Pester Lloyd, Dezember 1895 (Jahrgang 42, nr. 288-312)

1895-12-01 / nr. 288

. . ehany oberen — sid) seineswegs anderen Ziviwed, als Obstruktion zu machen, wenn man einem Cabinet, dem man selbst die laufenden Geschäfte nicht umvertrauen zu können vorgibt, eine Unmenge staatsrechtlicher Todifikatorischer, parlamentarischer, Fultur­­telfer amd mirthlschaftlicher Reformen ausbün­den möchte, welche unter den günstigsten Verhältnissen den Zeitraum eines­­ Menschenalters auszufüllen geeignet sind ? Da min­teoß des namen Protestes des Sohnes Ludwig Korfuth­s das „die Debatte arrangirende" und mehrere Schattirungen der Linien vertretende Komite den parlamentarischen Strike in aller Form zu organiseren scheint, kann man es der liberalen Partei nicht verargen, wenn sie dem Helden Treiben des so harmlos bewafteten Komites gegen­­über sich schroff ablehnend verhält und an Wortgefechten nicht theilnimmt, die seinen anderen 3wed haben, als die Erledigung des Budgets zu verzögern und dem Kabinet­t Bänffy Die Gelegenheit zu nehmen, seinen Namen an neue Reformwerke zu nüpfen. Man deuke nur, wie leicht es wäre, das neue Strafverfahren noch vor dem Millennium an Schaffen! Ext geitern Hagten oppositionelle Redner darü­ber, daß die Union mit Siebenbürgen heute nach dreißig Jahren noch immer nicht vollzogen sei, daß es haben und drüben noch immer zweierlei Wahlgelege, noch immer zweierlei ma­terielles, zweierlei Prozeßrecht gebe. Und siehe da, man hat die Regierung, nach der Schaffung der liberalen Kirchen­­gelege, welche ebenfalls das Ziel der Rechtseinheit mit solcher Entschiedenheit verfolgen, eine neue Vorlage eingereicht, welche das veraltete Österreichische Strafverfahren aus dem Gebiete jenseits des Königssteiges zu verbannen berufen ist, eine Vor­lage, über deren Gediegenheit und Ziviwech­enlichkeit alle Par­­teien einig sind, als die Linke zur Erreichung des Ideals der Rechtseinheit ganz andere, allerdings heute noch gar nicht vor­­bereitete und noch gar nicht spruchreife Reformen für viel wichtiger hält. Anstatt alle laufenden Arbeiten zu beschleunigen, um für Diese spruchreife Reform, um dann etwa auch noch für Die Erledigung jener nicht minder gut vorbereitete Vorlage über die Gerichtsbarkeit der Kurie in Wahlsachen Zeit zu gewinnen, werden mit einem Male wieder ganz andere W Partien der­­Wahl­ und der Parlamentsreform in den Vordergrund ge­­drängt, über welche die Öffentliche Meinung noch zu seinem abschließenden Urtheil gelangt ist und deren Erörterung zu Dieser Frist eine höchst unfruchtbare genannt werden muß. Da können wir denn der liberalen Partei nur beipflichten, wenn sie an solchen Diskussionen nicht t­eilnehmen will, deren Zwed nicht die Klärung der Frage, sondern einfach­ die Ver­­zettelung eines möglichst großen Quantums von Zeit ist, wenn sie mit ihren Argumenten nicht Debatten zu nühren unwünscht, die nicht aus den dringenden Bedürfnissen des nationalen Lebens entstehen, sondern blos durch eine zu­fällige Budgetpost ermöglicht und durch ein Nebnerwerbe­­tomite nothdürftig Fortgefristet werden. Oder glaubt die sehr verehrte koalitionshungrige Linie wirklich, daß die liberale Partei seinen Sinn hat für das sicherlich sehr interessante Thema: Breite und Parlament, seinen Sinn für die verschiedenen Probleme der Wahl- und Parlamentsreform. Die im Laufe der Verhandlung über Die sogenannten Kleineren Budgets bei dem Titel „Reichstags­­often so wepmöglich aufgeworfen werden? Wir begreifen es, wenn Julius Horváth, der sich über das Treiben des oppositionellen Gtrifefomites gewiß seine eigenen Ge­danken gemacht hat, ob der nörgelmden K­tit, welche die Moralisten der Linken an der­­ Presse üben, schließlich die Geduld verlor und den Herren einfach zu Gemüthe führte, daß Ungarns Presse höher stehe als sein Par­­lament, aber nicht weniger begreifen und billigen wir es, wenn die liberale Partei die Zeit der B Wolfsvertretung für zu fostbar findet, um man Dissertationen über alle im­­ BluntjNgl­ enthaltenen Streit- und Zeitfragen theilzunehmen. Mir finden es ferner wohl begreiflich, daß beispielsweise " Bartót der seine in der vierten Woche der General­debatte gehaltene Nede von den Blättern nicht nach­ Gebühr gewürdigt sah, in seinem Unmuthe hierüber den längst ab­­gethanen Antrag aufgriff, es sollen alle Parlamentsreden auf Staatskosten veröffentlicht werden. Aber die liberale Partei und der Liberalismus haben bereits darüber entschie­­den, daß duch einen solchen Mißbrauch der Druder­­- Schwärze den Interessen des Parlamentarismus am aller­­wenigsten gedient wird. Diejenigen Renner der Opposition, die etwas zu jagen wissen, dürften auch heute kaum Grund zur Klage haben. Die Blätter aller Parteischaftirungen beeilen sie im eigenen 9­nteresse und in jenem ihrer Leser sollten Rednern zu der größtmöglichen P­ublizität zu ver­­helfen. Namentli) unsere Leser werden uns sicherlich das Beugniß ertheilen, daß wir ihnen troß der empfindlichen Opfer an Bett und Mühe, welche uns die Veröffentlichung und Mederiebung zuweilen auferlegte, noch niemals den Genuß einer N­ede versagt, welche wirklich ein parlamentarisches G Ereigniß bedeutete, mochte dieselbe auf welcher Seite des Hauses immer gehalten worden sein. Den Nednern unter­­halb eines gewissen Niveaus aber würde mit der Veröffentlichung des Wortlautes ihrer Nede kaum gedient sein und ein verständiger, nicht übelmollender Auszug wird den ernsten Elementen des Hauses auch seitens der ersten Presse selten verjagt. Oder soll die liberale Partei vielleicht im gegenwärti­­gen Momenten, da von gewiisser Seite an alle bösen Instinkte der wirthschaftlich und intellektuell im Höchsten Denße abhängi­­gen Elemente appellirt wird, einen Antrag etwa erst nehmen, dessen Annahme und Verwirklichung die Mobilisirung der­­ tiefsten Schichten der Bevölkerung im Dienste der Reaktion und zur Bekämpfung der ungarischen Staatsidee ermöglichen würde? Haben wir es etwa nicht in Österreich gesehen, moz ar Teen­e 0 ge 1a­u­­hrt und wollen m : bent bin aus erst am eigenen Schade Hug werden? Und schließlich, was sol sie zu jenem dritten ! die Abhilfe wird nicht ausbleiben. Andessen von jenen Abgeordneten, Die bekanntermaßen in der Verwaltung gro­­ßer unwirthschaftlicher Unternehm­ungen figen, ut­m ein Miß­­brauch ihrer Doppeltstellung zu berich­ten ; deren Thurn und Laffen spielt sich in voller Oeffentlichkeit ab und die Kontrole der DOeffentlichkeit umgibt ihr gesammtes Wirken. Es gibt aber überall in der Welt und vermut­lich auch bei uns ge­heime und unkontrol­rbare Verbindungen z­wischen Finanzwelt, Regierung und Parlament und diese sind es, welche gefährlich werden können, eben die Unmöglichkeit einer Kontrole gegenüber genen, die durch­ jene unterirdischen und vertieften Gänge schleichen, ist am ehesten geeignet, jene „Korruption” zu verbreiten, vor welcher die Linke sich derma­­len so Hölflsch zu fürchten scheint. Allein vermag Herr Holle eine Bürgschaft dafü­r zu übernehmen, daß derlei Maul­würfe­­I se Neiden der Opposition absolut nicht zu finden .O Mit diesen und Ähnlichen Debatten wird nun wahrschein­­lich auch die nächte Woche todtgeschlagen werden, sowie die zweite Dezemberwoche mit der „sudemnity". Wer da noch zu behaupten wagte, daß die Opposition Obstrusion treibe — anathema sit! Graf Eduard Banife, 2. Wien, 29. November.*) Graf Eduard Tauffe i­ gestorben. Nicht auf der Höhe der Edlagt, nicht umdröhnt von dem Donner der politischen Gefüge, deren Bierpunkt er so oft gewesen, nicht mehr bekämpft von den natio­­nalen Leidenschaften, die sich oft gegen ihn aufgebäumt hatten, ist er vom Tode ereilt worden. Und doch sein Vergessener! Man hat den Grafen Taaffe in den legten zwei Jahren niemals öffentlich gesehen außer bei dem Leichenbegängnisse seines ehemaligen Minister­­gen Hye. Das große Publikum hat ihn nur mehr in der Erin­­nerung, wie er schlanz und elegant, elastischen Schrittes, die Haltung etwas vorgebeugt, die Couloirs des Parlaments oder die Straßen der Stadt Wien mit einer gewissen Eilfertigkeit durhschritt. Er rennt das interessante Gesicht, welches von den zwei geistsprühenden Augen förmlich beleuchtet wird, wo­­mit dem tiefschwarzen Schnurbart. Mar sieht den Grafen Taaffe nur vor sich in schaffensfroher Arbeit, stets neue Probleme aufwerfend, immer frischen Kampf suchend, ein wahres Bild des Lebens, 048 fid) immer nur im Kampfe bethätigt und erneuert. M Wie anders war Graf Taaffe in den Testen zwei Jahren, seit er aus dem Amte geschieden. Er war ein alter Mann geworden. Seine Haltung war die eines Greifes, eines alten Zandedelmannes, der auf seinen Gütern Ruhe nach vollbrachtem Tagemert sucht. Ein langer weißer Bart hing bis auf die Brust hinab und nur die Augen ver­­rieb­en den noch immer machen Geist, die Jugendfrische seines­­ Ver­­standes, die Thatkraft und den Kampfesmuth seiner Jugend. Und so wie sein äußere Bild ein veränderte gemorden, so mar auch seine politische Erscheinung umgestaltet, seitdem er aus den beiden Palais des Ministerrath3-Präsidiums und des Ministeriums des Innern ver­schieden, um dieselben mit dem stillen Landfig von Ellishau zu ver­­tauschen. Graf Taaffe war hervorgegangen aus den österreichischen Berfaffungskämpfen, welche nach einer kurzen Glanzzeit der politischen Slitterwochen ausarteten in­fek­te nationale Streitigkeiten und meide im Sande der totalen deutsch-böhmischen Kirchenpolitik verliefen. Graf Taaffe trat ans Ruder, weil die Überzeu­gung der maßgebenden Kreise, daß die damalige Linie seine Erkenntniß für die Staatsinteressen habe, einen Mann erforderte, welcher den Muth besaß, zu zeigen, daß man ohne die Linke regieren künne und daß an Stelle der nationalen S­treitigkeiten ein stärkeres Staatsbewußtsein gefeßt werde, welches Die Verföhnung der Völker Oesterreichs erfordert. Das Wort Verfühnung bedeutete damals nicht viel und es war dort einerseits ein Programm, andererseits ein Schlagwort, daß KRampfes-Verführung hieß. Daß die Grechen strafgerichtliche Urteile auch in ihrer Sprache empfangen dürfen, daß die Deutschen ein Bezirksgericht dort erhalten, mo­ss die Grechen nicht wollen, daß ein böhmischer Bostbeamter nicht n­ah und ein deutscher Steuerfunktionär nicht in Tabor die nationalen Volks­­zählungs-Tisten bereichere. Graf Taa­ffe glaubte, diese Borurtheile brechen zu können und er kam mit seiner Sprachenverordnug, dem ersten Akte seiner vierzehnjährigen Negierungszeit. Er schonte noch die Vorurtheile der Linken, indem er diese Sprachenverordnung von Herrn von Stremanyer verfassen ließ, der gewiß das volle Vertrauen der deutschen Verfaffungspartei verdient hat — aber es wüste nichts, der Kampf begann und durch fast zehn Jahre waren mir Zeugen des Krieges, den die liberale Ber­affungspartei gegen diese Sprachen- Verordnung führte, damit ihre beste Kraft vergeudend, Die Zeit verschwendend, welche Liberalen Postulaten gewidmet sein sollte und dadurch schließlich den Zusammenhang verlernend mit der großen Masse der Bevölkerung Oesterreichs, welche damals noch Verständnis gehabt hätte für reiheitsfragen, der man es aber nicht übel nehmen konnte, wenig Geschmach daran zu finden, in welcher Sprache ein Bauer Böhmens seine Hypothes in’s Grundbuch eintragen läßt. Ber­­eichnend für die Stimmung der damaligen deutschen Verfassungs­­partei — wir sprechen immer von dieser verfloffenen politischen Er­scheinung aus längst vergangenen Tagen — it eine Szene, die Graf Taaffe selbst einem seiner Bekannten in Erinnerung brachte: Stremayer war Ministerpräsident, Graf Taaffe Minister des Innern, mehrere verfassungstreue Bolitiker neben ihm noch Mit­glieder des Kabinetts.­­ Im Ministerrath wurden die Wahlen zum Reichrath besprochen und die Kandidatenliste vorgelegt, welche der mährische Großgrundbefig aufgestellt hatte. Baron Eichhoff, eine alte Stüße der Verfassungspartei, fehlte auf dieser Liste. Da meinte ein verfassungstreuer Minister, der heute noch eine große Rolle im politischen Leben spielt: „Ich kann mir den österreichischen Reichsrath ohne den Baron Eichhoff gar nit denken.” Darauf antwortete schlagfertig Graf Taffe: „Man kann es ja einmal versuchen und ich gebe Ihnen mein Wort, der Neichsrath wird ohne den Baron Eichhoff bestehen.“ Das ist mur eine Episode,aber sie kennzeichnet die Richtung, welche die Politik des Grafen Taaffenchmert mußte,u1m so einge­­wurzelte Vorurtheile zu bekämpfen­.Die letzten anderhalb Dezennien seines Lebens waren diesem Kampfe gewidmet und jeder Prophet konnte dem Graef Taaffe,der­ doch wie jeder Minister stürzen mußte, voraussagen­,daß er an einer kleinen der ttichs böhmischen Frage scheitern, daß seine politische Existen in dem Sumpfboden des»böhmischen Meeres­«ersticken werde.Es kam anders. Graf Taaffe hatte sich förmlich losgerissen von den kleinen­ Kämpfen,die ihm auferlegt waren,seine Politik hatte einen kühnen Flug gewomnnen,welcher weit vorauseilte seinechit,er scheiterte mit der Wahlreform,welche eine große Idee darstellt,wie immer man vom Standpunkte der praktischen Politik oder vom Gesichtspunkte des Parteiinteresses diese Frage beurtheilen mag.Graf Taaffe,der nie­­mals den Beifall der Menge suchte,der sich oft freute,wenn er merkte daßer unpopulär sei,der hohe Aristokrat,welcher jahrelang die öster­­reichischen Tories geführt hat,der österreichische Bureaukrat mit der echten Vech­tenlaufbahn,die noch in dem,,österreichischen­ Ungar 11.«· begann­,hatte sich des­ politisch Enterbten angenommen,hatte ei anhls recht vorgesch­lagen,welches die großen Massen befriedigte und war der Abgott aller fester Millionen geworden,welchen dadurch die Wahl s ftete die Kunft­­ im Parlamente 3 Bevölkerung für sich, aber er ging der Majorität im Parlamente ver­­zeihliche Wort aufgebracht hatte: „Man muß fortmursteln“. Aus dem Staatsmann war ein Volksmann gerworden, und so sehr man auf seine Wahlreform bekämpfte, man hielt ihn doch für den rich­tigen Mann, Dereimnft diese Frage zu lösen, welche in Oester­­reich noch immer eine offene ist. Wenn nichts Anderes, so mar die Wahlreform da eine That, und wie lange hatte man in Oesterreich Thaten entbehren müssen. Graf Taaffe gab einmal in einem Parie­vatgespräge selbst Aufschluß über die Motive, welche ihn zur Ein­­bringung der Wahlreform veranlaßten, mit welcher er, wie er sagte, dem Parlamente nur die Ansichten der Regierung darlegen mollte es den Vertretungskörpern überlasfend, die Vorlage zu ändern und zu verbessern. „&3 Tagen siebzehn Wahlreform-Anträge vor," sagte damals Graf Taaffe in seiner präzisen Weise: „Ich konnte als Minister nicht 17-mal Nein sagen, mußte einen positiven Rorschlag bringen.” Er entwickelte dabei den Gedanken, daß nur der Eintritt der Sozialisten im den Reichsrath die andern Parteien zrringen konnte, von nationalen Streitigkeiten endlich abzusehen und sich gegenübne der sozialen Bewegung zusammen zu schließen zu ge­meinsamer V­ertheidigung und zu sozialpolitischer Reformarbeit. „Aber,“ so meinte Graf Taaffe, „ich konnte den Kampf nicht ausfechten, denn ich fühlte mich schon Frank and ich hätte nach Ablösung des Reichsrathes, melde­te. Majestät , mir gestattet hatte, die Führung der Mihlkampagne meinem ältesten Ministerkollegen, dem Grafen Salfenhbayn überlassen miüssen. Und ich wollte nicht, einen­ Kampf heraufbeschwören, den ich selbst nicht Hätte ausfechten können.“ So zog sich Graf Taaffe zurück, zuerst wag Meran, dann nach Ellishau. Sein Untetreffe für die öffentlichen Angelegenheiten war das gleiche geblieben, und während der wenigen Wochen, die er in Wien weilte, empfing er zahlreiche Besuche von Politikern und von den Koalitions-Ministern, welche die Ansichten des größten Ren­ners der österreichischen Verhältnisse gern hörten. Mit großer Loya­­lität ent­wickelte er oft seine Ideen, welche auch im Koalitions- Kabinet zum Ausbruch kamen und die nur der Durchführung doch einen starren Geist entbehrten. Aber solche kleine Satiren waren nie böse gemeint, so wie er auch selbst Verständniß hatte für Wismorte, welche ihm galten. Mit wahrer freude hörte er erzählen, wenn Dr. Unger, dieser Meister seiner politischer Satire, ein gutes böses Wort über ihn gesprochen und er war dann selbst der eifrigste Verbreiter der geistvollen Bemer­­kung. Wie lachte er, als ihm erzählt wurde, Dr. Unger habe von dem Kabinet Taaffe-Dunajemsky gesagt: „Das Ministerium besteht aus zwei Gruppen, die erne ist zu Allem fähig, die andere zu Nichts. Der Ministerpräsident­ gehört zu beiden.“ Graf Taaffe fchäßte eben immer geistige Regsamheit, Esprit und ungezwun­­genes Wesen. Jede Gespreiztheit genirte ihn und er langmeilte sich, wenn er mit Personen verkehrte, die er selbst anreden mußte, ohne von ihnen Anregung zu empfangen. Das mag der Grund gewesen sein, hab ihn eine junge Sympathie zum Grafen. Julius Andraffy- Hinzgog, welcher er in der Erinnerung treu blieb bis an sein Lebensende So oft von Andraffy die Rede war, äußerte er aufrichtige Bewunderung und warme Freunds­­chaft für ihn. Mit großem Humor erzählte er eines Tages, wie Andraffy al ungarischer Ministerpräsident einmal nach Wien kam und sich beim Minister des Innern Grafen Taaffe beschmwerte, daß er in Wien nicht ausgehen künne, ohne von einem Detective bewacht zu werden. „Aber, lieber Undräffy,v ermiderte Graf Taaffe, „ich werde doch einen alten Freund, wie Du Bist, und einen Ministerkollegen nicht überwachen lassen. 34 gebe Dir mein Ehren­­mord, daß ich davon nichts weiß.” Und als Graf Andräffy das nächste Mal nac Wien kam, gab er ihm die Auskunft, daß die Bemühung unwirklich stattgefunden habe, daß aber eine dem Grafen Andräaffy nahestehende Person, um das Leben des Strafen Andrasig in Wien zu sehüsen, der Deteftives der Polizei-Direktion dazu verwendete, dem ungarischen Grafen auf Schritt und Tritt zu folgen. Seit Diesem Tage hatte die Bemühung des Grafen Andrasig in Wien aufgehört. Zahl­­reich sind die Erinnerungen, die Graf Taaffe aus der Zeit des Bür­­germ­inisteriums bewahrte und die er oft zum Besten gab. Wie Föstlich schilderte er eine Reise nach Budapest mit Breftel, Herbst, Gisfra. Die Herren hatten Salons in der Königin von England. Alle Bürgerminister waren ausgegangen, nur Breftel hatte vorgezogen, im Hotel zu bleiben. Al Graf Taaffe nach Hause kam, fand er die Salons dunkel, im dritten Saal stand Brettel auf einem Lessel und löichte persön­­lich die Lichter aus, indem er sagte: „Es it ja fehade um das viele Geld, das nußlos verbrennt.“ Die wenigsten Sympathien schien er für Bistra zu haben und da war es Berger, welcher ihn mit seinem Wiße unterfragte, wenn es galt, Herrn Gisfra zu bekämpfen. . Graf Taaffe widerlegte sie im Ministerrathe oft und oft den Anträgen Gisfra’s, insbesondere wenn dieselben gegen Die Geistlichkeit gerichtet waren. Einmal sagte er: „Aha, es geht nieder schlecht, da muß ein Geistlicher geprügelt werden.“ Als Graf Taaffe dann als Nachfolger Gisfra­s Minister des Innern wurde, hatte er manchen harten Kam­pf mit seinem ehemaligen Kollegen aus dem Bürgerministerium zu ber­­tehen. Selbst als Statthalter von Tirol wurde er unter dem zweiten Ministerium Auersperg von der damaligen verfassungstreuen Regie­­rungs- Partei arg mitgenommen und die drei „verfassungs­­widrigen“ Statthalter, Taaffe, Rodich, Potocki, wurden von den Bänden der Abgeordneten mit Keulenschlägen, vom Minister des Innern Raffer mit scharfer Satire behandelt. Nicht lange nach Laffer’­ Tode wurde Graf Taaffe wieder Minister des Innern in dem Kabinett Anersperg, nachdem First Anersperg dasselbe verlassen hatte. Taaffe wurde in das Ministerium berufen mit der Mission, das neue Kabinet selbst zu bilden. Er erzählte oft, daß er, als ihm diese Mission über­­tragen worden, nach einigen­­­ersuchen dieselbe zurücklegen mußte. Er hatte Herrn v. Plener, damals ein junger Mann von kaum 36 Jahren, das Handels-Portefeuille angeboten, aber Herr v. Plener wollte Finanzminister werden und stellte Bedingungen, welche mit der nothunweidigen Neuorganisation des Heeres in Widerspruch fanden. Wenige Monate später versicherte er Graf Taaffe des Eintrittes der Grechen in den Reichgrab­ und konnte an maßgebender Stelle über das Gelingen seiner Mission berichten. Graf Taffe hatte — wie er selbst oft betonte — Werth darauf gelegt, zu zeigen, daß er an Die Unter­stüßung der Linken appelliren wolle und daß er die Bedeutung dieser Partei vollkommen unwürdige:­ „Zwölf Jahre später ist der Vertreter der Linken in mein Kabinet getreten — Graf Ruenburg.“ Man muß sagen, daß Graf Eduard Taffe den Triumph erlebte, wenigstens die Linke mit sich versöhnt zu haben, wenn es ihm auch infolge der hereinbrechenden jungeredlichen Hochfluth nicht gelingen konnte, Deutsche und Grechen zu versühnen. Troß bes Widerstandes Dunajemsít­s, der von einer Ausgleichsaktion nicht willen wollte, ber­­ief Taaffe die Ausgleichs-Konferenz ein, welche zu den bekannten Punktationen führte, die von der jungezechifchern Agitation megrafirt wurden. Aber die Linke hatte den Widerstand aufgegeben, bis dann wieder aus Antag der Wahlreform die drei großen Parteien des Hauses sich zum Sturze des Grafen Taaffe vereinigten, eine Koalition halfen, die bald selbst in sich zerfiel. Er war interessant den Grafen Taaffe in den Tagen der Kalition zu beobachten. Er hatte nicht die Ambition, jemals wieder an’3 Ruder zu kommen und seine Objektivität war zweifellos. Er verfolgte die Rite des Ministerium seines­wegs mit Lebermollen, eher er­­füllte ihn ein geriisser Neid, wenn er sah, wie in der ersten Zeit des Koalition-Regimes die Linke Opfer brachte, welche, wie er m­einte, ‚An ihr nie zugetraut hätte.“ Auf den Tag genau sagte er den Sturz des K­oalitions-Ministeriums voraus, Graf Taaffe konnte das gut berechnen, er war geübt, nicht allein als Minister, sondern auch darin, sein P­ortefeuille zu verlieren, da er viermal an der Macht ge­rwesen und viermal seinen Sturz erlebte. Graf Taaffe Hammerte fi nie an sein Wartefeuille. Er schied mit wahren Humor aus dem Amte, das er vierzehn Jahre lang geführt hatte und er anerkannte dies auch bei jenen seiner Kollegen, meldte mit der gleichen Ruhe und K­altblütigkeit das Portefeuille niederlegten. So sagte er von Herrn von Gautie, melcher damals mit Taaffe aus der Regierung fried : „Die Haltung von Sautic freut mich, er macht es mie ein erährte Graf­in den 8­lichkeit umgab, vor allem seine Frau Gräfin Irma Claty-Taaffe, dann seine Tocher Gomtesje Louise Taaffe, melche den Vater niemals verließ, und ihm ihr ganzes Zehen widmete. Noch bis zum August war sein Zustand ein leidlicher, aber dann brachen die Komplikationen der Krantheit, welche die Aerzte schon lange gefürchtet hatten, herein und Graf Taaffe selbst fühlte es, daß es mit ihm zu Ende gehe. Aber seine F Emilie gegenüber, von welcher er jede Sorge fernhalten wollte, spielte er den Heiteren und es war rührend zu sehen, wie er seinen Zustand zu verlieden suchte, wie er seine Schmerzen bemeisterte, wie er freudig die Zerstreuungen aufnahm, welche die Liebe der Seinen ihm bot. Nur wenige Tage vor seinem Tode konnte Hofratd Noth­­nagel ,welcher mit wahrer Hingebung die Behandlung des Franken leitete und dessen edles Herz die schwere Heimsuchung des Freundes im echten Sinne des Wortes mitfühlte, einer dem Grafen nahe­­stehenden Persönlichkeit berichten „die Schmerzen des Grafen sind unaussprechlich, der Graf benimmt sich wie ein Held“. Die dritte Ausgleichs-Erneuerung, welche bevorsteht findet den Grafen Taaffe nicht mehr unter den Lebenden. Dreimal hatte seine Hand an dem Werke mitgemirkt, 1867, 1879 und 1887. Der dritte Ausgleich findet neue Männer. Zu den politischen Tugenden des Grafen Taaffe gehörte ein treuesgesthalten an der staat­rechtlichen Basis der Monarchie. Als echter Patriot bat er in der Verständigung mitlingarn das Heil des Neides erblich wag unsäglichen Wirren, deren Zeuge er selbst gemesen ist. Und nicht selten sprach er davon, mit welchem Erstaunen er zu Beginn der 60er Jahre, damals ein Landeschef, die Theorien verfolgte, welche so „gescheidte Leute” über die Möglichkeit einer Rechtsvermirkung mit solcher Zähigkeit verfolgen konnten. Und sein ganzes Leben lang hat Graf Taaffe Anschauungen bekämpft welche die zentralistische Partei in Betreff Ungarns vertrat. Er blieb sich selbst treu, indem er sich dem Minoritäts-Botum Berger und Botocívs anschloß und seine ganze politische Thätig­­keit findet ihre Wurzel in jenem Memorandum, welchen Graf Zanffenoch in jüngeren Jahren vertreten hatte. Das Schlagwort machte ihn zum Föderalisten aber er war es nicht. Denn niemals hatte er in eine böhmische Königströnung gebilligt. Er war überhaupt ein Feind Davon „schematisirt zu werden,“ wie dies jeder großen Natur widerstrebt. Graf Taaffe war eben ein praktischer Bolizifer, welcher die Lehren der Zeitgeschichte und der eigenen Erfahrungen auf­fi mirren ließ. Dabei von echt patriotischem Geiste getragen, mit einer geradezu rührenden Liebe am Kaiser hängend, der immer sein erster Gedanke war und der gewiß auch sein Tester geworden it. Als eines der Motive für die Einbringung der Wahlreform, hat Graf Taaffe verschiedenen Freunden gegenüber sein Hehl daraus gemacht, daß die Nachsicht auf den Kaiser ihn bestimmt habe, die Ermeiterung des Wahlrechtes in Borschlag zu bringen „Was auf immer geschieht, der Raifer it aus dem Spiele, die Welt mird sehen, welch’ großes Herz mein Raifer für die Interessen des Volkes hat.“ Und als die Arbeiter- Bataillone während der K­oalitionszeit die Hofburg ehrfurtsvoll grüßten, meinte Graf Taaffe „isch habe doch recht gehabt!” Wenn man dem Grafen Taaffe­ immer vorgeworfen hat, daß er sein poli­tisches Programm beffte, ein Programm hat er doch gehabt und das war der Gedanke an seinen kaiferlichen Herrn, der ihn ganz ausfüllte. Nun hat dieses Herz zu schlagen aufgehört und das Vaterland hat einen treu­en Sohn, der Kaiser einen ihm bis in den Tod ergebenen Diener verloren. Zahlreiche Freunde stehen thränenumflorten Auges an der Bahre eines Staatsmannes, welcher noch in seinem legten Le­bensjahre beglückt wurde durch die ihm bekannt gewordene Aeußerung seines Kaisers: „So tt er, niemals mill er etwas für sich, immer nur für Andere.“ *) Diese interessanten Mittheilungen verdanken mir der Güte einer Persönlichkeit, welche dem Grafen Taaffe viele Jahre hindurch sehr nahe gestanden. .D. Red. == Dem Vorstande der 12. (Verpflegungs-) Abtheilung des ges­­einsamen Kriegsministeriums, Generalintendanten franz Gancedig wurde von Seiner Majestät der Orden der Eisernen Krone III. Klasse verliehen. Diese Auszeichnung hat auch in weiteren Kreisen um so freudiger berührt, als Generalintendant Caucsig dur­ das langjährige erfolgreiche Wirken auf seinem hohen verant­­wortungsschweren Bosten sich schon längst die allgemeine Verehrung und die herzlichsten Sympathien erworben hat. Mit seinem ganzen Denken und Sinnen, mit seinem mirten und Schaffen fürmlich aufger­hend in seinen, bei dem stetigen Wachsen der Kriegsmacht sich immer schmieriger gestaltenden Aufgaben als Vorstand der Verpflegsabtheis­tung, ist Generalintendant Caucaig der Begründer Der mieders­ten Verpflegstechnik in unserer Armee geworden. Alle einschlägigen Vorscriften, so­wie die materiellen Vorkehrungen zur Sicherung der geregelten Verpflegung im Frieden und im Siege hat er in meiner vorsorglicher Einvernahme mit dem Generalstabe geschaffen und vers­vollkomm­et. Die Arbeitskraft, welche Generalintendant Caucsig zur Bemältigung seiner großartigen, mitunter die verschiedenartig­­sten Materien umspannenden Aufgaben au­fbietet, ist eine Phäno­­menale und wird wegen ihrer Ausdauer und Mastlosigkeit von allen Kennern der Verhältnisse ab­gestaunt und bemundert. Sein schöpferischer Geist, welcher alle Errungenschaften unserer hoch« entmwidelten Technik dem Verpflegsdienste der Armee im Frieden und im Kriege zinsbar zu machen weiß, d­urchdringt mit solcher Schärfe alle hier in Betracht kommenden Verhältnisse und Bedürfnisse, daß für dieselben die zriedmäßigste Deckung und Vorsorge gefunden wurde. Zur Schlagfertigkeit einer Armee von mehr als zwei Millionen Sol­daten und einer viertel Million Pferde gehört wahrlich nicht in legter Linie die Zuverlässigkeit der Verpflegs-Einrichtungen. „Die Armeen liegen auf den Magen,” lehrt schon Generallieutenant­ Willifen. Und wenn mir in Oesterreicher­ngarn, Die wir gerade bezüglich der Bet­pflegung der Armeen im­ Felde gar manche bittere und böse Erfahrung hinter uns haben, nun mit Beruhigung und Zuversicht allen fom­­menden S­entualitäten entgegenbliden künnen, so­ll dies zum nicht geringen Theile das hohe Verdienst des Generalintendanten Caucsig. Daher wenden sich diesem anläßlich der ihn recht zu Theil gewordenen allerhöchsten Auszeichnung von allen Seiten die lebhaftesten und innigsten Glüdwinsche zu! ! = Die Frage der Vereinigung der beiden Fraktionen der Unabhängigkeitspartei beschäftigte heute die Ugron-Fraktion, die Abends 6 Uhr unter dem Vorlige Ferdinand Szederfénnyrs zu einer Konferenz zusammentrat. Im Namen des Fünfer - Komites referirte Gabriel Ugron über die gepflogenen V­erhandlumgen. „Unserer Milton entsprechend — sagte er — unterhandelten wir mit der Deputation unserer Gesin­­nungsgenossen. Der von Franz Kosiuth in vorhinein abgefaßten Nejohrtion haben wir — obgleich angesichts unserer Haren P­artei­­stellung und unserer Parteimilifanten­ die Nothunwendigkeit einer derartigen Cnunztation nicht besteht — behufs Unterbreitung an die geehrte Wartet zugestimmt. Wir bitten die geehrte Bartelkonferenz, im Sintereife der Bereinigung diese von Franz Kofi­ tertirte Mefos button anzunehmen. (Den Tert­ierfelben haben mir in unserer gestrigen Nummer mitgetheilt. Die Ned.) Nach Annahme dieser prin­­zipiellen Erklärungen wurde am folgenden Tage, al wir zur prak­­tischen Vermwirklichung der Bereinigung uns versammelten, von Seite der anderen Deputation ein neuer Blatt zur Sprache gebracht, den wir als überflüssig betrachteten. Dieser WBunkt lautete: jene, die die Abschaffung der kirhenpolitischen Gesebe, oder deren Abänderung in reaktionärem Sinne wünschen, oder derartige Bestrebungen unterstügen, künnen nicht Mitglieder der Warte- Klubs sein.“ Obgleich nun das Tendenziöse dieser Ergänzung in die Augen fällt und ihr Zustandekommen nicht auf einem gegen­­seitigen Uebereinkommen beruht, em­pfehlen mir dieselbe dbennoc i­hrer Erwägung.” (Zustimmung.) Stefan Kolozsvary-Kij3 bean­tragte seinerseits auch die Aufnahme des folgenden Punktes: „Mit­glieder der Partei können nicht sein, die sich mit der Regierungspartei, zu­ der Regierung und im Neid­etage und in den Munizipien Ders binden, der Regierung Vertrauen wollten oder an einer­­Vertraueng= Manifestation für die Regierung theilnehmen.“ 9 oit3yY beantragte die Annahme obigen Antrages mit dem Ergänzungspunkte Roloz3varg­ Kis, das dann auch einhellig erfolgte. Hierauf wurde die Frage des künftigen Klublotals disfutirt und über Antrag VEc3seyS be­schlossen, Die andere Fraktion zur Rückkehr in ihr früheres Klublotal einzuladen. Den Mitgliedern des Fünfer-Gomites m­urde für deren Bemühungen Dant votirt. == Der gemeinsame Kriegsminister hat sich beim Luftigminister darüber beschwert, daß die ungarischen Gerichte die Bezüge der pensionirten Offiziere und Militärbeamten nicht im Wege der kompetenten­ntendantur mit Verschlag belegen lassen, sondern ihre bezüglichen Bescheide dem Kriegsministerium und helfen mit der \

Next