desjenigen,dem es galt,wie ehrend für dem Geist wie für das Gemüth des Mi­­nisterpräsidenten,der es dem Verewigten zurief,sooft dieser in seiner stillen bescheidenen Weise auf die Unzulänglichkeit sei­­ner Kraft für die ihm gestellte riesige A­­fgabe hinwies.Ja­­ fürwahr.Eötvös war das Bouquet dieses Ministeriums,das er mit einem gewissen poetischen Dufte durchhauchte,dem er —jede Frage auf die Höhe einer wahrhaft philosophischen Anschauung emportragend­—einen gewissen idealen Schwung verlieh.Das jemals wieder ersetzen zu können,durfte Der­­jenige am eslick wenigsten hoffem wer den Werth des Heikki ge­­gangenen so vollständig erkannte,der dessen Bedeutung mit einem so schönen Worte zu kennzeichneni Verstand;das kann nicht gesucht,es kann nur ungesucht gefunden werden-Nicht einen Ersatz für Eötvös,nur einen brauchbaren Minister für Kultu­r und Unterricht zu gewinnen,da die beiden Ressorts nun einmal vereinigt sind—das allein konnte vom Grafen Andrássy angestrebt werden In anderen konstitutionellen Staaten mit einer parla­­mentarischen Regierung vollziehen sich derlei Aufgabete in ziem­­­lich einfacher Weise.Der Conseilpräsident verständigt sich zu­­nächst mit der Partei,aus welcher sein Kabinet hervorgegangen, von welcher es gestützt wird;in ihrer Mitte wird nach dem fähigsten,vertrauenswürdigsten Manne gesucht;ist er gefunden, dann tritt der Ministerrath zusammen und bespricht mit dem Kandidaten für das erledigte Portefeuille eingehend und­ gründ­­lich die wichtigsten Prinzipien,welche bei der Führung des betreffenden Ressorts maßgebend zu sein haben,und wenn in dieser Beziehung volle Uebereinstimmung erzielt werden,wird der Vertrauensmann der Partei und Prinzipiengenosse der im Amte befindlichen Minister der Krone zur Ernennung vorge­­schlagen.—Bei uns geht das anders.Die Partei ist die allererste,welche von der Sache­—nichts erfährt;sie greift hastig nach den nurnalen,um sich darüber zu­ informiren, was sie eigentlich vor allen Anderen wissen sollte,und weil sie dort keinen Aufschluß erhält,dann tappt sie im Dunklen,­­so sehr,daß beispielsweise noch vor zwei Tagen,als die Er­­nennungsdekrete für die neuen Minister dem Monarchen bereits­­ zur Unterschrift vorlagen,in den Reihen der Denkpartei nicht einmal noch darüber.Gewißheit herrschte,ob die Resignation des Ministers RajIxer von Sr.Majestät angenommen sei oder nicht«Graf Andrássy unterhandelt,auf diesk oder jene Em­pfeh­­lung hin,mit Dem oder mit Jenem,und wenn er einem seiner Kollegen v­ertraulich mittheilt,wen er für den erledigten Fauteuil vorgeschlagen,so kann der in’s Geheim­niß gezogene Minister sich jedenfalls rühmen,beim Premier ganz besonders in Gnaden zu­ stehen.Es ist nicht nur von der Feststellung eines Programms im Ministerrathe keine Rede,sondern es ist Thatsache,daß es Minister gab,welche 24 Stunden nach Pub­­likation der Ernennung Pauler’s im Amtsblatte diesen Herrn noch mit keinem Auge gesehen hatten. Das mckg für einen Ministerpräsidenten recht bequem sein,aber es hat jedenfalls den großen Nachtheil,daß die Einheit des Kabinetts keine innerliche,sondern nur eine äu­ßer­­liche,einzig und allein durch den einheitlichen Willen des Chefs repräsentirte und daß wieder nur dieser Chefks ist,auf dessen persönlichem Aussehen ausschließlich der Zusammenhang zwischen der Partei und dem Kabinett beruht.Der­ Minister­­präsident ist nicht mehr lad­ek der 011te,der höchstgelegerte feste Haxt für den Bam dessen einzelne Steine wie der innig un­ Les­einander verbunden sind;er ist der eiserne Reif,der eine Masse lockeren Gerölles umschließt,das in dem Augenblicke auseinanderfällt,als der Reif beseitigt wird.So kommt es dann,daß der Partei oft in wichtigen Fragen die feste,ein­­heitliche Richtung fehlt,so kommt es,­daß jeder Minister in speziellen Angelegenheiten seines Ressorts seinem Schicksale überlassen wird,wie z.B.bei der vorjährigen Budgetdebatte der unvergeßliche Eötvös,den man 16 Tage lang allein käm­­pfen ließ,dann bei der heutigen Minister Szlavy,der fort und fort allein im Feuer stand und in diesem Augenblicke Mi­­nister Horváth,der sich gratuliren kann,wenn wenigstens in der Frage der Kodifikations-Abtheib­ung,bezüglich deren ein Beschluß des Ministerrathes vorliegt,irgendeiner seiner Kol­­legen sich seiner zu erhnnern so freundlich ist. Doch reden wir von den neuen Ministern,zunächst von Dr.Theodor Pauler,dessen Ernennung zum Kultus-und Unterrichtsminister das Amtsblatt gestern verlautbart hat. Eigenthümliche Gefühle ergreifen uns, wenn wir biese Ernennung und die widersprechenden Urtheile, welche bieselbe hervorrufen wird und theilweise schon hervorgerufen hat, mit dem Jubel vergleichen, den vor vier Jahren die Ernennung des Mannes veranlaßte, der allerdings, wie wenige, für diese Stelle geeignet war und den fett einigen Tagen die fahle Erde bebt. Grenzenlose Erwartungen wurden von allen Seiten an den Namen des verewigten Eötvös geknüpft, Erwar­­tungen, die selbst von diesem genialen Manne nicht erfüllt werden konnten, theib­weise aus dem überzeugenden Grunde,­­weil sie einfach, und besonders unter den gegenwärtigen Ver­­hältnissen unseres V­aterlandes, unerfülltar waren. Heute ist von einem solchen Fabel wenig zu merken. Brofessor Bauler ist eine Kapazität auf dem Gebiete der Rechtswissenschaft, ein glängender, begeisterter und begeisternder Lehrer seines Faches, ein Mann von allgemein anerkannter Rächtlichkeit, aber, meint man, zum Auftuss und Unterrichtsminister tauge er groß alle­­dem nicht. Weshalb ? Fürchtet man, er werde zu emergisch sein ? er werde die Stellung von Frre und Staat, von Schule und Kirche zu strenge fassen ? Diese Furcht it­t es wiß unbegrü­ndet, weil diese Eigenschaften überhaupt nicht zur Burct, sondern im Gegentheil zu ungeheuchelter Freude Veranlassung sein sollten. D­er besorgt man, er werde einer nicht eben beliebten Partei, welche mit Herzlicher Sehnsucht jenseits der Berge ihr Heil sucht, Weihrauch streuen? Zu einer solchen Behauptung bietet das Vorleben Bauler’s unseres Wissens seine Anhaltspunkte. Ober glaubt man, es werde Dr. Pauler an praktischem Oberständnisse, an administrativemn Talente fehlen Das müßte doch wohl erst beiwiesen und tieser Beweis abgewartet werden. Wir un­­sererseits blicken mit Vertrauen auf den Mann, der so lange eine Zierde unserer Hochschule gebreten und dem nun die Auf­gabe geworden ist, eine der sch­wierigsten Stellen in der Mer gierung unseres DVaterlandes auszufüllen. Denn schwierig tt diese Stellung in mehr als einer Beziehung. War das Unter­­richtewesen unseres Diaterlandes in einem Zustende Äußerster Berwahrlosung, als der verewigte Dichter des „Karthäuser“ die Zügel ergriff , so befindet sich dasselbe heute in voller Gährung. Baron Estod8 hat auf dem Gebiete des Kir­­chen­ und Schulwesens eine Fülle von Anregungen geboten ; er hat in allen Richtungen die Initiative ergriffen und eine große Anzahl von Reformen angebahnt ; er hat die seit Jah­ren stillstehende Dearchine in Bewegung gefegt, und dieser Be­­wegung eine seinen hohen Intentionen entsprechende Richtung zu geben versucht. Wie man auch über einzelne Schritte des Berewigten denken, wie sehr man einzelne Thaten desselben mißbilligen mag, wie sehr man in einzelnen Fällen besonders die Unentschiedenheit, und Leichtbestimmbarkeit seines edlen Cha­­rakters bedauern muß, in welchem das überströmende und augenblicklich erregte Gefühl oft über den objektiv und klar ordnenden Verstand dominirte: — da­s wird das ungarische Schulmesen nie vergessen und die Geschichte wird es mit un­­vergänglichen Lettern im ihr ewigen Buch verzeichnen, da s eine lebensv­olle Entwickklung d­es un­garischen Unterrichtswesens wirklich erst mit Baron Edtrds beginnt, und daß er reichen Samen Meet weit Hat DET eine fruchtbare Ernte verspricht. Keiver hat jedoch der neue Unterrichtsminister von seinem Vorgänger beinahe nur Pläne übernommen, nur Ent­­wirfe, blos in den seltensten Fällen eine wirklich bereits durchgeführte Reform — und bag ist der erste Grund, , der seine Steffia vor­nehm­­eriger macht, als sie es [der an und für sich ist. Wir wolen sehen, wie es Herrn Dr. Baus Ler gelingt, von eblen Intentionen seines Vorgängers Fleisch und Blut zu geben. Ein zweiter Grund, der ihm seine Posi­­tion ebenfalls nicht erleichtert, liegt darin , Daß der neue Mi­­nister nicht dem Parlamente entnommen wurde , ja mag er selbst im Schoße der eigenen Partei ziemlich unbekannt ist. All diesen Schwierigkeiten wollen wir indessen, wie gesagt, für den Anfang gerne Rechnung tragen ; wir werden uns in der ersten Zeit mit Wenigem­­ begnügen, wenn nur das Wenige in entschiednen Liberaler Richtung geschieht. Sollten wir uns in diefer Beziehung getäuscht sehen, dann allerdings würden wir Alles, was in unseren Kräften steht, aufbieten, um die Thätigkeit des Herren Pauler in seiner neuesten Sphäre zu einer möglichst Turzen zu machen. Entschiedenes Farbeberennen ist das Erste, was wir fordern, dann wird sich das Weitere finden. Man konnte einem Eötvös manches Schwanken verzeihen, denn der Mann hatte eine glänzende 7djährige Vergangenheit Hinter sich, die Bürgschaft dafür bot, daß er sich nicht erheblich und nicht für die Dauer von der freiheitlichen Bahn entfernen Tünne ; bei seinem Nach­­folger müßten wir jeder Unentschiedenheit, jeder Zweideutig­­keit sofort die schlimm­ste Deutung geben. Das möchten wir im Voraus bemerkt haben — pacta clara boni amiei ! Ueber den neuen Minister des Innern, Herrn Wilhelm Zö6th, ist erder Hand nicht viel zu sagen ; er ist und seine neue Erscheinung und wenn er statt auf einem grünlebernen ‚auf einem rotklammtenen Site Pla nimmt, so ist das noch sein Grund, unser Urtheil über ihm zu modifiziren. An gutem, redlichem Willen, glauben wir, wird es ihm nicht fehlen, und daß er schon seit M­onaten der eigentliche Leiter des Mini­­steriums des Innern war, daher die großen Fragen, deren Lösung seiner harrt, gründlich zu stubiven Gelegenheit hatte, wird ihm jedenfalls zum Vortheile gereichen. Einen wohl­­gemeinten Mint mird­ung indessen der neue Minister des Innern Hoffentlich nicht übel nehmen. Die herausfordernde Art und Weise, in welcher er in der Regel der Opposition entgegenzutreten pflegte, war auch Bisher durchaus nicht nach unserem Geschmade, indefsen­d über Geschmachjachen läßt sich nicht streiten. In dem Augenblick­ aber, da Herr v. Tóth den Ministerfig einnimmt, wirde das, was bisher ein — unseren Erachtens — nicht gut gewählter Geschmad war, geradezu ein Fehler, unter welchem nicht mehr die Person allein, sondern die Sache zu lei­en hätte. Von einem Korpskomman­­danten erwartet man eine ruhig, umsichtige Führung des Kampfes und nicht blos tüchtiges Dreinschlagen. . .­­ Das ungarische Ministerium it nun wieder somplet ; ist damit auch seine Stellung eine tonsolidiriere geworden ? Um diese Frage zu beant­worten, müßte man die derzeitige Konsistenz des Bodens fennen, auf dem 08 f-4 befindet und — diese fennen wir leider nicht! It dieser Boden Fein fester, dann bleibt es sich ziemlich gleich, ob fünf oder acht Paar Füße darauf stehen. = Die heutige Konferenz der Deaf­ Partei wurde auf Ersuchen des neuen Ministers des Innern Herrn v. Toth einberufen, welcher sich der Partei vorstellen wollte. (Einen Druckfehler im jüng­­sten Abendblatte berichtigend, bemerken wir, hab es dort heißen solle, es sei nie die Absicht gewesen, die neuen Minister schon in der Sonn­­tagskonferenz vorzustellen.) Nach einigen Begrüßungsworten von Seite des Klubpräsidenden 3 u­ft b ent­wickelte Minister Toth in einer schwur­­z­vollen mit vielem Beifalle aufgenommenen Rede sein Programm für die allernächste Zukunft. Das Gemein­degefeth, die Organi­­sation der Landeshauptstädte, dann des Königs­bodens und endlich die Abänderung die Wahlgefebez, baz sind die wesentlichsten Britte dieses Programmes. Der Minister bittet insbesondere das Gemeindegefeß möglichst bald nach der Budgetdebatte vorzunehmen, da er dann hoffe, die Organisirung der Komitate, welche ohne Erledigung des Gemeindegesäßes nicht in Angriff genommen wer­­den könne, nohh im­ Laufe dieses Sommers durcz­u­führen Was die Organisation der Hauptstädte betrifft, verspricht der Minister schon demnächst eine Enquete einzuberufen, welche über das biesfällige Statut ihre Meinung abzugeben haben wird. Von den übrigen Ministern war nur Herr v. Szlávy in der Konferenz antrei­fend.; der neue Unterrichtsminister war n­i­ch­t erschienen. — Wie schon im Abendblatte kurz erwähnt worden, hielt der Klub der Linken Sonntags eine Konferenz, im welcher sie, auf eine Abänderung des Wehrgefeges bezüglichen Novellenentwürfe ver­­handelt wurden. Der Klub hält an den Ansichten fest, zu denen die inte sich bereits in den Sektionen befannte, und verlangt die Grundis­tung von Artillerie- und Genietruppen in der Honved-Armee ; die grö­­ßere Entwickklung der Kavallerie wird gern unterftügt werden, jedoch nicht mit Außerabtraffung der Sparsamkeitsrücksichten. Hinsichtli­cher Unteroffiziere werden genauere Bestimmungen gewünscht.­­ Zu den ersten amtlichen Schritten des Banus Bederovich wird nach „Hon“ die Einberufung des froatischen Landtags gehören, die demnach in Bälde zu gewärtigen fe. = Der Zentralausschug der Landes­-Handeldvereine hielt heute Abends eine Sihung ab, in welcher das in Angelegenheit des Honverasyls ausgesandte Komite über seine, betreffs der angebote­nen und besichtigten Akadber und Tetenyer Kastelle so­wie bes in Pest angetauften Baugrundes gemachten Erhebungen Bericht erstattete. Die Anträge des Ausschusses werden mit allen jenen Plänen und Belegen, welche denselben beigegeben werden müssen, der für der 7. Mai einzu­­berufenden Landes­ Honpeoversammlung vorgelegt werden. — a. Die über die Auflassung der Sgamosnjvarer Lan­­desstrafanstalt gepflogenen Verhandlungen nahen ihrem Abschlusse. Mie verlautet, wird sich der Here Justizminister für die Beibehaltung entscheiden, da die Kosten, die mit der Errichtung einer neuen Landes­­anstalt verbunden sind, in seinem Verhältn­sse stehen zu jenen Rosten, welche die Errichtung einer regelrechten Wafferleitung in Anspruc nimmt. Doch die Wafferleitung wäre aber der Trinkwas­ser-Kalamität abgeholfen, und auch der Grund zur Auflassung dieser Strafanstalt — die zu große Mortalität unter den Sträflingen — wahrscheinlich behoben. = Dem „Czas" wird aus Hufiatge gemeldet, daß in Podolifch Ramieniec die russischen Behörden ven Befehl erlafen haben, daß sämmtliche­­ galiziiche Angehörige, die sich in Rußland aufhalten, auch wenn sie mit Bällen versehen sind, das russische Gebiet zu verlassen haben. Die Nachricht bedarf noch der Bestätigung­ jener Summe mit dem Bemerken, das dieselbe ins Budget des Austize­r­ministeriums eingestellt werden möge. Die Art der Verwendung schreibt er dem Minister nicht vor, da er, wie er schon früher bemerkt, in »isfer Frage lediglich die Verantwortlichkeit des Miniteriums zum Ausgangspunkte genommen. Im Uebrigen schließt er sich dem Besihlage Béla Pergels an. Der­­­räsident unterbrigt hier die Debatte, um einige eben eingelangte Meldungen dem Hause mitzutheilen. Der Minister­­präsident verständigt Das Haus davon, daß Se. Majestät ver König den Minister des Innern, Raul Rainer, seiner Stelle enthoben, von Unterstaatssekretär Wilhelm T ót hb zum Mi­nister des Innern (Beifall auf der äußersten Rechten) und den Professor Dr. Theodor Rauler zum Kultus und Unterrichsminister ernannt habe. (Einige Oljene aus dem Zentrum.) Nach dieser Unterbrechung wird die Debatte fortgefebt. Cmerik Stanes fu it mit dem Wirken der Kopifications- Kommission unzufrieden ; er weit nur auf die Zivilprozeßordnung hin, in der es heißt, daß "man die Angehörigen einer Korreftion an ihren Leiertagen nicht vor Gericht zitiren dürfe, außer in dringenden Fällen. Wird man jedoch zitirt, so gibt­­ er dagegen seine Berufung. Dam­it sieht Renner nicht nur einen Widerspruch, sondern auch einen Eingriff in die konfessionelle Freiheit. Er acceptirt das Präliminare nicht. Gregor Simay stimmt für die je­­des Regierunge­­präliminares und gegen den Antrag des Finanzausschusses. Johann Bidliczkay spricht für Ghiczys Beschlußantrag. Schluß der Sigung um­­ 23 Uhr. Nächte Sikung: Morgen, Errmittags 19 Uhr. Aus dem Reichstage. Weit, 13. Feber. Nachstehend feben wir den Bericht über die heutige Sikung des Abgeordnetenhauses fort, der im Abendblatt bis zur Vornahme des außerordentlichen Erfordernisses des Justizministeriums reicht. Das Urtraordinarium besteht aus einem einzigen Titel: „ Kodi­fikationsabtheilung“ 50.000 fl. um 15.000 fl. mehr als im Vorjahre. Der Justizminister motiviert das Mehrerforderniß damit, daß die Ver­­wendung einer größern Anzahl von Fachmännern in der Kodifitations­­abtheilung in Zukunft nöthig sein wird, da dieselbe nicht mehr die Senageleminist allein, sondern alle Gesekentw­ürfe ausarbeiten sol­­er Finanzausschuß beantragt unter solchen Verhältnissen, daß nur 35.000 fl. und auch diese nicht hier, sondern im Budget des Minister­­präsidiums votirt werden mögen, nachdem die Kodifikationsabtheilung künftig ein Organ der Gesammtregierung sein wird­ te. Béla Bercsel ist mit beiden Spüntten des Finanzaussch­utz­antrages unzufrieden und er wünscht, daß sowohl die präliminirten 50.000 fl. votirt werden sollen, als au daß die Kopifilationsabthei­­lung dem Justizminister unterstellt bleibe. Koloman G&hiczy erklärt sich gleichfalls gegen den Antrag des Finanzausschusses. Er entwickelt seine Anschauungen hinsichtlic­her Kopifikation. Es gibt Leute, welche der Ansicht sind, daß Geseßbücher von Einem Menschen ausgearbeitet werden sollen. Nun zweifelt Redner nicht, daß auch einzelne Inpininen Gefäßbücher ausarbeiten können, nachdem die leitenden Prinzipien und Grundideen von einer größern Körperschaft, etwa dem­ Parlamente, einem Fachverein u. |. wm. aus­führlich besprochen, ventilit und festgestellt wurden ; dann hat die ein­­zelne Berson nur mehr die Details auszuführen, alein au dann ist es nöt­ig, dab das fertige Produkt wieder von einer zahlreichen Ver­­sammlung sorgfältig geprüft und mit den prinzipiellen Feitit­­­hingen verglichen werde. Die genialen Männer aber, die sich hinfegen und aus eigener Inspiration ein vollständiges, gutes Gejegbuc­h haften, sind äußerst spärlich gefäet ; die Solons und Sprurge sind sehr selten, sie bilden weitaus die Ausnahme, und es ist nicht erlaubt, die Ausnahme zur Regel zu machen. Mit dem Spiteme also, daß ein einzelnes Indi­viduum mit der Ausarbeitung eines Gefesbuches betraut werde, kann sich Rebner nicht einverstanden_ erklären. Andere gibt er — und zu diesen gehört beispielsmeise der Herr Abgeordnete Hodofig — die der­­ TER RR NEL IL A BER a Se u erh ri 1a EEE Sa a re ne Be 1: Anficht find, ein Gefeßbuch werde am Beten so ausgearbeitet, wenn die einzelnen Materien einzelnen Persönlichkeiten anvertraut werden, die mit dem Face vertraut sind. Nun ist er allerdings selbstverständ­­ii, daß ein Gefeßbuch ohne Mitwirktung von Fachmännern nicht zu Stande kommen kann ; allein die­se allein sollen es nicht auf eigene Faust ausarbeiten, sondern Interessenten vernehmen. Dies ist ja auch der bedeutende Wortheil des Parlamentarismus, daß alle berech­­t­enteressen der Staatsbürger in diesem Systeme Vertretung inden. Eine dritte Ansicht hinsichtlich der Revisitationen ist die, daß es am Besten sei, einen Wusschuß des Hauses mit der Abfaffung der Gefegentwürfe zu betrauen. Bei sehr michtigen, bei Fundamentalgefeb­­entwürfen, ist diese Methode allerdings am Blake, aber bei den um­­fassenden, systematischen Gruppen kleinerer Gefäßentwürfe nicht, denn dies widerspräche dem Begriffe des Parlamentarismus. Das Parlament würde in diesem Falle die Regierung bedienen, es würde eine Arbeit ausführen, die streng zu den Yunktionen der Exelative gehört, nämlich die Ausarbeitung der Vorlagen für die Legislative. Ein fernerer Uebelstand bei diesem System wäre der, daß zur Ausarbeitung quan­­titativ bedeutender Gelege, wie wes K oder, ein langer Zeitraum nöthig ist, das Mandat der Abgeordneten aber bald abläuft. Man müßte nun eine neue parlamentarische Kommission die Arbeit fortlegen Lassen, zu der eine frühere Kommission die nöthigen Studien gemacht hat. Auch vom Staatsrath ist wiederholt gesprochen worden. Allein ein Staatsrath in der Weise, wie er im 1848er Gehege vorgestellt ist, toure nicht zu wünschen. Diese Körperschaft würde nur eine Scheide­­wand zwischen der Regierung und der Krone einerseits, der Regierung und dem Parlamente andererseits bilden, sie würde nur die Verant­­wortlichkeit der Regierung lähmen. Allerdings aber kann man sich einen Staatsrath denken, der, ohne eine Wiründestätte invalider­­ Staatsmän­­ner zu sein, die Gesebe und Regierungsverordnungen ausarbeiten würde. Redner hat nunmehr gezeigt, wie schwer es ist, unter der Me­­thoden der Kodifikation richtig zu mahlen, wie verhängnißvoll hier Irrthümer werden können. Die Negierung hat nun das echt und die Pflicht, auseinanderzufegen, in welcher Weise sie sich die Kopifikation denkt, und wie das Organ beschaffen sein wird, das sie mit der Aus­­arbeitung der Gefekentwürfe betraut. Das Haus seinerseits hat das Recht und die Pflicht, diesen Plan zu prüfen und in dem Falle, daß 83 denselben zwecentsprechend findet, die zur Durchführung nöthigen Mittel zu bewiligen. Von diesen Anschauungen ausgehend, bringt Neßner folgenden Befchlubantrag ein: „Der Herr Justizm­inister möge einen Plan hinsichtlich des Vorgehens, in der Organisation der Kodifikationsabtheilung vorlegen und das Haus wird, falls es den Plan für gut findet, mit Bereitwilligkeit die Nubris votiren.“ (Beifall und Elsen von der Linken.) Eduard Zsedenyi: Zwischen den w­ichtigen Gegenständen, welche das Haus in das Staatsweskn Ungarns auf dem Selve des Rechtes einzureihen gedenkt, steht in diesem Augenblid eine rein for­­melle Frage auf der Tagesordnung — wir willen jedoch, welche Wich­­tigkeit in dieser Beziehung die Normalität hat — nämlich die Frage der Kodifikation, das heißt, ob die Geiegbücher glücklicher durch ein­­zelne oder mehrere Fachmänner oder durch bestehende Korporationen verfaßt werden können ? Wer sich je bemüht hat, über das Verfahren ins Klare zu kommen, welches die Organisation und Gotylisi­ung von Gefeßbüchern bedingt, wer da weiß, wie die Einheit das Lebensprinzip der ganzen Arbeit sei, ohne weilen sorgsamer Pflegung Unrecht werden kann, was sonst eine gerechte Bestimmung ist, die leicht duch einen in der Form begangenen Fehler ein wesentlicher Widerspruch sich in dem Gesäße selbst einschleichen kann : — der kann den großen Gewinn nicht in Zweifel ziehen, welcher durch die Abfassung des Geiegbuches von einem einzigen hiezu fähigen Manne entstehen muß. So haben die Griechen mit dieser Arbeit in der Regel einzelne Männer betraut, z. B. Athen von Solon, Lacedämonien Lhrurg und die Völker, welche unter der Herrschaft dieser Gesebe standen, fühlten die Bortheile der­­selben . Neoner will jedoch nicht leugnen, daß auf bdiese Beispiele in der gegenwärtigen Frage die Berufung nicht ganz paßt, weil die bes zogenen Gefeße mehr politische Schöpfungen waren, als bürgerliche oder Strafgelege, hier aber eigentlich nur von legteren die Rebe tt, daher mehr das Beispiel eines Volkes anzurufen sei, welches durch sein öffentliches Leben auch die Idee des Rechtelebens gewedt, und durchge­führt hat, nämlich der alten Römer, da, so oft wir bei der Bera­­thung öffentlicher Angelegenheiten uns an die Vergangenheit dieses Reltes wenden, es unmöglich wäre nicht zu fühlen, daß wir uns allso­­leid auf einem Felde befänden, auf welchem unser eigenes Rechtäle­­bene zu reifen begonnen hat. Bei den Römern kommen von den be­­rühmten zwölf Tafelgejegen an, welche von drei hiezu gewählten ab­­männer verfaßt, wurde den Senat und Gentur-Gomillen noch mit zwei Tafeln vermehrt wurden, bis zu den Zeiten der Cäsaren fast immer dieselben Elemente des Verfahrens zum Vorschein, welche auch in der neuesten Zeit bei Verfassung von Gefechbücern als Vorbild dienten. Dieses Verfahren umfaßt zwei Diovalitäten. Mit der Arbeit wird entweder ein Mann betraut, wie z. B. in Louisiana Livingstone oder bis zu ein aus mehreren Mitgliedern bestehendes Komite erwählt, dessen Mitglieder unter sich die Arbeit vertheilen und wenn die einzelnen Mitglieder damit fertig sind, zusammen das Ganze berathen und so den Vorschlag der gefeßgebenden Gewalt unterbreiten. Diese Einzel­­männer oder Komites beschäftigen sich nur mit den ihren Fachkennt­­nissen besonders anvertrauten einzelnen Gegenständen oder betreffenden Gesetz oder. Kepner nennt seinen Fall, wo ein beständiges Komite ges­chaffen wurde, um alle, welchem Fach immer gehörende Gelegentwürfe zu entwerfen. Bei unserer parlamentarischen Regierungsform ist das Ministerium vor Allem berufen, die Gelege zu beantragen und zu ver­­fassen, wobei in Berückichtigung der auf demselben haftenden Verant­­wortlichkeit e3 natürlich ist, daß der betreffende Minister zuerst die leitenden Prinzipien feststellt und dann deren Zusammenstellung und die Stylisirung des Gefeges dem Fachmanne oder Fachmännern seines eigenen Vertrauens überläßt, diese Fachmänner bei jedem Gefech vor­­las in einer bestehenden Kodifikations-Körperschaft — deren Mu­­ss Beamten gleich bezahlt werden — zu finden, ist rein unmöglich. er Here Justizminster hat es zwar versucht, seinem bisherigen Kodifi­­kations-Kollegium nicht nur die Redaktion der Urbarial-Gefege, sondern auch die Entwerfung von Gefegvorschlägen über das Jadigenat, über Vereine, über die Jagd u. a. mw. anzuvertrauen ; mit welchem Erfolge hat die Erfahrung gezeigt, einige wurden in den Sektionen total ver­worfen, andere mit großem Seib­e­luft amenpirt und geändert. G3 muß daher unbedingt jedem Dimnister überlassen bleiben, seine Fach­­männer zu wählen, wie und wo es ihm beliebt (Zustimmung) und dann deren Honorirung zu beantragen. Von viesem Gesichtspartie aus hat der Finanzausschuß die bet­treffende Summe nicht — wie der Justizminister vorgeschlagen — für ein stehendes Kopifications-Komite, sondern für die Kopififationsarbeiten selbst einzustellen beantragt. Für die Hondrerung dieser Arbeiten im laufenden Jahre, hat der Finanzausschuß die Summe von 35.000 fl. mehr als genügend erachtet, nämlich für 3 oder 6 Fachmänner, die fi. der Berfassung eines bürgerlichen, eines Kriminal: und Handels, Rover winmend, ihre diesfälligen Arbeiten beginnen dürften. — Es sei durchaus nicht nothwendig, das Unterhaus mit vielen Gefegvorschlägen auf einmal gleichsam zu über ihm wenden, die öffentliche Berathung von Muntz zu Buntt láßf es gar nicht zu, daß der gesebgebende Körper mit der Produktivität des jebigen Kodifikations-Komites 3 Stand halten könne. Die Ausarbeitung von organischen Gefegvorschlägen erheirscht reifes Nachdenken und die gehörige Muße zur einheitlichen Ineinander­­fügung der leitenden Prinzipien, zur bündigen aber klaren Stylisirung des Gefeßes selbst, daher empfiehlt Nenner die Annahme der Meinung des Finanzausschusses. ««« Bela Mariässk)machte dem Justizministe­r den Vorwurf,z7 habe aus zarter Freundschaft für seine gewesenen Standesgenossen,d12 onokaten,die Interesse 11 des Landes außer Acht gelassen un­d eine Zivilprozeßordnung eingebracht welche nurchet x Interessen d­er Advoka­­ten gerecht wird. Er verabsäumte einen Zivil- und Kriminalfeder ausarbeiten zu lassen und Rebner wundert sich darüber, daß der Mi­nister es unternommen , die Justiz des Landes zu reorganisiren ohne vorher für die Schaffung jener Geselle üher Sorge getragen zu haben ; dam­it ebenso, wie wenn der Landesvert­eidigungsminister, selbst wenn er wüßte, daß die Armee seine Gewehre hat, ruhig in seinem Samme­­lauteuil fäße. Nebner unterzieht hierauf die geschaffenen Gesete, na­­mentlich die Verzehrungssteuergesebe, einer scharfen Kritik. Die Stra­­fen, welche in vielen festgestellt wurden, sind nach absolutistischen Brinziz­­ien bemessen. Auch das Munizipalgefes­ht auf au­stokratische Grund­­füße bas Art. Das Weinzehentablösungsgefec­ht höcht mangelhaft. Diese Gefebe hätten mit Leichter Mühe, besser gemacht werden können, auch ohne daß eine eigene Kopifikationsabtheilung geschaffen worden wäre. Er sieht daher seine Bedeutung in der Kreirung einer Kopifikationsab­­theilung und stimmt auch gegen die Bewilligung der Kosten derselben. Raul Hoffmann will den Vorrednern auf das Gebiet nicht folgen, auf welches sie die Distussion geleitet. Blos auf eine Behaup­­tung Märissig’8 hat er eine Bemerkung. Er hält nämlich die Schaffung eines bürgerlichen Gefegbuches nit für so Leit, als dieser es hin­­stellte.. Solche Gefegbücher gehen nicht wie die Lokomotive, wohlfon­­struk­t,­­ aus Fabriken hervor. Betreff des diskutirten Gegenstan­­des geht er von jenem Prinzipe aus, auf welche das Bestehen einer arlamentarischen Regierung beruht. Seiner Ansicht nach ist jedes effort des Gesammtministeriums berufen, diejenigen Gejeßentwirfe auszuarbeiten, die das Meffort selbst berühren, und auch nur das große ihm zu Gebote stehende Material am meisten in der Lage, fried­­mäßige Geießentwürfe zu schaffen. Die Regierung tritt in diesem Augenblick mit der Forderung hervor, das Haus möge ihr 50.000 fl. aus einem außerordentlichen Grunde als außerordentliche E­rforderniß bemiligen. CS fragt sich nun blos, ob dieser außerordentliche Grund in der That vorhanden, oder nicht ? Redner behauptet, daß derselbe vorhanden. Bisher hatte nämlich jedes Ressort der Regierung ihre eigene kodifizirende Abtheis­tung, und diese erschien nur in den seltensten Fällen als vollkom­men zureichend. Allein selbst wenn diese einzelnen Abtheilungen die Quali­­fikation vollkommen besäßen, ihren Aufgaben zu entsprechen, wäre zur Ausarbeitung eines Gesehbuches, welches das gesammte, aus dem Geiste des Boltes selbst hervorgegangene P­rivatrecht umfassen si, wennoch ein eigenes dem Zweckk vollständig gewachsenes Medium nöthig. Und in der Schaffung dieses Mediums ist der außergewöhnliche Grund zu finden, aus welchem die Y­egierung die oogenannte Summe fordert. In welcher Form diese Summe zu bewilligen wäre ? jener Forın, welche von dem Finanzausschusse, vorgeschlagen wird. Nenner kann es nämlich nicht absehen, warum jenem der nichts ver­­langt, warum eben dem Ministerpräsidium etwas bewilligt werden soll? Der Zwed, für welchen die Summe gefordert wird, ist mit­ jenen Sweden, welche das Justizministerium zu erreichten bestrebt sein­ muß, eng verbunden. Und darum erklärt er sich für die Bewilligung, zur Tagesgeschichte. Belt, 13. Feber. Gestern schon sollte die französische Nationalversammlung in P­oitiers zusammentreten, doch ist bis zur ‚Stunde noch nicht einmal das vollständige Verzeichniß der Wahlen hierher gelangt. Nur so viel it gewiß, daß die friedliche Partei über eine grobe Majorität in der Bersammlung verfügen wird, und daß bei 40 Nachwahlen not­­­wendig sein werden, weil ebensoviele Mandate auf Männer fielen, die zu gleicher Zeit auch in anderen Departements gewählt wurden ; nament­­lich wurde Thiers 18mal gewählt. Die meisten Chancen auf den Präsi­dentenfiß in der Assemblée nationale chef ist Jules Gr&ny. Das Elsaß hat, seinem Wider­willen gegen ein Abgelöstwerden von Frankreich dadurch Ausdruck gegeben, daß es­ Republikaner der ausgesprochensten Erbe entsendete. Ueber den Zustand von Paris kommen fortwährend wenig erfreuliche Nachrichten. Neuestens wird aus Genres berichtet: Die Verproviantirung des ausgehungerten Paris geht immer noch sehr langsam von­statten. Da zwei Bahnen, im Norden nach Dieppe und im Süden theils über Orleans nach Bordeaux, theils über Gien und Nevres nach Lyon bereits für die Hauptstadt wieder im Betrieb sind, so würde die Notd, die viele der Einwohner noch bedrängt, gar nicht begreiflich sein, wenn nicht große Unordnungen in der Verpflegung mancher Arrondissements heriichte. So führt der „Electeur Libre” von vorgestern u. A. an, daß im 10. Bezirk eine aus drei Personen bestehende Familie drei Häringe als ihre Fleischration für drei Tage erhielt, daß Tags vorher vier P­ersonen für ihren ganzen Tagesbedarf mit *, Litze unfachbaren Mohrrüben abgespeist wurden, und daß an demselben Tage sogar an­­statt Fleisch nur Eilig und Del an Hunderte von Hausfrauen ausges­theilt wurde. Auch die beschränkte Freiheit, welche den Bark­ern durch die Waffenstilstandsbestimmungen in Bezug auf Verlassen der Stadt unter Schuß eines von der dortigen Palizerpräfektur unterschriebenen Laissez-Passes eingeräumt wurde, scheint durch die mangelhafte Ein­­richtung jener Behörde noch mehr beschränkt zu werden; Wenigsteng führt der " Figaro" ein Beispiel an, wo ein als Kandidat für die Na­­tionalversammlung in der Provinz aufgestellter Herr sich bereits seit vier Tagen um dieses unentbehrliche Reisedokument vergeblich bemüht, und klagt darüber, daß am selben Morgen über 500 Rachsuchende A vor der Polizeipräfektur stehen mußten, ohne vorkommen zu können. . . zwei Brüder Rothschild, die in Paris als Abgeordnete für die Nationalversammlung kandidirt wurden, lehnten jene Wahl ab. Der Mann mit dem bleiernen Biid, wie Michelet in seiner neuesten historischen Schrift den gewesenen Kaiser der Franzosen nennt, will sich durchaus wieder der öffentlichen Diskussion aufdrängen. Die P­roklamation, welche als von ihm an die französische Nation gerichtet jüngster Tage bekannt wurde, wird dur die Napoleon’schen Agenten in Brüssel als unecht erklärt, und der Geheimsekretär und seit jeher der vertrauteste Polizeirath Napoleons, Conti, hat sogar gedroht, die Verbreiter dieser Rea­lamation gerichtlich verfolgen zu lassen. Diese Künste kommen ung bekannt vor, sie gemahnen lebhaft an die Praxis der Bietr­’schen Polizei, wie sie zur Zeit der weißen Bloufen, der Kinst­­stürmereien auf den Boulevards von Paris und der Beschwörungs­­prozesse geübt wurden. Sie sollen wahrscheinlich zu nichts Anderem die­­nen, als um den Gifaifer nut völlig in Vergessenheit gerathen zu lassen, eventuell für eine noch herauszugebende Proklamation Reklame zu machen. Es muß gestanden werden, er hat die möglichst schlechte Ge­legenheit hiezu gewäh­t. Gerade werden wieder aus den geheimen Par­tieren des Gr­aifers zwei bisher unveröffentlicht gebliebene Dokumente an’s Tageslicht gezogen, und dieselben sind sehr wenig geeignet, für das Wiederaufleben je eines Regimes Sympathien zu erwecken. Die beiden Dokumente a­li auf die Vertragsgeschichte. Die seinerzeit, vor den thatsächlichen Beginn des aan. Krieges, in der „Zimes” aufgedeckt wurde, und wobei Benedetti, der „gewandte” Ber­­treter Frankreichs in Berlin, eine so wenig schmeichelhafte Rolle er­­hielt. Dazumal gab befannilic Benedetti vor, der auf eine Beric­adie­­rung Belgiens an Frankreich bezügliche Vertragsentwurf sei ein Di­­­tat Bismarc’s­ gewesen ; aus den besprochenen Dokumenten, die wir weiterhin folgen Lassen, geht nun Ear und unz­weideutig hervor, daßs die ganze Sache ein mit vielem Eifer betriebener Plan Napoleon’s selbst war. Die Schriftstüce lauten : Am 26. August 1866. Mein lieber Minister Rouher ! Ich sende Ihnen den Vertrags­­entwurf mit meinen Randbemerkungen zurück. 63 müßte gesprächsweise hinzugefügt werden, daß, da der deutsche Bund zu bestehen aufgehört hat, die gegen Frankreich gerichteten Bundesfestungen nicht mehr zum Bunde gehören dürfen, sondern Regthum jedes Staates sind, auf dessen Territorium sie sic) befinden. Somit würde Luxemburg zu Frankreich, Mainz und Saarlouis zu Preußen, Landau zu Baiern, Rastatt zu Baden, Ulm zu Württemberg­ gehören. Andererseits glaube ich, daß Preußen dem Königreiche Sachen viele Ehicanen bereitet. Wäre es nicht besser, daß Preußen dieses Sachen, ein protestantisches Land, anmertkrt, und daß der König von Sachsen auf dem linken Rhein:Ufer, in einem katholischen Lande, untergebracht würde ? Aber alles vieles soll nur freundschaftlich in­­fin­irt werden. Der Vertrag sol geheim bleiben. Die Luxemburger Frage wird von sich selber zum Durchbruche gelangen, sobald die Unterhandlungen begonnen sind. Diese Frage ist es, welche am meisten drängt. Stauben Sie, mein lieber Räuker, an meine aufrichtige Freund:­aft. Napoleon. Nachfrift. Benedetti kann also mit Vorbehalt einiger kleiner Veränderungen im Prinzipe annehmen. — « Saint-Cloud,26.August 1866. "Mein lieber Minister Rouher! Nachdem ich ihn ein heute Morgens geschrieben,ist mir wegen des Artikels,welcher die gegenseitige Garantie der Territorien der zwei Länder bestimm­t,ein Skrupel aufgestiegen.Dieser Artikel erlegt uns nicht nur den Verzicht auf die Rheinprovinzen auf sondern er würde unscxuch zwingen,wenn diese zu Frankreich gelangen wollte,gegen dieselben zu marschiren.Ich glaube daher,daß man über diesen Artikel hinweggehen muß Glauben Sie an meine aufrichtige Freundschaft. Napoleon. Ein Organ des Erbaisers, der „International“, empfiehlt den F­ranzosen zum Präsidenten der Nationalversammlung den General d’Aurelles Baladin, von Orleans her bekannt und wenig gerühmt. Die Franzosen werden sich wohl messlich hüten, die Leitung ihrer Ge­­schäfte Militärs, namentlich solchen aus der alten Schule zu überant­­worten. In dem neugeeinigten Deutschland felägt die Wahlagitation bereit, hohe Mengen und der prinzipielle Kampf beginnt in den öffentl­ichen Blättern bereits eine große Schärfe anzunehmen. Im Ganzen machen sich zwei Hauptströmungen bemerkbar ; eine zentralistische und eine förderalistische. An die letere hält sich unter Anderem auch die hyperkonservative Kreuzzeitungspartei und es ist ziemlich vrollig, diese Hauptan­erionisten und Politiker der Vergewaltigung nun in einer Revhe kämpfen zu sehen mit den „Satholiten”, die bekanntlich für die preußische Sorge nur sehr geringe Sympathien haben und selbst mit den geschhworenen Feinden des Preußenthums, den hannoversichen Mes­sen, in manchen Buitten selust mit den vorgeschrittensten Demokraten. So Schreibt auch die „Kreuzzeitung” in einem Programmartikel : „Aber all diese Erfüllung alter Hoffnungen des deutschen Volkes wird uns die Gewißheit des Friedens nicht geben, wenn diese Form nicht mit dem echten deutschen Geiste erfüllt wird und erfüllt bleibt, welcher ihr einst ihre Herrlichkeit gab,­­ mit jenem Geiste, welcher die Freiheit mist in der Atomisirung und das Nest nicht in der Einerleiheit, die Nationalität nur in der Zentralisation und die Vorauslösung einer lebendigen Ent­wickklung nicht in sogenannten Grundrechten suchte. Die deutsche Freiheit entwickelte sich im Gegensaß zu dem Staatsabsolutis­­mus, welchem Frankreich, das monarchische wie das republitanische, an­heimfiel. Und nimmermehr werden wir eine dauernde Sicherheit gegen­­­rankreich gewinnen, wenn wir uns nicht von den politischen Ieen franfreich­ frei machen und frei erhalten.“ , Die Berliner»Volkszeitung«weist heute nach,dgßd18,deutsche Bundesverfassung,wie sie zur Stunde in Geltungsech befindet,nach Belieben verschlechtert,aber«nur nutzecjtschtper verbessert werden kann. Die Majorität der im«R«eingtage Anwesenden kmm eine ReW sion der Verfassemg giung durchführen,und dann genügen­ 14 ableh­­nende Stimmen im Bundesrath, um jede Revision hinzunzuhalten. Im italienischen Parlamente nahm die Diskussion anläßlich eines Regierungsporschlages, wonach dem Vatikan eine Art bespränt­­ten Asylrechtes gwährleistet werden soll, einen so heftigen Charakter an, daß der Ministerpräsident sich genöthigt sah, die Kabinetsfrage zu Stellen. In keinem Falle in­ Baffenroth in Wie, Die unsere telegraphischen und sonstigen Nachrichten bereits meldeten, war Wien gestern von Wassergefahr sehr arg bedroht. Nach

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