Pester Lloyd, Juni 1882 (Jahrgang 29, nr. 149-178)

1882-06-01 / nr. 149

f . @ .­­ — dem Nachzuge reichs­alt nur goldene Brüche zu bauen Man von Konstantinopel aus durch das berühmte „Doppelspiel‘ die Situation so trefflich vorbereitet, daß man gewiß nicht Anstand nehmen wird, sie bis in ihre legten Konsequenzen auszumügen. Die Pfortenpolitik in Egypten war eine wahr­­haft meisterliche, und zum erstenmale seit geraumer Zeit ist wieder etwas von den Traditionen Mali Pafchas zu neuen und kräftigem Leben erwacht. Ist aber einmal Die Macht 008 Sultans in Egypten retablivt, so werden die Versuche, ihr auch Tunis zu unterwerfen, sehnerlich auf­ sich warten Yollen. Schon jet läßt sich sagen, daß die egyptische Frage die Keime der gesammten afrikanischen Frage in sich Schließt Was aber ein derartiger politischer Flanfenangriff, wenigstens fit die moralische Stellung Frankreichs, in Tunis und Algerien bedeuten wide, bedarf seiner näheren Ausführung. Jedenfalls wü­rde es sich dabei nicht blos um ein Duell zwischen Frankreich und der Pforte handeln, s sondern ein gesammts europäischer ,untereffenfonflift­ersten Nanges h­eraufbeschworen werden, das Solidial des Blizefüings entschieden. . . S» «····«gelegenhe’iten«gerathen--sindeDie­ Meldun­g'der,",Ag"ence· «Reuter«,«daß vollständigtz Anarchie eingerissett sei,wird schwerlich als eine übertrickette betrachtet werden können. Allerdings die Anarchie nur in dem Sinne,als die legitimen Gewalten des Khedive fattisch an der Kraft gefeßt erscheinen und zu funktioniren aufgehört haben. An Wirklichkeit hat aber Egypten zwei neue Herren erhalten: Arabi Barche, der sich gegen alle Anstrengungen des Khedive trogig in seiner Macht zu behaupten vermochte, und den Sultan. Ersterer herrscht that­­sachlich über Egypten, während die Souveränetät des Lepte>­ren, welche bisher lediglich als eine prinzipielle, ja gewisser­­maßen als eine Fiktion gelten konnte, pröglich Inhalt und eine sehr weitreichende praktische Bedeutung gewonnen hat. Als die Truppen Tewfit Pascha den Gehorsam verweiger­­ten, falls er die Entlasung Arabi’s vollziehen sollte, war Er sah sich der Diktature seiner unbotmäßigen Unterthanen gegenübergestellt. Allerdings eine Dik­atur, welche sich Heute noch vor der souveränen Entscheidung des Sultans beugt. Allein es ist die Frage, ob dieser Umstand den Interessen des Khedive­fer wesentlich zu Gute kommt. Bei derartigen Konflikten weiß man in Konstantinopel jeder wohl mit den Thatsachen zu rechnen und die Machtfrage zu Nathe zu ziehen. Hat sich der nach Kairo abgegangene Pfortenkommissär exit Davon überzeugt, Daß alle thatsächliche Gewalt in der Hand Arabi’s Liegt, so wird es jedenfalls die Beschwichtigung der­­ Militärpartei sein, der die ersten V­ersöhnungsversuche der fouvveränen Macht gelten werden. Vermag die Pforte etwas­­ zu erreichen, so wird sie das sicher nicht zu Gunsten des Khedive zu erreichen suchen. Ihre ganze Tendenz wird viel­­mehr darauf gerichtet sein. Das weltliche Statthalterthum mit seine fast uneingeschränkten Befugnissen, wie es­­ sich unter dem Khedivate Fontail Barchas entwickelt hat, auf möglichst bescheidene Grundlagen zurückzuführen. Die nomi­­nelle Herrschalt des Sultans aber in eine thatsächlichere und garantistere umzuwandeln. Daher spiel, dessen die Pforte von Paris und London aus mit so viel Erbitterung geziehen wird. Das Doppel­­spiel it vorhanden und seine Motive sind durchaus ver­­ständliche ; die Pforte steht den Bestrebungen Arabi Bafcha’s und seiner Gestimungsgenosssen insofern nicht feindlich ge­­das Doppel­ genüber, als durch dieselben eine entscheidende Bresche in ‚die Stellung Tevfit VPafcha’s gelegt worden it. Anderer­­­dung eines Kommissärs, weil dadurch ihr absolutes Anrecht auf die Höchste Entscheidung der ägyptischen Dinge ad aculos eits entspricht sie dem Wunsche des Lebteren nach Abfen­­, demonstrirt, insbesondere aber der Aktion der Westrmächte eine moralische Niederlage bereitet wird, für welche sich selbst in der an internationalen Blamage. keineswegs ganz armen Geschichte der orientalischen Frage fehnerlich ein gleich tragisomisches Analogon finden dü­rfte. In der That, so tief die Demü­thigungen sind, welche der Khedive von Seite seiner unbotmäßigen Unterthanen über sich ergehen lassen mußte, und die ihn von Seite sei­­nes souveränen Oberherrn voraussichtlich noch bevorstehen. Tewfit Bascha wird von dem Ernst der Situation sicher­­, sich nicht schwerer getroffen, als das vereinigte Frankreich und England. Es ist kaum zweifelhaft, daß alle Früchte jener mühsamen, auf Mieberredungen, Drohungen, Ueber­­einimpelungen und Einschüichterungen beruhenden Bolitis auf dem Spiele stehen, welche seit nahezu einen Degen­ nimm im Szene geseßt­­ wurde, um das Pharaonenreich ausschließlich den Sntereffen der Westmächte Dienstbar­­ 370 machen. Die mit so viel Aplomb unter­­nommene Aktion muß unterbrochen und gerade in die Hände „derjenigen Macht gelegt werden, die von dem egyptischen Dingen fernzuhalten das sichtliche Bemühen Englands und Frankreichs war. Und nicht einmal der sonst bei solchen Zwischenfällen übliche Trost, daß sich die Wir­­­­kungen der Niederlage auf ganz Europa vertheilen, steht den Westmächten diesmal zur Seite. Ihr egyptisches Unter­nehmen hat sich so selbstbewußt und so rü­ckhaltslos, auf die ‚eigene Kraft vertrauend, von der europäischen Gemeinsamkeit — losgelöst, daß man es der öffentlichen Meinung nicht ver­­argen kann, wenn sie mit einiger Schadensweude auf die­­ Echecs blickt, welche dies Unternehmen nunmehr durch Die Macht der Umstände erlitten hat. Der Sache nach liegt aber hierin, vielleicht mehr noch in dem, was mut in Egypten geschehen wird. Die Bedeutung der dramatischen Vorgänge, deren Schauplan Kairo im bes­legten Tagen gewesen ist. Es ist allerdings ehr möglich, daß das Whig Ministerium in England das Maß der politischen Sperthü­mer und Mißgriffe och nicht gefüllt hat, welches nach den bisherigen Erfahrungen nöthig ist, um den vollen Umwillen der britischen Wähler heraufzubeschwören. Allein daß die legten Entwickungsphasen der trischen und der ägyptischen Frage den Gegnern der Gladstone-Ad­mini­­stration ein überaus reichhaltiges und fortwirkendes Material an die Hand geliefert haben, wird sich sehnerlich bestreiten lassen. Wenn das Ministerium Gladstone heute seine Bitten mit denen des Khedive vereinigen muß, Damit die Pforte sich Herbeifasse, die Ordnung in Egypten herzu­­stellen, so ist Das die denkbar größte Verurtheilung der sigeren Politik. Ein schwereres Harakir i­st kaum jemals einer Regierung angemuthet worden. Denn welches auch die durch die Pforte herbeizuführende Lösung sein wird, es it unmöglich, daß sie den Winschen­ Englands entspreche. Stladstone war allerdings der Ansicht, daß das Balkan­­Drveted den Balkanwölfern gehöre, allein er theilte durchaus nicht die Meinung, daß Egypten Cigenthun der Egyptier oder daß es Eigent­um des Sultans sei. Nothwendig aber wird er Die nächste Entwicklung, firs Erste wenigstens, der egyptischen Nationalpartei oder dem­ Sultan zumweisen müssen und nur Die eine Chance, daß es die Domäne bleiben wird, auf welcher Frankreich und England ihre politischen und wissenschaftlichen Barragegeschäfte weiter treiben, erscheint zunächst ausgeschlossen. Noch unmittelbarere und eindringlichere Konsequenzen des Zwischenfalles können sich in Frankreich ergeben. Letteres erschien allerdings nicht als die führende Macht. Aber gewin­nt, daß die Wirkungen einer politischen Niederlage in Frankreich stärker auf die öffentliche Meinung reagiven, als in England, vielleicht gerade Deshalb, weil Die Französische Nation in ihrer Mehrzahl jeder auswärtigen Aktion im jenigen Augenblicke noch abholder ist, als selbst Die euhebedürftigsten Anhänger der M­inisteriums Gladstone. Auch hat man sich in Frankreich an gewisse, regelmäßig wiederkehrende­ Ministerfrifen gewöhnt. Eine ernste Er­schü­t­­terung der Stellung Freyeinet’s, wie sie jegt von Baris aus angekü­ndigt­ wird, ist also seineswegs ganz undenkbar. Hoffentlich wird Diese Krisis beschworen werden. Aber daß sie and ame entstehen konnte, berweist einschneidender als alles Andere, daß die alten kulturellen und politischen Zentren an den afrikanischen Küstengebieten des Mittelländischen Meeres auch Heute mod Die wichtigster Durch­gangspunkte der europätichen Snteressen sind, und daß Die egyptischen Ents­cheidungen kaum mehr eine geringere Stelle in der euro­­päischen Orientpolitik einnehmen, als die Frage des Reiches von Konstantinopel und jener Meerenge, welche die uralte Schifffahrtstraße des östlichen Handels bezeichnen­. In welcher Weise , die Westmächte den Gefahren zu begegnen suchen werden, welche durch den zähen Widerstand des egyptischen Ministeriums über ihre politis herauf­­besch­woren worden sind, ist jebr schon erkennbar. Europa, das man beiseite geschoben, soll nn abermals in den Vordergrund treten. ES­­ scheint davon die Nede zu­ sein, daß die Entscheidung des Sultans’ unter die Kontrole der’ —­emopatschen Mächte gestellt werden soll. Auch dieses Aus­­ Budapest, 31. Mat. (Pp Den Habim­es des Reichstages wird jener Löstliche Dialog noch im Siume sein, welchen Graf Julius Szapary und Herr Albert Németh vor Jahresfrist etwa in feierlicher Sigung aufführter. Der Abgeordnete der äußersten Linken hatte eine melodramatische Schilderung entworfen von der Ver­üstung, die in gewissen Gemeinden des Heveser Komitats bereiche, wo das Elend so groß sei, daß in ganzen Dörfern ein Eichstand überhaupt nicht mehr zu finden sei. Darauf erhob sich der Finanzminister und erklärte, er sei selbst in einem der fraglichen Dörfer Gutsherr, er könne Zeugung ablegen, daß die Bauern sich des größten Wohlstandes erfreuten und was den Viehstand anlange, so sei derselbe ein bleihender, es gebe Bauern, welche mit Viererzü­gen ausfahren, deren sich ein aristokratischer Sportsman nicht zu fehämen hätte. Wer als Unbefangener näher zugesehen hätte, wü­rde wahrscheinlich gefunden haben, daß beide Darstellungen auf Wahrheit be­­ruhten und daß nur jeder Renner einzelne Erscheinungen, die ihm aufgefallen waren, als allgemeine Regel behandelte. Unter den zahlreichen Zuhörern jener denkwürdigen Debatte aber mag es — selbst im Kreise der­­ Regierungspartei — sehr wenige Landwirthe gegeben haben, Die nicht geneigt ge­­wesen wären, die Beobachtungen des oppositionellen Renners als die authentischen anzuerkennen, weil nun einmal der Belfimismus, eine Art von wirthschaftlichen Weltschmerz den hervorragendsten Zug in der Auffjassung eines jeden ungarischen Landwirthes ausmacht. Die günstigeren Auffassungen und die Daten, du­rch welche dieselben unterstü­ßt werden, finden darum auch eine weit geringere Verbreitung im Lande, als die biteren Schilderungen von Verfall und Untergang. Wir glauben aber, daß eine objektive Betrachtung der vorhandenen posi­tiven Daten zu dem Schluffe führen muß, Daß Die MÜ TELE­NT­E Te DET angararmen Land­­wirthchhaft ihren Höhepunkt bereits überschritten hat und daß sich an vie­­len­ Stellen­ erfreutihe Heiden einer fortschreitenden­­ Gesundung­ fundge­­ben. Wir frügen uns da vor Allen auf die Daten über den­­ Realitätenverfehler und das lan wirthbchaftliche Scyuldmwesen, welche Bro­­fessor Konef jüngst in übersichtlicher Zukfannten­­stelliung in einer Sektion der Ungarischen Akademie vorge­­tragen hat. Der tü­chtige Gelehrte hat selbst auf die­­ Mängel Dieses Theiles umnserer amtlichen Statistif Hingewiesen und wir fügen Hinzu, daß uns nichts dringlicher erscheint, als eine detaillirte Statistik über den­­­erkehr ud das Schulden­wesen der Landwirthschaft. Prof. Lorenz Stein hat in einer seiner jüngsten Schriften geäußert, ein Staat fühne die Hin­richtung einer verläßlichen und erschöpfenden Statistik dieser Art nicht verabsäumen, „ohne wahre Schädigung eines der größten Suteressen u userer ganzen Zivilisation“ ud es wird sich wohl Faum Spenmand finden, Der dem Gedanken selbst nicht inh­altlos zustimmte. Die von Brofessor Konef bearbeiteten Daten sind den grundbich­erlichen Ausweisen entnommen und erstrecken sich auf die Jahre 1875 bis Ende 1879. Wir ersehenn aus diesen M­ittheilungen, daß der Realitätenverfehr, sei es auf Grund von freiwilligen Beiträgen, si­es auf Grund zwangsweiser Zeitbietungen, in Den angegebenen Bestim­mte allerdings zugenommen hat, allein keineswegs in beunruhi­­gendem Maße und im Allgemeiner Tau­t in denselben Dimensionen wie in Oesterreich. Während im Jahre 1875 auf Grund von Beiträgen 138.088 Uebertragun­­gen im Werthe von 108 Millionen Gulden vor­­kamen, weist das Jahr 1879 schon 165.166 Uebertraguns­­gen im Werthe von 113 Millionen Gulden auf. Allein diese Lebertragungen enthalten eben Fein besorgnißerregendes Moment, so lange sie nicht in solcher Häufigkeit vorkommen, daß man entweder auf schwindelhafte Spekulation oder auf unverhältnismäßigen Nichgang des Bodennwerthes fehlsehen : tanz. Viel bedenklicher ist die Sache bezü­glich der exekutiven Feilbietungen, deren Zahl von 9606 im Jahre 1875 auf 19.213 im Jahre 1879 (von 10 auf 16 Millionen) ge­­fliegen ist. Dabei ist freilich zu bemerken, daß es sich hier nicht nur um land­wirthischaftlichen Befis handelt, sondern daß Die gemundbücherlichen Ausweise seinen Unterschied zwischen städtischem, landwirthichaftlichem und Berg­­werksbefig machen. Und doch figuriger gerade Die Städte hier mit jeher großen Ziffern. Bu­dapest allein stellt 18 Perzent zu den zwangsweisen Verkäufen. Bedauerlich ist, daß an dieser Stelle nicht fonstatirt werden sat, wie viele Veräußerungen zu Gunsten von Privaten und wie viele zu Gunsten des Staates stattfinden. Diese Füre sind umso bedauerlicher, als in Folge einer wider­ fünnigen Bestimmung unserer Brozeßordnung ein ehr an­sehnlicher Theil des so zur Versteigerung gelangten Reiches geradezu verschlendert wird, so daß Schuldner und Gläubiger gleichermaßen geschädigt werden. Hat doch der Stener-Juspertor des Preßburger Komitats erst jüngst in seinem Berichte einen Fall erwähnt, wo ein Haus und Weingarten bei einer Versteigerung um einen Gulden veräußert werden mußten. Die Folge it, daß auch Die Fülle, wo die grundbü­cherliche Schuld gelöscht werden muß, in Folge von Konfurien oder weil troß der Dersteigeruug der Gläubiger Feine -Dekung fir seine Schuld gefunden hat, außerordentlich zahlreich sind . Durchschnittlich gibt es 4071 Fälle dieser Art jährlich, welche einen Kapitalsverlust von sechs Millionen darstellen. Zu erwähnen ist hier die fast unglaubliche Thatsache, daß zu den Fällen Dieser Kategorie die Hauptstadt allein 60-76 Prerzent stellt, das it 3.7—4.6 Millionen. Wenn man Diese Summe von der Gesammtsu­mme in Abzug bringt, ergibt sich für Die Landwirthschaft ein verhältn­ißmäßig sehr gün­stiges Resultat — was denken aber dabei die Enthusiasten des unerhörten Fortschrittes von Budapest ? Einer der traurigsten un­d zugleich Tehrreichsten Punkte des Erposes, welches wir hier­ besprechen,­­ bezieht sich auf die Uebertragungen, welche durch Todesfall hervorgerufen sind. Der jährliche Durchschnitt derselben beträgt in Ungarn 48.411 und in­­ Oesterreich mit seiner wesentlich­­ größe­­ren Bevölkerung nur 88.556 Fälle. Es it das ein­­­­ nennen, mäßige Abnahbmederducchsähnittli Belastung und eine regelmäßige Zw nahbmeder duchschnittlichen Entlastung offenbaren Während im Jahre 1875 die jährliche Neubelastung noch 149 Millionen ausmachte, fant dieselbe im Jahre 1878 auf 135 Millionen und 1879 auf 142 Millionen herab. Die Entlastung dagegen, welche im Jahre 1875 nur 61 Millionen ausmachte, betrug im Jahre 1878 bereit 85 Millionen und im­­­ahre 1879 schon 80 Mil­lionen, was ein sichtbares Zeichen gefunden Fortschrittes und besserer landwirthschaftlicher Kreditverhältnisse abgibt. Noch weit besserer würde sie — unseres Erachtens — das Ver­hältniß Stellen, wenn wie bereits die Resultate der legten zwei Jahre Tonnen wilden, welche der Kon­­version amd ver Tilgung von Schulden so besonders günstig­ gewesen sind und dnb unsere Landwirthe auch sehr häufig ausgenrügt wurden. Wenn man in Exträs gung zieht, da­ ein ansehnlicher Theil der ausgewiesenen jährlichen Neubelastung auf die Hauptstadt entfällt und daß bei den eigentlichen landwirthschaftlichen Schulden wieder ein ehr ansehnlicher Theil auf Kaufschillingsreste, Exb- Tcaftsansprüche u. s. w. entfällt, so wird man zugeben müssen, daß die Schuldenverhältnisse des ungarischen Grund» befiges im Laufe der Vegten Jahre eine ernste Besseiung er­­fahren haben. Angesichts der Klagen, die von mancher Seite erhoben werden ü­ber Die fortwährend steigende VBerschuldung des landwirthschaftlichen Drumdbefiges enthalten diese Ziffern ein sehr tröstendes Moment. Es sind allerdings auch im­ Laufe Dieser Jahre genug Fälle des landwirthschaftlichen Banferotts zu Tage getreten; allein, so traurig diese einzel­­nen Fälle für den Einzelnen eben sein mögen, ein Blick auf die Gesanmtheit zeigt eben doch, daß solche Katastrophen jegt nicht mehr, sozusagen mit elementarer Kraft auf den Landwirth eindringen, wo nicht das Unglück oder die Fehler früherer Jahre, oder auch direktes Berjchulden des Di­rekten eine Rettung unmöglich gemacht haben. Alle diese Zeichen sprechen für eine fortschreitende Konsolidirung, seineswegs für eine andauernde Deroute der landwirth­­schaftlichen V­erhältnisse. Bemerken wollen wir ü­brigens, daß auch wir Die grundbücherlichen Ausweise nicht für eine vollständige Darstellung der, innerhalb des Grundbefißes sich voll­­ziehenden Bewegungen umsehen ; diese Ausweise bilden aber immerhin den bisher vorhandenen, sichersten Grund, von dem aus Schlüffe auf den wirklichen Stand der in Betracht kommenden BVerhältnisse gezogen werden können. Insofern stimmen wie mit Professor Konef durchaus überein, daß eine genauere Wirtheilung der grundbü­cherlichen Ausweise sehr wesentliche Dienste leisten würde und daß vor Allen eine Heranziehung der im Finanzministerium allmonatlich einlaufenden Gebühren -Ausweise das Bil, welches wir von dem ungarischen Grundbefig erhalten, erst vervollständigen könnte. Der Herr Finanzminister, der jeder vernünftigen Neuerung mit so vorurtheilsloser Bereitwillig-­keit entgegen­kommt, wird sich gewiß auch gegen Diesen Borschlag nicht ablehnend verhalten... Wir sind aber über­zeugt, daß, wenn die Daten über den Verkehr und die Belastung des ungarischen Grundbefiges erst in ihrer Bost­ständigkeit detaillirt vorliegen, dieselben nur jene gin tti­gere Auffass­ung­ von der Lage schaftlichen Besises bestätigen werden, welche schon durch die bisher bekannten Daten für umminderleglich erhärtet wird. Dieselben sprechen eben für die erfreuliche Thatsache, daß, während Theoretiker und W Politiker die ungarische Landwirthschaft fast ganz aufgegeben haben, diese selbst sich durchaus nicht aufgegeben hat, bes Tandmwirth­­­ ur Sculdader-Frage.­­ Budapest, 31. Mai. X Die Enquete in Angelegenheit der Beurtheilung und Appro­­bation der Mittelfchul-Lehrbü­cher, die vor einigen Wochen im Unterrichts- Ministerium stattfand, behandelte eine Angelegenheit, welche nicht nur bei ung, sondern überall, wo es Schulen gibt, zu vielen Klagen und Anklagen Veranlassung bietet. 63 sind eben gar zu viele Interessen in diese Frage verflochten, und theilweise Interessen, welche einander entgegengefeßt sind, so daß eine Zufriedenstellung aller Parteien son doch die Natur der Sache jeher schwierig, in zahlreichen Fällen geradezu unmöglich it. Das nächte und wichtigste Interesse ist selbstverständlich das der Schule, da es für den Unterricht dachaus nicht gleichgiltig ist,­­welcherlei Schulbücher demselben als Lehrterte zu Gründe gelegt wer­­den. Über nigt nur der wissenschaftliche und pädagogische Charakter der gebrauchten Lehrbü­cher ist für die Schule von größter Wichtigkeit, auch die Stabilität oder der M Wechsel der Lehrterte ü­bt seinen, zur weilen nichts weniger als günstigen Einfluß. Es it nämlich eine Thatsache, an deren Nichtigkeit kein Einsichtiger zweifeln man, daß der überaus häufige Wechsel der Schulbücher, wie er besonders an manchen Anstalten beobachtet werden kann, dem Zusammenhange und der Einheitlichkeit des Unterrichts nicht förderlich sein kann, daß die oft außerordentlich verschiedenen Methoden der Behandlung des Stoffes in den einander ablösenden Bü­chern blos die Verwirrung der Schüler steigert und meist vielfache Liden ihres Wissens zur Folge haben.­­ Nächst der Schule sind zunächst die Verleger in dieser Frage eine stark interessirte Partei,da sie ja ihr sauer erworbenes Geld als Kapitalist die von ihnen herausgegebenen Schulbücher stecken,und daher wünschen müssen,daßdechnu­tzung und Verbrei­­tung derselben keine Hindernissciut daweggelegt werden.Ein( staatliches Schulb­ücher-M)Monopol,an welches beimis selbstverständlich kein vernünftiger Mensch denkt,würde die ungarischen Buchhandel Vollständig zugrunde richten,da unter den Verlagsartikelkt unseres Büchermarktes eben nur die Schulbücher gewinnb­singend sind.Unsere Verleger sind nun,trotz de1 11 auf diesentilde die frci­ste Konkurrenz herrscht,überan—3 angehalten ü­ber die Kontroll,1 welche der Staat ist Angelegenheit der Schall­ sicher in Anspruch nimmkt und thatsächlich ausü­bt,—da ein­ großer Theil der von ihnen verlegten Lehrbücher nicht approbiert wird.Es liegt au­f der Hand,daß die Verleger Unrecht thun,sich mit ihrem Unwillen gegen den Staat zu wenden, da siejatktiv selbst daran schuld sind,wenn die von ihnen herausgegebe­­nen Bü­cher dieMtsprüchen der Kritik nicht genügen. Die Abfassung und Herausgabe von Schulbüchern ist ein lukra­­tivecischäf.Daher die Hast,mit welcher bei uns Lehrbü­cher über Lehrbü­cher verfaßt1 werden­,wobei die Verleger sich in zahlreichen Fäl­len weder davon überzeugen,ob der Verfasser­,der ihnen ein Manu­­skript anbietet,zur Abfassung des angebotenen Buch­­s bet­eil­igt ist, noch davon,ob das Buch den Anforderungen der Wissenschaft­ des vorgeschriebenen und eingeführten Lehrprimes entspricht,wesend­­lich davon,ob das zum Verlag angebothke Buch einem wirklichean­dürfnisse entgegenkommt,ob es in der einen oder an der E Beziehung besser ist,als die bereits Vorhandenen und zu größer V Verbreitung gelangten Schulbü­cher.Und doch wären diese drei Gesichtspunkte nicht aus dem Auge zu verlier.Ein Schulbuch,das diesen dreifachen Ansprüchen nicht genügt hat keine Existenzberechtigung und findet in Folge dessen auch keine Zustim­mung von oben und keinen Absatz nach unten. An der Misere unserer Schulbücher-Verhältnisse tragen unsere Verleger einen großen Theil: der Schuld; fegen sie doch zumeilen Bücher in die Welt, welche" auch” von allerbefehet denítert Ansprü­chen nicht zu genügen vermögen! Dak der Staat dem Geschäfts-Stand­ — tigeren Verleger zu Danke verpflichtet sind. Schüler und Eltern, wo sie ihm 9 tügg­­i ng? y Denn an die Eltern sind in der Schulbü­cher-Frage eine stark interessirte Partei. Unsere Lehrbücher sind thener, — das ist fon an und für si für die Eltern ein sehr unangenehmer Um­­stand, der jedoch theilweise in unseren merkantilen Verhältnissen mwurzelt und insofern motivit if. Ganz unmotivirt aber ist es, wenn diese theneren Schulbücher s­chlecht sind und überdies auch noch sehr häufig wechseln. Der Preis der Schulbücher steigt in einzelnen Klassen bis zu dreißig und mehr Gulden, — und hier sind die Hilfs­­bücher (Atlanten, Wörterbücher u. s. w.) gar nicht inbegriffen. Fü­r den Mittelstand, dessen Kinder das Hauptpublikum der Mittelschulen bilden, ist diese Summe eine drückende Last, um so drndender, da, bei dem Frankhaften Wechsel der Schulbücher. Der um ein oder zwei Jahre jüngere Bruder die Lehrbücher seines erst jüngst duch die­­selbe Klasse hindurchgegangenen ältern Bruders in der Regel nicht mehr brauchen kann. Das ist eine widersinnige Geldverschwendung, welche umso weniger zu billigen ist, da Diese Vorgänge,­­ wie bemerkt, auch auf den Unterricht selbst von nachtheiligen Folgen sind. Die gegensächlichen Spätereffen, welche in der ganzen Schul­­bücher-Frage berührt werden, vertheilen sich also auf zwei Parteien : die eine besteht aus den Verlegern und Verfassern von Schulbüchern, die andere bilden die Eltern, die Schüler und der Staat, der Legtere als Vertreter der Ansprüche der Schule und des Unterrichts. Gegen­ fäglich nannten mchr die Interessen der beiden Parteien, nicht weil sie Dies dem Telen der Sache nach sind, sondern weil sie im praktischen­ Leben, besonders in unserem Vaterlande zumeist als solche erscheinen. Da die Sinterefsen der Schule die einzig w­esentlichen sind, hat der Staat dafür zu sorgen, dad nur gute Schulbücher eingeführt und die bereits eingeführten nigt ohne zwin­­­gende Gründe gegen andere vertauscht werden. Die Beur­­theilung der Schulbücher geschieht gegenwärtig direkt den Unterrichts­­rath, dessen ungemü­chlichste und widerwärtigste Beschäftigung dies ist Selbstverständlich­st mit der Kritik des Unterrichtsrathes Feine Bartei zufrieden und­ die Klagen über die Langsamkeit, Barteilichkeit und übertriebene Strenge, d. h. Ungerechtigkeit des Unterrichtsrathes werden stets von neuen laut. Thatsächlic­h­ von diesen Sere­­miaden blos die über die Langsamkeit der Beurtheilung e­rho­­bene Klage berechtigt. Leider ist der Büchermarkt in der Pro­­duktion von Schulbücher so außerordentlich fruchtbar, daß die Mitglieder des Unterrichtsrathes mit demselben kaum Schritt zu hal­ten vermögen. Trobdem ist diese Klage berechtigt und die Regierung _­roird dafür zu sorgen haben, daß die eingesendeten Bücher innerhalb der zur Beurtheilung derselben bestimmten Zeit wirklich absolvirt werden. Nicht berechtigt dagegen it die Klage über die Partei­­lichkeit und Strenge der Beurtheilung. Der Unterrichtsrath hat — soweit wir wissen und dies zu beurtheilen vermögen — Fein wirklich gute­s Buch abgewiesen und sein Daß bei der Schälung einzelner Mängel die Ansichten auseinander gehen künnen, leugnen wir nicht; daß aber durch ü­bertriebene Betonung der Schwächeren Seiten ein im Uebrigen vorzügliches Lehrbuch je zurückgewiesen wor­­den wäre, das scheint uns sehen deshalb nicht wahrscheinlich, weil in diesen­ Falle die Gegenkritik, w welche dem Verfasser zusteht, die Ein­wände des Beurtheilers auf das richtige Maß zurückgeführt hätte. Was endlich die Strenge des Unterrichtsrathes anbelangt, so ist das einfach ein Märchen, über welches es schade wäre, noch viele M Worte zu machen, wirflich fchledytes approbirt. Schwieriger­st es, den häufigen Mediel der Schulbü­cher in­t­egranten zu halten, da hier vor Allem auch zu beachten ist, daßs der wirtliche, wahre und überaus wünschend werthe Fortschritt im Feiner Weise gehemmt werde. Das befsere Bu soll das schlechtere verdrängen, und zwar so bald als möglich. Mur geben eben im einzelnen""Falle die Ansichten darü­ber, welches Buch das befsere sei. “stark ausein­­ander. Um diesbezüglich eine, auf der Praxis des Mittelfchul-Unter­­richtes beruhende Grundlage für seine Kritik zu erhalten, hat der Unterrichtsvotk beantragt, und die eingangs erwähnte Enquete fchlok sich diesem Antrage an, daß die Lehrbücher in Zukunft nicht, wie bisher, doch die Verleger zur Approbation eingesendet werden sollen, sondern doch die Lehranstalten, welche die geminschte Einführung des neuen Buches eingehend zu moti­­viren haben. Es ist hiedurch den Lehrkörpern zur Pflicht ge­­macht, nachzuweisen, daß das neue Schulbuch in der That besteh­­t, als dasjenige, welches bisher als Grundlage des Unterrichts diente. Diesem wohl begrü­ndeten Standpunkte des Staates gegenüber it die Stellung der Verleger und Verfasser von Schulbüchern dar­­aus seine schwierige. Sie haben eben nur darauf zu achten, daß sie wirklich gute Bücher produziren, Bücher, welche die vorhandenen in wissenschaftlicher und pädagogischer Beziehung über­­treffen und die Approbation wird ihnen nicht versagt werden. Gegen Urtheile, die ihnen ungerecht scheinen, steht ihnen der­ Weg der Gegen­­frit­t und die Appellation an die Oeffentlichkeit stets offen. Besonders mit Rücsicht auf die Verleger und Verfasser halten wir es Daher auch für wünschenswertb, daß alle Kritiken des Unterrichtsrat­es dnch den Druck veröffentlicht würden. Doch eine Bemerkung zum Schluffe. Wir haben nicht nie zu viel mangelhafte Schulbücher, wir haben überhaupt viel zu viel Schulbücher. Nicht nur, daß fü­r jeden Gegenstand Klaffe für Klaffe ein eigenes Buch vorgeschrieben wird, — bei einzelnen Gegenständen muß der Schiller sogar in einer und der­­selben Klaffe zwei, drei und sogar vier Bücher kaufen, und dabei­­ der Umfang derselben in einer slamm­enartig anmach­enden Aus­­dehn­ung begriffen. Das ist ein Unfug, der nirgends in der Welt in diesem Maße zu finden it. Bald wird jeder Schüler einen eigenen Hordor benöt­igen, der ihm täglich die Bücher in die Schule und aus der Schule nachschleppt, denn er seldrt wird sie bald nicht mehr zu tragen vermögen. Daß diese Menge von Lehrbüchern den Inter­richt erleichtert oder vertieft, it eine Fabel; — können mir doc täglich V Beweise des Gegentheils erleben! Auch in diesem Punkte sollten dir übertriebenen Spekulation Schranfen gezogen werden. Das Schulbuch ist seinen eigensten Berufe nach blos die Grundlage des Unterrichts; in seiner heutigen Gestalt­ann es oft den Lehrer und die Schule erregen. Das ist ein ungesundes Verhältniß, unter dem­ der Unterricht leidet, und ü­berdies : ein Luftspieliges Vergnügen, das ins unsere Mittel nicht gestatte­t. + 3 a — Das Scherhaus wird am 1. Juni, 11 Uhr Vormittags, Sigung halten. — Die reichstägige liberale Partei hält am 1. Juni am 6 Uber Abends, eine Konferenz. = Gegen den (von uns mitgetheilten) Gefegentw­urf über die Ablösung der sogenannten Mederlandsfelder im Toron­­taler Rontitat it ein sehr umfangreicher­­ Brotest von neun Zehntel der Bevölkerung des vormaligen Kikindaer Distrikts, vertreten durch den Advok­ten Paul Somogyi, an den Reichstag und an die Finanzminister gerichtet worden. Das Schriftstück enthält ein reich­liches Material betreffs der rechtlichen Natur und des Historifums der Ueberlandsfelder und schließt mit einem Protest gegen den Bev­trag, welcher mit den gegenwärtigen Belikern dieser er geschlossen werden soll, indem dieser Vertrag al­svavaminal für die übrige Bevölkerung bezeichnet wird. e H­w 66 Velegr. Depefedjen 0. , Fefler Lloyd. Wien, 31. Mai. (Dörig-Telegr.) Der Lemberger Rabbiner Dr. Lö­wenstein wurde heute in halbstündiger Audienz vom Minister Grafen Kämnofy empfangen. Löwenstein knüpfte an die Schilderung des grasenhaften Elends der geflüchteten russischen Sünden die Bemerkung, daß Dieser, für Oesterreich und speziell fü­r Galizien gefahrbringenden Noth Taum selbst durch die aus­­gedehnteste Unterstügungsaktion mehr begegnet worden sat. Der Minister nahm den Bericht in herzlichster Weise ent­­gegen und versicherte, Alles aufbieten zu wollen, um solchen Kalamitäten für die Zukunft vorzubeugen. Wien, 31. Mat. Drig-Telegr) Meldung der „Bolt. Rore.” : Der dänische Gesandte in Wien, Obast v. Kjaer, hat sich nach Belgrad begeben, um dem König Milan mit einem eigenhändigen Schreiben des Königs von Dänemark den Elephanten- Orden I. Klasse in­ Brillanten zu überbringen. Der niederländische­­ Gesandte in Wien, Graf von Zuylen, begibt sich zu analogen g3wece in den nächsten Tagen nach Belgrad.­­ RER \

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