Pester Lloyd, Januar 1888 (Jahrgang 35, nr. 1-31)

1888-01-01 / nr. 1

­ “ » (7 Budap­est, 31. Dizember. — Wenn der Heilige Vater am morgigen Tage vor "einer gläubigen Gemeinde aus allen Völkern­­ und­ Reichen der gesitteten Welt den Zubelopfer­n darbringt und aus dem göttlichen Duell der Liebe den apostolischen Segen aus» spendet über Land und Meer, mögen Alle, die sich den Kultus der Idee im Herzen bewahrt haben, welch religiösen Bekenntnisses und welcher politischen Ueberzeugung sie auch seien, andachtsvoll in die Kniee finten und in Ehrfurcht das Haupt beugen, denn wie der Geist einer idealen Offen­­barung schwingt sich das Friedenswort des greisen Hohe­­priesters aus den Räumen der Peterskirche über den tosen­­den und brandenden Lärm des Marktgemahls hinweg an jede erhebungsbedürftige Dienschenseele. Erscheint der Bapit, von dem alle Attribute weltlicher Macht genommen sind, nicht wie der verklärte persönliche Ausdruch eines ewigen Gedankens? und welche andere Idee könnte gleich dieser der Propaganda dura Mittel irdischer Gewalt entrathen? Man gehe ihnen wag, allen den weltbezwingenden und melterlösen­­den Motiven, die seit dem Beginn der Kulturgeschichte bis auf unsere Zeit ihre Wunder gethan, und untersuche, ob au­ nur eines derselben anders als durch Gretel ohne Ende sich zum Siege dimeehzuringen " vermocht hat. Nicht nur die politischen Gestaltungen, an denen heute das Heil der Nationen und Staaten geknüpft ist, haben sie auf den Trümmern der Wohlfahrt ganzer Leilschlechter aufgebaut, auch die Fuü­chte der Zivilisation konnten nur auf blut- und aschegedüngten Boden geerntet werden. Und der Fortschritt unserer unmittelbaren Gegen­­wart zumal, er bewege sich auf eisernen Rädern. Die tiefe Suchen pflügen, zwischen Bolt und Bolt, zwischen Klaffe und Klafje trennend hinweggehen über alle Bande natür­­licher Zusammengehörigkeit und zermalmend über unzähl­­bares Menschenglüc. Selbst die subtilste Emanation der Bolksseele, Die Poesie, Hat sich in unserer Epoche aus einer girrenden Taube in einen Adler mit scharfen Krallen ver­­wandelt, sie hat sich in den Dienst der Tagesfämpfe und des leidenschaftlichen Hafses gestellt. Nichts it universell, als der Krieg, nichts gemeinsam, als der Streit. Und wenn da in den Nationen, wie in den Einzelnen nur umso ungestümer die eingeborene Sehnsucht nach dem deal fi erhebt, wo Fann diese sonst Genüge finden, als in der amiersellen Friedens-Mission jener Kirche, die, von irdischen Schladen befreit, auf den Charakter der Streitbaren ver­­zichtet und nur fraft, der reinen­dee ihre Propaganda entfaltet,­­ jener­ Kirche, die nicht zu fluchen gekommen ist, sondern zu segnen!. s­s As Apostel Dieser Kirche wird heute überall auf der zivilisieren Erde Papst Leo XIII. gefeiert und das Bedürfnis der Menschheit nach Klärung und Erhebung fliegt ihm entgegen. Es hat Päpste gegeben, die Gemaltige­­res vollbracht, Die in die Geschiche der Nationen unwuchtiger und nachhaltiger eingegriffen haben, als er; seinen gab es, der sich in höherem Grade als Leo XIII. die Gemüther und die Seelen unterthan gemacht hätte. Und nicht die großen Erfolge, die er seiner Kirche errungen, üben diesen Sauber­es nahen ihm ja voll Verehrung auch Diejenigen, über die er mit den Waffen des Friedens triumphirt hat; aber ahnungsvoll erblicht man in ihm den Wiederhersteller der geistigen Mission der Kirche, und gerade die materielle Hilfslosigkeit des geistlichen Oberhauptes der katholischen Gemeinschaft, ist es, welche in Dieser, von brutaler Gemalt beherrschten Zeit, die Herzen mit­ pietätvoller Rührung erfüll. Wer möchte denn auch daran zweifeln, hak es einem Bapste von fold" Hoher Begabung und sol­­cher Mülde, von fol’ erleuchteter Weisheit und staatsmännischer Einsicht gelingen müsse, Die­­ Re­naissance der Kirche zu vollziehen ? Die außer­ordentliche Affommodationsfähigkeit des Katholizismus, worin die unverwäftliche Kraft dieser Kirche ihre Quelle hat, in dem jenigen Papste in hohem Grade eigen, er hat dies durch seine politischen Akte ebenso bewiesen, wie in der Ausü­bung des Lehramtes über den Klerus; nichts ist, ja bezeichnender in dieser Hinsicht, als der kräftige Impuls, den Die missen­haftliche Forschung und Die Fb­erartische Thätigkeit der Fatho­­ah Briester durch­ Zen XIII. empfangen hat. Allein, noch bedeutsamer als dies, ist die Erscheinung, daß der Zug des unweltlichen Geistes Diesem fichlichen Anpassungsvermögen entgegenkommt, und daß sich solcherweise eine feste V­erbin­­dungsbrüce über Die Kluft baut, welche seit den Tagen der BVölferbefreiung zwischen den geistlichen und weltlichen Ge­walten geherrscht hat. Manche V­orurtheile, welche Genera­­tionen hindurch das Gebiet der Kirche wie Dornheden um­­gaben und den Liberalismus von ihre fernhielten, sind heute ausgejotet. Nimmer gilt es als Dogma, daß der Katholizismus an sich mit der B Wolfsfreiheit unverträglich sei. Die Thatsachen der Geschichte haben in dieser Richtung einem verheißungsvollen Klärungsprozesse zum Durchbruch verholfen. Die lateinischen Völker, entweder Durchgehends oder zum überwiegenden Theile katholisch, sind im Besise eines vollgerüttelten Maßes staatlicher und gesellschaftlicher Freiheit. Die Erlösung des europäischen Kontinents it von dem a 68 Stanfreid­ ausgegangen, Italien ist unter den Augen des Bapístkums die glänzende Heimstätte des europäischen Liberalismus geworden; Spanien hat sich aus zahllosen­­ Revolutionen zu Konstitutioneller und Freiheitlicher Ordnung durchgearbeitet; Belgien ist der Meu­sterstaat ver­­fassungsmäßiger und liberaler Einrichtungen geworden ; Ungarn ist trot der langen Herrschaft des Staatskirchen­­thums und mit seiner überwiegenden katholischen Be­­völkerung ein in den Bollegesimungen, wie in den Institutionen freier und liberaler Staat; der katho­­lische Slavismus mit seinem Freiheitsbewußtsein ist ein lebendiger Wall gegen Die russische Despotie. Und die gesellschaftlichen Zustände in: Diesen Ländern Harmoniken vollkommen mit dieser liberalen Entwicklung. Die religiöse Unduldsamkeit existirt in Denselben entweder überhaupt nicht oder taucht nur als episodische Verirrung auf, um alsbald hinnweggefegt zu werden. Dagegen treten — sonderbar genug! — in manchen protestantischen Ländern Dü­stere Zeichen staatlicher und sozialer Neaftion auf. A­ Z hätte der Protestantismus in seinen großen Kämpfen gegen die Ueber­­macht der weltlichen Herrschaft der katholischen Kirche und , gegen die Knechtung Der Geister seine Kräfte e­rschöpft, droht er namentlich dort, wo er selber dominirend geworden und daher der katholischen Kirche gegenüber nicht mehr aggressiv ‚zu sein braucht, in Stabilismus zu verfallen, welcher­ allen ‚ figu­denen und retrograden Bestrebungen überaus günstig it. Der protestantische Jesuitismus it weit verderblicher, als der­ katholische. Dieser sucht seine 3wede durch die Adoptirung der gegnerischen Tendenzen und Prinzipien zu erreichen, jener, den ein Berliner Blatt kü­rzlich so treffend „die Stederei und Niederei” genannt, will den öffentlichen Geist in den Sumpf seiner eigenen verfommenen Existenz herabzerren. Nun ist es ja allerdings wahr, daß die unermeßbaren staatlichen und sozialen Fortschritte in den katholischen Län­­dern zu nicht geringem Theile to des Einflusses der Kirche und nigt b u Tr 4) denselben vollzogen­­ wurden; aber­ einmal­ ändert das nichts an dem Erfahrungstage, daß der Katholizismus an und für sich Fein Hinderniß der Freiheit und des menschlichen Fortschrittes ist, und dann macht­­ sich eben das geltend, was wir vorhin als die Affommodations­­fähigkeit der Kirche bezeichneten. Sie hat allezeit den Ueber­­gang von der einen Geschichtsentwicklung zur anderen, von der einen praktischen Nothwendigkeit zur anderen gefunden und sie scheute selbst vor einem ‚unvermittelten Sprung nicht zurück. Und hat sie, sich erst in die Erkenntniß­en aber nict regieren kann — herrschen über die intellektuelle, daß sie in der gegenwärtigen Epoche herrschen, und sittlice Bewegung kraft ihres intellektuellen­ und sittlichen Berufs, aber nicht regieren über die Syn denen sich das politische Leben zusammengefügt, so wird sie Stiuntionen des Staates und über die Elemente, aus auch alsbald die inneren und äußeren Bedingungen solcher Herrschaft gewinnen. Das ist aber für mahr sein enges und unfruchtbares Machtgebeit — es umfaßt die Fortbarsten, und Wenn der nationale edelsten Synteressen ver Kulturmelt. Gedanke in seiner Entartung das­­ gesammte Europa in ein einziges Kriegslager verwandelt und den­­ Racenfanatismus entfesselt, wenn der Wettkampf um die materiellen Güter alles Bewußtsein der Gemeinsam­keit zwischen den Nationen ertödtet und die internationale Habgier auf den Thron err­hebt; wenn das Ringen der gesellschaftlichen Klassen unter­einander Die Völker mit den Gefahren einer unabsehbaren sozialen Revolution bedroht; wenn durc­h alle diese Furcht­baren, zerjegenden Kämpfe Die rohen Auftrikte der Menssen geweckt werden und einen vandalischen Einbruch in die allge­meine Gesittung befürchten lassen, so ist der Bethäti­­gung einer­­ ethischen und geistigen Macht in allen Diesen Beziehungen ein weiter und­­ankbarer Spielraum eröffnet und sein Faktor ist zu feld­erlösendem Beruf­ besser geeignet, als die über alle Selbstsucht und alles exk­lusive Autoresse erhabene Kirche. Den Hort dieser kirchlichen Mis­­sion aber, die den Zelotismus und die aggressive Tendenz von selbst ausschließt, erblich und verehrt die Welt in P­apst Leo XIII. und deshalb einigen sich an dem heutigen bedeu­­tungsvollen Tage alle Diejenigen, die nicht den Zufall als Gott und nicht Die rohe Macht als sein Werkzeug ansehen und denen die Wahrung des europäischen Kulturfriedens ernst am Herzen­ liegt, in dem amdächtigen Winde, es möge dem ehrmü­digen Priester auf dem Stuhle Petri bes­chieden sein, die Verheißung zur Erfüllung zu machen und zum Wohle seiner Kirche, wie der europäischen Völker das Werk zu krönen, das er so weise und erfolgreich begonnen hat. Budapest, 31. Dezember, umfassenden —n— Ernste Nachrichten gehen uns aus Wien zu. Die Kriegsgefahr wird selbst in jenen leitenden mili­­tärischen Kreisen nunmehr als eine drohende betrachtet, welche bisher einer optimistischen Auffassung der Situation­­ zuneigten­. Die in den legten Tagen aus den russischen Grenzgouvernements eingelaufenen verbürgten Berichte stim­­men in der Meldung überein, Daß die BVerschiebung russischer T­ruppenmassfen und Kriegs­güäter aus dem Fe unern des Reiches nach dem B­esten ungestört fortdauert und mit einem, Eifer und Aufwand betrieben wird, die an dem legten­twede der, im Zuge befindlichen, Rüstungen seinen Zweifel mehr gestatten. Die in der vorigen Woche von französischen und englischen Blättern in die Welt geießte Nachricht. Die russischen Truppendissotationen seien zum Stillstande gekommen und der planmäßig vorgesehene, ver­­stärkte militärische Grenzjordon sei nun vollendet, ist vom Anfang bis zum Ende eine schlechte Erfindung. Im Gegentheil ! Die fortdauernde­­ Truppenbewegung und der anhaltende Transport von Kriegsmaterialien erscheinen umso biedenk­­licher, als die jenige rauhe Jahreszeit die Durchführung der angedeuteten Maßnahmen ungemein erschwert und vers­chönert. Die Ruffen mögen also Eile haben und nicht mehr in der Lage"sein, ihre Vorbereitungen, die schlanfweg und blank als f­riegerische bezeichnet werden müssen, bis zur milderen, der Schonung von Mann, Pferd und Mate­­rial günstigeren Jahreszeit zu verschieben. Dieser Eifer in den russischen Klüftungen, welcher, wenn er noch weiter an­hält, die militärische Situation an der galizisch russischen Grenze binnen Kurzem fast bis zur Gemeißheit zu­­ vereinfachen droht, legt selbstverständlich auch unserer Regie­­rung Die Pflicht nahe, zu erwägen, ob jene­ vorbereitenden, in­ ziemlich bescheidenen Dimensionen gehaltenen militärischen Maßnahmen, deren Durchführung seit Mitte dieses Monats als Ergebung eines gemeinsamen Ministerrathes im Werke­n­, angesichts der höheren Spannung der Situation noch genügen... Nac­h diesen Berichten scheint also das Berhaétnik unserer Monarchie zu dem Ezarenreiche in ein Stadium­ zu gelangen, in welchem­ der bewaffnete Zusammenstoß nur mehr duch eine imposante Mautentfaltung Oesterreich-Ungarns zu vermeiden sein wird. Die Ereignisse der Jahre 1850 und 1854 bieten frappirende Analogien zur heutigen Lage der Dinge. Der überraschende Aufmarsch der österreichischen Armee unter Madekty und Heß in Böhmen zwang das halbfertige Prengen 1850 den Freiherrn v. Manteuffel nach Olmüs zu entsenden, wo demselben von Schwarzenberg und Meyendorff die tiefste Demüthigung be­­reitet wurde. Und ebenso verhinderte vier Jahre später der Aufmarsch dreier kaiserlich-königlicher Armeen in Galizien, in der Bulowina und in Siebenbürgen unter Feld­­zeugmeister Baron Heß die weitere Verwirrung der poli­­tischen Verhältnisse zwischen Rußland und dem „undantbaren“ Desterreich. Wenn daher die, wie erwähnt, im Winter doppelt auffälligen zufischen Niüstungen fortgefeßt werden, ist die Klärung der Situation und die­­Herstellung normaler Be­­ziehungen zu dem mächtigen Nachbarreiche nur mehr durch­ eine großartige Machtentfaltung herbeizuführen, di­e übrigens noch seineswegs den Krieg be­­deuten muß. Eine Auseinanderlegung der Gegner und eine gütliche Verständigung st­and­ bei gezogener Klinge noch möglich. Allerdings lautet die Nede mit der Klinge in der Faust bündiger und entschiedener, als der sonst gebräuch­­liche Diplomaten-Zargon. „Entweder — oder!" Daß aber auch in diesem Falle noch das Aenperste vermieden werden kann und das miltärische Meachtaufgebot vorerst nur den Zweck hat, der diplomatischen Aktion höheren Nachdruch zu verleihen, läßt die berufene Analogie mit dem Gange der Ereignisse in den Jahren 1850 und 1854 entnehmen. Von dem Augenblickk an, als die russischen Rüstungen Dimensionen gewinnen, denen gegenüber die unsererseits fürzt­lich eingeleiteten Vorschtsmaßnahmen unzureichend erscheinen, bleibt, unseres Erachtens, der gemeinsamen­ Regierung feine Wahl mehr. Mit Halden Maßregeln auf halbem Wege hal­ben Zielen entgegenzutasten, wäre gerade dem mosfowitischen Kolosse gegenüber ein Grundfehler, wobei wir des einzigen Bartheiles verlustig gingen, der in diesem Falle unserer militärischen Situation das Gepräge gibt: des V­ortheiles der leichteren Mobilisirung und des rascheren Aufmarsches. Troß der seit Monaten währenden Truppenanhäufungen in den­­ Westgouvernements, in Rußland, heute noch schlagbereit, oder wenigstens nicht in der Verfassung, mit­ großen Armeen die Offensiv-Operationen mit Aussicht auf Erfolg zu eröffnen. Nun wird unsere Diplomatie gewiß nicht warten, bis Nußland fertig und in der Lage ist, mit­ Nahhdruch die militärische Aktion zu beginnen. Das jüngst erschienene und von­ uns schon bei früherer Gelegenheit­ gewür­­digte Werk eines österreichisch-ungarischen Offizier über . Naß­lands Wehrkraft" hebt sehr treffend als nachtheilige Einflüsse auf die Mobilmachung der russischen Armee hervor: die große ‚räumliche Ausdehnung des Reic­es, die geringe Bevölkerungs­­dichte; Die mäßige Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen; Die "Schwerfälligkeit der Verwaltungseinrichtungen, indem das zentralistische Prinzip, „der größte Feind der Schnelligkeit in der Mobilisirung", in Rußland bis zum Aeufersten ent­­wicelt ist;­die Trennung der Territorialbehörden (Militär­­bezirks-Verwaltungen) von den Korpskommanden, wodurc­ legtere wohl jeder administrativen Arbeit überhoben sind, dafü­r aber auch seinen Einfluß auf die durch die Bezirks­­verwaltungen durch­zuführende Mobilmachung geltend machen können. Die Verwaltung aller drei Linien der russischen Wehrmacht — Heer, Reserve, Opolischenje (Landsturm) — obliegt ganz und ausschließlich dem Kriegsministerium in Petersburg, während in Oesterreich-Ungarn duch die Landes­­vert­eidigungs-Ministerien eine ähnliche wohlthätige Arbeits­­theilung­­ stattfindet, wie in Deutschland durch die Kriegs­­aus; MER 3 adas Wann­enge | seineswegs­ ! — Am morgigen Tage tritt das leitende englische Tageblatt „The Times“ sein zweites Jahrhundert an. Mit gerechtem Stolz darf das große Cityblatt anläßlich dieser seiner Centennialfeier auf die zehn Jahrzehnte zurückh­olen, die es bereits hinter sich hat. Nicht nur in der Geschichte der britischen Presse und der Weltpresse überhaupt, sondern au) in der Geschichte Englands hat fs die „Times“ während dieses langen Zeitraumes "einen ehrenvollen Blut gesichert, und ihr Einfluß auf Politik und Gesellschaft des mächtigen Inselreiches hat in der Flucht der Sabre immer tiefere Wurzeln geschlagen. Hat die ganze Pfesse des Kontinents nun vollauf Grund, an der Hundertsten Jahres­­wende der Grü­ndung des ersten großen Londoner Blattes mit kolle­­gialen Gefühlen der Erfenntlichkeit theilzunehmen und sollen sie alle Journalisten dankbar daran erinnern, Daß die „Times“ es war, Die die ersten Anregungen nicht nur zur Gradlevung eines großartigen weltumfassenden Nachrichtendienstes, sondern auch zur Verwerthung der Dampfkraft im Dienste der Zeitungspresse­r gegeben, so haben mit ungarischen Journalisten doppelten Grund, Der. , Times' zu ihrem Jubiläum unsere besten Glühwünsche zu­ senden. Denn seit einer Reihe von ahren sehen wir, daß das vornehmste Blatt der Londoner City unserem Lande seine unverwandte Aufmerksamkeit widmet und der Stimme Ungarns im Weltkonzert ein stets geneigte Öhr­chen. Aber nur nur unsere politischen und nationalen Aiptrationen, auch unsere gesellschaftlichen, wirthschaftlichen und " kulturellen Bestre­­bungen finden in­ dem Londoner MWeltblatte eine liebevolle Mildigung und es soll­­ umvergessen bleiben, wie warm ich die „Times“ namentlich unserer 1885er " Landesausstellung angenommen hat. Der Lömwenantheil an dem Verdienste, die­ Sympathien der „Times” unserem­ Baterlande zu­­gewendet zu­ haben, gebührt aber­ selbstverständlich ihrem Vertreter Für Desterreich-Ungarn, Herrn Brinsley- Richards, der die fremndschaftlichen britisch-ungarischen Beziehungen, die bereits sein Vorgänger Ferdinand Eber aasknüpft, in ebenso emsiger, als tastvoller Meise m weiterzuentwideln sich je Anfgabe gemacht zur haben scheint und der Feinen Anlaß ver­­“ abrammt, den großen und auserlesenen Leserpreis des Blattes über 7 ungarische Begehbabeiten im Laufenden zu­ erhalten. Bei der nicht geringen Anzahl unserer Haffer und Neider in­ der­ Fremde willen wir wohl die freundliche Haltung eines Organs: von der Bedeutung der „Times“ zu würdigen und wir ergreifen in unserer doppelten Gigen­­haft als Journalisten, deren Stand durch die „Times“ nach jeder Richtung hin gehoben und geadelt wurde, und als Ungarn, denen das City-Blatt 10 herzliches Wohlmollen ent­­gegenbringt, gern die günstige Gelegenheit, um der „Times“ auch ein zweites und drittes an Ehren und Erfolgen jeder Art reiches Gentem­­­arium und uns au­ in der Folge so bewährte Freunde zu wünschen, wie es das von Herrn Brinsley-Nichards über Oesterreich- Ungarn so trefflich unterrichtete Weltblatt al­. Ad multa saecula! — Die auf die Durcführung des am 8. Janner ins Leben tretenden neuen Taleatmonopol-Gefeges bezüglichen umfang­­reichen Verordnungen und­­ Instruktionen sind im Schoße des Finanzministeriums bereits endgültig festgestellt und werden dieselben im Laufe der nächsten Woche publizirt werden. Rußllälichtkichtlickch seiner dollen Leistungsfähigkeit­ mung­­ministerien der Einzelstaaten. Ferner ist der Generalstab in ütt and hat daher nicht den erforderlichen Einfluß. Die­­ Mobilisirung der Ersatkörper der Infanterie geschieht nicht bei TER Ad Körpern, sondern bei den Negimen­­tern fehlt. T­ ..· Diese aus geographischen Schwierigkeiten und admini­­­s"trea ctiven Mängeln­ entspring­enden­ Nachtheile erscheinen­ aller­­dings einigermaßen durch systematische Anordnungen der Zentralregierung ausgeglichen.­So ist­ die russische­ Armee mit mehr als der Hälfte ihres Friedensstandes in den vier­ ans der West-und Südgrenze gelegenen Militärbezirken Warschau,Kiew,Wilna und Odesfadislozirt.2Während dass­ Eisenbahnnetz in dem Raume zwischen der Westgren­ze und der Linie Petersburg-Moskau-Charkow­-Nikolajew eine­­europäischen Verhältnissen angemessene Entwicklung zeigt it dasselbe in dem anderen,weitaus größeren Theile des­­ europäischen Rußland noch unentwickelt.Die Friedens­­stationen größerer Truppenkörper,die Aufstellungsorte der Reservetruppen und die Depotplätze sind fast alle an den großen durchgehenden Eisenbahnlinien gelegen,deren Ostgrenze die Rocadebahn,­von welcher aus die durchgehenden Strecken abzweigen,­Petersburgk Moskau-Okre’l-Ku­rsk-Charkow bildet. Dessen ungeachtet kann­ bei der Mobil1­achtung das durch das geographische,kulturelle un­d administrirt­e Element­ Oester­­reich-Ungarn gesicherte Uebergewicht seitens Rußlands nur dann paralysirt werden,wenn eben Letztere­n die Zeit gegönnt wird,»sein numerisches Uebergewicht zur Geltung zu bringen. Und da fragt es sich min, soll und Darf unsererseits dem mächtigen Czarenteiche angesichts der notorischen fortdauern­­den Rüstungen desselben diese Zeit­ gegönnt werden? Wäre er nicht vielmehr an unserer Diplomatie, den oben angedeuteten militärischen Vortheil der­ leichteren Mobili­­sirung und des vasc­eren Aufmarsches nicht duch Schwanfen und Temporisiren zu opfern, sondern durch einer ener­­gischen Entfehlun und ein kraftvolles „Entweder— Oder!" den Frieden zu retten oder — die Situation zu klären ? Telegramme des „Weser Lloyd“, 2Bten, 31. Dezember. Orig.-Telegr.) Die opti­­mistischen Aenderungen einiger aus­wärtiger Journale über die internationale Situation brauchen seineswegs ganz von der Hand ge­wiesen zu werden, weil dieselben thatsäch­­lich auf mehrfachen friedlichen Erklärungen Ruß­­lands beruhen. Allein trogdem ist festzuhalten, daß Ruß­­lands militärische Vorkehrungen mit jenen friedlichen Bev­­ölkerungen nicht harmoniren. Man­ darf insofern einige Hoffnung hegen, als diplomatischen Pourparlers Raum ge­geben ist. Greifbare Unterlagen­ für den Optimismus fehlen jedoch auch heute noch­. Wien, 31. Dezember. (Orig. -Telegr) Nach einer Meldung des „Neuen Wiener­ Tagblatt“ erschien heute für­ Lobanoff im Auswärtigen Amte, um seine persönlichen Glühw­ünsche zum Jahresmechtel darzubringen. Der Botschafter bemühte diesen Anlaß zu einem längeren Meinungsaustausce über die Situation. Er gab hiebei abermals, wenn auch nicht in offizieller Form, d­urchaus friedliche Erklärungen über die Absichten Nuplanb$8 ab und betonte nach­drücklich, Daß­ die russische Negierung die­­ Erhaltung des Friedens wünsche und hoffe, dies werde auch gelingen. Wien, 31. Dezember. (Orig.-Telegr.) Nach einer Budapester Meldung der „Bol. Korr.“ dürfte sich die übliche Neujah­rs- Begrüßung des Minister-Präsidenten Ti B­a durch die Liberale Partei heuer zu einer wichtigen und ernsten politischen Kundgebung ge­stalten. Graf Bla Bäanffy wird als­ Sprecher Der Partei dem­ duchaus friedlichen Gesinnung des Landes Ausdruck geben, gleichzeitig­ aber Die­ unbedingte Vertheidigung der unteressen Oesterreich-Ungarns betonen und dabei die Zweckmäßigkeit jener Einrichtungen hervor­­heben, welche in den sebten Jahren zur Erhöhung der Wehrfähigkeit der Monarchie eingeführt wurden. Er wird­­ weiterhin der Verdienste gedenken, welche sich Herr v. Tipa dadurch um das Land erwirbt, mat er die Ordnung der Staats­­finanzen in­ eigene Hände nimmt; er wird die Schwierigkeiten erörtern, welchen das Streben nach ‚Herbeiführung eines Ein­ganges zwischen den materiellen Kräften der Nation und ihren Fortschrittschinfchen begegnet und dem vollen Vertrauen Aus­­dru­d geben, welches die liberale Partei hierin auf Herrn v.­fika liebt. Yu Rreifen, die Lebterem nahe stehen, ver­­lautet bestimmt, daß der Minister-präsi­dent in seiner Erwiderung gleichfalls die auswärtige Lage berühren werde. Die nach Neujahr bevorstehende Reife des Herr v. Tia nach Wien hat nicht so sehr Unterhandlungen, als die hersümm­­lichen Akte der Courtoiste und den Wunsch nach Orientirung zum Grunde, . Wien, 31. Dezember. Orig.-Telegr­ regelten Studenten an den rufftigen Unio­sitäten ,erhalten,nun zur Zustimmungsfundgebung­ ihrer­ studd­enden Landsleutes an der Züricher Hochschule auc - sympathische­­ Ex­pärungen seitens ihrer landsmännischen Kommilitonen an den Univer­­sitäten von Paris und Wien. Auch die hiesigen Ruffen protestiren gegen das russische Universitäts-Statut und die rücsichtslose Art den Durchführung desselben und erklären si solidarisch mit ihren Kolleger­z in Rußland z'«— Lemberg, 31. Dezember. Orig-Zelegt.) Wn dem­­„Brzegland“mitgetheilt wird, ist der Generalstabscie­der in den jüdmwestlichen­ Theilen Nuklands dislozirtenr Trup­­pen, General Lebedyn­ski, der jüngst an dem Wieterzef­burger Kriegsrathe theilgenommen hatte, bereits nach Kiem zurücgekührt, wo seither die Mitglieder des Generalstabs­ Tag und Nagt mit Arbeiten beschäftigt sind. Von Den Generalstabs- Offizieren hat ferner einen Urlaub für di Dauer der Feiertage erhalten. ES it eine große Preis­­steigerung des Getreides eingetreten. Für den Bud. Weizen, für den 518 vor Kurzem 70 Kopeten gefordert wurden, werden gegenwärtig 85 bis 90 Kopeten gezahlt. Berlin, 31. Dezember. Zu der­ gestrigen Theegeseh­l­schaft bei Ihren Majestäten, war auch Prinz Fofe Windischgroß geladen. : = "-"-";’s Berlin,31.Dezember.Aufs Befehl des Kaisers X« werden die Rußland und­ dem Reichsk­anzler zur Prüfung des­ Inhalts und s des Ursprun­gs zugegangenen,-­ die bulgarische Frage betreffenden gefälschte Aktenstücke vom»Reichsanzeiger«publizirt.Die um­gestellten Ermittlungen ergaben,daß zwischen der Gräfi von Flandern und dem Prinzen Ferdinand Kobuk niemals eine Korrespondenz stattgefunden hat,und eine poli­­­tische Eröffnung,d­ie sie dem Botschafter Fürsten Reuss zugeschrieben wurde,niemals gemacht worden ist..Auch die Beziehungen,welche anderent hohen­ Herrschaften zugewiesen wurden, sind erfunden. Die Affenfunde wurden von bisher, nicht ermittelten Personen lediglich zu dem Zmede, Mi­trauen zwischen den europäischen Mächten, herporzurute ohne jede thatsächliche Unterlage zusammengestelt und­­ Funden. Wären die Andeutungen in den fingirten Briefe begründet gewesen, milde man der amtlichen deutsche Politis den Vorwurf der Duplizität und der Unehrlichk gemacht haben künnen, da Die deutsche Politit das Unter­nehmen des Prinzen Koburg in Bulgarien als den Be­trägen zuwiiderlaufend angesehen hat und noch ansieht. Berlin, 31. Dezember. Die vom ,, Reichsanzeig veröffentlichten ge­fälschten Attenttitde befte zunügst aus einem Briefe des Prinzen Kobur an die Gräfin Flandern vom 27. August, mari de Prinz sagt, er würde si nit nach Sophia begeben haben, wenn er nicht von Berlin Die befriedigendsten Mit­­theilungen erhalten hätte. Dies ergebe ss aus der, vol ftändig von der Hand des Botschafters Fürsten­erb geschriebenen Note über die jefreien Ansichten des Deutschen Neichk­anzleramtes, die er beilege. Zugleich bittet der­­ Prinz die Gräfin, ihren Bruder, den König von Rumänien zu veranlassen, daß er seinen Einflus in Petersburg zu seinen Gunsten geltend mache. Das­ zweite Affenftüd ist ein dem Prinzen Koburg vom­ Botschafter Fürsten Ment zugegangenes Schreiben, in­ welchem es heißt, die Besugnahme des bulgarischen Tieones sei eine Frage der persönlichen Initiative, melcher die deutsche Negierung augenblidiich noch keine offizielle Unter­­frügung gewähren künne, daraus folge aber nicht, daß Die deutsche Regierung im Interesse des­ europäijgen Friedens. und der deutschen Politik zu einem solchen Unternehmen nicht offiziöls ermuthigen könne. So ungünstig oder jejnez , selig die Mfte der D­eutschen Regierung augenbliclich auch erscheinen möchten, konnten doch die Sertimik , welche dieselbe insgeheim Hege, eines Tages Kar zu Tage treten. Das Dritte Affenftüd ist ein Brief des Prinzen Koburg an die Gräfin Flandern vom 16. September, in welchem der Prinz sagt, daß "ungeachtet des pifeten, Krieges, den Deutschland gegen ihn führe, nicht vier 00 fünf Tage vergingen, ohne daß der deutsche Generalfons ihm versicherte, daß die deutsche Politik in ganz günstige Weise und ganz unerwartet sich ändern könne. Deutschland aus Berlin zugegangenen direkten Meittheilung das Schicjd Bulgariens bei den Zusammenfünften des Fürsten Bismard mit dem Grafen Kalhofy und Krispi eingehend geprü worden sei; es sei sicher, daß die Zentralmächte günsti­­gere Dispositionen für Bulgarien hegen. Dieselben Hätten neuerlich wiederholt die Hoffnung ausgesprochen, Bulgarien werde seinen Anlaß zu einer Nenderung dieser Haltung die Mächte geben, welche man als eine definitive angesehen? zu willen mwinfche. Berlin, 31. Dezember. Orig.-Telegr.­ Meldung der „Bol. Korr.”: Gegenüber den andauernden Muth­­maßungen der europäischen Breffe über die Mission des Generals v. Schweinig und deren an­gebliche Erfolge oder Mißerfolge wird abermals mit aller Bestimmtheit betont, daß der genannte Botschafter Deutsc­­lands am russischen Hofe vorläufig­­ in Petersburg nichts weiter zu thun hatte, als die Geschäfte der Botschaft im üblicher Weise zu übernehmen, wozu als selbstverständlic eine Antrittspisite bei Herrn v. Giers gehörte. Ob General­ v. Schweinig später besondere Aufträge erhält, wie sie ihm derzeit unbedingt fäh­glich zugeschriebe werden, läßt sich Heute weder behaupten, noch verneinen. Allein die Berechtigung der ab und zu in der Publizistis zu Tage tretenden Anschauung, daß sie solcher Art sein könnten, um die Entwickung der Lage zu einer Krisis zu treiben, wird in unterrichteten Ber­­liner Kreisen in entschiedener Weise bezweifelt. Berlin,31.Dezember.(Orig.-Telegra)«"sDi·s Blätter verhalten sich den neuesten beruhigenden­ Meldungen gegenüber skeptisch.Die»No­rd­­deutsche Allgemeine Zeitung«sagt,d.je fortdauernde Krise erschwere die Aufstellung einer sicherbsj.» Diagnose.Der momentane Stillstand sei zwar einer«th spitzmcg der Gegensätze vorzuziehen,lasse aber eine Be­­ruhigung nicht recht aufkommen.Bemerkenswerth sei so hieb es das Bestreben der Pariser Blätter,die in­ternation­alen Be­­ziehungen zu vergiften.———.Die­»Kreuz­zeitung«schöpft­­einige­ Beruhigung daraus, daß Rußland keine weiteren größeren­­ Truppen-Konzentrationen außer den bisher­­ deren vorgenommen habe. Die gestrige P Versicherung­­ des „Wolffischen Bureaus”, da Schumaloff seine Mission­­ hatte, werde­ schon dadurch­ hinfällig, daß selbst der offizie „Hofbericht" zugestand, daß Schumaloff allerdings­­ eine Mission gehabt und daß Herbert Bismarc nach jüngerem­­ Bertrage beim Kaiser eine Unterredung mit Schumaloff , gegen W Willensmeinung gemaltsam zum Stöder’schen P­arteimann, gestempelt werden... Die völlige Entlarvung, der Meheber dieses Feldzuges wird zweifellos­ gute Wirkung haben. Brü­ssel,31.Dezember..,Nord««hält ungeacht des Pessimismus der Wiener und Berliner Blätter auch"», Glauben fest,daß der Friede nicht gestört wird....« »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung««,­welch­e»verlang­t.,«diß Rußland seine Ansprüche mit Bezug auf die bulgarische­­ Trage formulire, antwortet der „Mord“, diese Ansprüche di­es An ·« - |

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