Pester Lloyd, November 1884 (Jahrgang 31, nr. 302-330)

1884-11-01 / nr. 302

dapeit, 31. Oktober. 5 sp»-Wie­ derJe­erkranke immtsgu ruhiger wird,jemehr sich der Zeiger der Uhr der««M9·tternachtsstunde nähert,so spächst sichtlich die Unruhe im Lager der gemäßigten Oppok­­­sition,je näher der Zeitpunkt für den Wiedereintritt des Freiherrntv.Seinyeyindus-öffentliche Leben heran­­rückt.Wir wollen damit nicht entfernt einen Tadel gegen die gemäßigte Opposition ausgesprochen haben;wir betrach­­ten es im Gegen­theil als einen Beweis für den Ernst und die Einsicht,­welche in ihr­en Reihen herrschen,wenn sie sich .­der großen Bedeutung jenes nunmehr zien­lich nahe bevort­stehenden Ereignisses wenigsten­s instinktiv bewußt ist,wenn sie ahnet,daß"es sich hier um keine rein persön­liche An­­gelegenheit,sondern um einen Akt von eminenter politischer Wichtigkeit h«111dle,und daß die Folgen desselben sich zu allernächst«in ihrem Schoße fühlbar machen müssen.Allein über diese allgemeine Vorahnung Von der Wichtigkeit der Sache scheint man mindestens bis jetzt nicht he­rausgekommen und ebenso wenig darüber im Klaren zu sein,welche­ Hal­­tung die genannte Partei dem Freiherrn v. Senuyey und seiner einstigen Aktion gegenüber einzunehmen hätte. Diese Ungewißheit und Unruhe spiegelt sich am besten in dem avonirten Organe der Partei, im „Befti Naple", welches gestern über Diese Angelegenheit einen Artikel brachte, der bei aller Hochachtung, welche der Verfasser Für den Freiherrn v. Semyey an den Tag zu legen sichtlich bestrebt war, dennoch in eine scharfe Spike auslief, die sic direkt gegen den genannten Staatsmann richtete, dem Der Vorwurf gemacht wurde, er habe sich einer fremden Fahne angeschlossen, habe Hinter den Confissen mit den gegen­wärtigen Machthabern paktirt und innerhalb des Rahmens des gegenwärtigen Negemes eine Stelle angenommen, was „einer zweiten Fusion“ zwischen Staatsmännern ganz ent­­gegengelegter Nichtung gleichkommt und zum Schlusse wird dann mit umverhohlener Bitterkeit die Frage aufge­­worfen, ob­ angesichts solcher Vorfälle nicht der ganze par­­lamentarisshe Kampf zu einer „werthlosen Komödie“ herabfinde, ob das Bolt vom irgend­welchen Respekt Haben törne vor parlamentarischen Parteien und Schlagworten, wenn es sieht, daß die Führer, wie dies unverläßliche Ad­vokuten zu thun pflegen, unter der Hand miteinander eins verstanden sind. Nach Diesem, wie gesagt, gestern im „Pefii Naple" erschienenen Artikel hätte man meinen sollen. Die Partei, welche den Freiherrn v. Sennyey bisher — gleich­­viel ob mit Necht oder mit Unrecht — als den Shrigen reflamirte, mißhilfige den Schritt, welchen er zu thun im Begriffe ist, erblidhe darin einen Zehler, um nicht zu jagen einen Treubruch und sage si mit einem Schlage von jener Berehrung 108, welche Baron Senuyey seit Jahren nicht nun bei dieser Partei allein, jedoch vorwiegend anch bei igg genossen Hat. Dagegen hätte sich nun allerdings darauf Hinweisen hoffen, daß wir in der strengen Observanz der parlamen­­tarischen Regeln doch nicht rigoroser zu sein brauchen, als der parlamentarische Mutterstaat England und daß es dort dem­­ Meipert des Bosfes vor seinen parlamentari­­igen Größen durchaus seinen Eintrag gethan hat, wenn ein Disraeli seine, politische Karriere als Radikaler begann und sie als Zory beendete, oder wenn ein Glad­­stone, nachdem er seine politischen Wiegeljahre als Tory durchbranfet ‚hatte, heute an der Spiße eines liberalen Kabinets steht. Aber es hat eines folgen Hinweises, der übrigens nur zum Theile auf Baron Sennyey paßt, gar nicht bedurft, denn heute, also nach kaum vierundzwanzig Stunden erscheint in demselben Blatte und am derselben Stelle ein anderer Artikel, welcher den schroffsten Gegenpart­­ des gestrigen bildet. CS wird darin gesagt , die Annähe­­rung zwischen Koloman Tipa und Baron Senmnyey voll­ziehe sich fest keineswegs zum ersten Male; es sei bereits ein ähnlicher D­ersuch vor neun Jahren gelegentlich der großen P­arteifusion gemacht worden; Herr v. Tiba habe den Freiherrn v. Sennyey damals nicht nur zum Minister, sondern sogar zum Minister-Präsidenten machen wollen und nur der große Widerwille, auf welchen eine solche Kombination bei den politischen Freunden Ziba’s stieß. Habe Diesen veranlaßt, von­­ dieser Kombi­­nation abzusehen — eine Darstellung, welche, wie wir nur nebenbei bemerken wollen, in sehr wesentlichen Punkten unwichtig ist. Es wird dann noch erzählt, daß es eigentlich Graf Yulius Andrasfy gewesen, welcher den Frei­heren v. Sennyey, wie man zu jagen pflegt, nicht „auf­­kommen“ ließ; daß der Lebtere erst dann sich um ein Man­dat fü­r das Abgeordnetenhaus bewarb, als Graf Andrassy nut mehr ungarischer Meinister-Präsident war; daß er später, nachdem er aus Gesundheitsrücsichten sich eine Zeit lang vom politischen Leben fern gehalten, fi zum Wieder­eintritt in Dasselbe durch Annahme des Brekburger Man­­dats ebenfalls exit dann entschloß, als Graf Andraffy auf­­hörte Minister des Auswärtigen zu sein, n. f. w. €&s sind das alte, zum Theil geschiet, zum The aber auch recht ungeschiet Kombinirte Geschichten, Die nur soviel bemeisen, daß. Derjenige, der sie zum Besten gibt, ein recht geistreicher Mann sein mag, daß er aber von den Vorgängen der besten fünfzehn Jahre nicht mehr Kenntniß hat, als sich doch Journal- und Broschü­ren-Lektüre erwerben läßt. Allein das Alles ist am Ende nicht von aktueller Bedeutung und das Interesse Dieses heute erschienenen zweiten Artikels des „Pefti Napló" liegt auch nicht in dem historischen Werthe desselben, sondern in der Art und Weise, wie die jüngste Entschließung des Weis­herin dr. Senuyey beiurtheilt wird. Und da zeigt es si denn recht deutlich, daß es in der gemäßigten Opposition, aus deren Reihen offenbar der Heutige wie der gestrige Artikel hervorgegangen, zwei durchaus entgegengefegte Strö­­mungen gebe; denn während der früher erwähnte gestrige Artikel das Vorgehen Baron Sennyey’s ganz unverhohlen verurtheilt, läuft der Heutige Artikel darauf hinaus, daß Baron G Sennyey eigentlich jeder recht daran thut, die ihm angebotenen hohen Wirden and aus der Hand des gegen­­w­ärtigen Minister-präsidenten anzunehmen; freilich, in der Motivirung Dieses Urtheils kommt Manches vor, was schlechterdings über unseren Horizont geht und auch mit der Wahrheit in flagrantem Widerspruche steht. Wenn gesagt wird: „Die Annäherung zwischen Koloman Tipa und Baron“ Semuyey habe sich auf „Feiner anderen Basis als auf der Basis der Prinzipien vollziehen können“ und gleich darauf hinzugefügt wird, Baron Sennyey „habe nur so die Annäherung Tipa’s acceptiven Tannen, daß er damit sein Obligo übernimmt“, so sind das zwei Süße, die wir, um es geradeheraus zu jagen, absolut nicht verstehen, weil sie einander ganz direkt aufheben. So weit wir über den Stand der Dinge unter­richtet sind, ist gerade das Gegentheil des hier Gesagten der Wahrheit entsprechend. Es hat seine allgemein prinzipielle Vereinbarung z­wischen den beiden Staatsmännern stattgefunden, von denen ja auch weder der Eine noch der Andere zu akademischen Erörte­­rungen berufen­ ist, sondern man hat sich über gewisse aktuelle praktische Fragen und deren Lösung geeinigt, ohne darüber zu streiten, ob diese von beiden Seiten acceptivte fung mehr der liberalen oder mehr der konservativen Schablone entspreche. Und ebenso ist­ es nicht richtig, daß Freiherr v. Sennyey seine Verpflichtung übernommen habe; denn er hat im Gegentheil alle, mit seiner neuen Stel­­lung verbundenen Verpflichtungen übernommen, wie sich ja dies bei einem Manne von dem Charakter des Freiheren ». Sennyey auch ohne jede ausdrückliche Erklärung von selbst verstehen würde und wie man ja überhaupt von einem ernsten und loyalen Bolizifer nicht voranliegen kann, er werde sich zur Uedernahme einer­ Stelle bereit erklären, ohne gleichzeitig zur Erfüllung der­ naturgemäß damit vers­bundenen Verpflichtungen entschlossen zu sein.­­. Der Berraffer des Artikels im "Preftt Maple" erörtert dann weiter, welcher Art die Bartheile seien, die Baron Sennyey dem Kabinet Tipa bietet und welche er von die­­sen zu erwarten habe; und da heißt es zu allererst, das Kabinet Tipa sei seitens des Barons Sennyey „von jener moralischen Verdammniß Losgesprochen worden, deren es dieser Staatsmann zu wiederholten Malen theilhaftig wer­­den ließ". Nur dem, einen ähnlichen Gedanken haben wir vor etwa, vierzehn Tagen ausgesprochen; nur. haben wir ihn etwas anders und, wie wir glauben, der wahren Sach­lage entsprechender formulirt, indem wir sagten: Der Wie­­dereintritt des Freiherrn v. Sennyey in das politische Leben, und zwar auf Grund einer soldgen Ernennung, welche auf Vorschlag des ungarischen Minister-präsidenten von der Krone vollzogen wird, stelle es außer allen Zweifel, daß Baron Sennyey keinesfalls die von der Opposition propa­­girte Meinung theile, daß das Wirken des S Kabinets Tia für Ungarn unbedingt verderblich und daher als conditio sine qua non für jede Besserung unserer öffentlichen Verhältnisse der Sturz d­ieses Kabinets anzustreben sei. Da Freiherr v. Senuyey Dieses Dogma der gemäßigten Opposition früher getheilt habe, missen wir nicht und wollen es auch nicht untersuchen . Daß er es heute nicht mehr theilt, steht jedoch außer allem Zweifel, denn er würde ja sonst diesem Kabinet — gleichviel auf welchem Gebiete und mit welchen Beschränkungen immer — seine Unterfrügung nimmermehr leihen können. ATS zweiten Gewinn der Regierung bezeichnet der Artikel des „Pesit Maple", daß die Reform des Oberhauses und überhaupt die Haltung desselben sich für das Kabinet Tipa „vortheil­­hafter gestalten dürfte, wenn Sermnyey der Präsident des Hauses ist, als wenn demselben ein Anderer prüfi­ Dirt". Auch das wollen wir gern zugeben, obwohl wir nicht leugnen können, daß auch der bisherige Präsident des Oberhauses seinen Pla in ausgezeichneter Weise aus» gefüllt Hat und daß, wenn mit er selbst im Hindblid auf sein vorgerücktes Alter die Abnahme d­ieser Birde verlangen würde, ein Grund für den Wechsel in der Person des Oberhaus-Präsidenten nicht vors­tanden wäre. Andererseits möchten wir uns aber auch darüber seiner Illusion Hingeben, daß, wenn einmal Die Leidenschaften bis zu jenem Grade aufgepeitscht werden, wie dies zum Beispiel im Dezember und Jänner der Fall war, wenn ins Oberhaus zur Abstimmung Leute hineingebracht werden, die bis dahin vielleicht nicht einmal ahnten, daß sie überhaupt solch ein Stimmrecht befigen, und von denen Einige vom Kopf bis zum Fuße equipirt werden mußten, um sich nur halbwegs anständig in den Straßen der Haupt­­stadt präsentiren zu können, — daß in Besten solcher Cr vegtheit und Verwilderung auch Freiherr v. Sennyey als Bräsident faum jenen unerquidlichen Szenen hätte Einhalt tuun können, deren Schauplab das Oberhaus damals gewesen. Und nun fragt der Artikel, was denn Baron Sennyey als „Segenwerth" erhalte fü­r Die Dienste, welche er dem Kabinet Ziha zu leisten gedenkt? Und da begegnen wir wieder der mysterdsen B­rafe: „Mit jenen Sympa­­thien, welche in Freiherrn v. Sernyey unverändert sind, mit j­er Unabh­ängigk­eit, welche duchaus un­­nahbar ist und mit j­er Charakterreinheit, welche auch die politischen Gegner Sernyey’s anerkennen, mit all dem stehe Baron Senuyy nicht entwaffnet, sondern vielmehr gerüstet da.” Das ist etwas, was wir leider wieder nicht verstehen, und wir Fannen auch in dieser Beziehung nur an einen Ausspruch erinnern, den wir bei einer früheren Gelegenheit gethan haben, daß nämli­chas Verhältnis zwischen Senmyy und Tiba — natirlih, politisch genommen — ein mehr oder minder intimes sein, sich auf ein weiteres oder engeres Gebiet er­­frieden, aber da es Eines nicht sen Fenne, der Kriegszustand Dieser it about, aus­­geschlosfen, und men, wie wie fest überzeugt sind, Diese unsere Ansicht auch vom Treiberen v. Senuyey getheilt wird, dann wissen wir "wahrhaftig nicht, was es heißen soll, daß er „nicht entwaffnet, sondern gerüstet stehe." Wir haben gar nichts dagegen, wenn Die gemäßigte Opposition gute Miene zum bösen Spiele macht und die S Konsternation, welche "der Entschluß des Freiherrn v. Senuyey in ihren Reihen hervorgerufen hat, damit zu bemöünteln sucht, daß sie Diesem Entschluffe eine für sie möglichst günstige Deutung gibt; allein wir möchten im öffentlichen Interesse die Bitte an sie richten, sich auf hier vor Uebertreibungen zu hüten. Wir dürfen nus wohl rühmen, in dieser Beziehung mit gutem Beispiele voran­­gegangen zu sein und vom ersten Momente an darauf hingewiesen zu haben, daß der Eintritt des Freiherrn v. Sennyg in die Würde des Judex Curiae und des Oberhaus- Präsidenten immerhin ein für das Land , und­peziell sie die Negierung erfreuliches Ereigniß­ses; aber wir waren die Ersten, die davor warnten, den Werth Dieses Gewinnes zu überschagen und darauf aufmerksam machten, daß Freiherr v. Sennyey seineswegs eine Frontveränderung, eine politische Wandlung, einen Niedergang in das Lager der Negierungspartei volle ziehe. Man möge — da wir doch nicht annehmen Türmen, daß man die Rolle des Agent provocateur spielen und durch Beilegung der beiderseitigen Empfindlichkeit eine Vergiftung des kaum noch angeknüpften Verhältnisses herbeiführen wolle — man möge von der anderen Seite dem­ Doc im gleich loyaler Weise vorgehen und sich nicht zu solchen Lächerlich­­keiten hinreißen lassen, wie sie in den zweiten Artikel des „Petit Napid“ vorkommen, worin es heißt, daß Baron Senmnyey eigentlich nur „zur V­erwirflichung seines Brot­gramms die Hand biete”, daß „das Kabinet­tpa ih in den Rahmen des Seniyeyschen Bi­gramms eingefügt“ Habe und ganz besonders möge man sich genaue und authentische Informationen vers­chaffen, ehe man den Sat­zin schreibt: „Wir missen be­­tonen, daß, so oft noch eine Annäherung zwischen Sennyey­ und Tipa stattgefunden hat, sich eine solche Annäherung niemals Sennyey den erfen Schritt gethan hat. Sondern Imur" Koloman Tipa" hafen wir also den Streit darüber, wer den ersten Schritt gethan, wer größere Konzessionen gemacht, wer sich dem Anderen „ges fügt” habe; wir unsererseitt werden — obwohl wir eine solche Diskussion vielleicht nicht zu scheuen hätten — auf einen Streit über diese Fragen n­ich­t eingehen. Die beiden bedeutenden Staatsmänner haben sich zur Lösung gewisser wichtiger und aktueller Fragen geeinigt, — das ist Die Hauptsache , alles Andere ist von untergeordneter Bedeutung und wenn wir darüber streiten hören, wer von diesen beiden Männern der größere sei und wer sich vor dem Anderen gebeugt Habe, so fällt uns immer das oft zitirte Wort Goethe’s ein, welcher, als man ihm erzählte, die Deutschen seien in zwei Lager gespalten und stritten darüber, ob Goethe oder Schiller der größere Dichter sei, den auch fir uns recht beherzigenswerthen Ausspruch that: „Statt dar­­über zu streiten, wer der Größere sei, sollten die Leute sich lieber freuen, daß sie zwei solcher Kerle besigen.” Budaypeft, 31. Dftober. VT € s war im Zeitalter der Aufklärung. Die Philo­­sophie hatte in der Person Kaiser Zosef’s II. den Kaiser­thron der Habsburger bestiegen, als in Siebenbür­gen esj sind heute genau h hundert Jahre, ein Auffandrausbruch, der an Grausamkeit nur den Sklavenkriegen vergleichbar, die ohnehin so mannig­­faltige Geschichte der menschlichen Bestialität mit ganz neuen Arten bereichert. Was die weitschauende Weisheit ernster Aus, dem unten der Unzufriedenheit, den Die militärische Konskrip­­­­­­ t Vatrioten voransgefagt, e8 mar eingetroffen. Mon­hie die Mitte des­ bis dahin friedlichen walachischen Boltes geschleudert, Hatte er ein Brand entwickelt, der das ganze Großfürstentum­ Siebenbürgen in Flammen zu fegen drohte und der sich bis nach Ofen und Preßburg hin erstrecke. Nach der Boltsversammlung auf dem Gefilde von Meßtuhen hatte sich eine aus Bauern und Hirten gebildete Schaar, deren militärischen Seen Räuber und Deserteure bildeten, auf die ungarischen Edelhöfe gestürzt. Eine lange Agi­­tation war dem vorausgegangen, aber der Ausbruch tant unerwartet. In den Gemeinden des Zarander Komitats, wo Ungarn wohnten, ward am 2. und 3. Novem­­ber 1784 jeglicher­ Zievel geübt. Man sehonte nicht Alter noch Geschlecht, man schonte nicht des Kindes im Mutter­­feibe; im drei Tagen fielen 133 Personen als Opfer. Ganze Familien wurden Hingeschlachtet. Alle Habe der Gemordeten ward als gute Beute behandelt. Und damit auch der religiöse Fanatismus dem Aufruhr sein Brand­­mal aufbrüche, wurden nur diejenigen Ungarn katholischen oder reformirten Glaubens verschont, die unter den Todes­­drohungen ihre Religion abschwuren, und die nichtunsere Konfession annahmen. Später, als der Aufruhr in die Städte Abrudbánya und Böröspatat vordrang, war die Eichenschändung und die grausame Hinrichtung der an ihrem Glauben vergab­enden Ungarn an der Tagesordnung. Mord und Brand auf der einen Seite, Flucht vor der Gefahr, die täglich und ftü­ndlich drohender erschien, auf der andern Seite. Dies war das Bild, welches die malerischen, goldreichen Berglandschaften im Westen Siebenbürgens Wochen hindurch boten. Diese Daten aber, sie entspringen nicht der bewegten Phantasie der Flüchtigen, sie sind ber glaubigt und stehen auf fester, Historischer Basis. Mehr nodh als die rohe Gewalt der Aufständigen, fehredie die dee, in deren Dienst zu stehen sie vorgaben. Hora Klosfa um Lrizjan, blutigen Andenkeng, bezeichneten sich vor dem verblendeten Bolfe als Ver­trauensmänner des Kaisers .Sie fanden Glauben bei Freund und Feind! Der Walache verehrte in dem­ Kaiser seinen irdischen Gott, der in der Ferne, von aller erdenklichen Bracht umgeben, thronte. Dieser große Kaiser war nun zu ihn herabgestiegen. In die lebte Alpen­hütte, in das entlegenste Bergwerk war der Nut gedrungen, daß der Kaiser den Unterdrücken beistehe. Recht walten lasse ohne Ansehen der Bersen und des Standes. Unter denen, die im Kontrolorgange um Schuß flehten, war auch Hora gewesen. Und daß der Kaiser das Elend sah und helfen wollte, das bewies sein Befehl an die Kanzlei, den er wegen Aufhebung der Leibeigenschaft erlieh. In diesem Evangelium der sozialen Befreiung heißt es: „Da nun hier in Siebenbürgen die alter Migbräuche zum Made theil der natürlichen Freiheit noch best­ehen, und ich nicht hoffe, daß sich das männliche ebenfalls noch in einigen Gegenden Hungarns vorfinde, so werden Sie allso­­gleich Die Hiezu nothwendige Publikation ge­wöhnlichermaßen veranlassen, damit D­iefe Tnedgu­fde und fila­vische Herabwürdigung der Mensch­heit aller Orten ohne weitern aufge­hoben werde" Wie mußten diese Worte und Gedanken in das Herz der armen Kolonen dringen, die auch Den doppelten Druck der Grundherrschaft wirthschaftlich ausge­beitet und rechtlos, hier plöglich Gerechtigkeit fanden! Sie wollten mehr als Gerechtigkeit, sie dürfteten nach Rache! Wie mochte es in den ebenso orthodoxen als abergläubischen Gemüthern gähren, wenn der Pope von dem Unrechte sprach, das man gegen ihre heilige I­eligion aus­­übe? Wie mußte sich in ihrem Ideengang der Konstitutio­­nelle Streit zwischen König und Ständen widerspiegeln ? Und endlich, Hatte ja der Kaiser an ihre Kraft appellirt ! Was konnte die militärische Konskription, Die bei­den Grund­­herren so viel Schrecen verursachte, anderes bedeuten, als­­ die Befreiung vom Koche, das freie Soldatenleben ? Alles, was der Kaiser in den legten Jahren that oder unterlieh, mußte die Waladien in dem Wahre bestärken, daß der Kaiser und die Ungarn doch einen unüberwindlichen Gegen­­zug auf immer geschieden seien. Sonst hätte Hora verge­­bens ein Marktgerechtigkeits-Diplom als Faiferliches Hand­schreiben, ein Kreuz als Faiferlichen Huldbeweis gezeigt, er hätte ein ganzes Bolt nicht mit sich fortzuzeigen ver­mocht. Was noch schwerer wiegt, auch die Besiser, die durch den Aufstand Verfolgten, konnten sich dieses fürchterlichen Argmohns nicht entschlagen. Die vier kurzen Sjahre der Regierung Kaiser Kofer’s hatten eine solche Verheerung in allen religiösen, politischen und sozialen Verhältnissen ange­­richtet oder angekündigt, daß nichts mehr auf Bestand zählen konnte. Um nur die einschneidendsten Maßregeln zu bes­zeichnen, Taten im Laufe Dieses einen Jahres nacheinander : die Entführung der Krone nach Wien, die Einführung der deutschen Sprache als Amtssprache und die militärische Konskiption. Niemand wußte, wo der nimmer wartende Geist des Kaisers Halt machen werde. Die militärischen Organe standen der ganzen Angelegenheit fair und neutral gegenüber. Die Paläste des Generalkommandos und des Guberniums in Hermannstadt befanden sich in unmittelbarer Nachbarschaft neben­einander — aber der Feldzeugmeister B. Preiß ließ die wichtigsten und dringendsten Aufforde­­rungen der Statthalterei wochenlang unbeachtet. Und wenn jemand, mußte ja der militärische Chef Näheres um die Intentionen des Kaisers wissen? Die­ses Verhalten der kaiserlichen Offiziere hat mehr zum allgemeinen Mißtrauen gegen Sofef’s Politik beigetragen, als fachlich viel bedeu­­tendere­ SShatsachen. Es wäre Sünde, al nur die Frage aufzu­werfen, ob Sofef um den Aufruhr gewußt und ihn gefördert habe. Die gemwissenhafte Forschung hat mit allen Diefen, wenngleich­ natürlichen und verbreiteten V­erdächtigungen gründlich auf­­geräumt. Von jeder Schuld ist jedoch der Kaiser nicht freizusprechen. Er wußte, in welcher Aufregung sich die walachischen Bauern befanden ; er mußte wissen, wie viele Räuber das Land unsicher machten , wie bei der allgemeinen Barbarei des W­olfes jeder ungewegliche Ausbruch füichter­­lie Folgen nach sich ziehen könne. Aber sein Augenmerk sot, nur in ihm sah er den Feind des Guten und der gejeglichen Ordnung. Er hört beinahe mit Schadenfreude, wie der­ Geist der Ungefeglichkeit sich in Siebenbürgen aus­­breitet, und mit bitterem Spott verurtheilt er die Kanzlei, die um Schuß für die Bedrohten bittet. Leben muß uns selbst der strengste Sittenrichter unschuldig sprechen, wenn wir nichts Böses wollten, noch thaten. In der Politis jedoch genügt die Reinheit der Absicht und der That nicht, man mus bedeuten, wie jene sie auffassen, die nicht richtig urtheilen können. Sosef’3 Liefert genug­e Beweise, dann, wenn der Herrscher Die psychologischen Folgen seiner Maßregeln nit bedenkt. Noch eine andere Lehre ergibt sich aus diesem trauri­­gen Ereignisse. So wie in diesem Falle Räuber von Profession und Deserteure eine­ wichtige Rolle spielten, so gibt es seine Gesellsjchaft ohne anarchische, auf ungefeglichem Zerrain fußende Elemente, die durch ihr bloßes Dasein Die Nähe und den Fortschritt gefährden. So lange die Herr­­schenden Staffen und Faktoren, so sehr sie auch doch politische oder religiöse Gegenfäße geschieden sein mögen, gegen diese Gefahr einträchtig Stellung nehmen. Dürfen die Unruhestifter und ihre Genossen blos auf gebührende Strafe rechnen. Nur die Reib­etracht der Dirigirenden Klassen macht den Ausbruch der Anarchie möglich, da der Ruhe­­störer i­mmer auf die Hilfe oder wenigstens auf die Konfi­­venz des einen Theiles rechnen zu dürfen glaubt, wenn er den andern angreift. Es ist Dies eine frhred­­liche Lehre: für Alle die aus P­arter rüdfihten Alles gut­heißen was der = Das Budget des Honpsdnsinisteriumns it, nachdem die einschneidendsten Reorganisationsarbeiten bereits durchgeführt sind, als ein Normalbudget im eigentlichen Sinne des Wortes zu betrachten. Dasselbe hat ein Ordtimarium von ca. 7.5 Millionen und Uebergangsausgaben von ca. 0.5 Millionen, welche beide Rubrif­­posten für die Dauer konstant bleiben dürften, nur daß die Aussicht vorhanden it, daß­ die Einnahmen, die Heuer 279.213 fl. gegen 228.24 fl. vom Vorjahre ausmaggen, sich mit der Zeit den Ueber­gangsausgaben nähern dürften. Das Ordinarium beruht auf dem fortemisirten Stand der Truppen, Stäbe und Anstalten und beträgt heuer 7,447.151 fl. gegen 7,230.134 fl. im Vorjahre. Diese Zunahme it jedoch nicht als Konstante zu nehmen, sondern als eine periodische, die mit einer ent­­sprechenden Abnahme abwechseln muß. Es entfällt nämlich von dieser Summe ein Plus von 180.000 fl. unter dem Titel „Truppen“ und erwächst dieses Plus daduch, daß im nächsten Jahre 44.000 Honved an den Waffenübungen theilnehmen sollen, während heuer bloß 30.000 Mann einberufen wurden. Die entsprechende Abnahme ist nun schon im Jahre 1886 zu erwarten, weil die damals zur Waffenübung­en gelangenden Altersfrassen einen geringeren Stand aufweisen. Der Steftbetrag der 217.000 fl. vert­eilt sichjr auf die Ludovika- Akademie, auf die Distrift3-Kommanden, auf die Stiftungspläne bei der gemeinsamen Armee u. s. w. Es sind dies Lauter Bolten, die von einen erfreulichen Wahrthbum­zeugniß ablegen. Sie bedeuten nämlich bei der Ludovita-Akademie das Auslebentreten des zweiten Jahrganges des im vorigen Jahre geschaffenen Lehrturfus, bei den iteints-Kommanden die Systemifirung von sieben zweiten Adjutanten­­stellen, welche nur dadurch e­rmöglicht wurde, daß die Kommanden über genügende geschulte und geprüfte Generalstabs-Offiziere ver­fügen, während bislang zum Nachtheil des Dienstes für diese Stellen Offiziere von den Truppen wegkommandirt werden mußten. Die Webergangs-Ausgaben von 499.060 fl. gegen 495.650 fl... des Vorjahres sesen ih zum Theile aus anderen Bestandtheilen als die des Vorjahres zusammen. CS entfällt heuer die letze vierte Rate im Betrage von 210.000 fl. für Umgestaltung von Gewehren; hingegen ist neu die erste Rate (89.000 fl.) zur Ans­chaffung von Kavallerie-Karabinern und die erste Rate (115.000 fl) für Aufgaffung neuer Infanterie-Tornister. Im­­ Jahre 1886 wird diese Rubrik eine neue Abnahme erfahren duch Wegfall der Hate per 95.000 fl. zur Ergänzung des Kriegsvorrathes an Gewehren. Was die Kenanschaltung von Tornistern anbelangt, so wird dieselbe, auf vier­ Jahre vertheilt, jährlich 115.000 fl. in An­spruch nehmen. Begründet ist dieselbe duch die Nothwendigkeit, ‚DIE Honveds den Truppen der gemeinsamen Arm­ee in Bezug auf Aus­­rüstung gleichzustellen und denselben, in Gemäßheit der Anforderun­­gen der neueren Kriegführung, die Mitnahme größerer Berpflegs­­artikel zu ermöglichen, was bei den bisherigen kleineren Leinwand­­tornistern der Honved-Armee nu­ recht anging. Ad) sollen die bis­herigen Leinwandtornifter in Brodjäde umgestaltet werden. Eigent­­lich würde diese Neuanschaffung 800.000 ff. kosten ; da jedoch das alte Niemzeug noch verwendet wird und Die neuen Torhister bloß für die bei der ersten Aufstellung ausruichenden Honveds bestimmt sind, veduelre sich diese Ausgabe auf viermal 115.000 fl. Von der Einnahme der ordentlichen Einnahmen im Betrage von ca. 41.000 fl. entfallen 39.000 fl. auf die Erträgnisse der Stiftungen der Ludovita-Akademie und auf die von den Zöglin­­gen zu zahlenden Verpflegstoften.­­­­ Unter den dem Budget beigelegten Aunsmweifen ist wohl jener der wictigste, der das Soll und Haben der Hoimvedtruppen bedeutet. 63 sind da nämlich ausgewiesen bei der I­nfanterie ein Grundbuchsstand von 2757 Offizieren, 194.150 Mann und 14 Pferde, bei dr Kavallerie: 131 Offiziere, 24.008 Mann und 7006 Pferde, zusammen also 2888 Offiziere, 258.158 Mann und 7020 Pferde. Nun beträgt aber der Kriegsbedarf bei der Infanterie: 3448 Offiziere, 141.939 Mann, 175 Reitpferde N ( 4 ELL und 2084 Zugpferde; bei der Kavallerie 582 Offiziere, war nicht auf die Bauern, sondern auf den Adel­gerich­­t 2.887 Mann, 13.538 Neit- und 615 Zugpferde; zusammen 4030­­ Offiziere, 154.826 Mann, 13.713 Neit- und 2699 Zugpferde. 63 fehlen also bei der Infanterie 691 Offi­ziere, 161 Neit- und 2084 Zugpferde, während die Man­ns­­haft einen Heberschuß von 53211 auf­­weist, bei der Kavallerie 451 Offiziere, 6532 N­eitat und 615 Zugpferde, während die Mannschaft einen Heberschuß von 11.121 Mann ausweist. Es fehlen also zusammen 12 Offi­­­iere, 6693 Neit- und 2699 Bugpferde, wäh­­­rend die Mannschaft einen Weberlauf von 6432 Mann aufweist. Aus diesen Daten erhellt, daß Ungarn mehr Soldaten pro­duzier, als es selbst im Kriegsfalle bedarf, während es noch immer nicht genug Offiziere für seine eigenen nationalen Truppen stellen an­. Der Bedarf an Pferden kann im Kriegsfalle leicht­ befasst werden, wenn man nur genug Geld in den Beutel legt, woher wir aber im Kriegsfalle die 691 Infanterie- und 451 Kavallerie-Offiziere nehmen werden Die Leitung des Honvedministeriums wäre wohl Ledermann sehr verbunden, der ihr hierüber Auskunft ertheilen könnte. Im gewöhnlichen Die Geschichte Kaiser wie gefährlich es werden Gegenpartei unangenehm oder findlich­ ist. So wie Demosthenes die Hellenen ermahnte, so erbittert sie untereinander um Die Hegemonie streiten mögen, gegen die,­­ Barbaren einig zu sein, so dürfen die staatserhaltenden Faktoren nie vergessen, daß ihre Kämpfe dort ein Ende nehmen müchen, wo die Gefahr für die Errungenschaften der gemeinsamen Kultur beginnt. Sowohl Sofef. II. als der ungarische Adel testen sich über diesen Punkt Hinweg. Die Bedrohung des Bauers dur) dei Adel, war der Rechtsgrund der Revolte, die Nachsicht des Kaisers machte ihren Ausbruch und ihre Verheerungen möglich. Das wich­tigste Ergebniß der geschichtlichen Entwicklung unseres Bater­­landes it, daß die Ruhe und der gesunde Forttritt am besten durch die Regierung des Habsburgischen Erzhauses und durch die Kraft der ungarischen Staatsidee gewahrt werden. Wir wissen, wie die Leidenschaften und Verwüstungen, der Zeit Hora’s mit vervielfachter Kraft wieder auftraten, sobald ein ernster Gegenzug zwischen diesen Mächten eintrat. Die sozialen und religiösen Gegenzüge, welche dem Aufstand der Walachen ein eigenartiges Gepräge verliehen, sind unter dem Einflusse der befreienden Keen des Jahres 1848 verschwunden. Gleichwohl fuhr man von gewiisser Seite die Erinnerung an Hora und Klosfa wieder aufzu­­frischen. Rumänische Emigranten wollen die Hundertjährige Wende der Erhebung, welche in die ersten Zuge des Monats November fällt, benügen, um in Bukarest lärmend Demonstrationen gegen Ungarn zu arrangiren. Die Buka­rester Universitätsjugend bet­eiligt sich an diesen Dem­on­strationen, die in erster Reihe die wirklichen und aktuellsten Lsntereffen Rumäniens bedrohen. Die rumänische Regierung hat sich denn auch veranlaßt gesehen, gegen die Veranstalter dieses Festes zur Verherrlichung von Mörder­n und Brandstiftern ihre Vorkehrungen zu treffen. Sie hat delt "damit wie es ihr die Klugheit gebietet. Wir Ungarn können das ganze Vorkommmiß mit objektivster Ruhe betrachten und erwägen. Alle bedrohlichen Elemente des Unrrechts und der Achetracht, die im Jahre 1784 thätig gewesen, sie sind im Jahre 1884 verschwunden. In Siebenbürgen, wie in Ungarn, fißt der freie Bauer auf seinem freien Gute, sein Stürst ist so hoch gefürchtet, daß er ihm etwas anhaben konnte. Gleiche Gefege gewährleisten dem Rumänen Dieselben politischen Rechte und verbinden ihn zum denselben Pflichten, wie Den adeligen oder bürgerlichen Unger. Endlich ist die Nation eins mit ihrem König, und Beide sind darum Heute stärker, als jemals. Nur frevlerische Volksaufwiegelei kann vorgeben,­­ daß zwischen unserer Zeit und der Periode der Hora und Klosfa irgend eine Beziehung bestünde. So uns werden die ersten Novembertage weder Grofl noch Bitterung weden — mögen sie und das Andenken an die Schand thaten, durch welche sie einst blutig berühmt geworden sind, ewiger Vergessenheit anheimfallen ! — Gelegentlich der Reichstags-Wahlen, die sochen in Deutsch­­land stattgefunden haben, dürfte es manchem ungarischen Leser be­fremdlich erfchienen sein, daß selbst heute, am dritten Tage nach der Wahl das Gesanmt-Resultat derselben noch nicht bekannt ist, während Bei ung jedes Wahlresultat wenige Stunden nach Abschluß des Wahk­altes zur Runde des Publik­ums gelangt. 3. dürfte darum vom Interesse sein, wenn wir Einiges über Die Wahlprozedur in Deutschland mittheilen. Bekanntlich ist in Deutschland jedes das 25. Lebensjahr erreicht hat­­ umbescholtene Mann, der nu­­­­­­f fa 74 f B:

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