Pester Lloyd, Oktober 1878 (Jahrgang 25, nr. 273-302)

1878-10-10 / nr. 281

­ · Vesdapefe,9.Ok­.ober. I­nmitten der schweren Krisen,welche augenblicklich das Verfassun­gslebent dies­ und jenseits der Leith­aerg Jsx schütterm hat die Monatschie wenigstens den ersten­ Theil der ihr vo­rher spendenden Hand des Berlin­er Kongresses übertragenen Aufgabe,die Okkupation Bosniens,zu Ende geführt.Und im Wesentlichen dürfte­ trotz einzelner sz. Kämpfe,die noch hie und da vorkommen mögen———die Okku­­pation ziemlich gleichbedeutend sein mit der Pazifikation. So geschlossen der Widerstand fehlen, der den Siegeslauf der Österreichisch-ungarischen Truppen hemmen sollte, er wurzelte doch nur in einer bestimmten Klasse der Bevölke­­rung jener Provinzen und mit seiner faktischen Bewäl­tigung wird sich fon dadurch auch die Bewälti­­gung seiner moralischen Konsequenzen vollziehen, daß dort bisher gebundene Elemente befreit, unentschiedene und Schwankende in der Richtung der Unterwerfung unter Die bestehende Macht gedrängt werden. Allem Anscheine nach wird die Frage der Pazifikation gleichbedeutend sein mit der Frage der Entwaffnung. Nicht als ob anzunehmen wäre, daß das mohamedanische Element, welches so entschlossen den ungleichen Kampf gegen die Schritt für Schritt Kraft­­voll vordringenden österreichisch-ungarischen Truppen auf­­genommen, so ohne Groll und Widerstreben in die neue Ordnung der Dinge fügen werde. Im Gegen­­theil, gerade die Entwaffnung wird der mohameda­­nischen Bevölkerung, die in dem­­Qragen der Waffe das Wahrzeichen ihrer politischen und sozialen­­ieber­­berechtigung über die Najah erblickte, neuen Anlaß zu Haß und leidenschaftlicher G­egenbewegung geben. Allein die Machtfrage it damit schlechthin entschieden. Was die Pforte in jahrelangen Kämpfen nicht durchzufegen vermochte, was ihre Feldherren mit Schonungsloser Grausamkeit gegen alle Theilnehmer der wechselnden Insurrestionen, der Beg­­riffüinde wie der Schilderhebungen der christlichen Bevöl­­kerung, mit Hinrichtungen und Brandschagungen nicht zu erzielen im Stande waren, hat die österreichisch-ungarische Armee in kaum zwei Monaten, ohne jeden unnöthigen Ge­waltart, und, so weit er die eigene Sicherheit gestattete, im strengsten Einflange mit den Forderungen moderner Bibilisation und Humanität vollbracht. Und diesmal wahrscheinlich für alle­­ Zeit. Die Mög­­lichkeit ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß hie und da ein plöglich auflodernder Aufstandeversuch daran erinnern wird. Dab Bosnien und die Herzegovina den Haffischen Boden aller der zahlreichen Revolutionen bildeten, welche die Kraft der Pforte langsam zerbrödelt, ihr Ansehen in den nördlichen Provinzen des türkischen Reiches allmälig völliger Vernichtung preisgegeben haben. Ein nicht minde­ 103 zu bezwingendes Brigantaggio mit halbpolitischer Für­rung wird vielleicht das erste Ergebniß der ungeheuern U­mwälzung sein, die sich in jenen Provinzen vollzogen hat. Aber auch das mohamedanische Element hat die Schwere der Hand kennen gelernt, welche Oesterreich-Uns­garn auf die Geschide Bosnien und der Herzegovina ges­iegt und die Erkenntniß des Unvermeiduigen wird den Ydeen der Unterwerfung unter dasselbe, vielleicht selbst den Ydeen allmäliger Befreundung mit dem neuen Stande der Dinge die Wege ebnen. Wenn es eine Täuschung war zu er­­warten, daß DOesterreich-Ungarn als die erlösende Macht, ‚werde begrüßt werden, so ändert dies nichts an der Magy­heit, daß es nach tausend Nichtungen diese erlösende Macht wirklich ist. Es bedarf keiner phrasenhaften Berufung auf große Kultur-Missionen, — die Thatsage, daß ein Höher entwickeltes Staatswesen seine Herrschaft auf Gebiete aus­­übt, die bisher einen weit tiefer stehenden Staatswesen angehört und auch innerhalb diefes legieren gerade in den festen Jahren fast völlig anarchischen Zuständen anheim­­gefallen waren, ist an fi völlig entscheidend. Iu der That müßte die Kommission, welche augen­­blicklich in Wien über die Grundlagen der künftigen ad­­ministrativen Ordnung der Verhältnisse Bosniens und der Herzegovina beräth, ihr Handwerk schlecht verstehen, wenn sie diesen Provinzen nichts Diesseres, als die bisherige Verwaltung, wenn sie ihnen nicht einen wirklichen Ort selvitt ihres gesammten öffentlichen Lebens zu bieten ver­­möchte. Man mag darin eine geringe Kompensation für die großen Opfer finden, welche Desterreich-Ungarn bei­­ Vollziehung des Berliner Kongresmandates gebracht. Aber eine Kompensation ist es jedenfalls. Wenn man De­sterreich- Ungarn den Beruf bestreitet, die „staatliche Erziehung von Börkerschaften zu besorgen,­­ die­­ es nichts angehen, so wird man ihm das Recht und die Pflicht nicht bestreiten künnen, für Muge und Ordnung an fer­nen Grenzen zu Sorgen und die Wiederkehr von Ereignissen unmöglich zu machen, die im hohem Grade störend und belästigend auf seine inneren Verhältnisse ein­gewirkt haben. Die Okkupation Bosniens und der Herzegos­vina ist vielleicht sein Schritt, die südflavische Frage zu lösen, wohl aber der erste Schritt, sie gegenstandslos zu machen. Sie besiegte nicht die Beuteluft unserer südlichen Nachbarn, aber sie legte Berglag auf die Beute selbst. Sie vernichtete nicht die Tendenzen einer flavischen Konglomeration an un­­seren Grenzen, aber sie befeitigte das Zentrum der Aggra­­­vation. Weder die positiven Vortheile der Maßregel mag Streit best­ehen nach wie vor, aber daß ihre negativen Bortheile mehr und mehr ans Tageslicht treten, wird sich schwerlich bestreiten Lassen. ebenfalls ist so ziemlich die ganze Welt darü­ber einig, daß der natürliche Zug der weiteren Entwicklung nicht mehr gehemmt, das Geschehene nicht rückgängig ge­­macht werden kann. Auch die Gegner der Politik des Grafen Andrássy werden zugeben müssen, daß die Basis bdieser Bolitis, wenn sie wirklich falsch war, dadurch nicht verbessert werden kann, daß man den Aufbau derselben jeit nach anderen Plänen vollzieht. Die konsequente Durch­­­führung der politishen Ideen, die das Wiener Kabinet­t nach dem Berliner Kongresse aufgegriffen, ist in seinem ‚Dalle mehr zu umgehen. Eine persönliche Zwangs­­­­lage ist allerdings nicht vorhanden, denn nichts kann die ‚ Delegationen hindern, unmittelbar nach ihrem Zusammen­­tritt die Vertrauensfrage aufzuwerfen und durchh ihre Ber­­antwortung den Sturz des Grafen Andraffy herbeizuführen. Aber die fachliche­­ Zwangslage ist gegeben ; es existirt keine politische Partei, die sie zutrauen würde, die Leitung der ‚politischen Geschäfte, unabhängig von den vollbrachten That­sachen, in die Hand nehmen zu können. Das muß noth­­wendig auf Freund und Feind gleich starre Nachwirkungen äußern. Es kann, wie gesagt, die persönliche Opposition gegen den Minister des Aeukern durchaus nicht hemmen, aber es wird der fachlichen Opposition doch von vornher gewisse Schranfen ziehen. Groundroissy tritt nicht mit optimistischen Hoffnun­­g,sei­ ab·er doch­ zuversichtlich und selbstvertrauend vor die Delegation. Daß er so ernste Erscheinungen wie die Negie­­rungs-Krisen in beiden Reichshälften nicht Leichter nimmt als jedermann, wird man ohne ausdrückliche Versicherung­en dürfen; daß er aber von der Nichtigkeit seiner olizit fester überzeugt ist, als je zuvor, daß er von der Heberzeugung durchdrungen ist, die Gesdice der Monarchie in die richtigen und bleibenden Erfolg verbürgenden Bahnen gelenkt zu haben, steht nicht minder fest. Der von der Öffentlichen Meinung Cisz und Transleithaniens mit 10 vielen, fast dämonischen Eigenschaften ausgestattete De­­miurg dieser Bolitis glaubt unleugbar an sein Werk. Ob er auch die Mitglieder der Delegation mit diesem Glauben durchdringen wird, bleibt allerdings eine offene Trage. Wie . 28 Scheint, rechnet Graf Andrässy, troß der jeit so hochge­­henden Wogen, noch immer darauf. Syebenfalls ist er enn­­e der vollen und unbedingten Verantwortung Si­ege zu ges Eh , auf die Vertrauensfragen bringen, wenn sie nicht von anderer Seite gestellt wer­den sollte Der Minister des Reufern macht sein Hehl daraus, daß er die Berechtigung Feiner der Anklagen zugesteht, welche jegt gegen ihn erhoben werden und daß er feine Heberzeugungen so wenig feiner minis­­teriellen Stellung zum Opfer bringen werde, als er sie seiner Popularität und der früheren Volksgunst zum Opfer brachte. Er wird die Delegationen für einer Bolitie gewinnen ,oder über­ H­aupt nicht länger mehrr Bolitit machen. Das ist seine leere Drohung, sein Zim­fern mit einer De­mission, die nicht ernst gemeint sein würde, sondern ein sehr feststehender Entschluß. Aber alle­dings scheint der Minister des Aeußern von der Ansicht auszugehen, daß es einer offenen Darlegung der Ziele und der Motive seiner politischen Stellung gelingen werde, die oppositionellen Stürme zu beschwören, welche die Wieder­­aufnahme der parlamentarischen Thätigkeit in beiden Reichshälften unzweifelhaft entfesseln wird. Die im vorstehenden Artikel entwickelten Ansichten stimmen in ehe wesentlichen Punkten, die wie unseren Lesern wohl nicht näher zu bezeichnen brauchen, mit den unfeigen nicht überein. Dennoch glaubten wir eben im Hinblick auf die Entschiedenheit, mit welcher wir ung gegen die Polität des Grafen Andriffy seit dem Berliner Kongreß bei jeder Gelegenheit ausgesprochen haben, die Spalten unseres Blattes einem langjährigen hochgesehgügten Mitarbeiter nicht verschließen zu dürfen, wenn derselbe die Motive und Intentionen des Grafen Andraffy, melche zu fennen er durchaus in der Lage ist, vor unseren Lesern darzustellen wünscht. An unserer Anschauung wird dadurch nichts geändert und ob es dem Grafen Andriffy gelingen werde, die Delegationen zu überzeugen, das ist eben abzuwarten. Die Redaktion. Das afghanische Folk. Eine ethnograph­ische Skizze von H. Bamberg II. Der Afghanen-Typus ist von jeher in Europa als ein solcher geschildert worden, der durch seine schönen, streng asiatischen Züge von den übrigen Völkern des Morgenlandes fig hervortrut. Es liegt in dieser Aufstellung viel Wahres, insofern der Afghane nit das ung bizarr scheinende mongolische Gesicht mit Schlagaugen, platter Stiene und hervorstehenden Bodenb­odien hat, sondern viel­­mehr durch feine Züge, längliches Gefiät, hohe Stirne, Ad­ernase und flanken Haar- und Bartwuchs ausgezeichnet ist, in Folge dessen man die Afghanen sehr häufig mit den Suden verglichen hat. Doch klingt uns der Vergleich nicht ganz zutreffend, da der Fahne vermwes gene militärische Bkief, besonders aber die Formation der Gi­vne und des Kinns Alles nur nicht semitisch sind. Im Profil ist das Gesicht des Afghanen, namentlich der Krieger zwischen 30 und 40 Jahren, Vere möge der feinen und scharfen Konturen allerdings Höchst interessant. Was die Gesichtsfarbe anbelangt, so ist die der südöstlichen Bewohner vorherrschend dunkel, ja bisweilen schwarz, während die der südwestlichen eine mehr olivenartige ist. Schön und malerisch ist entschieden das weiche, auf die Schultern herab­wallende Haupthaar (vorwiegend schwarz) und der ebenfalls lange Bart. Treiflig har­­monirt damit das lange faltenreiche Nationalkleid der Afghanen. Die Herrenklasfe trägt allerdings eine der iranischen Mode entlehnte Tracht, nämlich einen langen Kasten und breite­n Pantalons, die unteren Volksschichten aber haben bis heute das alte afghanische Nationalkostü­m bewahrt, nämlich den ungarischen Galgen ähnliche Leinwand-Beinkleider, ein langes bis über die Kniee falendes Hemd, dessen Aermel ebenfalls weit wie die des ungarischen Bauernhemdes sind, ferner ein Shawl, mit welchem das Hemd um die Hüften befeiligt wird und zur Ergänzung des Ganzen ein läng­­liches Leintuch, das, nur ungleich der griechischen Toga, in der Form eines Plaids über den Körper geworfen wird. Das schönste Stük der afghanischen Bekleidung bleibt aber der Turban, der hier aus einem bunten Shamal gewinden wird, tressen fransenreiche Enden zu beiden Seiten über den Kopf herab­­fallen und gleich einer Gardine das Gesicht von beiden Seiten um« Schatten und flüten. Im schnellen Ritt it der Flug der meiten Kleider, des langen Bartes und der herabfallenden­. Turkanfransen malerisch Schön. Die Frauentracht, im muslimischen Affen nirgends von besonderer Charakteristik, thut sich Hier wie in Mittel Asien nur durch reichen Schmuch, schwere Arm- und Yubbänder hervor und durch die höcst geschmahlose Mode der Nasenringe, meide aus In­­dien stammend bis in die Ortsländer hinein Verbreitung gefunden hat. Hinsichtlich des körperlichen Habitus gleicht der Afghane mit feinen schlanken, leichtbeweglichen Gliedern allen übrigen fliegerischen Bergbewohnern. Die Sprache der Afghanen, in welcher si­gar seine semitischen Bestandt­eile vorfinden und wie die Ces lehrten Naverty, Down und Teumpp bewiesen, eher ins dishen U­rsprungs ist, hat einen sehr unmelodischen. Stark gutturalen Slang und die friedlichste K­onversation bei den Afghanen dünkt unserem europäischen Ohre oft ein erregte­si­ie­­gespräh oder Heftiges Gezänk. Ausgebildet ist übrigens­­diese Sprache nie geworden, denn die vornehmen Klassen bedienen sich dah­inwegs der persischen Sprache und die wenigen Kompositionen, zumeist Gedichte, welche wir in der afghanischen Sprache besiten, sind von höchst rekundärem Werth. Ihr bekanntester Nationaldichter war Abdurrram­an in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Indem wir mir zur Charakteristik der sittlichen Eigenschaften 068 afghanischen Volkes übergehen, müssen wir gleich in vorhinein bemerken, daß das Bild eine seltsame Mischung altindischer und­­ modern muslimischer, namentlich aber mittelasiatiig-muslimischer Züge aufweist. Wie bei allen ganz und halb-nomadischen Völkern st­ang bei den Afghanien der Hang zur Freiheit, das unbändige und unbeugsame Wesen vorherrigend,. Wenngleich jeder Stamm seinen Khan, jede Unterabtheilung ihren Gselvafchti (Ober­haupt) besigt, so steht doch die weltliche Regierung­ der Wghanen auf der primitivsten Stufe. 939 selber Habe es­­ gehört und gesehen, wie ein sehlichter afghanischer Bauer dem als Vize-König akkreditirten Sakob Khan gegenüber si die fü­nfte Sprache erlaubte und ihm unter heftigen Gesten Vorwürfe magte; ebenso mußte der graue Doft Mohamed Khan noch zwei Tage vor seinem Tode, er, der damals der große König der Afghanen war, von einem gemeinen Soldaten die sconungs­­loseste Strafrede anhören. Nur der Mollah, d. H. die Religion, übt noch einigen Einfluß auf dieses Höchst abergläubische Bolt aus, denn die Afahanen sind Sunniten und zwar Sunniten fanatischer Art, wie die von Mittel Asien, sie beobachten die Tagungen 008 Koran mit einer Strenge, wie dies in seinem andern Theil der muslimische asiatischen Welt, mit Ausnahme Bucharas, anzutreffen i­. Dieser starfen Religionskontrole ist es zuzuschreiben, daß das Bolt der Afghanen im Großen und Ganzen fi der geistigen Getränke und des Hazardspieles gänzlich enthält, den Neuerungen viel größeren Widerwillen und größere Sehen entgegenbringt, als der Türke und Pferser, zur Erfüllung der heiligen Pflicht des Gaza (Religionskrieg) sich mehr herangezogen fühlt und sür die Verteidigung seines Glaubens und häuslichen Herdes muthvoll eintritt. Als Geiegbuc­h dient der Koran, obwohl neben demselben auch noch ein nationales Gewohnheitsgeieg, Pashtu Delli genannt, ernftirt. Die Stellung der Frau unter den Afghanen ist ungefähr dies­­elbe, wie unter den mittelasiatischen Stämmen, mit dem Harem wird es sehr streng gehalten. Die Frau erscheint auf der Straße nur verschleiert und wie eine Mumie eingehüllt, und sie legen einen Stolz darein, in jugendlichem Alter für eine Greifin zu gel­en. Die Ehe wird, wie überall in Mittelasien, duch Rah­m, d. h. Kaufs­­tmnme seitens des Mannes geschlossen, ja in geriissen Gegenden gilt das Schöne Geflecht sogar für eine Kurrente Münze, indem nach Bestim­mung des Rashtu Velli für einen Mord 12, für das Abhauen einer Hand oder für das Ausschlagen eines B­ahnes oder Auges 6 junge Mädchen als „Entschädigung” gegeben werden müssen. Darnach ist denn auch das Leben der f­­ armen Frauen ein Höchst monotones und es gemährt einen bizarren Anblick, den afghanischen Nationaltanz, Aiton genannt, welcher einigermaßen unserem Ésáróás leicht, von Männern allein aufführen zu sehen. Die zahlreichste Klasse ist die der Hirten und Bauern, aus welcher sich auf die reguläre und iereguläre Armee verruthrt. Die Industrie wird zumeist von Städte­ Bewohnern betrieben, ebenso der Handel, in welchem si übrigens die Afghanen hervorthun. Da die Kaufleute aus Kabul, Gazni und Kandahar nicht nur weit in das Innere Indiens und gegen Norden in die Drusländer vordringen, sondern auch in dem, heute wieder China unterwworfenen Theile Ost-Turkestans anzutreffen sind und den Exporthandel zwischen dem reichen Indien und den entferntesten Theilen Mittel-Asiens vermitteln. Schließlich sei noch Einiges über den nationalen Charakter dieses Volkes erwähnt. Elphinstone hat besonders ihre große Gast­­freundschaft gerühm­t, die vieleicht noch zu Elphinstone’­ Zeiten eri­eb­t haben mag, heute aber, wenigstens Nichtmohamedanern gegen­­über, keinesfalls mehr besteht. Als in auf meiner Rückreife aus Mittel-Asien in Geseliehaft mehrerer Afghanen, die in mir den verrappten Europäer vermutheten, von Herat nach Meschhed reiste, war die Jahreszeit fon mell vorgerückt und auf dem Hofplateau zwischen Meschhed und Gurian war es während der Nächte schon sehr empfindlich kalt. Die Afghanen hielten sie Abends in ihren weichen und weiten Beizmänteln (Tschoga) ge­halt, während ich mit einigen meiner Derwish-Kameraden zähne- Elappernd bei starrem Zrost die Nacht unter freiem Himmel zubrin­­gen mußte. Einen der Afghanen, einen weichen Theehändler, mit dem ich auf besonders gutem Fuße stand, ersuchte ich, er möge mir eine von den zahlreichen Pferdededen, mit welchen sein Pferd beladen war, borgen. Der Afghane aber sagte mir darauf in ganz ernstem Tone : „Sieh’ mein Hadfehi, wenn ich die Absicht Hätte, Dich zur vers faufen, mie ich dieses Pferd zu verkaufen gedente, so möchte ich Dich vor der Unannehmlichkeit des Yrottes wohl auch bemahren; da dies nicht der gal ist, kann ich Dir seine Dede zeigen.“ Afghanen gegenüber pflegt wohl hie und da eine Ausnahme gemacht zu werden. 63 gilt als größtes Unglück, wenn der ind Haus Eintretende sich nicht niederfegt; sol nun bisweilen etwas ge­waltsam erpreßt werden, so braucht man nur ind Haus des Afghanen zu gehen, dort stehen zu bleiben und zu sagen: „Wenn Du mir Dieses oder Jones nicht gibt, so fee ic} mich nicht nieder“ we und man ist gewiß, seinen Wunsch erfüllt zu sehen. Er erübrigt uns noch, von dem jeßigen König der Afghanen, von Schir Ali Khan zu sprechen, und das soll dennächst geschehen. Minister-Präsident Tipa und Minister Baron W­endheim begeben sich heute Abends auf zwei Tage nach Wien. Nach seiner Nachfrift wird Minister-Präsident Tipa — der „Bud. Korr.” zufolge — die Leitung des Finanz-Ministeriums übernehmen; mit der Leitung des Ministeriums des Innern aber wird ein anderes Mitglied des Kabinett betraut werden. Graf Julius Szapáry wird unter den jenigen V­erhältnissen nicht zum Handels-Minister ernannt werden und Ministr Erefort wird die Agenden des Handels-Miniisteriums aug ferner führen, so daß die Negierung fest blos aus sieben Mitgliedern bestehen wird. — Wie der „Bester Korrespondenz” aus Wien telegraphirt wird, wurde heute Mittags exit Koloman EHHezY, dann Baron Ludwig Simonyi in je einstü­ndiger P­rivetaudienz von Gr. Majestät empfangen ; beide einstmaligen Minister trugen ihre Arb­­eiten über die äußere Politik und die Stimmung vor, welche dieselbe in Ungarn hervorrief. 659Y9c39Y gab der Meinung Nusdrud, daß im Reichstage sowohl wie auch in den Delegationen die Art und Weise, wie die Negierung ihre Wolitis vertreten werde, maßgebend erscheinen dürfte und daß die Motivirung der geschehenen Schritte auf die Fassung der Beischlüffe jedenfalls Einfluß nehmen werde. Baron Simonyi nahm der Offupationsfrage gegen« über seinen bekannten Standpunkt ein; er mißbilligt dieselbe und ist der Ansicht, daß die Offupation, soweit dies nur irgendwie thunlich, so bald als möglich beendet werde. — Die a. h. Bestätigung der Wahl, der zeitHche General­­räthe der Oesterreichisch-Ungarischen Bank it demnächst zu gemär­­tigen, nachdem — mie die „Bud. Korr.” erfährt — Seitens der beiden Finanz-Ministerien der hierauf bezü­gliche Vortrag bereits erstattet wurde.­­Die Beamten und N­ilitäwK Dunkeln­ danken des Sandschaks N­oVo-Bazar tvx fisden—wiemancem,,Nemzeti Hirlap«unter heutigem Datum aus Konstantinopel telegras phirt—von der Pforte verständigt,daß diese die Konvention mit Oesterreichs ungarn verworfen habe;dagegen wurde ihnen anbefohlen,den österreich­isch-ungarischen Tru­ppen,falls sie dem­ nächst dort einrü­cken,keinen Widerstand zu leisten,weil die Pforte mit Oesterreich-Uxigarn auch fernerhin in Frieden bleiben wolle. Eineuns Nachmittags zugegangene Depesche bestätigt diese Meldung. IZEOZT,9.Oktober.(OX«T9­-Tcc­r«)Die »Neue freie Presse«meldet:Taratheodox«1)TP:-.si:åzix erhielt am letzten Sonntag eine chiffrirte Depischje aus Konstantinopel 1311t de­n Auftrag,siehe:i:(«51s«.1fei: Andrässyvorzxtlesett.Index selbe unmrendiert Lude enthalten,aus welchen sich die Pforte bewogen sisx ist,ihre Unterschrift zur Konvention,beziehungsweise ihre Zusigu­erung zuchsetzimg Bosniens und zum Einmarsch der österreich­isch­mngarischen Truppen in Not1isckIzk1r.«31111ex-­­weigem Oesterreich-Un­garn habe die Plünder­ug Bank-­­­lukas zugelassen,Todesurtheile ist Serujevo angeordnet, darunter auch an Leuten,die während des Kammfes ver­­wundet wurden.Diese Depesche wurde allen türkischen Ver­­tregrxtk des Auslandes gleichfalls zur Information zu­­ert­­gis­sen.9.Oktober­ Die»Politische Korrespondenz« bringt aus Konstantinopel Mittheilungen über die Genesis der letzten­ türkischen Zirkkrlar-9?ote.Es bestätige sich dann nach,daß die eigentlichen Pfortenkreise auf die Ereals­tung der guten Beziehungen zu Österreich-Ungarn nach wie vor großes Gewicht legen;der Vertreter der Pforte in Wien ist angewiesen worden,­sich in diesem Sinne­ auszusprechen,und ist dies,wie ein­e Redaktion­s-­bemerkung der»Politischen Korrespondenz«bestätigt,au­ch t­atsächlich geschehen.Nichtsdestoweniger ist egs Tatsache, daß gegen Oesterreich-Ungarn­ in Konstantinopel eine Agi­­tation t Unterhalten wird,die nicht nur im Palais des Sul­­tans zu suchen ist,sondern­ 2011 dort aus auc­­·1 weiter verbreitet wird. Diese Agitation hat auch die poli­tischen Vorgänge in Ungarn einen weitern mächtigen Sitz­puls erhalten und ist bereits auf dem Bunfte angelangt, um sogar Eventualitäten in Ungarn in den Bereich der Hoffnungen und Berechnungen­ zu ziehen, welche auf die Okkupation Bosniens in dem Sinne der türkischen Wünsche reagiren könnten. Unter dem Einflusse dieses Feenkreises entstand die Birkular-Note mit der motorischen I­endenz, der ungarischen Opposition eine nee Handhabe zur Agitation gegen die Divipution zu liefern.*) — In der Kommission für Ost-N­umelien wurde seitens der russischen Delegirten in Hofe Verlangens Englands, daß die Pforte unverzüglich einen Gouverneur für Ost-Numelien ernenne, die Kompetenzfrage gestellt. Die anderen Delegirten suchten um Inftraftionen nach. Wien, 9. Ottokr. Orig -Telegr) Nach hiedergelangten Berichten aus London und Ber­­lin hat die türkische Zirkularnote dort einen üblen Eindruck gemacht und eine für die Pforte sehr un­­günstige Aufnahme gefunden. (Wird aug von anderer Seite bestätigt. 9. Ned.) Hrag, 9. Oktober. Orig. -Telegr) Während der Vorstellung der Meininger, welcher Kronprinz Judo beimohnte, entstand (um 9 Uhr) ein blinder Teuer» [ür und in Folge dessen ein sehredlicher Tumult in dem­ bis zum Giebel gefüllten Haufe. Besonnenere filtrieen aus Leibeskräften : „Sigen bleiben !" Direktor Chronege wollte beruhigen, konnte jedoch im Lärm sich nicht verständlich machen. Graf Bombelles, der den Kronprinzen bes­gleitet hatte, rief mit fipallender Stimme ins Publikum hinein: Bleiben­­ der Kronprinz bleibt auch! Sehr exit wurde es wieder einigermaßen ruhig. Hierauf wurde mitgeteilt, daß ein Mühlenbrand, der von der Galerie aus bemerkt wurde, Anlaß zu der Beunruhigung gegeben. Das Bretterhaug hätte einstürzen müssen, wenn das Publikum en masse hinausgestürzt wäre, Brag, 9. Oktober. Drig.-Telegr) Gestern ging von hier über Szczalonia ein Transort von zehn Millionen gefüll­­ter Kapseln nas Rußland. Ventberg, 9. Oktobr. Drig-Telegr) Melnung der „Deutschen Zeitung”: Unter den Landtags-Abgeordneten zirkus­­iven vertrauliche Mittheilungen über bevorstehende Personal-V­er­­änderungen in den obersten Regierungskreisen. Nach denselben sol Landmarfgal Wodzicki an Stelle Ziemialkouski’s, welcher nicht länger Minister bleiben will, treten. Außerdem wäre Statthalter Botocki eventuell für einen andern Bolten design nirt und fol Erzherzog Karl Ludwig Statthalter von Galizien werden, Serajewn, 9 Oktober. (Von unserem Spezial Berichterstatter.) Die behufs Entwaffe­nung und Pazifikation den nordwestlichsten Theil der Krajna durchstreifende Brigade Neiiländer bestand am 6. b. bei Beci ein blutiges Gefecht, in welchem­ eine Snfurgenten-Bande gänzlich aufgerieben wurde. Die Truppen erlitten einen Verlust von circa 150 Zochten und V­erwuns­cheten, worunter Oberst-Lieutenant Elz vom Regiment Knebel Nr. 76. Der Weitermarsch der Brigade Mein­länder war außer einem leichten Verfolgungs­gefecht widers­­tandglos bis Bodzwizel nügst der kroatischen Grenze, woselbst heute Naft gehalten wird. Morgen wird eine Streifung gegen Viernograc vorgenommen. Nach dem Meldungen des Generals Meinländer vollzieht sich die Ente­waffnung und Pazifikation in der Krajna regelmäßig. Focsa in Südost-Bosnien wurde auf dringende nike der Bevölkerung von einem Theile der I. Division erept. Berlin, 9. Oktobr. (Drig.-ZTelegr.) Seitens der deutschen Botschaft in Konstantinopel ist der Pforte gegenüber darauf hingewiesen worden, daß nach der Auffassung der deutschen Reichsregierung das­­Vorgehen Oesterreich-Ungarns in Bosnien und der Herzegovina den Berliner Kongreß- Ber­eiclüffen vollkommen entspreche. Berlin, 9. Oktober. Zum heutigen 25. Jahrestage seiner Ernennung zum Chef des österreichisch-ungarischen Infanterie-Res­siments Nr. 20 empfing der Kronprinz heute Vormittags im neuen Palais zu Potsdam die Deputation des genannten Regiments zur Entgegennahme des Glühwuniges. Nachmittags findet bei dem Kronprinzen ein größeres Diner statt, wozu die Deputation, sowie die Mitglieder der österreichisch-ungarischen Botschaft geladen sind. Berlin, 9. Oktober. Der Reichstag wählte das bisherige Präsidium wieder - Helldor­fd Windthorst hatten Namens ihrer Fraktionen erklärt, der Wiederwahl des Prä­­sidiums sich nicht zu widerlegen, obwohl dasselbe nicht nach dem Verhältung der Parteien zusammengefebt ist. — Sodann beginnt die zweite Lesung des Sozialisten-Gefeges Die Zentrumspartei erklärt, sie erkenne die Gefahren der sozialistischen Agitation an, betrachte aber das vorliegende Gefeg für ungeeig­net zu deren Dekämpfung, werde daher gegen dasselbe stimmen. ««)Wir haben unsere Anschauung ü­ber diesen Pttttkt in dem ersten Artikel unseres jüngstenc Morgenblattes unter Anderem in folgenden­ Sätzen zum Ausdruck gebricht».·­·was wird die Pfortent·c­der­ Fortsetzung ihres Verfahrens erreich­en.Zunächst wird es ihr geringem die Opposition gegen den Grafen Andrássy, aus welche sie kvat­rschein­lich ihren Kalkül gebaut-bedenklich zuer-­­schüttet-n-Wie fert auch die Ueberzexligun:g·wurzeln mag,­daß die ganze Okkinations-Politik vonx AnfcIN­g·heszuCnde,eine einzige, große mnch schwere Vereinung ist,m·td wiewenig man auch geneigt seen dürfte,den·Urhebern und·Vollst·reckern dieser Politik gegenüber» nut diesem abfälligere urthec­el­ unter dem Werge zu halten, so kamn es doch leicht geschehen,daß die Judignation über das unqualifizirbare Vorgehen der türkischen Regierungsmän­ner und über das seltsam­e Zusammenspiel russisches und türkischer Intrigute mächtiger wirken wird,als die­ Unzufriedenheit mit der Politik Andrassy’s.Man könnte nachg gerade anfxmgem sich der Gesellschaft zuschäme an welchem als mit·d·er so 1111 völlig begründeten Opposition gegen die auswärtige­ Politik gerathen ist. Der Suffurs, welcher via Konstantinopel aus­ Petersburg kommt, kann nur geeignet sein, die oppositionellen Ara­gumente aus dem­­ Felde zu schlagen. Kommt es dahin, daß bm Volksvertreter Desterreicher Ungarns sich Tagen müssen, es sei wede Ehre, noch Gemwinn, Wasser auf die Mühle der russisch-türkischen Konspiration zu treiben, 10 wird ihnen selbst eine schlechte Politik besser e­rscheinen, als eine gute Politik, welche, ohne es zu, wolle it jener fatalen Bundesgenossenschaft zusammentrifft. Die­ Stama o dnd ihre Taktik Leicht­­ mit buler Regierungsmänner könnten Regentheil dessen erreiche , www­ . et 55 = Feleguzepezeäjend.,,gpegker»Am-TI.«« Issett,9.Oktober.(Orig.-Telegr.)Es ist positiv,daß das jetzige Kabin­et es entschieden ablehnt, vor dem Reichsrathe zu erscheinen.Das neue Kabinet ist für Mitte der nächsten Woche zu gewärtigen.Mehrseitig verlautet,die Chancen Taaffes seien an­gesichts der" bereit­s stattgefundenen Ablehnungen zur Kabinetsbildung im Steigen. Isiert,9.Oktober.(Orig.-Telegr.)Die »N.fr.Pr.«meldet:Die Werb­ungen von Notabilitäten des Par­ lc1mc 111s zut Sr.Majestät wurden heute fortgesetzt. Die Fhühungem ein Ministerium zu bilden,sind noch um keinen Schritt weitergekom­men.Herbst hatte eine nahezu zweistü­ndige Audienz.Aus der langen Dauer der Unter­redung kann man schließen,daß er Gelegenheit hatte,in eingehendster Weise seine Anschauungen über die allgemeine politische und speziell über die parlamentarische Situation zu entwickeln.Vermuthlich wu­rde Herbst der Antrag gestellt,an die Spitze eines netten Kabinets zu treten , gewin­nt nur, daß er die Kabinetsbildung nicht übernommen hat. Herbst äußerte sich schon vor der Audienz, daß seine Haltung in der Delegation ihn die Uebernahme der Negierung verbiete. Auch Fürst Carlos Auersperg wurde heute empfangen. Bon Nechbauer, der bereits nach Graz abgereist ist, verlautet, daß er die Bildung einer Art F­usions-Ministeriums vorgeschlagen habe, in welchem alle Schattirungen der Verfassungspartei vertreten wären. Ein solcher Vorschlag hätte zur Vorauslegung, daß vorher eine Fusion der verfassungstreuen Fraktionen erfolge, dazuı aber ist wenig Hoffnung und mangelt auch die Zeit, da die entscheidenden Fragen sofort an die Ver­­tretung herantreten und die Wahlperiode zu Ende geht. Das Projekt einer Abgeordneten-Berssamm­lung besteht noch immer. D­ieselbe soll jedoch ausschließ­­lich bezweden, über die Haltung gegenüber der DET­i­pationsfrage die Meinungen auszutauschen und sollen dabei nicht alle Fraktionen vereint sein, sondern es solle eine freie zwangslose Besprechung stattfinden. Kommt die Bersammlung zustande, so wird ein Antrag gestellt werden, sofort nach­h Zusam­mentritt des Neid­grab­es in einer Adresse an die Krone Vorstellungen gegen die Opfer zu machen, welche die Offupationg-Bolitit auferlegt. Bien, 9. Oktober. (Orig.- Telegr.) Die türkische Zirkular-Note wurde fün etlichen Mächten über­­geben, in Wien aber selbstverständlich n­i­ch­t überreicht. Al Karatheondory P­alıha dem Grafen Andraffy mittheilte, daß der Sultan fi entigyroffen habe, die Kon­vention nicht zu unterzeichnen, motivirte er dies mit dem Vorgehen unserer Truppen in Bosnien, welches angesichts der erregten Stimmung der imuselmanischen Bevölkerung dem Sultan nicht gestatte, die Konvention abzuschließen. Karatheodory Pascha betonte gleichzeitig, daß die Pforte nichtspestoweniger hoffe, die politischen Beziehungen Dester­­rei’ Ungarns und der Tü­rkei würden freundliche bleiben. Die englische und die deutsche Regierung lehnten die türkische Brotest-Note sofort ab. Layard hatte über Auftrag seiner Regierung in Konstantinopel alle Schritte gethan, um die Absendung der Note: zu verhindern, -..—« . « I:

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