Pester Lloyd - Abendblatt, Mai 1874 (Jahrgang 21, nr. 99-122)

1874-05-26 / nr. 118

5 b f- J -Uebekolke in Peters­burg stattfindenden Verhand­­lungen zur Erleichterung und Hebung des Han­delsverkehrs zwischen Oesterreich-Ungarn unt Rußland wird uns Fol­­gendes mitget­eilt : Die Zugeständnisse, in welche die russische Regierung als Hequivalent der in Aussicht gestellten Verkehrserleichterungen be­­ansprut, sind die Gestattung der ununterbrochenen Einfuhr xuf­­fischen Getreides beim Ef­­f. Zollamt in Novosielica in der Weise, daß der Waarentransport daselbst nicht auf gemisse Stunden des Tages beschränft bleiben, sondern sowohl im Eingange als auch im Austritte vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang stattfinden dürfe. Weitere Erleichterungen in der Duarantaine- Behandlung des xruffischen Schachtviehes, die Gestattung des direkten Transportes auf den Eisenbahnen bis zur Duarantaine, und die Zuziehung der rufsischen Veterinäre bei der Untersuchung des rufsischen Schlachtviehes, in gleicher Weise wird die Inter­­vention der österreichischen Thierärzte bei den russischen Kontur mnzanstalten zugesagt. Die Errichtung einer Brücke in Huffiatinec auf gemeinschaftliche Kosten der beiden Regierungen zur Ermög­­lichung des dortigen Grenzverkehrs, endlich die Auflassung des Zollausschusses von Brody. Die Verhandlungen betreffend hat sich im Verlauf der Besprechungen herausgestellt, daß manche der von unseren Delegirten aufgestellten Bostulate schon bisher Berücksich­­tigung gefunden ; bezüglich anderer hat die russische Regierung ihre Geneigtheit bekannt gegeben, denselben gerecht zu werden, so z. B. die gewünschten Zollämter zu errichten und einige der bestehenden in eine höhere Kategorie zu erheben. Doch hat sich die Nothunwen­­digkeit herausgestellt, in beiden Richtungen die Ausführbarkeit der gegenseitigen Wünsche von dritten Untersuchungen abhängig zu machen, welche besonders die Fragen der neuen Grenzeröffnungen und der Kompetenzerweiterung der bestehenden Zollinstitutionen betreffend, im Laufe des nüchsten Sommers durch eine gemischte K­ommission russischer und österreichisch-ungarischer Delegirten vor­­genommen werden sollen, mo dann über die durch diese Lokak­­­ommission gewonnenen Resultate eine neue, in Petersburg oder Wien zusammentretende Konferenz entscheiden wird. Die besonders für Ungarn wächtige Frage der Herabminderung der russischen­­ Ginfuhrzölle auf unsere Weine bildete zwar, wie dies von der rus­sischen Regierung, welche in­ Tariffragen die eigene Selbständigkeit aufs strengste zu wahren gemilst ist, schon von vornherein ausge­­schlossen wurde, seinen Gegenstand der offiziellen Verhandlungen doch hat — wie wir erfahren — das xufsische Finanzministerium eine Möglichkeit der Herablegung dieser Zölle aus eigener Initia­­tive nicht ausgeschlossen, und wurde übereingenommen, daß unsere Delegirten ein Memorandum mit einer ausführlichen Darstellung und Motivirung des Sachverhalts, und der Angabe unserer For­­derungen nach dieser Richtung vorlegen sollen, welches die rufsische Regierung bereitwilligst entgegennehmen und bestrebt sein wilde, den ausgesprochenen Wünschen nach Möglichkeit nachzukommen. sz Der Unterrichtsminister hat eine Zirkularverord­­nung an die Schulen-Inspektorate erlassen, mit welcher die Ein­­­führung der sogenannten alternirenden Schulbesuche vor­­erst nur in den Staats- und Tangen-Volksschulen während der Sommermonate angeordnet wird. Wir werden den Wortlaut der Verordnung nachtragen. —= Gegenüber den, auch von und reproduzirten Nachrichten der , Reform" und des „Tagblatt“ in Angelegenheit der Inter­­pellation, welche Dr. Gisfra in der österreichischen Delegation, der , ziehungsweise im Subsomite derselben für auswärtige Angele­­genheiten in Sachen der Sachsenfrage an den Grafen An­­draffy gerichtet haben sol, erklärt „M. Bolit," weder das eine noch das andere der beiden Blätter habe den Sachverhalt richtig mitgetheilt und es stehe für die nächste Zeit diesfalls eine Berich­­tigung von kompetenter Seite in Nusfich. — „Reform“ bringt in ihrer Sonntagsnummer einen Arti­­kel über die Tendenzen der jenigen Frontischen Regie­­rung und der dortigen „Nationalpartei”. Dieser Artikel, oder richtiger gesagt, diese Enthüllungen erscheinen uns umso mehr be­­achtenswerth, als uns ebenfalls von verläßsiger Seite ähnliche Mittheilungen zusommen. Das genannte Blatt will von einer förmlichen Ver­s­ch­w­ö­­rung gegen den Verband mit Ungarn missen, die in Kroatien geplant werde, und als Haupt und Leiter derselben bezeichnet „Ref.“ den Bilder Stroßmeyer, b dessen Endziel heute wie vordem eine „Südflavia” sei. Stroßmeyer, schreibt „Ref.”, it der Kopf der gegenwärtigen frontischen Politik ; die beiden Fraktionen, in welche die ehemalige Opposition scheinbar gespalten ist — die Gruppe unter Makanec, und die andere, welche gegenwärtig mit Maziuranics in der Regierung ist — dienen ihm als rechte und Iinte Hand. Zwar meiß zumeilen die Rechte nicht was die Linke thut; Stepßmeyer, der Kopf, weiß jedoch was er thut und was er mit der einen und anderen Fraktion will. Die Ervatisische Regierung — so lauten die Informationen des genannten Blattes — arbeitet rastlos und konsequent auf völlige Ausrottung der Unionisten hin. Schon sind in vier beson­­ders grellen Fällen die Klagen über ihre Schonungslosigkeit und Unbilligkeit gegen Unionisten in den Thronsaal gedrungen, und der Ban Maszjuranic mußte darüber harte Worte von dem Monarchen hören, der über den Gang, melden die Dinge in Kroatien genommen, nicht wenig sich verminderte. Solches Hergeb­­niß will die kroatische Regierung zwar rehhr vermeiden, und ob­­schon anfecllige militärische Einflüse ihn flößen und auch der Ügramer Kommandant Mollinary seit Langem schon an einem Strich mit ihm zieht, fürchtet Mazfuxanics denn doc das Ver­trauen des Königs einzubüßen. Darum werden jecht die von der vorigen Regierung oder von neu-unionistischen Obergespanen ernannten unionistischen Beamten nicht geradezu abgefegt, aber in die ungarnfeindlichsten Orte verlegt, und so lange von Agranı aus genergelt und bilank­t und von den Kollegen verdächtigt, bis sie sich der Nationalpartei anschließen. Doc ist das nicht Alles. In Verbindung mit der fehleini­­gen Entmilitarisieung der Grenze will Mazfuranics demnächst eine ganz neue Gebietseintheilung Kroatiens durch DD, die seine Komitate, sondern blos Bezirke fennen und bei eren Arrondirung der Sch­werpunft in die Militärgrenze verlegt werden sol. Hauptorte der Bezirke werden die ungarnfeindlichsten Städte sein. Zmweil dieser ganzen Organisation ist, die union­ss­eitige Grundbeu­gerstaffe politisch zu­­rune jurichten und der unionsfeindlichen erölkerung der Militärgrenze das Leber­gewicht zufichern. Falls Mazjuranicı und die National­­partei Die Territorialregulirung und neue Verwaltungsorganisation durchführen, so möge — schreibt , Reform" — Ungarn ein Kr­uz über Kroatien machen und auf den Bau von Grenzfestungen in Fünfficchen, Szigetvár und Ranizsa bedacht sein.“ Denn —­­ heißt es weiter — in der Majorität der Kroati­­schen Nationalpartei auf dem Landtage, bei der Agramer Regie­­rung und besonders bei den Kroatischen Honveds und den aus der Grenze neugebildeten kroatischen Linien-­Regimentern herrscht soldh ein Geist, über melchen weiland Ban Sellacsics entzückt gewesen wäre, wenn er ihn bei den Schaaren, die er seinerzeit gegen Un­garn geführt, gefunden hätte. Die ungarischen Staatsmänner mögen sich an den Aufstand in Gattaro erinnern und daran denken, daß Ungarn in Ditojacz, Lilia und Dgulin leicht seine Bocca finden könnte. Unendlich viel hängt davon ab, wer in Agram re­giert und kommandirt. E­”ist nicht Alles eins, ob ein Maud oder Marzuranics, ob ein Kuffevics oder Mollinary Kroatien fdirigiren. Retter smed bei all diesem it die Herstellung der Südflavia. Zentralismus, Dualismus oder Föderalismus sind der Nationalpartei nur Wege zu diesem einen Ziele, aber am verhaßtesten ist ihr der Dualismus. Sie begnügt sich nicht mit der unbeschränkten Herrschaft zu Hause, sie gibt ihre Verbindungen mit der panflavistischen P­ro­­paganda in Ungarn und anderworts nicht auf... est ist die dalmatinischefrage als Hebel auserfeben, um den Verband mit Ungarn zu sprengen. Zu­nächst will die Nationalpartei eine Union mit Dalmatien, hierauf für eine Bereinigung mit den Krainer und anderen Slowenen folgen, und nachher eine Aktion in Bosnien und den anderen süd­­slavischen Provinzen der Türkei. Nachdem die Politiker der Na­­tionalpartei eingesehen, daß der Dualismus ihnen nit zur Union mit Dalmatien und noch weniger mit Krain verhelfen kann, find ke eat den Dualismus zu stürzen und si Desterreich an­­zuschließen. Dieses Projekt wurde der , Reform" schon vor Wochen signalisirt und zwar aus guter Duelle, doch erschien es ihr als zu abenteuerlich, um es zu glauben und davon zu sprechen. est findet „Reform“ ihre Sinformation einigermaßen bestätigt durch die Notiz in einer der lechten Nummern der Prager „Nexodni Lifty“, wonac „auch die dalmatinischen Reichsrathsmitglieder Jaic und Monte in Agram eingetroffen sind, um an den Berath­ungen über die dalmatinisch-frontische Frage theilzunehmen.“ Mer sind Diejenigen, fragt „Reform“, an deren Berathun­­gen auch die genannten zwei Reichsräthe theilnehmen? Willen Mazsuranics und seine Regierung davon, und ist die ungarische Regierung darüber unterrichtet ? Schließlich fordert , Reform" die ungarische Regierung auf, fall sie es vermag, beruhigende Aufklärung über die Intentionen der froatischen Regierung und der Nationalpartei über diese dalmatinischen Konferenzen und die sonstigen erwähnten Projekte und Vorgänge dem Publikum zu geben. — Ueber den Besuch des Fürsten Milan am ru­män­­nischen Hof wird uns aus Bukarest, 21. Mai, folgendes geschrieben : Der Besuch des Fürsten Milan gestaltete figy zu einem fest­­lichen Ereignisse, an dem alle Kreise der Bevölkerung den regsten Antheil nahmen und das namentlich von der­ Breite aller Schat­­tirungen uneidlich ausgebeutet wurde, um die Solidarität der In­teressen der beiden Fürstenthümer zu betonen, denen man als Drit­­ter im Bunde, merk­würdig genug, Griechenland beigesellte. Fürst Garol bhat, ungeachtet der Fam­ilientrager, das nt um dem Saft den Aufenthalt angenehm zu machen. Mit besonderem In­­teresse widmete sich Fürst Milan und dessen Suite der Besichtigung der militärischen Grablissements, wobei Kriegsminister Floresco den Gh­erone machte. Auch an einer Truppenrevue, die im elendesten Wetter bei Cotroeni stattfand, fehlte es nicht. Das Konsularkorps machte dem Gajte in corpore seine Turmwartung, bei welchem Anlasse ich Fürst Milan namentlich mit dem I. und E. diplomatischen Renten Baron Galice und den Repräsentanten­­ Rußlands und Griechenlands in ein längeres Gespräch einließ. Tags darauf waren sämmtliche Konsuln zur Hoftafel geladen. Die Präsidenten der beiden Kammern, sowie die Minister Boeresco und Gatargio zeichnete der Fürst durch persönliche Besuche aus. Heute verlieh der Bart die Stadt, um sich nach einem Landgute zu begeben, das er auf walachischem Boden erworben. Fürst Milan hat hier allge­­mein einen günstigen Eindruck gemacht, seine militärischen Begleiter, denen man je anmerkt, dab sie nicht blo8 P­arade-Soldaten sind, imponirten ihren hiesigen Berufsgenossen gar gewaltig. “ Dem „Ung. Uftionär” geht „von verläßlicher Seite" die Mittheilung zu, daß in der Ostbahnaffaire Dokumente er­läiven, welche geeignet erscheinen, einen bisher noch unaufgeklär­­ten Punkt dieser Angelegenheit in einem ganz neuen Lichte erschei­­nen zu lassen. 68 handelt sich um die bekannte Agio-Affaire, und sichtlich welcher die erwähnten Dokumente zweifellos feststellen sollen, daß die Anglobank verpflichtet war, D­ie in Silber empfan­­genen Beträge auch in Silber zu­ verrechnen. “ heißt nämlich daselbst: „Jede liberirte Aktie ist mit 64%, jede liberirte Obligation mit 74% ihres Nominalbetrages zu verrechnen“ und da der Nominal­werb­ der Aktien und Obliga­­tionen bekanntlich auf Silber lautet, so würde nicht zu bezweifeln sein, daß sich die Haftpflicht der Anglo-Austrian-Bank auf die in Silber eingezahlten Beträge erstrebt. (E83 műre sehr wünschens­­unwerth, wenn der „Ung. Aktionär“ die hier erwähnten Dokumente dem vollen Wortlaute na so was als möglich an die Oeffent­­lichkeit bringen würde.) er ‚ — . Zur Tagesgeschichte. Das „Ministerium der Besiegten” — dieser Name wird dem neuen französischen Kabinet, welches in seiner Gänze aus der Minorität vom 16. Mai hervorgegangen, wohl anhaften bleiben. Allgemein wird das Ministerium fchlechtmeg als eine nichtssagende Exid­enz aufgefaßt, in welcher fid) höchstens­ die Nathlosigkeit der augenbliklichen Lage ausprägt. Für die Herstellung einer nor­malen Ordnung ist denn mit dem Kabinet Ciffey in der That Nichts gewonnen, und wenn ein Theil der französischen Breffe fidh auch anerkennend darüber ausspricht, daß die peinliche Krise min­destend formell gelöst ist, so gibt man sich doch auf seiner Seite der Täuschung hin, als wäre die Situation eine haltbare gemor­­den. Im Gegentheile­n dringen Nepublitaner sowohl als Mon­­archisten, versteht sich jede Partei in ihrem Sinne, auf die „ret­­tende That“. Die Nepublikaner wollen von nicht. Anderem hören als von der Auflösung der Nationalversammlung , was aber die Monarchisten unter „rettende That“ begreifen, das läßt sich aller­­dings unschwer errathen, aber ausgesprochen wird es heute nicht einmal von den Journalen der extremsten Richtung. Unterdessen dürfte es von Interesse sein, die einzelnen Mit­­glieder des Kabinets, insofern sie noch unbekannt sind, und das Ensemble näher fennen 31 lernen. Vier von den neuen Ministern : Fourton, Dicazes, Grivart und Caillaur gehören dem rechten Zentrum ; vier, die Herren Tailhand, v. Cumont, Montaignac und de Gilfey, der gemäßigten Necten, und einer Herr Magne, der bonapartistischen Partei an. Der Unterschied des gegenwärtigen Ministeriums von dem vorigen ist ein dreifacr : 1. die äußerste Rechte, welche durch Herrn von Larcy vertreten war, ist ganz leer ausgegangen; 2. die Bonapartisten haben statt zwei Bortefehile (Finanzen und Krieg) nur no eines; 3. der Herzog von Broglie, neben Decazes die einzige staatsmännlsche Persönlichkeit des vorigen Kabinets, ist beseitigt, und an seiner Stelle übernimmt der geistvolle, aber programmlose Herr v. Fourton die Führung des Innern ; das neue Ministerium wird allgemein als ein geschäftliches bezeichnet, welches einstweilen in den großen politishen Fragen jede Initiative vermeiden will. Wie lange es diesem Vorrat wird treu bleiben können, ist freilich eine andere Frage. Vier Mitglieder des neuen Ministeriums sind homm­es novi, Herr von Gumont Abgeordneter von Maine-et-Reize, 58 Jahre alt, ist von Hause aus ein Sjournalist; er hat in Angers die le­gitimistische „Union de l’Ouest“ gegründet und in derselben einen langen­ Kampf mit Louis Veuillot geführt, gegen welchen er den Bischof Dupanloup vertheidigte, als Dieser nag Schwierigkeiten gegen das Unfehlbarkeitsdogma magte. Seitdem hat er Herr von Gumont mit seinem Freunde längst dem Batilan gefügt und nur der Antagonismus mit Louis Bouillot­­t zurückgeblieben. Von den P­ariser Blättern steht ihm der „Francais” am nächsten. Herr von Gumont ist Vizepräsident der gemäßigten Nechten und hat der be­rühmten Deputation der „Bärenmusen” angehört, welche sich­ am 20. Juni 1872 zu Heren Thiers begab, um ihn zu einer reaktio­­nären WBolitis 34 befehren. Der Gentre-Admiral Montaignac ist Abgeordneter des Mllier-Departements, 63 Sabre alt und ge­­mäßigter Legitimist, obgleich seine seemännische Garriere in die Fur­simonarchie und das Kaiserreich fällt. Während der Belagerung von Paris befehligte er den 7. Sektor (Auteuil und Parly), er führte bisher in dem Armeeausschhsse an Stelle des erkrankten Herrn Lafteyrie den Borfile. Herr Tailhand, der neue Justiz­­minister, gehört zu den leidenschaftlichsten Klerikalen der an dieser Spezialität so reichen Nationalversam­tlung. Er­ ist Abgeordneter der Ardeche, 64 Jahre alt und Appellationsgerhtspräsident in Nimes, wo er Hand in Hand mit dem Bischof Plantier die ultra­­montanen Schaaren befehligt, Herr Gaillaur, ein aus der polytechnischen Schule her­­vorgegangener Ingenieur der Westbahn, 51 Jahre alt und Ab­­geordneter der Sarthe, hat im rechten Zentrum bisher eine sehr unscheinbare Rolle gespielt. Man zählte ihn früher zum Zinfen Zentrum, aber am 24. Miai 1873 gehörte er zu der von Herrn Farget angeführten Gruppe, welche plöglich mit Hingenden Spiel in das Lager der Monarchisten übertrat und so den Sturz des Herrn Thiers ermöglichte. Daß der General de Giffey als NEJE de Minister des Herrn Thiers sein Bedenken trug, in dies­e Kabinet einzutreten und ihn sogar seinen Namen zu geben, hat vielfach befremdet. Ein französisches Abendblatt veröffentlicht folgende Liste der seit dem 4. September 1870 ernannten Minister: Es hat demnach gegeben : 4 Minister des Neußern, 14 Minister des Innern, 5 Kriegsminister, 4 Marineminister, 4­­ Justizminister, 6 Finanz­­minister, 4 Unterrichtsminister, 7 Bautenminister, 7 Handelsminister. Die längste Zeit war Minister Herr Jules Simon, der 2 Jahre, 8 Monate und 13 Tage das Portefeuille des Unterrichtes festhielt, die kürzeste Zeit Here­n Waddington, der am 19. Mai 1873 von Herrn Thield zum Unterrichtsminister ernannt, bereits am 24. Mai mit dem Sturze des Präsidenten auch sein Portefeuille wieder verlor, mus zu beucheln. Einige deutsche Blätter national-liberaler Richtung befragen sie über den separatistischen Geist der sächsischen Regierung. Was er mit dem Partikularismus der sächsischen Minister auf ich hat, mag unerörtert bleiben. Zatfadje ist, daß man von gouvernemen­­­­taler Seite wiederholt den national-liberalen Blättern den Krieg erklärt hat. Der fünfte ungarische Juristentag. B.G. Biermal bereits hat sich in Ungarns Hauptstadt der ungarische Juristentag versammelt, und jedesmal übte sein Auftreten einen heilsamen Einfluß auf jenes bedeutsame N Reform­­iert aus. Das bestimmt ist den ganzen Organismus unseres Justiz. Was diesen Einfluß begründete, was ihn hob und stärkte, und ihn zweifellos auch für die Zukunft sichert, unwesens neuzugestalten, es ist die­dee der freien Assoziation, i e­r verkörpert in den missen­­schaftlich begründeten Enuntiationen eines Fachkreises, innerhalb dessen die besten Kräfte des Landes stehen. Der Juristentag hat seine Grefati­gewalt und sein Votum ist nicht formell ausübbar; aber was er repräsentirt, das ist das Begehren einer öffentlichen Meinung, welche auf den unerschwätterlichen Prinzipien der strengen Sachmissenschaft ruht; seine Exekutive, das ist die Macht der Idee; das Gewicht seines moralischen V­otums, es liegt in den Forderun­­gen der Zeit, welche in seinen Aussprüchen den gewiß wichtigsten, weil unbefangenen Interpreten findet.­­ Und wie der ungarische Juristentag, Bewußtsein, seiner hohen Aufgabe bisher gerecht wurde,sos wird er als Pion­ier des Fortschrittes der Legislative zuversichtlich auch, auf welchem das Gebilde ferner hin festen Weg zu bahnen wissen, einer einheitlichen Justizreform nur so zu un gedeihlichem Abschlusse gebracht werden kann wenn die Faktoren der Ausführun­g mit den»Männern der Theorie Schulter an Schulter gereiht,«sich gegenseitig in die Hände arbeiten. Die erste Plenarversammlung des fünften unga­­rischen Juristentages fand gestern Vormittags 9 Uhr in dem großen Rathhaussaale Statt, kaum zu faffen vermochte. Kurz nach Bräses des ständigen Ausschusses Dr. Paul Hoff Versammlung mit einer längeren, beifällig aufgenommenen Rede, an deren Schluß er die Anwesenden zur programmmmäßigen Vor­­nahme der Wahl eines Präses und Vizepräses aufforderte. Dr. Stefan Telepsy empfiehlt Hierauf unter allgemei­­nem Beifall Dr. Peter Bus­bach als Präses zu wählen, dessen Wahl mit Akklamation geschieht. Desgleichen wird Advokat Sofef Nagy (Großmwardein) mit Al­lamation zum Vizepräses gewählt. ‚durch eine Deputation in die Versammlung geholt, welche ihn bei seinem Erscheinen mit lebhaf-­ter gewählte Präses­ wird dur welcher die bedeutende Zahl der Mitglieder der anberaumten Eröffnungsstunde begrüßte der mann bie In seiner mit großem Beifall aufgenommenen Rede toleft­­en Elfen begrüßt. Dr. Busbakh einen Rückblick auf die jüngste Vergangenheit, auf den Stand des A­ustizwesens in Ungarn, um so die Lage des Momente zu kennzeichnen, in welchen der fünfte ungarische Juri­stentag seine Wirksamkeit beginnt. , Bor Kurzem — so sagt Nedner — schhen es, als ob das Gefühl für die Bedeutung eines geordneten Justizmesend in dem Rufen unserer Nation erstorben wäre“ und er sieht den Grund hiefür darin, daß mir es noch im­­mer nicht gewohnt sind, das Rechtsleben als den Selbstzweck des Staates zu betrachten, was die erste Bedingung zur Erreichung gez funder Rechtszustände ist. (Lebhafte Zustimmung.) ‚Doch die Besorgniß, welche zufolge dieser­ vorübergehenden Sc­heimung die kompetenten Fachkreise erfüllte, vershmwunden, denn auf allen Linien der Rechtsreformen hat ein neues Leben, hat rüstiges Schaffen begonnen, nur war nöthig, diese Arbeitsamkeit, welche in den fi vegte, stimmunng.) Dem Gehege als dem Fundament der Staaten moralisches Ansehen zu verschaffen ; dies ist die Aufgabe des AYuristentages, und in diesem Geiste möge auch der fünfte ungarische Juristentag seine Thätigkeit beginnen! „Und hiemit — so schließt Redner — erkläre ich den fünften ungarischen Auristentag für eröffnet” — Lebhafter, langanhaltender Beifall begleitete die zü­ndenden Morte des Redners, welcher hierauf die Verhandlung der weiteren Bünste der Tagesordnung vornimmt und ERHIGE Dr. Karl. Herrid, Dr. anaz Sanktionen sogleich beginnen. Árpád Lipos, Dr. im Sinne der Statuten vier Darányi und Anton Moggay­ ernennt, melde ihre getragen von diesem. sie ist nunmehr es nicht entscheidenden Kreisen vor dem Auge der Deffentlichkeit zu verbergen. (Zu­­er Zeitroman von Mar Ring. 37, Fortlegung. ‚Er Buch. Einige Augenblicke herrschte eine tiefe, drühende Stille wie nach einem heftigen Donnerschlag. Sprachlos starrte Gabriel seine ungehorsame Tochter an, unschlüssig, ob er seine Drohungen ein mildes, kindliches Wort von ihren ,frampfhaft zusammenge­­preßten Lippen, umsonst bemühte , sich der, bestürzte P­rofessor, durch­ seinen freundlichen Zuspruch das trotige Mädchen zu einem Geständnisse ‚feines­ Unrepts zu bewegen. Wenn­ auch ihr Leben davon abgehangen hätte, so konnte sie sich nit dazu entschließen, den getränsten Vater um Vergebung anzuflehen. Nur ein schmerzlicher­ Seufzer entrang sich ihrer geprehten Brust, und ein heißer Schränenstrom bewetze ihre bleichen Wangen, als" Gabriel ohne Lebemohl sich von ihr unmuthig abmendete, um sie für immer zu verlassen. Aber selbst fest noch vermochte sie ihn durch ein versöhnliches Wort zurü­dzuhalten, obgleich sie in Dualen einer solchen Trennung von dem kaum mieder­ jur, Wahrheit machen solte. Schmerz und Zorn, Rene und R­­m­­mer bestürmten sein väterliches Herz und raubten ihm die in die­sem Augenblicke doppelt nöthige Ruhe und Fassung. Wieder fan­­den sich wie vor langen Jahren zwei unversühnliche Gegenfäse, zwei durch eine unübersteigliche Kluft getrennte Anschauungen in derselben Familie, unter denselben Verhältnissen, ja in denselben Räumen gegenüber, Glaube gegen Glaube, Ueberzeugung gegen Ueberzeugung, im widernatürlichen Kampfe für die Religion, im Namen des Gottes, der die Liebe ist. „Du hast Recht“, sagte Gabriel nach einer ziemlichen Pause mit bitterem Lächeln. „Ich bin zu spät gekommen und hätte besser gethan, Dig nie zu sehen. Leider muß ich Dig verloren geben, da Du mich nit hören mnwillst und meine Hand zurückstößt. Ob­­gleich ich die väterliche Macht habe, will ich Dig nit mit Ge­walt zu Deinem Glüce zwingen. Du kannst mit Deinem Onker gehen und Lüdin bleiben Aber Du wirst wohl einsehen, daß Du unter solchen Verhältnissen nicht mehr meine Tochter bist, daß ich mich, wenn auch mit, ihmerem Herzen, von Dir für immer [o]­ jagen muß, daß wir auf ewig von einander geschieden sind.“ Wen auch feine,Nede wie ein glühbender Dolch ihr Herz zerriß und unbarmherzig alle ihre Hoffnungen zerstörte, so­ war sie doch zu Stolz, um den garnenden Vater durch n ihre demüthigen Bitten zu versöhnen. Er war etwas von jenem starren­ Geist 068 alten Samuel in Sarah’ Blut und seine Unbeugsamkeit, hatte sich auf seine Engelin vererbt. Bergebens wartete Gabriel auf ein­ Zeichen ihrer Neue, auf Gift als er bereits die Thüre öffnete, um sich mit dem Pro­­fessor zu entfernen, stieß sie unmilitärlich einen herüzerreißenden Schrei aus, eilte sie ihm nach, um so einmal seine Hand zu ergreifen. Aber ihre Kraft war erschöpft, ihr Widerstand ges­prochen, und einer Ohnmacht nahe, Tant sie, überwältigt von ihren sehmerzlichen Gefühlen, zu den Füßen ihres grausamen Bar­tes nieder. Gerade in diesem peinlichen Augenblick erschien der gute Soseph wieder, der unterdeß seine Besuche und V Besolgungen so schnell als möglich beendet hatte, um das geliebte Kind nicht all­­zu lange marten zu lassen. Mit offenem Munde und mit aufge­­riffenen Augen starrte er entfest das wäthselhafte Schauspiel und die ihm fremden Männer an, welche in ihren Armen die ohn­­mächtige Sarah unter so verdächtigen Umständen hielten. , Geredhter Gott!" rief er erschrocen. „Was geht hier vor ? Sarah, mein Leben, thu Deine gesegneten Augen auf. Ich bin ja bei Dir, Dein Dnfel Sofer. Ich Taffe Dir sein Haar auf Deinem Haupte krümmen, und Niemand sol Di berühren.” „Mein Vater!” murmelte das bleiche Mädchen, aus ihrer Betäubung ermagend. „Mein Vater ist hier.” Erst fest erfannte Josef den veränderten Gabriel ; zugleich dargudte ihn wie ein Blut der schredliche Gedanke, daß sein Schwager gekommen sei, um die hilflose Sarah zu entführen und mit Gewalt taufen zu lassen. Wie ein Löwe, dem man sein Sanges rauben will, stürzte er zu ihrem Schuße herbei, eben­­so seine bekannte Gutmüthigkeit, wie seine Furchtsamkeit Der leugnend. »Ein schöner Vater!«grollte er empört.»Was will er von Dir und was hat er hierzu suchen!7 Er soll sich nur unterstehen und Dich anrühren!Ich fürchte mich nicht vor ihm und mache mir Nichts­ daraus,»wenn ich kriminalisch werde.Wenn ich wüthend werde,kenne ich mich nicht mehr und ich schlage ihn todt wie einen Räuber.” In der That drohte der sonst gerade nicht allzu muthige Spier mit geballter Faust den beiden Herren und beruhigte sich erst, als ihm Sarah wiederholt versicherte, daß Niemand daran gedacht habe, sie zu entführen oder ihr etwas Böses zuzufügen. O6gleich sein Mißtrauen wo nicht gänzlich gesehmunden war, reichte er doch fest mit verlegenem Lächeln seinem Schmager die große, plumpe Hand zur Versöhnung. „Du wirst mir mehr verzeihen“, sagte er freundlich, „wenn ich Dich beleidigt habe, und mirst es mir auch nicht übel nehmen, daß ich Dich wie früher duze. Wie ich gehört Habe, bist Du ein vornehmer Herr geworden, ein königlicher Geheimrath. Das freut mich, und noch mehr, daß Du Di unserer Verwandtschaft nicht schämft und das geliebte Kind nit vergessen hast. Wenn Du auch ein Christ geworden bist, so­lt Doch Dein Herz no jüdisch geblieben, und Gott wird Dir darum verzeihen, was Du gethan und gesündigt hast. Friede sei mit Dir! Selbst der aufgebrachte Gabriel konnte dieser zugleich toms­schen und rührenden Freundlichkeit nicht widerstehen und nahm die ihm dargebotene Hand des ehrlichen Sofes, der in halb ver­traulichem, halb verpertvollem Tone mit seinem vornehmen Schwa­­ger über die lechten Ereignisse, über den Tod des alten Sa­­muel und über Sarah sprach, ohne Ahnung der eben stattgefun­­denen Szene. „Nun, was sagst Du“, fragte er mit figzlichem Stolge, „zu dem geliebten Rinde? St sie nicht das Ebenbild der seligen Rahel, nur Schöner und Flügel ? Du weißt doch sehen, daß sie zu mir kommen will, da sie da­ bei Dir nicht leben kann.“ „Ich meißt, entgegnete Gabriel finster. „Du brauchst Dir seine Sorge um sie zu machen. Sie sol es bei mir so gut haben und beiser wie meine eigenen Kinder Wenn ich auf Fein reicher Mann, fein königlicher Geheimrath bin, so sol ihr doch Nichts abgehen, und meine Güter wird sie gewiß gut behandeln und sie zur Wirtschaft anhalten. Mit Gottes Hilfe wird Deine Toter augh einen tüchtigen Mann finden und si verheirathen, da es Dir nicht auf ein paar Tausend Thaler bei der Mitgift ankommt, und Du gewiß aug daran denk­t, eine gute Bartie mit ihr zu machen. In seiner herzlichen Einfalt bemerkte er weder die zuneh­­mende Ungeduld seines Schwagers,noch die schmerzliche Ver­­legenheit der armen Sarah,und er hätte noch länger in dieser Weise fortgeschwatzt,wenn nicht Gabriel,zur größten Ueber­­wachung des" guten Sofes mitten in der Rede aufgesprungen wäre, um sich zu entfernen. „Du wilst du nicht Schon wieder gehen ?" fragte er ver­­wundert. „Wir missen zuvor noch megen Deiner Tochter mitein­­ander reden, wegen ihrer “" „Ich habe seine Tochter,” unterbrach ihn Gabriel heftig. „Wie heißt: Teine Tochter! Das ist wohl nur Dein Spaß.“ „Ich sntehe in völligem Ernste. Sarah hat ihre Wahl getroffen; sie zieht es vor, mit Dir zu gehen und will Jüdin bleiben.“ „Gott segne das geliebte Kind!“ rief Sofer entzückt, erst­rebt die Worte und das Benehmen seines Schwagers begreifend. „Das wird meinen seligen Vater freuen und ihre gute Mutter noch im Grabe beglühen.“ Zugleich konnte er sich nicht enthalten, das meinende Mäd­­chen zu umarmen und zu lüffen, während seine Augen vor Stolz und Freude glänzten. „Nachdem ich ‚mehr als meine Pflicht gethan habe,“ fuhr Gabriel unerbittlich fort, „und sie meine väterliche Liebe mit Trot gezwungen, sie ihrem Schidsal zu überlassen. Sie hat es sich selbst beizumessen, wenn ich mich fire immer von ihr lossage und sie nit mehr renne.” „Gerschter Gott!” viel Kofer empört. „Das raunst Du über Dein Herz bringen und das geliebte Kind verstoßen? Bedeute, Gabriel, daß Du eine große Sünde an Dir und Deiner Tochter, begehft. Blut ist sein Wasser, und wenn Du auch ein Christ ge­­worden bist, so hörst Du doch nicht auf, ihr Vater zu sein. Sit sie denn eine Verbrecherin, wenn sie eine Jüdin bleiben will? Ich würde mich an Deiner Stelle Schämen, so etwas nur zu denken, geschweige auszusprechen.“ Je um mit dem Professor das Zimmer Ohne den gerechten Vorwurf einer Antwort zu würdigen, erhob si der Geheimrath, zu verlassen. Noch einmal suchte Sarah ihren erzürnten Vater zurückzuhalten, indem sie seine Hand ergriff, die er jedoch mit einer abwehrenden Bewegung ihr unsanft entzog. Mit­ einem schmerzlichen Blit auf den sheidenden Gabriel blag sie in ein vorüber Spiel ganz außer lautes, frampfhaftes Schluchzen aus, sich gerieth: „Was weinst Du ? Warum schreist Du ?" rief er, die Wangen Dich nicht des erschütterten Mädchens streichelnd. „Ich werde verlassen und Dein Bater sein. Wenn ig auch sein Geheim­­rath, sein Gelehrter bin, so habe ich doch ein Herz und Gefühl für die Tochter meiner seligen Schwester. Du sollst es nicht be Teen, daß Du mit mir gehst und seine Christin werden milsst. Das wird der barmherzige Gott Dir gewiß noch einmal vers­teh­en.” „Mein Vater !" murmelte das unglückliche Mädchen, ver­­zweiflungsvoll die Hände ringend. „zaß ihn gehen ! Er ist gar nicht unwerth, so ein liebes Kind zu befssen. Ich bitte Dich, höre auf zu schluchzen, sonst muß ich auch noch weinen.“ Während der gute Hofer in dieser Weise die traurige Sarah zu beruhigen und zu trösten suchte, schlitt Gabriel an der Seite seines feineigenden Freundes aus dem Hause, verfolgt von dem Schluchzen seiner verstoßenen Tochter. Unmilltärllich mußte er wieder an jene sehmerzliche Nacht denken, wo er von dem meinen­­den Rinde Abschied nahm. Damals hoffte er noch, sie einst wieder zusehen, und fest war sie für immer verloren. Zumeinen blieb er »lößlich stehen, als erwartete er, daß sie ihm nagenlen und ihm folgen würde. Aber Niemand kam, Keiner rief ihn zurück. Er hatte seine Tochter mehr, und Sarah meinte noch lange um ihren grausamen Vater. (Fortsetzung folgt.) : & ; .

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