Pester Lloyd - Abendblatt, August 1874 (Jahrgang 21, nr. 174-197)

1874-08-04 / nr. 176

T .-.-«— ENDB (Einzelne Nummern 5 Br. in allen Berfchleiffsialen.) ..—-«..­.. Jienkkiggzl Max « =Der jüngst vom Amtsblatte veröffentlichte Ausweis­­ des Finanzministeriums über die Staatseinnahmen­ sind Ausgaben wird heute von mehreren Blättern eingehend be­­sprochen, da derselbe doch schon fest unter­hältnissen zur Geltung kommt. · Einige gute Ernten nach den vergangenen Mißjahren wer­­den voraussichtlich zeigen-daß das ungarische Volk seine Steuer­­last nicht nur zu tragen vermag,sondern daß es,Dank der ge­­änderten Stimmung und dem erhöhten Gemeinsinn,dieselbe auch tragen will Hat sich das Staatseinkommen in den traurigen Jahren gehoben,so dürfen wir wohl mit Zuversicht vorhersagen, daß es sich auch in Hinlunst für geraume Zeit hinausheben wird.«'­­ ,,Hon«unterzieht jede einzelne Post des Ausweises einer eingehenden Kritik.Auf die Einnahmsverhältnisse des zweiten Quartals,heißt es im Eingange des Artikels,waren die Ertrags­­das Tabak-und l­ Salzgefälle,sowie das außerordentliche Erträgniß aus dem model­len Staatsvermögen entscheidend­.­Von den ordentlichen Ein­­­kommenszweigen weist blos,das Tabakgefälle eine bedeutende Er­­höhun auf.Bei den außerordentlichen Ausgaben zeigt sich Kopr­oduktion,doch wurden für die ersten zwei Quartale·9·Mil­­lionen in Anspruch genommen,sodaß von dem m­it Millionen veranschlagten Präliminare für das zweite Halbjahr··nur­ 3 Mil­­­lionen bleiben.Besonders traurig·werden die Verhältnisse unse­­­res Staatshaushalts dadurch ilustrirt, daß, obgleich für Binsen der schmebenden Staatsschuld im Ganzen 100.000 fl. präliminirt sind, für das zweite Quartal unter diesem Zitel 516.159 fl. aus­­gegeben wurden. Das sei der tödtende Buchstabe unseren Staats­­haushalts, denn das bedeute : mir verstehen meder unsere ordent­­lichen no unsere außerordentlichen Einnahmsquellen so zu ver­­theilen, daß mir nicht stets zu neuen, theueren schmebenden Schul­­den greifen müssen. — Daher stammt die ewige Verwirrung, darum sind unsere Anleihen so theuer, deshalb sind sie stet3 [den im’ vorhinein erschöpft. ·· »,,MagyarUjs­ iig««äußert sich dahin,es sei bei den ungeheu­­ren Lastern welche der ungarische Staat zu tragen hat,unmöglich, das Gleichgewicht im Staatshaushalte herzustellen­,es wäre denn, daß der Finanzminister auf die Magnaten und auf den Klerus rechnet, denn die Mittelklasse künne beim besten Willen nicht mehr reisten, als sie ohnehin opfert. « darin, daß die Summe der bestehenden Staatsnoten im Betrage von 312 Millionen namhaft gemacht und firirt ist, was ganz gewiß auch zur Klarstellng der gegenseitigen Verpflichtung und zur Ber­­hütung etwaiger Streitigkeiten. ...” beitragen wird. „Bei der Berechnung des Betrages zur Verzinsung der Staatsschuld ist auch auf die Zinsen der Salinenfcheine Rücksicht genommen worden. In dem Beitrage, welchen Ungarn für die Verzinsung der Staatsfchuld überhaupt leistet, leistet es auch einen Beitrag für die Verzinsung dieser Salinenscheine.­ Ebenso ist der fire Beitrag Ungarns zur Amortisation der Staatsfchuld für die gesammte Staatsschuld, also aug für jenen Bestandtheil derselben außge­­sprochen welcher in d­iesen Salinenscheinen besteht. Es lassen sich noch manch: ganz treffende Zitate an­­führen, allein schon diese Furzen Säße genügen, um darzuthun, daß bei Schaffung dieses Geheges all hier Niemand daran dachte, Ungarn für mehr als 312 Millionen haftbar zu erklären. In gleicher­ Klarheit aber besteht das Recht des österreichis­chen Mint­­eriums zur selbständigen Gebahrung der Salinenscheine. ·verhält­nisse der direkten und indirekten Steuern, seine .n".Wien,3..Au­gust.Selbst ängstliche Gemüther werden­­ sich kaum der Befürchtung hingeben,daß die von der ungarischen s-Komm­ission zur Kontrole der schwebenden Schuld an die Legis­­lative gerichtete Eingabe rücksichtlich der Gebahrung der Salinens scheine den Gegenstand einer ernstlichen Kontroverse zwischen den Regierungen der beiden Reichstheile zu bilden geeignet sein kann. In der That ist das diesbezügliche Rechtsverhältniß ein so klares, daß m­an sich förmlich bemühen müßte den Zivilspalt zu schaffen. Sie haben in einem Artikelhres gestrigen Blattes die Frage eingehend besprochen und hiebei eine Erklärung des damaligen Finanzministers Lönyay reproduzirt,aus welcher hervorgeht,daß auch das damalige diesseitige Ministerium den in dieser Frage ausschlaggebenden§.5(in UngarnG.­A.XV.1867,in Oesterreich Gesetz vom 24.Dezember 1867 betreffend die Beitragsleistung Un­­­­­garns zur allgemeinen Staatsschuld)dahin interpretirte,daß Un­­garn blos für die 312 Millionen Staatsnoten und Münzscheine­s die gemeinsame Garantie übernommen habe,bezüglich der Sa­­linenscheine jedoch in der von ihm zu leistenden Staatsschuldenquote seinen Beitrag geliefert hat.Gestatten Sie mit zur Bekräf­­tigung dieser Auffassung auf die Verhandlungen zu reflektiven, welche in unseren parlamentarischen Körperschaften bei Vorkrung «des fraglichen Gesetzes stattfanden.Der Berichterstatter im Abge­­ordnetenhause,Dr.Brestel,äußerte sich über den erwähnten Punkt dahin:,,Ich mache hier dabei noch aufmerksam,daß,was die Hypo­­thekarschuld selbst betrifft,diese Schuld bei der Berechnung der ungarischen Quote in die allgemeine Staatsschuld mit einbezogen wurde."«Freiherr v.Hoad"rückte sich im Herrenhause noch klarer Der zweite ungarische Müllertag wurde heute Vormittag von Herrn Szepessy, Direktor der St. Zitvánmühle in Debregzin, eröffnet. Nach einer kurzen Be­grüßung in ungarischer Sprache fährt Redner mit Rücksicht auf die anmesenden Theilnehmer, welche D dieser Sprache nicht mächtig sind, in deutscher Sprache ungefähr folgendermaßen fort: Seit der Abhaltung des ersten ungarischen Müllertages haben wir gute und schlechte Tage erlebt und sind an Erfahrungen reicher geworden- 63 gilt nun dieselben nach Möglichkeit zu vermert­en und aus denselben einen möglichst großen Nasen zu ziehen. In unserer Industriebranche, sowie in jeder anderer gibt es große prinzipielle Fragen, die nur in gemeinschaftlichem Einvernehmen sämmtlicher Interessenten gelöst werden künnen. Auch heute sind folge Fragen an der Tagesordnung; wir werden objektiv beratben, und gegen­­seitig zu kapazitiven suchen, und ich Hoffe es werde gelingen, ein günstiges Resultat zu erreichen. Ich erkläre hiemit den zweiten ungarischen Müllertag für eröffnet, ersuche Heren Louis Fu zur Uebernahme der Protokollsführung und Heren oh, Demte zu dessen Stellvertretung. . Herr Louis Fuchs verliert nun den Bericht des ständigen Ausschuffes, welcher folgendermaßen lautet: Bericht ständigen Ausschusses des Ersten ungarr - Müllertages über die Thätigkeit des elben seit November des Jahres 1869. Bei Gelegenheit 968 im November des Jahres 1869 abge­­haltenen Griten ungarischen Müllertages, haben die v demselben ericttenenn Herren Mühleninteressenten mehrere für die Entfal­­tung unserer vaterländischen Mühlenindustrie hochwichtige Bes­chlüsfe gefaßt und die Durchführung und Austragung der­­selben dem in Buddapest domizilirenden ständigen Ausschusse überlassen. .. ··· · Der ständige Ausschußer sah es für seine Pflicht,dem ehren­­den Vertrauen zu entsprechen und­ erlaubt sich hiemit der Löb­­lichen Versammlung des Zweiten ungarischen Müllertages das Er­­gebniß seiner diesbezüglichen Bemühungen im Nachstehenden zu ber­ichten : . ch Einen der Hauptkardinalpun­kte der Beschlüsse des Ersten ungarischen Müllertages bildet „die allgemeine Einführung des Mehrverlaufes inklusive Sach“. Obwohl diese Einführung in der ersten Zeit an manche Hindernisse gestoßen, so hat doch das feste Ausharren der Mühlen-Interessenten den Unmillen, der sich hie und da im Verkehr gezeigt, bemältigt und schon im ersten Jahre der Einführung dieser neuen Verkaufsmesse haben mir mit Freu­­den erkannt, daß sowohl die Abnehmer, als auch manche der oppo­­nirenden Mühlen sich von den praftischen Erfolgen dieser Einfüh­­rung überzeugt und sich derselben ohnem weiters angeschlossen haben, so daß mir heute mit Bestimmtheit behaupten können, daß diese Innstitution allgemein durchgegriffen hat. · In Angelegenheit der Kreizung einer Mehlbörse in Buda­­pest können wir berichten,daß»Wihle·selbe auf Grundlage unserer Produktions-und Handelsverhältnisse ins Leben gerufen haben und hat dieselbe im Anfange·ihts»t­l,Bethe entsprochen,mußte jedoch schon nach einem verhältnißmässig kurzen Bestande wegen mancher derselben entgegengestellten Schwierigkeiten in vergangenen Jahre ststikt wekden.Doch hoffen wir,daß schon die n­ächste Zukunft in den Mehlhandelmethussaiwm­abringen und die Mehlbörse neuerdings ihre Thätigkeit wird beginnen körnen. 3·Den Mühlens Assekuranzverband betreffend,hat der stän­­dige Ausschuß auf Grund der vom­ ersten ungarischen Müllertag erhaltene Instruktionen sowohl mit den vaterländischen als aus­­­wärtigen AssekuranszeserlichstifteU zu wiederholten malen Verhand­­lungen angeknüpft,welche jedoch trotz des eifrigsten Strebens des ständigen Ausschusses zu keinem Resultate geführt haben,indem kein Modus gefunden werden konnt­­e,der die beiden Verhandelns­sen zu einer Einigung geführt, hätte, so daß dieser Gegenstand al bis zur Zeit nit endgiltig ausgetragen is. Doc wird der ständige Ausschuß bemüht sein dahin zu wirken, daß den gerechten M­ünschen der Mühleninteressenten von Geite der Affekuranzgesell­­schaften Rechnung getragen und auch diese Angelegenheit zur all­gemeinen Zufriedenheit ausgetragen werden wird. Hinsichtlic­her „P­räzisirung der Verkaufsmodalitäten” liegt ein Claborat des Be­richterstatters Herrn Direktor Dirshler vor, welches dur den ständigen Ausschuß des ungarischen Müllertages zu wiederholten­­malen berathen wurde. Nachdem jedoch eine einhellige Ueberein­­kunft bei dem ständigen Ausschuß wegen der divergirenden Inter­­essen nicht erzielt werden konnte, mußte die Durchführung vorläufig aufgegeben werden. · · 5. Die Prüfung der Differentialtarife betreffend, bat das Anh entsendete Komite sich seinerzeit dieser Arbeit unterzogen und dieselben für die Mühlenindustrie nicht schädigend befunden, wes­­halb von der Ausarbeitung eines hierauf bezüglichen Memorandums abgesehen wurde. 6. Die Gleichstellung des Mehltarifes mit dem vom Getreide betreffend, können wir mit Freuden berichten, daß nach wenn auch vielen Betreibungen und zwar somohl beim Handelsministerium, der Budapester Handelskammer und der Südbahn-Gesellschaft, es endlich doch gelungen ist, diesen Wunsch der vaterländischen M­ühlen- Interessenten durchzuführen, melden Umstand wir seinerzeit den­­ Mühlen im Wege der Journale zur Kenntniß gebra­uchen. 7. Die Regelung der Steuerverhältnisse und Kommunal­­zuschläge anfangend, wurden die nöthigen Schritte veranlaßt, doch warten mir leider groß wiederholter Betreibungen auch noch heute auf für die Mühlen gü­nstige Entscheidung. Schließlich wurde den, dem Ersten ungarischen Mühlertag beigetretenen Mühlen in der am 21. November 1869 abgehaltenen dritten Lisung die Zusendung eines Fachblattes in Aussicht gestellt, welchem Veisprechen jedoch der ständige Nusschuß theils aus dem Grunde, weil die Redaktion eines solchen Blattes mit den damals festgestellten Beitragsgebühren nicht zu bewertstelligen war, andern­­theils jedoch die Beitragsgebühren so spärlich einliefen, da m an eine Offelttiirung dieses Versprechens gar nicht gedacht werden konnte. Um jedoch die dem Ersten Müllertage beigetretenen Mü­h­­len von der Thätigkeit des ständigen Ausschusses stets unterrichtet zu wissen, haben wir nicht unterlassen, sowohl im „Reiter Lloyd“ als all im „Ungarischen Altiorär” die Beichlüffe der Sigungen stets bekanntzugeben. Im Anflufsee an den Bericht gelangt noch Folgendes zur Beriefung: Bevor wir auf die Motivirung der fuf den ständigen Ausschuß an die Tagesordnung gestellten Programmpunkte über­­gehen, erlauben mir uns die anmefenden Herren Mühlenvertreter auf einen der vitalsten Punkte des ferneren Fortbestehens eines ungarischen Müllertages aufmerksam zu machen und ung hierüber ihre geehrte Meinungsäußerung zu erbitten.­­ Je es den meisten der hier anwesenden Herren bekannt sein dürfte, wurden die zur Bestreitung der Müllertagsauslagen nöthigen Beiträge bei dem ersten Müllertage mit 10 fl. per Mühle festgestellt. Schon im ersten Jahre 1870 wurden diese Beiträge nur von Einzelnen geleistet und Schon in dem darauffolgenden Jahre haben sich dieselben auf das Minimum reduzirt, so daß der stän­­dige Ausschuß sich genöthigt fand, die unabmessbaren Auslagen von dieser Zeit an aus Eigenem zu bestreiten ; daß diesser Zustand von fortwährender Dauer nicht sein kann, wird hoffentlich allseitig anerkannt. Aus diesem Grunde mollen die anmesenden Herren sich darüber aussprechen , ob sie den festgestellten Beitrag für fernerhin gelten lassen und denselben regelmäßig an den ständigen Ausschuß übermitteln wollen, indem er nur davon abhängt, ob der ständige Ausschuß als solcher noch weiterhin bestehen kann und soll. Auf die Motivirung unserer Programmpu­nkte übergehend, heben wir bei dem L Punkte: 1.Verpackung des Mehles in Ballen zu 2008.-Pfd.her­­vor­,daß sich der ständige Ausschuß zur Aufnahm­e desselben, theils aus dem Grunde entschloß,weil diese Art der Verpackung wegen der Einführiug des metrischen Maßs und Gewichtssystems schon im­ Jänner des Jahres 1976 obigatorisch wird,theils jedoch,weil zufolge einer einheitlichen Verpackung sowohl das Mehlgeschäft vereinfacht als auch wesentlich befördert­ werden wird. 2.Den­deenantausch über d­ie Reduzi­rung der Nummerirung des Mehles 3 stellten wir aus dem Grunde an die Tagesordnung, indem von mehreren Seiten hierüber der Wunsch laut wurde und man daraus eine unwesentliche Reduktion der Produktionskosten hofft. +3: Die Aufhebung der Getreidezölle it nicht nur das Postulat eines Freihandels wie er in unserem Baterlande allgemein ist, sondern an eine unerläßliche Ber­dingung, der freien und natürlichen Entwickklung unserer heimischen Müh­lenindustrie. 4. Die Erörterung der allgemeinen Geschäftslage betreffend, können mir nur bemerken, daß die Diskussionen der heutigen Ver­sammlung manches jrägensmwerthe Substrat für die Behandlung dieses Gegenstandes geben können. — Dog um die allgemeinen MWünsche der ungar. Mühlenindustriellen kennen lernen zu können, ist es jedenfalls von hohem Interesse, ihre diesbezüglichen Wü­nsche und Beschwerden zu vernehmen, indem man nur auf­ diese Weise auf die Erfüllung der ersteren oder radikale Beseitigung der Mit­stände gehen kann. Nach Uebergang zur Tagesordnung wurden­­ folgende Bes­chlüsse gefaßt : Die Bersammlung beschließt die obligatorische Einführung der Mehlverpadung in Ballen zu 250 Zollpfund, und zwar vom 1. Jänner 1875 angefangen. Ueber die zmwelmäßigste Form der Läde wird der ständige Ausschuß des Müllertages einen Vorschlag machen. Die anmefenden Mühlen, welche dem Beschlusse beitreten, unterzeichnen das Protokoll der heutigen Sigung, alle übrigen Mühlenetablissements werden mittelst Zirfulaer zum Beitritt auf­gefordert. Behufs Ausarbeitung eines Borschlags zur Verringerung der Mehlnummern wird der ständige Ausschuß des Mi­llertages mit Hinzuziehung von Experten aus dem Kreise der Konsumenten berathen und einen Borschlag ausarbeiten. In Angelegenheit der Aufhebung des Getreide -Einfuhrzolles wird eine Repräsentation an den Herrn Handelsminister beschlos­­sen, welche durch eine Deputation, bestehend aus den Herren %o­­lf Ullmann, Hirsaler, Heinrich Haggenmacher, Rieger, Brüll, Frig Radväany, Bielet und den Präsidenten Szepesfy, morgen überreicht werden wird. Schließlich wird der ständige Ausschuß aufgefordert,einen Vorschlag zur Gründung eines ungarischen Mühlenverbandes au­s­zuarbeiten und das Statuten-Elaborat einem sobald als möglich einzuberufenden Müllertage vorzulegen. Damit war die Tagesordnung erschöpft und der Präsident schloß die Sigung. Den ausführlichen Bericht tragen wir nach. (Die Kaiserin von Oesterr­eich in H­ivre.) Unterm 31.Juli wird aushavre geschrieben:,,ihre Majestät die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich ist gestern Abends 9 Uhr von Trouville und Billers zurücgekommen, wo sie den Prinzen und den Prinzessinen des Hauses Orleans einen Besuch abgestattet. Die Kaiserin ist während der Hinfahrt unmehl gemorden, hatte si je doch bald wieder erholt. Heute hatte sie den österreichischen Ger­sandten Grafen Apponyi, die Baronin Rothschild und mehrere andere distinguirte Persönlichkeiten zur Tafel gezogen. Um 1 Uhr ist ihre Majestät, von einer Hofdame begleitet, zu Fuß ausgegangen. An der Düne angekommen, bestiegen die Reisenden ein Boot und ließen sich 20 Minuten auf der See spazieren fahren. Im Laufe des Nachmittags begab ich Ihre Majestät nach dem Aquarium, dessen Beschtigung ihre große Zufriedenheit zu erregen schien. Die Ein­­wohner sind von der reizenden Erscheinung der österreichischen Mon­­archin bezaubert."« (Allerhöchste Spende.)Se.Majestät hat der evan­­gelischen Gemeinde H.C.inLak(Bors oder Kom­itat)zur Wiederhz­herstellung ihrer abgebrannten Kirchen-und Schulgebäude IOOff. aus der Privatschatulle gespendet. F­inanzminister Koloman Ghyc3Y) begibt si, wie wir im „EU.“ seien, auf Anrathen seines Arztes in den Reichstagsferien auf sein Landgut, um daselbst ein wenig auszu­­ruhen oder menigstenz frische Luft zu genießen. (Der Bildhauer Adolf Hußer,­dem im Kon­­­kurs um die Statue des Baron Eötvös bekanntlich der Preis zu­­erkannt wurde,ist mit seinem neuen Modell der Statue,wiewi im,,P.N.'«lesen,schon fertig geworden und hat in demselben ein Werk geschaffen,das s ein früheres weit überflügelt und beim Allen,welche es zu besichtigen Gelegenheit hatten,ungethekliek·k Beifall fand.Zur Beurtheiliung des Modells hat de­s Komite den Professor der Plastik an der Wiener Akademie der bildenden­ Künste derrn Kaspar Zumbusch berufen,der als XBUt­WV einen ersten­ Rang unter­ den europäischen Künstlern einMn. Herr Zumbusch hielt sich gestern hier auf und hat vor dem Komite ohne Rückhalt seine volle Zufriedenheit mit Óakor­s Werk ausge­sprochen. Ja er­schien wahrhaft erfreut über den Erfolg, den er im erwartet hätte.­­ Ex. .gestand,­­ daßs er das Richteramt nur zögernd angenommen habe, da er schon öfter bei Ähnlichen Missionen in der peinlichen Lage sich befunden, das ber treffende Model für nicht annehmbar erklären und so einen Kunst­­genossen um seine schönste Hoffnung bringen zu müssen. Um so freudiger habe es ihn berührt, in Huper’s Model einem Werke fi gegenüber zu finden, das er nach sorgfältiger und eingehender Prüfung mit bestem Gehissen zur Ausführung empfehlen Tünne Die ganze Gestalt und Haltung der Statue, ihr lebendig bemegtes und doch weder theatralisches noch affektirtes Hervortreten, die Motion des Faltennwurfs, den Gesichtsausdruch, das Alles halte er für so gelungen, daß man seiner Ansicht nach von einer Skizze nicht mehr erwarten könne. In einzelnen Details fand er aller­­dings kleine Pehler, die aber gut zu machen nicht schwer sein werden, und erbot sich auch, wenn einmal die für den Guß bes­timmte große Statue fertig sein werde, dem jungen ungarischen Künstler mit größter Bereitwilligkeit weiter an die Hand zu geben, welches Anerbieten vom KRomite selbstverständlich mit Dant ange­­nommen wurde. Da nun die hiesigen KRomitsmitglieder, die Herren Pulpky,Henßlmann,Gust.Keleti,Baron Bela Liptay u.A.,noch bevor Professor Zumbusch seine Meinung abgegeben hatte,mit­ dem Modell zufrieden gewesen,so beschlossen sie nunmehr nach« dieser sachkundigen Anerkennung,mit voller Beruhigung Hußär­es He Í ‚voraus gar nicht «« Hi­­s «­er H ) Vagesweuigkeiten. — Die Redaktion des „Belter Lloyd“ hat einen­­ her­ben OBerluft zu beklagen. Der langjährige Mitarbeiter un­­seres Blattes, Dr. David Schwab, ist nac­h zweiwöcent­­lichem schweren Leiden heute in den ersten Morgenstunden ver­storben. Dr. David Schwab war der würdige Träger eines in weiten Kreisen der Hauptstadt mie des Landes rühmlich der reichen Schage von sannten Namens, ein Mann, der mit einem Wissen eine durch Erfahrung geläuterte Welt-und­ Lebens­­­anschauung,hohe Gediegenheit des Charakters,reges Pflichtbeivnßts sein und eine Fülle von Liebenswürdigkeit im Umgange verband­«­­Bei aller Tüchtigkeit des Geistes war der Dahingeschiedene ein­ Mann von seltener Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit,sodaß nur Freunde und Kollegen,die ihm näher standen,seine ganze Be­­deutung zu würdigen mußten. Er hat im Leben manch heftigen Sturm überstanden und sich dabei große Milde des Herzens und einen lebhaften religiösen Sinn bemahrt. Möge die Erde ihm leicht sein ! « «­­- - Fü­r . . Vergkothe und der Schwarze­ Geheim­n­sserineH Hotel H. Erzählt von Max v. Schlügel. (1. Fortlegung.) Der Biid des Brasilianers mar auf dem Bilde und den munteren Bergen des Herrn Julius von Altenhahn haften geblie­­ben. Mit seinem entschiedenen falten Ton unterbrach er den­­ Mirth : „Wer ist dieser Herr ?" „Einer meiner hochverehrtesten Gaste" beeiferte sich Gießer zu antworten, „er meilt mir schon seit einem Vierteljahr die Ehre in meinem Hause zu wohnen, mit Fräulein von Altenhahn, seiner Schwetter , der berühmtesten Schönheit der Nesidenz. . . Herr von Altenhahn ist einer der reizendsten Kavaliere Berlins. Früher Lieutenant bei den Gardedragonern, quittirte er vor einigen Jah­­ren den Dienst, um die Güter seines Vaters zu übernehmen. — P­rächtige Befigungen in Lauenburg. .... Ich meiß nit, ob Ihnen Lauenburg bekannt ist, Herr Doktor ?" . . . . „Nein, ich bin zum erstenmal in Norddeutschland.” Die Blicke des Doktor­scienen sich nicht trennen zu können von dem troßig unbefümmerten Gesicht des ehemaligen Dragoner- Lieutenants . . . . „Herr v. Altenhahn hält offenes Haus und empfängt fast jeden Abend Freunde — gegen Fremde von Auszeichnung (Gieber verneigte sich) ist er stets zuvorkommend. 39 kann es auf mich nehmen, den Heren Doktor in die Salons des Herrn v. Altenhahn zu. bitten, wenn Sie über den heutigen Abend nicht schon verfügt haben. Man muß Fräulein v. Altenhahn gesehen und bei ihrem Bruder foupirt haben, um sagen zu können, daß man in Ber­­lin war." Doktor José Caros warf nochmals einen scharfen Eid auf das Bild. Der junge Kavalier mußte besondere Gründe haben, das Leben in der Schwülen Atmosphäre dieses Gasthofes jedem an­­deren vorzuziehen. In verbindlich gleichgiltigem Ton antwortete Dr. Caros : „Wenn Sie mich vor dem Verdadyt einer Unbescheidenheit sicherfielen, nehme ich Ihr Anerbieten gerne an." Gießer war sigzlich sehr angenehm berührt durch diese Nach­richt und sein rothes Gesicht wurde no vöther und glänzender. Dr. Caros war in einfaches Schwarz gekleidet, und nach der ganzen Art sich zu geben, ein Meister in der modernen Kunst, , sich nicht zu unterscheiden“. Gieperden liebte für seine Person Spigen­­goots, brillantene Knöpfe, schwere Urfeiten und farbige + Transparente zu meißen M­eften; aber er besaß Weltfenntniß ge­­nug, um zu wissen, daß es eine innere und Äußere Ueberlegen­­heit gab, melche diese derben Mittel der Gleganz verschmähte, und an welche die Nichtbeachtung Derer nicht heranreichte, meldhe äußeren Shhmud und Neshthum Fir nöthig halten, um zu gelten. „Dem ist es ganz gleich, ob ihn die Leute für arm oder reich halten.“ Kalkulisc­e Gieker, „folglich it er reich“. In der That machte Dr. Caros, seine Gewohnheiten — jedes seiner Worte den Einbruck, daß er gewohnt sei, in der höchsten und besten Gesellschaft zu verkehren und daß er aus materiellen Nachsichten seinem seiner Wünsche und Bedürfnisse Zügel anzulegen brauche, ein Bewußtsein, das ja der erste Schritt ist zur Gleich­­giltig oder Erzentrizität, je nach der Anlage. Doktor Gafos besaß eine Ruhe, wie sie nach Gießer’s Lebens­­philosophie nur ein Mann befssen konnte, der si den Boden, auf dem er stand, mit Geld zu ebnen vermochte. Doktor Hofe Gafos hatte seine Zimmer so gewählt, daß man zu den Räumen, welche er bewohnte, erst gelangen konnte, nachdem man einige Vorzimmer paffirt hatte. Er hatte an im Gespräch mit Gießer den Grund davon erwähnt. Er liebte es nicht, sich mit vieler Dienerschaft und einem großen Hausstand herum zu plagen, und 309 daher vor im Hotel zu wohnen. Das Geräusch der Hotels suchte er dadurch zu vermeiden, daß er rings um sein Pri­­vatzimmer einen neutralen Raum schuf, den Niemand bewohnte und den er, wenn er ihn benöt­igte, als Empfangszimmer, Gesell­­schaftsraum oder dergleichen verwenden konnte. Die Abgeschiedenheit de Doftors von den übrigen Räumen des Hotels hatte auch no einen andern V­ortheil . Man konnte durch Feine der zahlreichen unsichtbaren Deffnungen, an denen die Hotelthüren so­rei sind, den seltsamen Gast belaufen, wenn er mit sich allein mal. Denn da schwand all’ die eisfalte Ruhe von ihm; seine gelbbraunen Wangen wurden bald blaß, bald glühten sie vor in­­nerer Erregung, und während er bei jedem Geräusch ängstlich zu­sammenzuchte, roderte aus seinen tiefliegenden Augen der unver­­söhnlichste Haß und um seine Lippen zuchte wilder Hohn. Er war am Tage nach seiner Ankunft im Hotel. In seinem innersten Zimmer saß Doktor Cajol allein. Er hatte die zierlich geschingte Zehne seines Stuhls gefaßt, sein Arm zitterte, sein Haupt war auf die Brust gefunden und düster lachte er vor figg hin. Aber wie von den Tönen aus seiner eigenen Kehle erschredt, sah er sich nie ein sideues Raubb­ier um. Da traf sein­ Blid den Spiegel, aus dem ihm sein eigenes baß- und furchtverzertes Antlig entgegenblickte; und schnell, als habe er Angst, daß sein Spiegelbild ihn belausche, legte er sein Gesicht in die gewohnten Falten. II. Stefan Braßfe. Hochaufgerichtet stand Doktor Caros da und lauschte ; in den Vorzimmern tönten Schritte. „Es ist ein Mann hier, der den Herrn Doktor zu sprechen unwünscht,“ meldete der eintretende Kellner. In der Art, wie Caros den Kopf hob, lag etwas wie Stau­­nen und Unruhe. « »Was will der Mann?«fragte er. ..Ich glaube,er möchte bei dem Herrn Doktor Kammerdie­­ner werden.“ „Woher weiß er, hab ich einen Kammerdiener fudge ?" „Der Vortier hörte es, al der Herr Doktor es zu Herrn Gießer äußerten, und da er einen Mann kennt, der gegenwärtig ohne Dienst ist, und den er empfehlen kann, so ließ er ihn rufen.” „Lassen Sie den Mann eintreten !” befahl Caros. — „Man kommt meinen Befehlen nach, noch ehe ich sie gegeben,” dachte er; „wenn der Empfohlene denen gleicht, die ihn empfehlen, so ist er mein Mann.” Der Doktor zog seine Börse und ließ neben dem Lehnstuhl, in dem er saß, eine Zehnthalernote auf den Boden fallen ; dann steclte er die Börse wieder zu sich und erwartete den Ankömmling. Ein langer grobb­ochiger Mensch mit nicht sehr sympathi­­schen Gesichtszügen trat ein. Gekleidet war derselbe in einen mor­dernen, aber sehr abgetragenen Anzug, der zur Zeit als er noch neu war, den Körper eines viel dicheren Mannes bekleidet haben mochte. Das Gesicht des Menschen war breit un­d an den hervor­ stehenden Nackenknochen sehr wtb,seine Haare waren dünn und semmelblond,und ein kurzer Schnurrbart vermochte nichts von der Breite eines sehr großen Mundes zu verbergen.Zi­ei kleinebes ständig zwinkernde Augen vervollständigten den brutal schlauen Eins­druck,den der Mann beim ersten Anblick hervorbringen mußte,der im Uebrigen den Spree-Athener der schlimmsten Gattung mit keinem Wort und keiner Gebeide verleugnete. Der Mann machte den Versuch zu einer Verbeugung,die aber mehr ein vertrauliches Kopf nicken wü­rde,besah sich den vor ihm sitzenden Herrn sehr aufmerksam,blickte dann ziemlich un­­gewirt im Zimmer umher und sagte endlich:,,Also,Sie suchen einen Kammerdiener?« Doktor Casos,der den Mann seit seinem Eintritt den Augen gelassen,nickte.­­ .,Wissen Sie«,fuhr der Lange,den Plafond betrachtend fort, »ich bin eigentlich Kellner,bin aber auch schon Ausgeher in einem.-s- Geschäft gewesen;aber wenn mir der Dienst ansteht,werd’ich auch· Kammerdiener.” Der Mann sah aus, als ob er bereit sei, noch manches Andere zu werden, „wenn ihm der Dienst anstehe.” Den Doktor schien indessen seine Art mehr zu interessiren·« als abzustoß.Es klang etwas wie Spott in seinem Ton,als er sagte: „&8 handelt es wohl auch darum, ob Ihr mit den Oblie­­genheiten eines Kammerdieners vertraut sein." Der ehemalige Kellner und Ausgeher zuckte hochmüthig die­ Achsl­en: ,,Nu,das Geschäft wird auch noch zu lernen sein,wenn man etwas Grütze hat!Ich denke mich das so:Der Herr kauft mich zuerst einen schwarzen Anzug,damit ich mir gut ausnehme—-­­Dann steh ich des Morgensciuf­ sagen wir umachte-mei­­netwegen auch um sieben,trinke meinen Kaffee u­nd hole dem« Herrn die Kleider,die der Hausknecht reine gemacht hat..·Dann frag’ich den Herrn,wann er geweckt sein will.Dann ist ess Zeit zu eine Butterschnitte mit Kümmel.--Nu,und so geht es den Tag fort,über das Andere werden wir uns schon verständigen.««· Plötzlich fielen die Blicke des Kammerdieners Aspirantens auf die Banknote auf dem Teppich und dieser Anblick schien etwas­­seine klare Vorstellung von seinen künftigen Dienstleistungen in Ver­­­wirkung zu bringen Das düstere Lächeln, das die gewöhnlich festgeschloffenen Lippen des Doktors umzuhte, bewies, daß er ahnte, was in dem Burschen vorging. ·­­ , ··" ,,Allerdings",sagte er langsam,,,über das Andere werden s wir und schon verständigen.'«,,Der Dienst ist nicht schwer«', fuhr er fort, während der Kammerdiener in spe noch immer den Bant­ fchein nicht aus den Augen ließ. „Ich gebe Gug einen jährlichen Lohn von einhundert und zwanzig Thalern...“3 liegt mir daran, einen Menschen um mich zu haben, der Berlin rennt. Das scheint mir bei Euch der Fall. ." „Na, und ob! da sind Sie an die rechte Duelle gekommen, Herr!" vief der Bursche lebhaft. „Berlin kenne ich wie ein Schuh­­mann, und die Umgegend auch wo von Bantom bis Schöneberg, Teltow, Hafenhaide, Allens! — Können sich nicht verlver mit mir!" (Fortlegung folat.) nicht aus ·­­2 =: ? 7 S · ; = .»

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