Pester Lloyd, Januar 1882 (Jahrgang 29, nr. 1-31)

1882-01-01 / nr. 1

. gegen Budapest, 31. Danber | 8 Gin netes Jahre — möge der Ruf wie ein fre ger Morgengenß Hinausk­lingen in das Land und die Gei­­fer wachrüttelhn aus Dem­ wüsten Traum von nationalen­­ Niedergang und gesellschaftlicher Versimmerung und möge er die Herzen empfänglich stimmen für die Lehren des Heils, die aus der geoffenbarten Völfer-Religion zu uns sprechen Tag file Tag in Zeichen und Ereignissen. Denn die Welt geschichte it das Welt-Evangelium, und die Wolfsseele, die sich in jene Minder versenft und feine Verheißungen in sich aufnimmt, sie wird daraus Schwung und Zuversicht schöpfen, wie Die geängstigte Menschenfeefe Trost und Erhebung fin­­det in dem Glauben an das ewige Wort. Und wir wahr, wir sind einer solchen Aufrichtung gar sehr bedürftig. Liegt­­ an dem schwermü­thigen Zug, der seit Jahrhunderten duch Die Stimmung der ungarischen Nation geht, macht es die bittere Erinnerung am furchtbares Meißgeschlc, an die lange Nacht der Bedrängniß und an die Fich­tigkeit von Sich und Gunst — aber in seinem anderen aufstrebenden Rolfe haben die Apostel des Bessimismus eine sob zahlreiche und Hingebungsvolle Gemeinde gefunden, wie bei uns, und in seinem anderen Lande erscheinen die Propheten Der Verzweiflung von patriotischen Nimbus umstrahle­n nur hierzulande. So konnte es geschehen, daß auf den kurzen Taumel überschäumender Hoffnungsfreudig­­keit eine Periode duumpfer Resignation folgten, unter deren Einfluß alle Blüthen des nationalen Lebens zu verwerfen drohen und alle Kräfte frech werden, die sid­ file die Werke der Zukunft bethätigen mitten. Sind aber Diese trüben Vorstellungen auch gerechtfertigt ? Nicht auf thatsächliche Er­­scheinungen und nicht auf Elare Erkenntniß, nur auf Schlag­­worte und nebelhafte Ah­mungen gründet sich die pessimistische Ausplauung, und deshalb wollen wir es versuchen, ihr die praktischen Motive entgegenzustellen, die sich aus dem Gang »der geschichtliche­t Ereignisse selbst ergeben allein zum Fluch anschlagen ?_ Wer ist kleinmü­hig genug, bedroht währt man zunächst den nationalen Bestand­­ Ungarns, bedroht durch die m­achtvolle Fluth der neuen euro­päischen.. Bewegung. Aber ist denn Diese Fluth bisher ver­­nichtend hinweggegangen ü­ber irgend eine nationale Existenz ? Ist sie das Grab geworden, in welchem­­ irgend ein Bolt untergefunden ? Hat sie nicht vielmehr befreiend und erlösend gewirkt, hat sie nicht Schutt und Trümmer von Jahrhun­­derten hinweggespült und Wölfer-Elemente, von denen man meinte, sie seien sice alle Zeiten aus der Weltgeschichte ver­­schwunden, zu neuem, fröhlichen Leben erwect ? Wir schwei­­gen gänzlich von den imposanten Gestaltungen, die sie im Herzen Europas durch die Aufrichtung Deutschlands und des italienischen Einheitsstaates hervorgebracht ; aber ein Bild nach dem Osten unseres Welttheil3 genügt, um die Wahn­­­vorstellung von der völkermordenden und völkervernichten­­den Tendenz der neuern Geschichte zu entkräften. Welche Eolossale Wandlungen auch die besten zwanzig Jahre über Europa gebracht, nirgend, so weit das Auge reicht, haben sie zerstörend eingegriffen in die nationalen Organismen und selbst die Katastrophen, die über einzelne Staaten­gebilde hereinfü­rnten, kamen in­ ihren Endresultaten den Vol­fsexistenzen zu Gute. Und mehr als dis — fir Das einzige Bolt, welches zur Zeit, da die Kabi­­netspolitik ihre Orgien feierte, zerschlagen und ver­­a­ Schlungen worden ist, selbst fir die unglück­cte polnische Nation zuckt gerade aus dem gegenwärtigen historischen Prozesse mindestens ein Dämmerschein von Hoffnung auf, daß auch ihr Tag noch kommmen kam. Und dieser Zug der Geschichte, der vor unseren Augen solche Wunder gewirkt und si allenthalben belebend, erwecend und neugestaltend, wie das Wort des Schöpfers bewährt, er sollte sich juft Ungarn fehren und juft der ungarischen Nation solches zu glauben, ja wer darf es wagen, die ungarische Nation als die einzige hinzustellen, auf welche die in greifbaren Thatsachen­­ sich manifestirenden Gefäße der Ge­schichte seine Anwendung, oder nur eine sonträre Arrmwen­­­dung finden können ? Hieße das nicht der feindseligen Gen­tenz zusti­mmen, daß das ungarische Wolt mir wie ei erratiicher Blod daliege in den Kulturgefilden Europas, ohne organischen Zusammenhang mit dem Wesen und den Ideen der europäischen V­olfsfamilien ? Allerdings it man dann mit einem zweiten Schlag­­worte zur Hand, um den beängstigenden Eindruck des Er­­steren zu erhöhen — der Panslavismus ist entfesselt­nd während er die flavischen Stämme von den Felsen loslöst, an die sie geschmiedet sind, unterwühlt er den Boden, in welchem die Garantien unseres nationalen Bestandes wurzeln. Aber ist der Banruffismus mir unser Feind? Ist er nicht auch der Feind jener selbstständigen Schöpfun­­gen, Die er­ wohl fü­r seine Zwecke ins Leben gerufen hat, die aber nachgerade sich Selbstzwed geworden sind? Und ist er nur der Feind dieser Staaten und nicht auch der ganzen europäischen Ordnung? Und ist er nur der Feind Dieser europäischen Ordnung, und nicht auch­­ sein eigener Feind? Bilder fich) Jemand ein, der schauerliche Verwesungs-P­rozeß des ruffischen Czarismus, der Prozeß, dessen Mischüfte gen Himmel steigen und sich wie erstichende Nebel um die Brut der Nachbar-Neiche legen, werde mit der Erstarkung der pangussischen See und nicht vielmehr mit dem kräglichsten Zusammenbruch derselben enden? Oder glaubt jemand, der heute n­um mehr latente Konflikt zwischen der genm­az­nische und flavischen Welt wü­rde sich nicht in einem itanischen Zusammenstoß äußern, sobald Rußland sich au­­sschickte, die Prinzipien seiner nationalen Wortführer zu voll stredden ? Welchen Sinn hat es da, uns und uns allein als das nationale Gebilde zu bezeichnen, welches direct die f­avijdge Völkerwanderung bedroht erscheint? Und hielte Dies nicht minder der gehäffigen Sentenz zustimmen, daß Die­se nicht-magyarischen Elemente Ungarns die berufenen Träger der Zukunft unseres Staates seh­ı? Und um das System patriotischen Bangemachens zu keenen, spricht man endlich von der großen „europäischen Neastion“, Die jeßt wieder zur Herrschaft emporgestiegen sein soll und deren Wirksam­­eit alle die kleinen Staaten und Völker zu scheren haben, die nur unter den Fittigen der Liberalen dee ihre Nationalität bewahren können. Aber ist eine P­hrase Hohler und alberner, als Die von der europäischen Neastion ? Wo herrscht diese Neastion, wo äußert sie sich, wo zieht sie ihre reife? Schauen wir näher zu, so erscheint sie nur als wijter Traum, der durch das erbiste Gehirn jener Falschen Propheten geht. Die gleich den alten indianischen Brieftern, sich duch­ den Genuß gif­tiger Säfte in wahnwigige Cfitate verfegen, um­­ ihrer Sattheit näher zu sein. Noch einmal fragen wir, wo herrscht die Reaktion ? In England figt der Nadifalismus am oder, der Nadifalismus, der so radikal ist, daß er die alte feudale Krärfte zertriü­mmern will, welche sich seit Jahr­ Hunderten um die englischen Institutionen gelegt. In Frankreich regiert, um Alles mit Einem Worte zu jagen, Can betta­­ herrscht die demokratische Tradition in allen Zweigen des Staates und der Gesellsschaft und wenn Die große Revolution jemals ihre volle Ausgestaltung in Frankreich finden kan, so ist dies heute der Fall. In Italien ist von ven­tionären Negungen seine Spur vorhanden — der Libe­­ralismus ist das Prinzip, worin Alles lebt und webt, ein anderer Gedanke ist den Italienern geradezu unfaßbar. Aber in Deutschland? Nun denn im Deutschland regiert weder die Reaktion, noch der Liberalismus, regiert überhaupt sein Prinzip, sondern der eiserne Wille eines einzelnen Mannes, dem es um seinerlei Lehrmeinung, sondern um­­ den inneren Ausbau des Weic­es zu thun ist, der Dieser einen Rücksicht jedes andere Element unterordnet und dem alle Tendenzen gleich gut und alle Tendenzen gleich schlecht sind, je nachdem sie jenen Einen Gedanken fordern oder hemmen. Zudem ft in einem Staate, der sich mit der Revoltirung der sozialen Einrichtungen trägt, eine Nachfehr sind wir — nicht duch fremde Energie, sondern Dich unsere eigerte Apathie. Besiegen wir diese, so haben wir die Zukunft gewonnen. Ausgestattet mit den glücklichsten geisti­­gen Anlagen, wie wenige Nationen des Kontinents, im­ Beige der organischen Saugwerkzeuge,, um Sich all­mälig die fremden Bestandtheile seiner Bevölke­­rung zu assimiliren, materiell noch über­­ weiche ökonomische Quellen verfügend, aus denen bei weicher Benügung der Bolfswohlstand Verjüngung schöpfen kann ; in seinen Staatseinrichtungen nicht weit zurü­ckgeblieben hinter denen der modernen Gemeinwesen ; vermöge feines gesunden Kerns zur Expansion geeignet, vermöge feiner Ge­schmeidigkeit der Aufnahme fremder Ideen fähig , dabei ge­­fragt auf den Verband mit Oesterreich und mit­ Diesem Staate zusammen eine Großmacht bildend, ohne welche nichts Entscheidendes im Nam­e der Völker geschehen kann — in all dem Hat die ungarische Nation die vorzüglichsten Gar­­antien des Bestandes, und geschmälert können Diese nur werden, wenn sie sich irre machen läßt an ihrer Kraft und Butunft und darüber die Pflichten gegen sich selbst vergißt. Die erste Pflicht einer lebensfähigen Nation aber ist, sich lebenskräftig zu bethätigen und sie muß Daher die Tendenz zuvü­dweisen, welche sie durchaus als frech und hinfällig will erscheinen Lassen. Das follen und wollen wir denn auch und mit­­ Diesem Vorlage treten wir frischen Muthes in das nee Jahr! Budapest, 31. Dezember, Das scheidende Fahr 1881 Täpt uns, ebenso wie seine Vorgänger gethan, mit einer unfertigen Rechtsordnung zurück. Es fehlen uns noch­ ganze Partien der Rechts­­ordnung, und schon aus diesem Grunde man von einer einheitlichen Rechtsordnung nicht die Nede sein. Wir haben sogar noch verschiedenartige Rechtsgebiete. Die Unifizirung der Rechtsordnung i­ bei uns eben noch nicht abgeschlossen und davon werden auch­ die mit 1. Jänner 1882 ins Leben tretenden neuen Gefege, die novellarische Re­­form der Prozeßordnung, das neue Erolutionsverfah­ren und das neue Konkursgefeg nur wenig bessern. Die Ursachen dieses Zustandes sind tiefliegender Natur. Das große Wert der Unifizirung der Redtsordnung geht in anderen Ländern unter der treibenden Kraft der neuen Staatsgestaltung energisch vor sich. Mit Diesen ver­­glichen, machen wir den Eindruck, als wäre unsere staats­­bildende Kraft bereits im Abnehmen begriffen. Des jeiten folgte der politischen Vereinigung die Rechts-Unifizirung fast auf dem Fuge. Schon diese rasche Aufeinanderfolge müßte uns darauf bringen, daß Die Rechtseinheit nichts ist als ein integrirender Bestandtheil der politischen Einheit. Mit der Konstitutionellen Ordnung bürgert sich fast gleichzeitig die Rechtsordnung ein um. Die Konstitutionellen Gesese bleiben nicht fast werthlos für einen großen Theil der­ Nation. Die konstitutionellen Gejege existiren nicht nur am und für sich selbst, sondern auch als die Garantien der bürgerlichen Gehege. Seitdem Frankreich vermöge der Kraft der Revokution das große Werk der Rechtseinheit fice eine Existenzbedingung der neuen Staat­gestaltung, erfannte, durfdigen a­­ch die Kontinental-Staster, ja auch die Staaten jenseits des Ozeans, dieser Erkenntniß unbedingt. Um nur auf einige vor unseren Augen vollzoge­­nen historische Th­atsachen von größerem Hausschnitte Hinzus weisen, hat das junge Stalin, hat das neue Deutsche Reich diese Aufgabe in friedlicher und rascher Arbeit gelöst. Wohl scheinen im Deutschland ich die langwierigen Wehen der politischen Einigung auch bei dem Werke der Rechtseinigung zu wiederholen, doch scheint dies nur so. Mit Ausnahme des bü­rgerlichen Gefegbuches ist die Einigung bereits voll­­zogen. Die einheitliche Gerichtsorganisation, das mü­ndliche Verfahren in B Zivilsachen, das Strafrecht, das Strafver­­fahren, es sind das lauter neue Schöpfungen. Was schon vor dem Reiche, resp. vor dem norddeutschen Bunde, als das gemeinsame Recht der deutschen Staaten­­ fertig war, war dies das Handels- und Wechselrecht, das man mit dem Konfliesrecht zugleich zufolge der Einheit der Kreditgesäße ergänzen mußte. Wohl können nur große Staaten das große Werk mit der entsprechenden Kraft und mit relativer Raschheit vollenden. Die kleineren Staaten, zu deren wichtigsten auch Belgien gehört, konnten am so zum Biele gelangen, Daß ihnen das große Werk der Rechtseinigung als ein Geschenk der Zivilisation zufiel. So hätte es auch bei uns geschehen können, wenn Die im Jahre 1861 erschlosfene politische Hera in Sachen des Rechtes Feine bösen Früchte getragen hätte. Wahrlich, wir hätten die Fluth der­ fremden Herr­­schaft Schön abfliegen Lassen können, ohne zugleich auch den befrich­tenden Humus, den Die österreichischen Justizgefäße mit ich führten, mit der Tat­ weggehen zu lasfe. Diesem Gedanken gab sich. and Franz­ Deát hin, jener Franz Deát, der schon in den dreißiger Jahren das Nacheinander ,der von uns aus eigener Kraft­­ zu bewerfstelligenden­ Kodifika­­tionen so schön vorgezeichnet hat. Derselbe, der das Staats­­recht der Nation zu vertheidigen wußte, hätte sich it der Suder-Kurial-Konferenz vom Jahre 1861 auch davor nicht wenigstens Die­ gejcheut, Die Österreichischen Justizgefeße, zwilrechtlichen, auch fernerhin in Geltung zu belassen. In den damaligen­ halbkonstitutionellen Zustande mußte freilich das Lager der Altkonservativen den Sieg davontragen. Die Siite des im Jahre 1848 in Die Brü­che gegangenen unga­­rischen Nechtes wurde zusammengeflebt. Das, was als abgeschlossenes Ganzes in seiner Einheit ein schönes Resultat der Rechtsentwidlung war, ist in seinen Bruchtheilen und bei der Slidarbeit verunstaltet worden. Aus dem­ ungarischen Nechte, das man achtete, ist ein unga­risches Recht geworden, das man verspottet. Seither sind wir stets bestrebt, das politisch einheitliche Ungarn auch in juridischer Hinsicht zu einen einheitlichen zu machen. Nur jede langsam schreitet das große Werk fort. Was die großen Gefeßbücher anbelangt, stehen wir noch ziem­lich weit von ihrem Abschluß entfernt. Das fühlen wir heute nicht nur, wir wissen es auch. Heute faslen wir die zu be­wäl­­tigende Aufgabe nicht mehr so leicht auf, wie in den ersten Jahren Der wiedererlangten Berfaffung. Abgesehen von der Mü­ndlichkeit und Unmittelbarkeit im Zivilprozesse, welche­ittlerweile zu den großen legislatorischen Aufgaben sich beigesellt hat, stehen wir auch heute noch so, daß wir wohl ein Prozehverfahren, und zwar seit dem 1. Jänner 1882 auch ein verbessertes schriftliches, und ein neues Executions- Verfahren haben, jedoch ohne bürgerliches Gefeßbuch, einen Straftoder, aber ohne Strafverfahren. Die kleineren Gefeßbücher, das Ha­ndels- und Wechselgefeß, zu welchem vom­ 1. Jänner 1882 das neue Konkursgefeß hinzuformt, stehen nicht ganz torso­­artig da, doch sind dieselben fon an und fir sich einheit­­liche Werte, welche den Mangel an anderen Gefegbüchern nicht so sehr fü­hlen dassen, wie das Zivilprozeß- und Erez­­utionsverfahren den Mangel eines bü­rgerlichen Gefeßbuchs oder das Strafgefeg den des Strafverfahren empfinden ich Tan in Bolge heffen und g läßt. Selbstverständlich wiere | Gerichts-Institution, die wir Gott sei Dank in den besseren Zeiten den Anforderungen des heutigen Staatslebens ent, die Rechtsprechung nicht so­­der­sprechend geschaffen haben, folgen, als wenn dieser Mangel an Geießbülchern nicht be­­stände. Außer den nothwendigen Lebensbedingungen der Gerichts-Institution, welche nur dich in organischen Zus­­ammenhang stehende Geießbü­cher befriedigt werden könnten, ist noch vieles Andere dazu nothwendig, daß diese Institu­­­tion ihre Fortschrittsfähigkeit in einer Weise bewahre, Damit man im Laufe der Zeiten an dem Prinzip der richterlichen Unabhängigkeit nicht zu rütteln br­auche. Bei uns kann sich aber die Gerichtssi­nstitution selbst auf jene primitiven Errungenschaften des Staatslebens nicht vollkommen fingert, welche mit dem ursprünglichsten Berufe des Staates, mit der Leistung der Rechtspflege, zusammenhängen. Großen­­theils liegt hierin auch die Ursache defsen, daß die Gerichts- Institution nicht größere Resultate aufweisen kannır. Was wir fir den 1. Jänner 1882 als Streben nach der Rechtseinheit erwähnen können, das ist in Ermanglung einer vollkommen einheitlichen Legislation die derartige Konzentrirung der­ Yudifatur vor der höchsten Instanz, daß von nun an sowohl in Straf-, wie in Zivil-Angelegenheiten Plenarfigungen zu halten sein werden, an welchen sänmt­­liche Zivil, resp. Strafrichter theilnehmen werden und in welchen die prinzipiellen Fragen in einer für die Zukunft m­aßgebenden Weise entschieden werden müssen. Dies wird in allen jenen Fällen, für welche es an Rechtsbestimmungen mangelt, die größte und einzige Garantie der Rechtseinheit sein. Von den territorialen Rechtsverschiedenheiten müssen wir freilich absehen, diese werden auch neben den Plenar- Entscheidungen fortbestehen. Das vorgeschlagene Mittel ist übrigens ein sehr kräftiges Surrogat. CS ist noch das Erfreuliche dabei, daß es nicht Schlimmer ist als das Lehel, welches damit fanier werden sol. Es it üt der That besser, daß das Gefeb zumindest dann geschaffen werde, wenn der Tall zum ersten­ Male definitiv entschieden wird, als dak wir .noc weiter in der Weise fortkranfen sollen, daß wir weder bei Beginn des Prozesses wissen, wie die Rechts­­norm beschaffen sein sol oder kann, noch auch dann, wenn wir. Das endgiltige Urtheil, in dem so und so vielten Sale erhalten haben. Der bisherige Oberste Gerichtshof war genöthigt, so ziemlich widersprechende Urtheile zu fällen. Es traf sich selten, daß er ein Rechts­­prinzip tiefer erfassen konnte. Mit der neuen Ordnung der Dinge wird zumindest so viel gewonnen sein, daß, wenn in irgend­einem Prozesse das Recht — allerdings um den Preis im vorhinein beschlosfener Opfer und im Dunkel tap­­pend — Sich durchgefämpft haben wird, dies wenigstens für fünftige Prozesse ähnlicher Art als Mafstab gelten wird. Man wird in der Weise zumindest erfahren, was der Staat als Necht anerkennt, wenn sich vorher immer jemand findet, der die Probe macht, was in gemissen Fragen mög­­lich ist und was nicht, d. h. wenn er sich aufopfert. Unter solchen Verhältnissen wird man selbst solche falsche Drogesie — troß ihrer Offenkundigkeit — nicht veri­beln fFünnen, wo einzelne Leute sich zusammenthun, eine Frage auf­werfen und dieselbe unter dem Vorwande eines Prozeßfalles vor das Gericht und bis vor die höchste Sufstanz bringen. Auf Grund der Dezision wird dann erst der wirkliche. Der eigentliche Prozeß beginnen. Der Zwang des Lebens hat die ungarische Geseb­­gebung auf ein Auskunftsmittel ange­wiesen, weil die Ge jeßgebung noch nicht bis zu jener Aufgabe gelangt ist, das Necht in den Gefegen und durch die Gefese einheitlich zu gestalten. Die Wellen des Nechtslebens müssen bis zu der min ins Leben tretenden Fünfgl.­iıh­e dringen, wenn man in die Lage verfegt werden sol, und nur annähernd zu sagen, welches Gefeß Die widerstreitenden D Verhältnisse "des Lebens regulirt. Sicherlich ist Dies nicht Die geeigneteste Art und Weise, der massenhaften Anhäufung der­ Brozesse gründlich vorzubeugen. Selbst wenn man ‚vorausseßen konnte, daß man es bei der fünfgl. Kurie allezeit und ton MN es­se In insel era A 9100 ad libitum gebliebenen Rechtsverhältnisse inmitten des Zwistes der progessirenden Parteien mit gereggeberischer Nähe — gleichzeitig Gefeß und Recht schaffend — zu ent­scheiden, so daß mit der Zeit ein wirkliches Rechtssysten ausgebaut wu­rde, so — sagt doch Diese Art des Experimentirens durchaus nicht in den Nahmen des modernen Staates. Es it Die seinem Andern zu­ ü­bertragende, unmittelbar durch ihn selbst zu verrichtende Aufgabe des modernen Staates, zur Vermeidung aller Mi­verständnisse rechtzeitig die Rechte und Pflichten der Bürger festzustellen. Der Staat hat den Gerichten schon Damit eine große und mehre Aufgabe übertragen, daß er sie mit der Applikation der allgemein giltigen Rechte und Pflichten in den einzelnen Fällen betraute und schon in der Erfüllung einer so wichtigen Aufgabe ist Raum genug dafü­r geboten, daß der Oberste Gerichtshof Plenarfigungen Halte und in diesen im Wege prinzipieller Beschlüsse verhindere, daß selbst auf dem­ Gebiete der Geieges-Interpretation völlig D­iver­­girende Auffassungen plangreifen. Dem Gerichte einen noch größern Wirkungskreis zu geben, es aus seiner natürlichen Sphäre zu rütteln: dazu — wir wiederholen es — konnte die ungarische Gejeggebung nur doch den Zwang der Lage gebracht werden. Dieser Zustand kann nur ein provisorischer sein. Wir jagen „ein­ provisorischer" — und haben da noch etwas zu bemerken. Wir Hören mit Vergnügen, daß die einleitende, allge­meine Motivirung des im Auftrage der Negierung ange­fertigten­­ Strafverfahrens gleichzeitig "mit Diesen ‚Zeilen im „Magyar Sgarjägägy" vollinhaltlich erscheinen "werde und da werden wir den Grundreiß des großen Gebäudes des Strafverfahrens sehen. Mit Freuden­konstativen wir anch, daß dort, wo der Mangel am fühlbarsten ist, unter den Auspizien der Regierung die Arbeit eifrig gefördert wird. Der allgemeine Theil des bürgerlichen Gefegbuches ist noch aus diesem Jahre bekannt. Der Veröffentlichung des allge­meinen Theiles wird jene des besondern, des Sache, Obli­­gationen-, Familien- und Erbrechtes folgen, noch im Laufe­­ des ahres 1882 folgen müssen ; dasselbe wird mit der vollständigen Publikation des Strafverfahrens der Fall sein. Wir werden damit das Resultat vieljähriger Bemühung vor uns haben. Zu unserer vollständigen Befriedigung fehlt nur Eines und wir glauben, Dies sei das Pivot, um welches sich die in nahe Aussicht gestellte Angelegenheit der Kodifi­­kationen dreht. Der Bienenfteig der Negierung läßt uns fast vergessen, daß von Gefegesschöpfungen die Nede­it, die mit großen Schwierigkeiten verbunden sein können. Wenn wir jene in der nächsten Zeit realisiren wollen, so hätten wir im vor­­hinein diese Schwierigkeiten in Betracht ziehen müssen. Wer sie zahlreich sind und große Widerstandsfähigkeit befigen, künnen sie sich leicht aufb­ikemen und diese Schöpfungen ver­­eiteln. In anderen Ländern wird der Weg der Gejeßes­­schöpfungen im vorhinein geebnet. Bei uns jedoch sind z. B. in Sachen des bürgerlichen Gefeßbuches nicht mehr Hindernisse befeitigt, als daß die österreichischen Justiz Patente und Verordnungen entfernt wurden. Unter dem­ österreichischen Regime wurden die übrig gebliebenen Meste der im Jahre 1848 aufgehobenen Verhältnisse geordnet und die Aufhebung der Avstizität, sowie der damit in Zusam­­menhang stehenden Verhältnisse durchgeführt. Damit und mit den Grundbuchs-Verordnungen wurde die Einführung des österreichisschen bü­rgerlichen Gejegbuches vorbereitet, wir selbst vermochten aus eigener Kraft, selbstständig nichts dafü­r zu thum. Auf konstitutionellem Wege ist Faun etwas Anderes geschehen, als daß Franz Desk, welcher der Sache der unga­­rischen Kodifikation stets teen blieb, ein G­efeg über die Auf­hebung des Weinzehents schaffen Tief. Die ungarischen ver­­­­fassungsmäßigen Gefege über die Regelung der Urbarial-­­ Urbarial-Verhältnisse, fin­sflüffe der fe‘­reichlschen Arbeiten, die sich mit der Negschung des Cruz besiges befaßten. Was in der Militärgrenze , bezügt der Hauskommilionen geschah, das tst Königliche Verordnungen zu danken. Es müßte aber noch Vieles uns zwar auf konstitutionellem Wege geschehen. Ganz abgesehe davon, daß Die kleineren Negalien, die nicht zum grrundherr­lichen Necht wohl paßten, noch nicht alle abgelöst sind u man in der Zeit des im modernen Sinne genommen‘ bü­rgerlichen Gefeßbuches mit dem speziellen rbrechte­n Geistlichen schon im vorhinein brechen müßte —, abgeseh davon, wie gesagt, it der heutige Stand des Eherechtes " nicht zu "umgehendes­ und im vorhinein zu befeitigende Hinderniß. Wir wollen ein vollständiges bürgerliche Leserbuch und da können wir Fein Sofa nachlufen. Wi willen, daß man zur Zeit des österreichischen Zivilfeder­l­chen der katholischen und griechischen Parteien 001 den­­Bestimmungen des österreichischen Zivilgefeßbuche ausnahm­ und daß diese Chen durch die verschiedenen kanonischen Rechte geregelt wirden. Derlei glauben wir, kann sich nicht wiederholen, wenn wir eu bü­rgerliches Gefeßbuch haben werden. Die auf die Ehefehlig­­ung bezüglichen gefeßlichen V­erfü­gungen hätten in vorhineit für das bürgerliche Gefeßbuch gesichert werden. Desgleichen hätte man früher dafü­r sorgen müüssen, daß das Strafve­­fahren ohne Hinderniß geschaffen werden könne. Es war vorauszusehen, daß das morgen zu veröffentlichende Stra­verfahren die Mü­ndlichkeit proflamirt, welche auch bei der Obergerichten eingeführt wird. Es wäre schon bisher noth­­wendig ge­wesen, daß die Dezentralisation der Königlichen­­ Tafel, der zweiten Instanz, zu Bmweden der Nechtpfle durchgeführt worden wäre. — Gefegbnicher künnen n so eingeführt werden, wenn wir gemille schonende Nil­sichten beifeite een. Bergeffen wir nicht, daß die großen­­ Gefegesschöpfungen tief ins Leben eingreifen müssen. Seien Z wir darauf gefaßt und beginnen wir mit den legislatori­­schen Vorarbeiten. Die großen Gejegesschöpfungen hasfen , ihr Eintreffen ebenso in voraus fühlen, wie die großen Naturerscheinungen. Auch an deren Eintritt glauben wir­­ erst dann so recht, wer sich ihre Symptome zeigen. Ant 4 die­­ Verwirklichung der wahrhaften politischen Einheit des ungarischen Staatskörpers, deren ergänzenden Bestandtheil die Rechtseinheit bildet, künnen wir auch nur beim Anblick bedeutender Vorläufer glauben. Dann wird fi al das­­ erschü­tterte Vertrauen der Nation zu der Kodifikation bei­­beleben. Und dann wird es auch nicht mehr den Unschein haben, als ob wir altern würden, als ob unsere Kraft in­­­ Sachen unserer politischen Einheit im Schwinden wäre. Ungarn muß mindestens politisch zentralisier sein ; das muß auch Derjenige wollen, der noch immer darüber im Zweifel ist, ob die Staatsverwaltung in allen ihren Stufen in einer durchaus von Staats wegen geführten Weise zusamm­en­­4 :1 gehalten werden sol. Wenn er nicht die Zentralisation der Staatsverwaltung will, so wolle er mindestens die­ sofidefte Gattung der politischen Zentralisation : Die de vum Justizpflege, nicht blos durch Die materielle­­ Gewalt der Gerichte, sondern möglichst bald auch Durch die = Einheit des Rechtes, Dr. Aulins Kováts, LEO N PR: RER Er ir = Im Laufe der nächsten Woche begeben sich mehrere atga­rische Minister nach Bien, um dort unter Borfik Sr. Majestät Berathungen zu pflegen und um mit den österreichischen Ministern zu fonferiren. «.. =Die ungarische Landesbank wurde in Beantwortung ihrer jüngsten Eingabe an das Ministerium bezüglich Konzessioni­rung einer" auf dem rechten Donau-U­fer zuführenden Eisenbahn von Budapest nach Wien, respeftive Landesgrenze — wie die , Bud, Korr.” erfährt — seitens des Kom­mmunikations-Ministeriums aufgef fordert, nunmehr: diesbezüglich ihre detaillirten auf die Führung der " Trace ebenso,­ wie auf die Feststellung der Konzessions-Urkunde bez a­züglichen BVBorschläge und Anträge zu unterbreiten. Die Direktion­­ der Ungarischen Landesbank wird ihre neue Eingabe in kürzester Zeit der Regierung vorlegen. — Von offiziöser Seite wird gemeldet: Der König von Numm­nien habe sofort nach der Belegung des Konfliktes mit Oesterreich-Ungarn ein­ Telegramm an den Kaiser und König Franz Josef gerichtet, worin er seine Dankbarkeit und Freude über die Wiederherstellung der freimdschaftlichen Beziehungen aus drü­ce, deren eifrige Bflege er als persönliches Bedürfnis und­­ als staatliche Pflicht anerkenne. “ Aufsehen erregt folgendes Entweffler der Berliner „Nat.-Ber­­tung“ : „Geiliffentlich werden fortgefegt in inländischen und aus­­wärtigen Zeitungen Nachrichten verbreitet, welche darauf berechnet sind, den Kronprinzen an der gegenwärtigen Regierungspolitik” in irgend einer Weise betheiligt darzustellen. Wir halten dem gegen­­über unsere frü­here Mittheilung, daß der Kronprinz aus einer voll­­ständigen Neserve nicht herausgetreten ist, auf das bestimmteste auf­ 4 recht. Einzelne ganz substantitte Erzählungen in dieser Richtung, © wie sie neulich z. B. der „Standard“ veröffentlichte, die in verschie­­er deutsche Blätter übergingen, beruhen geradezu auf Lug und, eng.“ , · 4 Telegr.Yepeschettd.»Best« Ekopolk Cattaro,30.Dezember7.(Orig.-Tele»g·r (Per Postbis-Spalato.)·Seit dem Bestehen des Kordos haben auf herzegovinischer Seite einige male kleinere Gru­pen den Versuch gemacht,sich in die Krivosciehini­be zuschleichen­.Da sie aber alle Zugänge besetzt und sich wachtfanden,so zoge­n sie sich wieder zur s­ch bevor sie­ den Militärposten näher gekommen waren.Auch insz Krivoscie herrschte Ruhe,ja am vorigen Mittwoch e ihi Oberst-Brigadiner Hosti­cek sichere Kui­de,daß die­ Unterweisung geneigte Partei der Krivoscianer,insbesonder die Ubl­aner,an Anhang gewinnen und·daß Aussicht,zu« ehebaldigen Beilegung i derleidigen Angelegenheit vorhemd sei.Umso peinlicher berührte gestern hier die Nacht,­­ daß es zu einem blutigen­ Zusammenstb zwischen einer Schaar Krivosciancr und sechs Gendarnst gekommen sei.Gleich im­ Regi­me des Reucontres wurde dreichidarmentodt geschossen.Um die Leichen derselb entspann sich ein erbittertes RijIgest mit Bayonnetu Handschar,wobei ei­­ vierter Gendarm sein Leben verlo Zwei durch das Gewehrfeu­eralarmirteJiiger-Koixtpagixi trafen auf dem Kampfplage erst ein, als Alles zu 6 war. Die Terroristen haben bei den Krivoscianern­­ mehr wieder Oberhand. 8 Triest, 31. Dezember. (Orig.-Telegr­ Me­dung der „Neuen freien Breite” : First Nikita­vo Montenegro ordnete eine allgemeine Waffen-Neppe wobei der Abgang von 360 Martini-Gewehren konstativ wurde. Dieselben dirften in der Krivosc­e­ich befinden Der First verfügte, daß die fehlenden Gewehre biine vierzehn Tagen ihm vorzulegen sind. Fwijgen Dem­i­nister des Sunern Brbica und dem Minister des Neuß Radonmic bericht bezü­glich, der Krivoscianer Frage Uneinigkeit: Septerer soll Brbica gefordert haben. 8 Nikita vereitelte das Duell. Berlin, 31. Dezember. (Orig.-Telegr) . hochoffiziöse S Korrespondenz der amtlichen „Eljah-Lothy­rischen Zeitung" besagt, daß es sich darum handle, äußere Stellung des Papstes fund­mental anders zu gestalten und ihm­ gewisses Necht territorialer Souveräner ® beizulegen. Dem Papste soll darnach das rechte Tiber Ufer, d­erweg nach Civita-Bechia und Diese Hafenplas selbst überlassen werden. — Auf gute Duelle verlautet, daß der­ Berliner Dom­probst Die meiste Chancen auf den Breslauer Bischofsstuhl hat. Die­ sozialdemokratischen Abgeordneten, beabsichtigen im Anschluffe an den Antrag Windthorst’, im Reichstage die Aufhebung fräammtlicher Ausnahbm? gelege im Reiche, also auch bes Sozialisten­ amtl. dei

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