Pester Lloyd, Juli 1888 (Jahrgang 35, nr. 181-211)

1888-07-01 / nr. 181

is­t 3% - - - = Besorgt um die Gemüthsstimmung der Völker Oesterreich-Ungarns und Italiens suchen Berliner Blätter, denen man offiziöse Beziehungen nachsagt, die Eventualität einer Begegnung des Deutschen Kaisers mit dem Kaiser von Rußland in beruhigen­­dem Sinne zu interpretiren. Vielleicht dürfen wir dieser zar­­ten Rücsicht gegenüber versichern, daß in ernsten politischen Kreisen keine Bedenken über diese Entrevue herrschen — vor­­ausgejebt, daß die Begegnung thatsächlich stattfinden wird. Nicht allein die Publikation des Bündnißvertrages zwischen unserer Monarchie und dem Deutschen Reiche hat es zuwege gebracht, daß man ruhiger und unbefangener über die mög­­lichen Evolutionen der europäischen Politik denkt, es ist nach gerade auch jene kindische Vorstellung gewichen, als ob das bestehende Verhältniß zwischen Oesterreich-Ungarn und Deutschland lediglich das Produkt persönlicher Neigungen und Inspirationen und daher ebenso einem Wandel unter­­worfen sei, wie persönliche Stimmungen im Allgemeinen. Man hat erkannt, und diese Erkenntniß hat sich im Laufe­­ der Zeits nur befestigt, daß unsere Bundesgenossensc­haft dem en Reiche ebenso nothwendig ist, wie die Bundes­­genossenschaft Deutschlands uns, daß wir ebenso viel bieten, als wir empfangen, und daß die Freundschaft, welche das Deutsche Reich uns zuwendet, allerdings in den Sympathien der Öffentlichen Meinung wurzelt, aber keine­swegs als ein Geschenk zu betrachten ist, welches wir nicht gleichwert­ig zu kompensiren vermöchten. Wäre in dieser Hinsicht noch ein Zweifel möglich gewesen, er wäre sicherlich an dem Tage verflogen, als Fürst Bismarck erklärte, daß er nur nach langem Zögern für Oesterreich-Ungarn optirt hat und nur nachdem er die Ueberzeugung gewonnen, daß selbst die Unterordnung der Interessen Deutschlands unter diejenigen Rußlands nicht hinreichen würde, dauernde friedliche Bezie­­hungen zu dieser legteren Macht zu begründen. In der That werden die intimen persönlichen Be­ziehungen zwischen den beiden Souveränen nimmer mehr die Gegensäße überbrücken können, welche zwischen dem Ganzen und Großen der Bestrebungen Rußlands und Deutschlands, nicht erst seit heute und gestern, sondern seit dem Tage bestehen, als Preußen zur herrscenden Macht empor­­gestiegen und sich von jener Tradition losgelöst hat, noth­­wendig loslösen mußte, welche nichts Anderes, als die Bevormundung durch Rußland bedeutet hat. So kam es, daß in dem Augenblicke, als die deutsche Einheit aus­­gerichtet war, auch eine Erfahtung in den Gesinnungen der Petersburger Regierung gegen die neue Macht platgri­ff. Das Wohlwollen für Deutschland überdauerte die Siege und Erfolge desselben nur sehr kurze Zeit. Schon zu Anfang der siebziger Jahre begann die russische Diplomatie das Ränfkespiel gegen Deutschland, und dieses wurde nicht mehr unterbrochen bis auf den heutigen Tag. Der russische Ehrgeiz und der im ganzen Wesen des russischen Volks­­thums agirende Expansionsdrang kann sich mit dem Wachsthum und dem Erstarken eines europäischen Faktors nicht versöhnen, welcher die Petersburger Politik von ihrer­­ dominirenden Höhe verdrängt hat und dem Ausgreifen der aggressiven Tendenz wenigstens nach einer Richtung hin im Wege steht. Die Russen verzeihen Deutschland einfach seine Existenz und seine führende Rolle nicht und­ nur die Abdikation des Deutschen Reiches könnte die Petersburger Kreise freundlicher stimmen. So bildete sich ganz von selbst ein Gleichklang der Motive zwischen den Anhängern der Revanche-Idee in Frankreich und dem Pannuffism­us. Ob sie auch ihrer inneren Natur nach keine Verwandtschaft haben, sind sie doch einig in dem Hasse und der Eifersucht gegen Deutschland. Und wie wenig die Neigungen der Herrscher daran Etwas zu ändern vemögen, das hat das persönliche Verhältniß zwischen Wilhelm I. und Alexander II. deutlich genug gezeigt. Iu diesen beiden Souveränen waren die alten Ueberlieferungen zwischen Berlin und Petersburg verkörpert und das hinderte nicht, daß Nußland anch unter­­ jenem Herrscher Anschläge gegen das Lebensinteresse Deutschlands geschmiedet hat und daß das Deutsche Reich sie durch anderweitige Verbindung gegen die russische Freundschaft sicherstellen mußte. Wäre ein erträgliches Verhältniß zwischen den beiden Nachbarreichen überhaupt möglich, es würde sich das Gegentheil gewiß nicht zu Leb­­zeiten jener beiden Monarchen anschaulich demonstrirt haben. Deshalb könnte die Sorge bezüglich eines Abschwen­­kens der deutschen Politik von der Allianz mit Oesterreich- Ungarn selbst dann nicht aufkommen, wenn der gegenwär­­tige Kaiser nicht ausdrücklich seine Treue für das Bündniß betont hätte. Wie die Dinge liegen, wäre es, mindestens theoretisch, weit eher denkbar, daß ein Ausgleich zwischen unserer Politik und den russischen Aspirationen stattfinde, als daß die Grundlage eines dauernden, freundscaaftlichen Verhältnisses zwischen Deutschland und Rußland gewonnen würde. Unsere Monarchie brauchte blos die freundschaft­­lichen Rathschläge zu beherzigen, welche ihr sehr geflissentlich von deutschen Blättern ertheilt werden, sie brauchte sich blos auf die Erneuerung der Kompensationspolitik im Orient einzulassen und sie könnte auf beträchtliche Zeit hinaus den Groll Rußlands beschwören und das Uebrige den Entwicklungen und Gestaltungen der Zukunft anheim­­geben. Wollte sich Oesterreich-Ungarn zu solchem Handel verstehen, so wäre eine Annäherung zwischen uns und Rußland bald vollzogen — unsere Monarchie­­ wäre schlimmstenfalls eben in der Lage, den russischen Aspiratio­­­nen Etwas zu bieten. Für Deutschland besteht eine solche Möglichkeit nicht; es hat den Russen nichts zu gewähren, was es ohne Gefährdung seiner Machtstellung preisgeben dürfte, es kann die russische Regierung und den russischen Volksgeist überhaupt nur befriedigen, wenn es auf seine leitende Rolle in Europa verzichtet, auf diese wieder kann es nicht verzichten, ohne sich der Gefahr feindseliger Koa­­litionen auszusehen. An diesem eisernen Zwang der Situation können Fürstenbegegnungen nichts ändern. Ja, läge selbst in den persönlichen Intentionen des Czars eine Bürgschaft der friedlichen Gesinnung, so ist es doch fraglich, ob die Macht des russischen Kaisers groß genug sei, um die Bestrebungen des russischen Volkes zu paralysiren. Viel zu lange wurde die russische Gesell­­schaft mit expansiven Tendenzen gewährt, als daß ihr dieser Geist leichterdings ausgetrieben werden könnte; viel zu innig ist das Bedürfniß nach Machterweiterung mit dem russischen Nationalgedanken verwachsen, als daß hier eine Trennung zu Gunsten einer konservativen Politik möglich wäre. Man nehme den Russen“ dieses deal, und es wird sich in ihnen dann mit elementarer Kraft das Bedürfniß nach neuen Formen des inneren staatlichen Lebens geltend machen. Der Nihilismus bedeutet wohl eine Gefahr für Rußland, aber er wird gegenwärtig doch noch durch die Uebermacht der konservativen Faktoren niedergehalten , wird aber das russische Volk in seiner Gänze von dem Bestreben nach solchen staatlichen Einrichtungen erfaßt, wie sie heut­­zutage selbst die kleinsten Länder und Stämme an den Grenzen der europäischen Zivilisation befigen, so würden plögisch alle Stüßen und Säulen des Czarats zus­ammen­­brechen, und das autokratische Regime würde bald genug seinen lezten Tag kommen sehen. Die Aggression ist daher nicht blos die bewegende Idee der auswärtigen Politik des Petersburger Kabinets, sie ist ihm geradezu ein unentbehr­­liches Regierungsmittel im Innern, und kann schon des­­wegen nicht aufgegeben werden. Nun wendet sich diese Politik allerdings gegen Oesterreich-Ungarn nicht minder, als gegen Deutschland, allein wir haben bereits ausgeführt, daß uns wenigstens eine temporäre Beschwichtigung dieses Strebens möglich wäre, während Deutschland mit dem Zu­­sammenmirten der russischen und der französischen Feind­­seligkeit zu rechnen hat.­rhältniß zwischen uns, „Deutschen Reiche und­ über die nächste europäische Gestaltung platgreifen und desto weniger kann sich irgend­ein Bedenken an die Begeg­­nung des Deutschen Kaisers mit dem Czar heften. Findet die Entrevue wirklich statt, so wird sie nur als Zeichen dessen zu betrachten sein, daß es Wilhelm II. ernsthaft um die Pflege Freundschaftlicher Beziehungen zum russischen Kaiser zu thun sei; und wenn sich auch nicht verkennen läßt, daß­ darin jedenfalls auch ein politisches Moment liegt, so werden die Konsequenzen desselben doch schwerlich von allzu tiefgreifender Bedeutung sein. In seinem Falle aber braucht man sich mit der Vorstellung des Wiederauf­­lebens der Drei-Kaiser-Allianz "ár ängstigen ; damit diese zur Wahrheit werde, ist doch wohl auch die Mitwirkung Oesterreich-Ungarns ubb­ig, unsere Monarchie aber hat die Erfahrungen einer nicht lange hinter uns liegenden Ver­­gangenheit für sich und wird nicht ein zweites Mal auf die Fiktion eingehen. Budapest, 30. Juni. —n— So kurz die verwichene Session der Delegationen auch war, so werden ihre Folgen doch sehr nachhaltige sein und als Ausgangspunkte einer Vervollständi­­gung der Heervrerpraganisati­on ersc­heinen. Wir sagen mit Vorbedacht „einer Vervollständi­­gung", weil der in der Motivirung des ordentlichen Heeres­erfordernisses gewählte Ausdruck „Weiterenteilung der Organisation“ vielleicht nicht ganz der Sache entspricht und, wie der Verlauf der Delegations-Berathungen hart hat, den Irrthum aufkommen ließ, als ob das gemeinsame Kriegsministerium organische Aenderungen grundmäßlicher Natur beabsichtige. Diese Meinung fand noch in dem äuße­­ren Umstande Nahrung, daß ein neuer Verwalter des Kriegsparteienilfes den Delegationen gegenüberstand, die Ber­muthung also nahe lag, derselbe debatire mit „neuen Seen", welche er, nunmehr zur Macht gelangt, verwirk­­lichen wolle, “ und die Steuerträger sollen die Kosten dieser „Ideen" bestreiten. Indessen war aber Freiherr v. Bauer so reell und offen, in den Ausschüssen frei­­müthig zu erklären, daß er das vorgelegte Budget fertig von seinem Vorgänger übernommen habe und daß er nur dessen Ver­­mächniß mit diesem Voranschlage vollstrebe. Damit war auch die Annahme einer geplanten Aenderung der organi­­schen Grundlagen­ des Heeres hinfällig geworden. Dem Kundigen war dies übrigens schon von vornher klar, denn die Neuerungen, für welche jezt die Geldmittel bewilligt wurden, fußen durchaus auf den Grundlagen der Heeres- Organisation von 1882 und vervollständigen slles die be­­stehenden Einrichtungen. Freiherr v. Bauer trat also feinestwegs mit Reformideen hervor, und wie ernst es ihm um die Fortlegung der Arbeit im Geiste seines Vorgängers ist, zeigt schon der Umstand, daß er mit denselben Gehilfen, mit denselben Sektionschefs und Abtheilungsvorständen, welche schon dem Grafen Bylandt-Rheidt ihre Kräfte ge­­liehen, die Budget- und Delegations-Kampagne durchgeführt hat. Diese Thatsache überhob auch den Freiherrn v. Bauer der Nothwendigkeit, den Vertretungskörpern gegenüber sein Programm zu entwickeln. Wohl hat die Armee ebenso wie die Bevölkerung gehofft, der neue Träger des Kriegsporte­­feuilles werde die Session der Delegationen, die einzige Ge­­legenheit, sich öffentlich und zugleich amtlich zu äußern, nicht vorübergehen lassen, ohne die leitenden Grundfäße und besonde­­ren nächsten Ziele seiner Amtsführung zu entwickeln, wie dies seinerzeit Freiherr v. Kuhn und Graf Bylandt-Nheidt, sowie Bronsart v. Schellendorf in Berlin gethan. Nun ist die von Volk und Heer erwartete Enunziation allerdings nicht erfolgt und Freiherr v. Bauer hat in den Plenarsizun­­gen Überhaupt gar nichts gesprochen, obwohl hier vielleicht der Platz gewesen wäre, fast möchten wir sagen die Gele­­genheit vom Zaune zu brechen, um vor dem aufhorrenden Su: und Auslande urbi­et orbi die Ausführungen zu er­­gänzen, die der Herr Minister-Präsident v. Tipa im ungarischen Heeres-Aussc­husse gegeben, um das Verhältniß der jenigen Mehrforderungen zu dem vor anderthalb Jahren gethanen Ausspruche des früheren Kriegsministers über die VD DEX Ont al € WE anvenadberert, Ware­ner Arm­ee klarzustellen. Freiherr v. Banner hat indessen die Thatsachen sprechen lassen,­­ welche deutlich aus dem Voransc­hlage des ordentlichen unnd außerordentlichen Heeres­­erfordernisses hervorgehen. Und welche sind diese Thatsachen, die sehr auf Grund der Delegationsbeschlü­sse geschaffen werden sollen? Der Organismus, wie der Verwaltun­gmechanismus der Armee bleiben unberührt, und das ist schon deshalb zu Toben, weil beide durch dauernden Bestand, durt längeres Eid­­leben in die Armee an innerer Kraft gewinnen, die Kon­­sistenz der verschiedenen Organismen und B Verwaltungs­­zweige fördern"; und den in bewegten­ Zeiten sich­­ voraus­­sichtlich fühlbar­ machenden Reibungs-Koeffizienten verringert. Formen, Funktionen, Dienstgang und Verwaltungsapparat bleiben also unverändert und nur die­ Zahl der Funktionäre wird verstärkt, um die über­bürdeten d­ienstthnenden Elemente zu entlasten­­ und­­ den Gang der Ausbildung, des Unterrichts und der Administra­­tionsgeschäfte leichtflüssiger zu machen. Wenn z. B. bei jedem Infanterie- und Kavallerie-Regiment, sowie bei jedem Jäger-Bataillon eine neue Stelle für einen „in besonderer Verwendung“ stehenden Hauptmann (Rittmeister) systemisirt wird, so wird weder die Organisation, noch die Verwal­­tung hiedurch grundsäßigg berührt, denn die Agen­­den dieses neuen Hauptmanns sind auch sehr vorhanden und werden auch jet versehen, aber sie sind auf ver­schiedene Personen aufgetheilt, welche mit verantwortlichen Arbeiten überlastet sind, wodurch letztere nicht gehörig ver­­richtet werden und so zu Schaden kommen. Auch der Ober­­lieutenant-Pion­ieroffizier und der Lieutenant-Zweiter Ergänzungs-Bezirksoffizier, die jekt kreirt werden sollen, sind schon seit undenklichen Zeiten ebenso vorhanden, wie ihre Geschäfte. Nur mußten diese Offiziere bisher nebenbei auch Kompagniedienste thun, die freilich dabei nicht immer gut wegkamen, weil ja der Einzelne seine Thätigkeit doch nur zum Schaden des einen, oder des anderen, oder in der Regel beider Dienstzweige theilen kann. Auch die für die Landwehr-Divisionen aufzustellenden fünf neuen Batterie- Divisionen auf vermindertem Friedensstande sind bisher vor­­handen gewesen,­­ auf dem Papiere nämlich, weil sie aus ökonomischen Aücsichten erst im Kriegsfalle zur Ausstellung gelangen sollten. Angesichts der in den leäten anderthalb Jahren gesteigerten Kriegsbereitschaft der­­ anderen euro­­päischen Mächte, und hauptsächlich, angesichts des Umstan­­des, daß das Landsturmgeset die Möglichkeit bietet, die Auszugsbataillone zu jenen Diensten im Rücken der mobilen Armeen zu verwenden, für welche bisher ein großer Theil der Landwehrtruppen bestimmt war, daß also lettere nunmehr für die Armee im Felde verfügbaren und zu neuen Infanterie-Truppendivisionen formirt wurden, fühlte das Kriegsministerium sich veranlaßt, die für lettere erforderlichen schweren Batterie-Divisionen, allerdings auf vermindertem Stande, schon im Frieden aufzustellen. Würde man damit bis zum Ausbruche eines Krieges warten, so entstünde bei der Mobilmachung, also in einem schwierigen Momente, in welchem jede Funktion bedenkliche Folgen haben kann, eine beträchtliche Personalbewegung bei der Artillerie, die zur Folge hätte, daß zahlreiche Batterien vor den Feind rüden müßten, bei denen die Offiziere nicht ihre Mann­­schaften und die Mannschaften nicht ihre Offiziere kennten. Ein gedeihliches Zusammenwirken in den schwierigen Ver­­hältnissen eines Feldzuges ist zum nicht geringen Theile von der gegenseitigen Bekanntschaft und Vertrautheit der Vorgesebten und Untergebenen bedingt. Abtheilungen, die = Die bevorstehende Zusammenkunft des Deutschen Kaisers mit dem Czar beschäftigt die gesammte­ Presse. Die Besprechung, welche der Reichskanzler Fürst Bismarc gestern im Marmorpalais zu Berlin mit dem Kaiser hatte, wird gleich­­falls mit dieser Angelegenheit in Verbindung gebracht, und man glaubt, daß dabei die lezten Beschlüsse über die geplante Zusammen­­kunft gefaßt wurden. In den Kieler Marinekreisen wird man­­nigfach besprochen, daß die kaiserliche Yacht „Hohenzollern“, die bis­­her in der Reserve war, plößlich und mit großer Beschleunigung in Dienst gestellt wird und daß sie zum Kommandanten den Prinzen Heinric erhalten hat. Die Yacht ist für den besonderen Dienst der kaiserlichen Familie bestimmt ;­ man nimmt deshalb an, daß Kaiser Wilhelm von Kiel aus die Reise nach Petersburg an­­treten wird. (S. Telegr.) An Budapest, 30. Jnn. erst im Kriegsfalle neu aufgestellt werden, sind zuwei Geld nicht werth und tragen sehr oft den Charakter­­, Zusammengewürfelten, des Improvisirten. Das mag in­ „früheren Zeiten noch statthaft gewesen sein, bei der heutigen Aufmärschen und­­ Kriegsführung mit den beschleunigten raschen Entscheidungen sind Improvisationen im Kriege eine reine Geldverschwendung, die Ausstellung von Cadres im Frieden aber — eine weise Oekonomie. Man sieht, Freiherr v. Bauer hat zwar keine Pro­­grammrede gehalten, aber er hat die Entwürfe des Vor­­anschlages sprechen lassen, mit denen er sich identifizirt und die er nun ins praktische Leben überführen wird. Auf Eines möchten wir aber die Aufmerksamkeit unserer Leser noch lenken,­­ auf einen sehr bemerkenswerthen Umstand, auf welchen eigenthümlicherweise, während­ der" Delegations- Verhandlungen weder von Seite der gemeinsamen Regie­­rung, noch von Seite der Vertretungskörper reflektivt wurde. Und das ist Folgendes : Die im ordentlichen Erfordernisse für das nächste Jahr veranschlagte Standeserhöhung­ hat den meisten Stoff zu weitausholenden Erörterungen über die gesteigerten Lasten Stans'­ geliefert. Nun, nach durchgeführter dDesvermehrung zählt das stehende Heer im nächsten Jahre an Offizieren, Mannschaften , und Militärbeamten Alles in Allem 269.633 Mann und 49.228 Pferde. Greifen wir aufs Gerathewohl eines der älteren Kriegsbudgets aus der ersten Hälfte der siebziger Jahre heraus. Da finden wir, daß z. B. am 1. Jänner 1873 das Heer einen Präsenzstand von 269.166 Mann und 52.450 Pferden hatte. Das war vor sechzehn Jahren. Seither hat doch die Be­völkerungsziffer der Monarchie sehr ansehnlich zugenommen. Der Präsenzstand des Heeres wird aber nach Durde geführter Vermehrung sich auf der nämlichen Höhe befinden wie vor sechzehn Jahren. Das kommt daher, weil wir für den Ausfall der aufgelösten Grenzregimenter keinen Ersatz geschaffen haben. Deutschland und Frankreich halten einen Friedens-P­räsenzstand, der 1 Perzent der Be­völkerung beträgt. Nach dieser Berechnung müßte Oester­­reich-Ungarn, welches einschließlich des Okkupations­gebietes weit über 40 Millionen Bewohner zählt, 400.000 Mann unter­ den Fahnen halten. Indessen beträgt bei uns der Friedensstand der Armee (Heer, beide Landwehren,­­bosnisch­­herzegovinische Truppen) insgesammt 290.000 Mann. Es wäre also ungerecht, gegen die­ Negierung den Vorwurf zu erheben, daß sie bei der Einrichtung unserer militärischen Verhältnisse der finanziellen Lage nicht die gebührende Be­­achtung widme. Die vorstehenden vergleichenden Daten sprechen lauter und deutlicher, als es langathmige Artikel thun könnten. ; N = Weber die Thronrede, mit welcher Kaiser Wilhelm II. den preußischen Landtag eröffnete, macht die „K.. Ztg.“ folgende bemerkenswerthe Mittheilungen : H x " „Bott besonderer“ Bedeutsamkeit ist . es, daß König Wilhelm, nachdem­­ der mehr geschäftsmäßige Inhalt der Thronrede in­­ Webe­­­instimmung mit dem Staatsministerium festgestellt war, persönlich in eigenster Gutsschließung mehrere Säte einfügte, so ganz beson­­­ders den Schluß saß, in welchem er sich das Wort des Großen Friedrich aneignet, wonach der König in Preußen seines Staates erster Diener ist. Wir können bestimmt versichern, daß König Wilhelm diesen Schluß seiner Thronrede ohne jede Anregung von außen nach seinem eigensten Wunsche gewählt hat.“ Eine = 6 Wetersburger Zuschrift der „Pol. Korr.“ führt aus, daß die Thronrede, mit­ welcher­­ Kaiser­­ Wil­­helm II. den Reichstag eröffnete, bei der öffentlichen Meinung, sowie in den diplomatischen Kreisen Rußlands eine sehr günstige Aufnahme gefunden hat. Die feste und gleichzeitig friedliche Sprache des jungen Monarchen sei geeignet, ihm das allgemeine Vertrauen zu erwerben, und scheine die bezüglich seiner politischen Intentionen anfänglich gehegten Besorgnisse vollständig zerstreut zu haben. Die Destervre in- Ungarn und Italien ge­widmeten Stellen der Thronrede riefen in Beter­sburg keinerlei Be­stimmung hervor, da man diese Aeuße­­rungen­ als etwas ganz Selbstverständliches ansieht und da sie durch­­aus feine Rußland feindselige Spiße enthalten, sondern im Gegentheil den friedlichen Charakter der Bündnisse Deutschlands hervorheben. Werderdies betont man, daß diese Stellen in den an die Adresse Nuß­­lands gerichteten freundlichen und wohlwollenden Worten eine giid­­liche Ergänzung gefunden haben. Der Gesammteindruck der Thron­­rede war jedenfalls ein ausgezeichneter und wenn etwas in derselben vermißt wird, so seien es einige höfliche Worte für Frank­­reich. Die öffentliche Meinung werde sich nunmehr, wo bezüglich der Erhaltung des Friedens und der ferneren Haltung Deutschlands­­ eine Beruhigung plaßgegriffen hat, mit der Frage befassen,­­ ob die euro­­päischen Kabinete den günstigeren Stand der Dinge zur Entwicklung diplomatischer Thätigkeit behufs­regelung jener­ schwebenden­ Fragen benußen­ werden, deren Lösung bisher hinausgesc­hoben worden ist. — Die Gerüchte von einem bevorstehenden Besuche Kaiser Wilhelm's I. in Petersburg seien vorderhand mit Vorsicht aufzunehmen. Jedenfalls beweisen aber schon das Auftauchen dieser Gerüchte, sowie die That­­sache, daß eine Petersburger Reise des Deutschen Kaisers seitens der russischen Presse als wahrscheinlich und wünsc­hensr­erth erachtet wird, daß man das Gefühl hat, in eine friedlichere Lage eingetreten zu sein und Hoffnung auf eine noch günstigere Gestaltung der Dinge hegt. Telegramme des „Pester Lloyd“, Kronstadt, 30. Juni. Die Hävompeker Sektion der­­ unga­­risch-rumänischen­ Grenzregulirungs-Kommission hat ihre Thätigkeit ohne Hindernisse beendet und die Leitung der Ar­­beiten heute bei der Bodzaer Zollschranke der Sektion des Kron­­städter Komitats abgetreten. Zu diesem Behufe ist der Delegirte Rumäniens, der Präfekt von Blojeft hier eingetroffen und begab sich im Vereine mit den ungarischen Delegirten sofort an die Grenze. AUgranı, 30. Juni (Drig.-Telegr) Die heutige Landtagssitung nahm einen lebhaften Verlauf. Auf der Tagesordnung stand die Novelle des Schulgesetzes, ein Gegen­­stand, dem begreiflicherweise sämmtliche Parteien ein lebhaftes In­­teresse entgegenbringen. Die Opposition, welche unlängst mit ent­­schiedener Passivität drohte, besann sich eines besseren Namens der gemäßigten Opposition und der übrigen, je einen Mann zählenden Fraktionen Frank, Amrusch, Markovics, warf sich Lette­­rer, mit voller Wucht auf die Vorlage, welcher er absolutistische und reaktionäre Tendenzen unterschob. Die Interpellationspause belebte Amrus< durc­h Stellung einer gegen den Gebrauch der ungarischen Fahne auf kroatischem Gebiete gerichteten Interpellation, welche der Banus, Graf Khuen-Hederväry jsclagfertig dahin beant­­wortete, daß von einer Gesetwidrigkeit keine Rede sei. Der Verlauf der Sißung war folgender: Referent Dr. Kr8njavi hebt die Vorzüge der Novelle hervor, welche die Jugend für's praktische Leben vorbereite, von Konfessionen die ger­­ührende Einflußnahme auf die Volksbildung gewähre und den Unterricht auf die Grundlage der Religion und der Moral stelle. — Lancesavevics (Starcsevicsianer) sagte, die Vorlage räume der Kirche zu wenig Rechte ein, er müsse dieselbe daher ablehnen. = C3irics (Serbe) erläutert die besonderen Verhältnisse der serbisch-nationalen Kirche. Die Vorlage trage den Wünschen der Serben Rechnung, er nimmt sie in der zuversichtlichen Hoffnung an, die Regierung werde auch den noch nicht erfüllten Serbenwünschen nachkommen. — Ma­rkovics lehnt im Namen und Auftrage der gemäßigten oppositionellen Fraktionen die Vorlage ab. Dieselbe ver­­legze die Autonomie Kroatiens, stehe im Widerspruche mit dem Aus­­gleichsgefeße, weil das Lehramt­­ auch ungarischen Staats­bürgern ein­­geräumt wird. Die Vorlage unterbrücke alle liberalen Vorzüge der bisherigen Gefäße, führe polizeiliche Aufsicht in denselben ein, huldige , reaktionären, absolutistischen Tendenzen, entspreche nur scheinbar den Serbenwünschen und wurde blos zu dem Zweckk geschaffen, um der ungarischen Staatsidee zu dienen. — Sektionschef Spevec erklärt, unser Gesetz kenne nur ungarisch-kroatische Staatsbürger. Die Bedenken des Borredners sind gänzlich unbegründet. — Hierauf interpellirt Amrusch über die Berechtigung der ungarischen Fahne auf kroatischem Territorium, dies­ „Graf ihnen­­bekannt, Folge meinsamen Aemter das Ministerium in Feierlichkeiten zu Ehren des Kronprinzen­ bisher auszuhängen. Für die Bezeichnung der ter dienen im Sinne des 8. 62 des Ausgleichs ge­samen Wappen, der Fahnen wird im Gesetze eins than. Redner ist berufen, die Bestimmungen der wahren, doch finde es nicht, daß Durch Aushän Fahnen das Ausgleichsgeseß verlegt werden könne. Redner nicht den Mund voll Lobes über die Ritterl­rischen Nation, wie dies der Interpellant gethan, wer daß es nicht würdig sei, eine Nation mit Worten 3] Thaten aber zu beleidigen. (Beifall rechts.) — Der wartet die en Ittlinger's und Buc -- Schließlich wählt der Landtag ein Komite behufs Hauskommunion-Gesetes. Wien, 30. Juni. (Orig.-Telegr.) H wurde der deutsche Botschafter Prinz R­e­u­ß von Sr.­­ in besonderer Audienz empfangen, um dem Monarchen Kreditive zu überreichen. Mit Rücksicht darauf, daß ein ähn­lich erst vor wenigen Monaten vollzogen hat, unterblieb die bei dieser Gelegenheit sonst übliche feierliche Pomp und Botschafter in seiner eigenen Equipage ohne Begleitung­schaftspersonals in die Hofburg. Die Audienz währte Minuten. — Unmittelbar darauf empfing der Monarch den E 1 Albregt. „Wien, 30. Juni. (Orig.-Telegr.) Der nnsche Minister des Aeußern, Herr Carp, welcher in Berlin zum Zwecke der Finalisirung einer finanzi Transaktion aufgehalten hat, ist auf der Anreise hier getroffen und hat heute Vormittags den Minister des Reußs Grafen Kalnoky besucht, mit dem er eine längere Sprechung hatte. Berlin, 30. Juni.(O­r­ig.-T­el­egr.) Es verlautet bestimmt, der Entschluß der Begegnung mit­ dem Czar sei der eigensten Initiative des Kaisers Wilhelm entsprungen und Bismarc sei bereit­­willig auf diesen Plan­ eingegangen. Entgegen der gestrigen Darstellung der „Post“ sollen auch politische Ein­­zelfragen bei der Zusammenkunft erörtert werden. Diplomatische Kreise versichern, noch nie seit zehn Jahren sei das deutsc-russische Verhältniß so verheißungsvoll gewesen, wie gegenwärtig. Man erwartet hier mit Bestimmtheit eine günstige Rück­­wirkung und auf Rußlands Verhält­niß zu Oesterreich-Ungarn. Das Wiener Kar­binet sei von der gebesserten Lage durch umfassende Berliner Mittheilungen unterrichtet worden und habe mit Befriedi­­gung davon Akt genommen.­­ 148. Berlin, 30. Juni. (Orig-Telegr) Die „Kreuzzeitung“ erfährt aus unmittelbarer Umgebung des Czars, daß es Bismarc gelungen ist, die russische Politik zum definitiven Ber­at­er auf die F­ranscisıne Arti z­u bewegen. Demnächst werden weitere Beweise der sehr besonders guten Beziehungen bei­der Mächte zu allgemeiner Kenntniß gelangen. Berlin, 30. Juni. (Origil-Telegra Ae Nachrichten der Blätter, Rußland habe eine Noter über Bulgarien erhalten ent­behert jeder Begründung Bis heute ist nir­gends etwas über einen Diesfälligen oder einen ähnlichen Schritt Rußlands bekannt. Es ist abzuwarten, ob dasselbe etwa in der Zukunft aus der bisherigen Passivität heraus­­treten und P­ourparlers provoziren will, aber selbst hiefür.­in momension nom revierter Anhaltspunkt vorhanden. Berlin, 30. Juni. Der Kaiser hat den Grafen Stolberg auf dessen Anruden von der Ver­­waltung des Ministeriums des könig­­lichen­ Hauses entbunden, und den Regie­rungs-Präsidenten We­d­ell zum Minister des königlichen Hauses ernannt. in Petersburg eintreffen. EBERLE­ Kiel, 50. Juni. (Orig Telegr.) Meldung der­ „N. fr. P“. Der Deutsche Kaiser reist Mitte Juli auf der kaiserlichen Yacht „Hohenzollern“ nach Peter­s­burg. Der dortige Aufenthalt ist auf mehrere Tage be­­rechnet. Paris, 30. Juni. Die Bureaus der Kam­­mer wählten heute die V Budget-Kommission ; dieselbe besteht aus 20 Opportunisten, 7 Radikalen, 4 Mitgliedern der äußersten Linken und 2 Unabhängigen. Wahrscheinlich wird Rouvier zum Präsidenten gewählt werden. In den meisten Bureaux begegnete der Budgetentwurf einer lebhaften Kritik. Die Mehrzahl der Mitglieder der Budget-Kommission verwirft die Beseitigung der Amortisirung der sc­hweren Schuld und die Belastung der leßeren durch das außer­­ordentliche, Ausgabenbudget , bekämpft ferner das Budget wegen Mangels an E­rsparungen.­­­­ Waris, 30. Juni. Das Gerücht, daß der J­ust­i­z­­minister zu demissioniren beabsichtige, wird dementirt. Es wird versichert, daß die radikalen Mitglieder der Kam­­mer verzichten, heute über die Assaire Carcassonne zu interpelliren. Rom, 30. Juni. Der Ba­pst bereitet eine Bulle vor, durch welche sämmtliche früheren Privilegien des Malteser-­­Ordens bestätigt werden, der Orden aber in einer den gegen­­wärtigen Zeitverhältnissen entsprechenden Weise reorganisirt wird. Zu den Aufgaben des Ordens soll unter Anderem der Loskauf der Sklaven, namentlich in Afrika, gehören. Kardinal Savigerie hatte kürzlich mit dem Ordens-Großmeister eine Besprechung über diesen Gegenstand. London, 30. Juni. Bei der Deputirtenwahl auf der Insel Tha­net wurde Lo­wth­er, Konservativer, mit 3547 Stimmen zum Deputirten gewählt. Hu­gu­essen, Gladstoneaner, erhielt 2889 Stimmen. Petersburg, 29. Juni. (Orig.-Telegr.). Meldung der „Pol. Korr.“: Die Abreise Kaiser Alexanders II. mach den DEN NTEM­ON Archipel steht unmittelbar bevor. In Begleitung des Czars wird sich auch sein zweiter Sohn, Großfürst Georg Alexandromitsch, befinden, der bei­­ dieser Gelegenheit seine erste größere Probe als Marine Offizier zu bestehen haben wird. Petersburg, 30. Juni. Der „Negierungsbote meldet: Am Donnerstag fand zu Ehren des Generals Pap­e in Peterhof ein­­ Diner statt, an welchem sämmtliche Mitglieder der kaiserlichen Familie, die Minister Giers, Wannows­ki und Geheim­­rath Vl­angali theilnahmen. Die Großfürsten erschienen in preußischer Uniform mit dem Trauerabzeichen. General P­ape saß bei der Tafel rechts von der Kaiserin. M­ariebau, 29. Juni. (Orig-Telegr) Me­dung der „Pol. Korr."7 Die I­nspektionsreise des Großfürsten Wladimir wird sich auf die Städte und Festungen Osowek, Nowo-Georgiewsk Swangrad Brest-Litowsk Kaluga Tara und Moskau erfriecen. Der Großfürst, in dessen Begleitung außer dem General-Adjutanten Bobrikoff sich noch die Fürsten Obolenski und Kotscubeg, sowie Generalstabshauptmann Wannows­ki (en Sohn des Kriegsministers) befinden, wird am 4./16. Juli wieder Athen, 30. Juni. Meldung der „Agence Havas“: Briefe aus Monastir melden, daß die türkischen Behörden vier Individuen verhaftet haben, darunter einen rumä­­nischen Lehrer, welcher die dem Konsul zugeschriebenen Dokumente gefäls­t haben soll. Die Pforte verschiebt noch immer die Banarias angeblich kompromittirenden Schriftstücke nach Athen zu senden. Konstantinopel, 30. Juni.­­Orig.-Telegr.­ Meldung der „Pol. Korr.": Der Minister des Reußers Said Pascha richtete an die f. und E Botshhaft ein­e Note in Beantwortung der letzter Zeit von dieser an­­ die Pforte gerichteten vier Noten über die Postfrage N . : jú . 1 , 1 - 4 8 - NEE : : - - 4

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