Pester Lloyd, August 1900 (Jahrgang 47, nr. 183-208)

1900-08-01 / nr. 183

«großzuziehen. "-Budave­sst-31·Julik A Wiedereinnal ist eine­ fürstliche Persönlichkeit dem Anarchism­us zum Opfer gefallen.König Humbert war einer der gütigsten Monarchen,ein wahrer Vater­ beg Vater­ lattdeg,der mit gleicher Liebe«alle seine Unterthanen umfaßte,dessen Gerechtigkeit keine ver­­schiedenen Maße kannte für die verschiedenen Gesinnnungen, der mit den Letzten seines Volkes Mitgefühl hatte,der selbst in die Hütten der Elenden,in die Stuben der Kranken eilthm­ Hilfe zu bringen und Trost zu spenden. Er­ war ein gmer und loyaler Mantt,­der sein Volk liebte und Niemanden haßte­—so rief die unglückliche Königin Margherita aus, als sie die Leiche ihres königlichen Gemahls erblickte. Das Unbegreifliche des Verbrechens ist in diesen wenigen Worten charakterisirt; jede Silbe wird zu einer Nüb­felfrage. Wie für das Unmenschliche menschlich erklärt werden? Neben dem Schmerz erwacht in uns­ die Schanz beim Anblick des Todten von Monza. Wir dünten uns so groß und stolz und frei; wir glauben Die fühnsten Probleme lösen zu können, ‚welche Technik und Wissenschaft uns aufgeben; wir machen uns die Elemente unterthan und betrachten den Menschen als den Herrn­ der Welt, als den Träger der vollendetsten Kultur. Und da sehen wir pröglich, daß die Reih­e unter uns umgeht, und die Schwelle des zwanzigsten Jahrhunderts mit dem Bitte des Unschuldigsten einreißt; und wir, die wir Alles her herrschen, für die Fein Wunfer unerfülbar, sein Bier un­erreichbar ist, wir vermögen Dieser Bestie nicht Here zu werden. Diese anacchistischen Dolch und Revolverhelden rühmen sich ihrer Thaten, spotten unserer Ohnmacht. Gae­­tano Bresji gesteht ebenso unummunden wie Luckheni zu, daß er ohne politische Motive handelte, daß er mordete, um zu morden, daß er nicht aus Haß einen ungeliebten Würsten zu tödten versuchte, sondern einfach den Monarchen ums brachte, blos weil er Monarch­ war. Seiner wilden Mord­­gier gleicht nur sein Cynismus. Er ist entzückt von seiner That, und seine Eitelkeit freut sich, daß die Welt von ihm­ redet. Man hat häufig genug Vorschläge gemacht, wie dem anarchistischen Wahnsinn zu begegnen wäre. Man hat aber mit allen Konferenzen nichts Konkretes erreicht und wird mit ihnen nie etwas erreichen. Es ist schwer, allgemeine Gejege aufzustellen, welche in allen Ländern und unter allen Verhältnissen vollkommen wirksam sein künnten. Was fir Deutschland paßt und nügt, wird nit au in Eng­land oder Frankreich­ gut sein. Amerika und die Schweiz werden niemals Dieselben Mairegeln treffen wie Rußland. Bismard hat vor dreißig Jahren schon verlangt, daß man nicht blos den Königsmord, sondern auch den Königsmord­­versuch mit dem Tode bestrafen soll. Er ging von der dee aus, daß dadurch dem Uebel ein Riegel vorgeschoben werden könnte. ES hat ja Diese dee etwas für sic: der Atten­­täter opfert sein Leben für das Gelingen seines Mord­­planes; er würde sich aber nicht so leicht zu einem Verbrechen drängen, wenn jeder Berjnc zu einem Attentat, wenn Die bloße Absicht, wenn auch das Mißlingen ihn mit derselben Strafe bedrohen würde, die er im alle des Gelingens seelenruhig erwartet. Ist beispielsweise ein großer Unter­­schied zwischen Mord und Wort in der cynischen Glosse zu finden, mit welcher heute Cipriani in Bari die Nachricht von der Ermordung des Königs Humbert versah ? Er gestand offen seine Freude Darüber ein. Wenn der Hehler ebenso strafbar ist, wie der Stehler, so muß man dasselbe Prinzip auf den Mordvollbringer und den M­ordbesinger anwenden. Aber man gehorcht nicht immer den Prinzipien und deshalb gehorcht und nicht immer die Praxis. Und wollte man sich darauf verlassen, daß in Konferenzen die Prinzipien festgestellt und allgemeine Gehege geschaffen werden, 10 würden die Monarchen in aller Gwigkeit den Dolchen. und den Kugeln­ der Anarchisten preisgegeben­ bleiben. ; « ; Doch Ein Prinzip gibt es, das jederzeit und leicht angewendet werden könnte ; dieses Prinzip lautet: Selb­st­­hilfe. Die Sorglosigkeit, mit welcher die Monarchen sich unter die Menge begeben, ist unangebracht. König Humbert war schon zweimal nur wie durch ein Wunder einem Attentat entgangen; er war auch diesmal gewarnt worden. Aber immer, wenn er merkte, daß die Polizei ihn auf seinen Spazierfahrten oder Gängen b­ehügte, wehrte er sich dagegen und scnk­te die Wächter fort. Er pochte auf seine P­opu­­larität und es wäre ihm vielleicht als Zeigheit erschienen, wenn er inmitten seines Volkes, das er liebte und nicht für­htete und von dem auch er sich geliebt und nicht ge­fürchtet wußte, mit einer Eskorte erschienen wäre. Es gibt nichts, was ohne Ausnahme wäre. Der Königsmörder Breffi sagte bei J seinem ersten­­ Verhör, als der Mitter ihn fragte,­­ weshalb er den von Allen geliebten König getö­tet hätte­ . Mochte er von Allen geliebt sein, aber ich liebte ihm nicht." Ein König darf nicht fchuglos unter Millionen wandern, da schon ein einziger Bösewicht unter al­len Guten und Beiten ihm Unheil bringen kann. Es ist gewiß etwas Schönes um die Popularität, aber man muß bedeuten, daß sie von der Unsicherheit nur d­urch eine ganz niedrige Grenzlinie geschieden ist; es it dem Erstbesten möglich, sie zu überschreiten. Eine noch so kleine Estorte würde dem Fürsten eine­ gewise Sicherheit bieten. Wäre König Humbert nur von vier oder sechs Nestern umgeben gewesen, dann Hätte sich der Mörder nicht im Dunkel der Nahht u­m fast bis an die Brust drängen können. Sid)­ichtigen it nicht­ Seigheit, sondern Borsicht und Pflicht. Der württembergische Eberhard durfte allerdings sein Haupt sorglos dem Schuße eines jeden Bauern anvertrauen; denn damals war eben Mord als Mord verpönt und man machte seinen­ Unterschied zwischen gemeinem und politischem Ver­­brechen. Aber heute it das anders. Der Mörder, der sich eine fürstliche Persönlichkeit zum Opfer erfieht, betrachtet sich nicht als Mörder, sondern als Märtyrer, und sehmweigt im Gefühle Herostratischen Ruhmes. Hier ist eine Stelle, an welcher das Möbel erfaßt und vernichtet werden kann. Man verzichte darauf, die Mörder-Eitelkeit und die anarcistische Thätigkeit würde zweifellos immer s­chwächer werden und endlich von selbst aufhören müssen. Wenn der Anarchist erkennen wird, daß er für ein Verbrechen gleich dem gemeinen Mörder sang­­und Hanglos dem Galgen verfällt, daß er nicht mehr als Held des Tages durch alle Blätter der Welt schreiten kann, dann wird sein wahnmw­ßiger Enthusiasmus­­ keine Nahrung mehr finden und bald verraucht sein. Er strebt ja nicht nach einem Zaren Ziele; der zwecklose Mord ist Alles, was er erreichen kann, er stürmt wie eine Bestie auf irgend einen Großen los. Er will damit nichts für Die Welt, nichts Für eine bestimmte Menschenklasse gewinnen; er weiß selbst nicht, was er will, er ist Nihilift, wenn ihn etwas reizt, so ist er das von seinen Thaten berichtende schwarz­­bedrudte Rettungsblatt. Entsc­hwindet ihm diese Ladung, 10 entbehrt er auch des eigentlichen unbewußten M­otivs, das ihn zum Verbrechen treibt. Er hat zu denken gegeben, daß die meisten Attentate der letten Sabre von Italienern verübt wurden. Die Hoc­­­hschule des Anarchismus zu Patterson in Amerika ist von den Italienern Malatesta und Ciancabella begründet worden und angeblich ist Gaetano Bressi geradenwegg von dort nach Monza gekommen. Man könnte sich versucht Fühlen, deshalb in den traurigen sozialen und öfonomischen‘ Ber­­ältnissen Stalins den Grund zu suchen, dem die anachistischen Giftpflanzen entsprosien sind und in dem sie gedeihen. Wir wollen diese­­ Ansicht­­ nicht vertreten, aber zugeben, daß die Baustände Staliens jedenfalls ein günstiger Nährboden für die Elemente der Unzufriedenheit sind. Die republikanische Idee er­herrscht dort friedensweise unumschränkt, und es hat nur die Klugheit und Gescichlickteit eines­ Königs Humbert Die Geg­­ner der Monarchie in Respekt zu halten verstanden. Dieser Nespelt wirkte noch nach der Ermordung des Monarchen so starf und sicher nach, bag nirgends im Diesen Tagen andere Gefühle zum Durchbruch kamen, als die der allgemeinen Trauer um den Verstorbenen und als die der Ergebenheit für das Haus Savoyen. Nun tritt der jugendliche Viktor Emanuel II. die Erbschaft seines Viaters an. Die Aufgaben, die seiner Harren, sind schwer. Aber nach Allem, was man von dem neuen italienischen König bisher weiß, darf man sie der sicheren Hoffnung hingeben, daß es ihm gelingen wird, sich wie sein Vater die Sympathie des ganzen Volkes zu erringen und, gefrügt darauf, das Land durch alle Wirren hindurch zur Einigkeit und zum Glack zu führen. + Die Lage in Serbien. (Original- Korrespondenz des .­. .­­„Beiter Lloyd“) »d.Belgrad-30.Juli. Wohl nur: solche, die - Daß fi die Dinge in der Nähe doch immer anders ansehen als aus der Ferne! Während man außerhalb Serbiens der bevorstehenden Vermählung des Königs Alexander mit Frau Draga Maffin eine größere politische Bedeutung beilegte, wird sie hier im Lande als eine Privatsache des jungen Monarchen betrachtet, die nur in der Zukunft mit der Politik in Berührung kommen könnte, wenn diese Ehe kinderlos bliebe, was nach der Unfruchtbarkeit der ersten Ehe der „hohen Braut“ von Vielen befürchtet, von Vielen aber gehofft wird, weil sie meinen, daß in solchem "alle diese Verbindung nur eine Episode von kurzer Dauer sein könnte. Dies würde aber zahlreichen Belgrader Kreisen am besten zusagen, die sich nicht darein finden können, fortan die Königin zu verehren in einer Kompatriotin, die sich bisher äußerst geschmeichelt fühlen mußte, wenn die fraglichen Kreise sie aufnahmen und auf gleichen­ Fuße behandelten. Da zeigt fh, daß auch Serbien Aristokraten hat. fh einbilden, Vorzüge vor anderen Klassen zu besigen, denn wirkliche Standesunterschiede gibt es in Serbien mit. Diesem Umstande und den wiederholt öffentlich ausgesprochenen Hoffnungen des Königs, d­urch seine Braut glü­clich zu merden, ist­ es in erster Reihe zuzuschreiben, daß die Landbevölkerung — und diese i­ in dem gegebenen Falle von den Einwohnern Belgrads mehr zu unterscheiden — die ganze Affaire entweder indifferent aufnimmt, oder gar mit Freude begrüßt, weil sie glaubt, daß nun wieder Jedermann zu der Königin Zutritt haben und bei ihr Verständnis für Leid und Treud finden werde. Die heutigen Minister erwarten natürlich nur Gutes Davon, daß der König und seine Gemahlin immer nur­ einen Willen Haben werden, so daß nicht zu befürchten ist, man werde bei Ausführung der königlichen Wünsche auf Schritt und Tritt Tamarilla­­artigen Schwierigkeiten begegnen. Sole Ansichten werden von den Sprechern der zahlreichen Deputationen geäußert, die der Iran Draga Mafiin und ihrem königlichen Bräutigam aus Nah und Fern Glüc­­kwünsche überbringen.­­Diese Aufwartungen nehmen immer einen patriarchalischen Verlauf. Die Empfänge finden im Lause der Braut statt, vor welchen ein Doppel-Ehrenposten aufgestellt ist, während die ganze „Königsstraße” — in welcher Frau Mafjin jest no­ wohnt — von dichten Gendarmenposten beseßt ist, werdhe selbst die Auflage auf dem Trottoir vor dem bräutlichen Heim nicht gestatten. König Merander nimmt jede Gelegenheit­ wahr, um das n­­und Ausland zu versichern, jene V­ermählung involvire nach seiner Richtung hin eine Aenderung der bisherigen Zustände. Das König Alexander selbst solche nicht beabsichtigt und nicht münscht, ja daß er selbst an deren Möglichkeit gar nicht denkt,­­ geht am Klarsten daraus hervor, daß er dem Ministerium Gyorgyevics zuerst Mitteilung von seinem Entschluffe machte und dieses mit der Durchführung der noth­­wendigen Schritte betrauen wollte. In den Kreisen der heutigen­­ Re­­gierung m­eint man, daß, wenn nicht das führerlose­ Kabinet­t sein­ Chef weilte bekanntlich im Auslande — die Flinte und Korn ge­worfen, sondern einfach­ die Mächte von­­ der Verlobung verständigt und die Geschäfte ruhig weitergeführt hätte, die ganze Lage auch im Auslande viel ruhiger beurtheilt worden wäre. Dies it auch die­ Ansicht des Königs, der über die Flucht seiner Minister so erbittert war, dass er ihnen das erste Demissionsgefuch in Stade zerrissen vor die Füße warf und erst in später Machtstunde den Abschied gab. Bei­­ der Zusammenstellung des neuen Kabinett war der­ König ausschließlich von dem Gedanken an seine Gheschließung bestim­mt; er sah von einem Parteiministerium ab­­— ein solches i­ übrigens noch für lange Zeit nicht gut möglich — und berief bewährte, geschäftsfundige Beamte ohne Rüdjigt auf ihre Partei­­stellung. So kam das gegenwärtige vielschattlice und dennoch farblose Ministerium zu Stande, dessen wichtigste Aufgabe es ist, im Lande, Nähe und Ordnung, den Mächten gegenüber aber die bestehenden freundschaftlichen Beziehungen aufrecht zu erhalten. AM dies liegt doch in erster Linie im Interesse Serbiens, dem weder innere Wirren noch Zerwürfnisse oder auch nur Spannungen mit irgend­einer aus­­wärtigen Macht erwünscht oder von Vorteil wären. Die geographis­­chen und die kommerziellen Verhältnisse lassen es natürlich vor Allem als geboten erscheinen, mit Deiterreich-Ungarn die besten freu­d­­nachbarlichen Beziehungen auch Triftighin zu pflegen, zumal jeßt geboten, 109 die Unterhandlungen betreffend die Erneuerung des serbische österreichisch-ungarischen Landelsvertrages an der Schwelle Stehen. Oesterreich-Ungarn wird — das weiß man hier in den be­­treffenden Kreisen ganz gut — immer über die entsprechenden Mittel verfügen, um seine Lintereffen zu wahren. Gerbien, aber muß Alles meiden, was seine Stellung bei diefen Unterhandlungen exschrossen FZönnie. Deshalb­­ kann man sich hier nicht so recht über die Annäherung Rußlands , freuten, die übrigens ohne jede Initiative von Seite, der serbischen Krone oder deren Regierung erfolgt­e­. Der König hat gegenüber dem Graz nur eine verwandtschaftliche Vflicht erfüllt, indem er ihn früher als die anderen Herrscher von seiner Verlobung verständigen und ihn zugleich ersuchen ließ, bei der Vermählung als Beistand zu fungiren. An die Vertreter der anderen Mächte erging diese Beiständigung einige Tage später aus dem einfachen Grunde, weil es keine Negierung gab, die dies hätte thun können. Doc war es der erste Pikt des neuen Ministers des Reußern, die hier akfreditirten Gesandten um Ver­­mittlung dieser Nachricht an ihre Höfe zu ersuchen. Der Glüh­­wunsch des Grafs ließ denn auch eine günstigere Stimmung gar nicht vermuthen und an eine Wendung begann man erst zu glauben, als die Wahrscheinlichkeit in Sicht trat, daß der Graf die Einladung, bei der Vermählung als Beistand, natürlich doch einen Vertreter, zu fungiren, ammehmen werde, König Milan, indem er das Oberkommando niederlegte und sie von Serbien fernhält, hat den seit lange gehegten Wunfe N Rußlands frei­­willig erfüllt. Das Verhältniß Serbien zu Oesterreich-Ungarn wird nach der Anschauung der maßgebenden Kreise dur das Verhalten Nußlands nicht im Geringsten tangirt. Man geht Hier bei­ dieser Auf­­fassung von der Thatsache aus, dad Rußland und Desterreich-Ung­­rn heute in allen Fragen, namentlich jedoch bezü­glich des Orients und der Balkanstaaten in bestem Einvernehmen sind. „Wenn mir," sagte mir ein leitender serbischer Staatsmann, „Freunde des Freundes Desterreich-Ungarns sind, so kann dies ja mir beweisen, daß mir Werth darauf legen, auch seine Freunde zu bleiben.“ Derselbe Staatsmann konnte mir auf das bestimmteste und im Auftrage der fest­kompeten­­testen Persönlichkeit wiederholen, daß die gegenwärtige Regierung weder im der inneren, noch in der auswärtigen Politit irgend­eine wesentliche Nenderung anstrebe. Das gegenwärtige Ministerium betrach­­tet sich übrigens durchaus nicht als ephemeres Gebilde. König Alex­­ander wünscht auf das bestimmteste, daß es auch vor der Skupstine, die [den in einigen Wochen einberufen werden dürfte, die Angelegen­­heiten 068 Landes vertrete. Und das Ministerium versieht nicht nur die laufenden Agenden, sondern bereitet auch einschneidende Reformen, zumeist finanzieller Natur, vor. Sollten die Minister hierin Glück haben, so könnten sie längere Zeit­­ in Amt und Wide bleiben, als man Dies heute voranstößt. Zum Schluffe noch einige interessante Details, melde auf die Zustände in der serbischen Hauptstadt ein charakteristisches Licht werfen. Bei dem entschiedenen V­orlage des Königs, seiner Verlobung seine politische Bedeutung beizumessen, ist es natürlich, daß er beson­­deres­ Gewicht darauf legt, auch in dem Verhältnisse des Hofes zu den­ Vertretern der auswärtigen Mächte seine Wanderung eintreten zu lassen. Er ließ daher das diplomatische Korps im Wege seines Doyens, des deutschen Gesandten Baron Walder-Cotter, der, nebenbei gejagt, Beute seinen Urlaub antrat, verständigen, das die Hrchliche Beriebung­­ am Samstag stattfinden werde. Im der Mittheilung war auch­ angeges­­en, in welcher Toilette die Herren und die Damen zu erscheinen haben, , was wohl klar genug besagte, daß das Erscheinen der Herren und­ der Damen­ bei dieser Feier erwünscht sei. Die Gesandten holten von ihren Regierungen AJuftraktionen ein, und da diese günstig lauteten, erschienen sie au) Torporativ im Salon der Frau Maffin; die Damen des‘ diplomatischen Korps jedoch wurden plößlich, wahrscheinlich in Folge der tropischen Hite, sämmtlich un­wohlt. Diesmal fehien dies der König nicht zu bemerken. Er dankte den Gesandten für ihr Grscheinen und richtete auch bei der folgenden garden-party wiederholt das Wort an Sie, die immer in einer Gruppe beisammen standen und weder auf die Dank­sworte des Königs, noch auf seine außerordentlich abfälligen Heußerungen über seine eben demissionirten Minister, die er Direkt „Verräther” Alexander nannte, läßt nichts unversucht, um seine Braut möglichst populär zu machen. Deshalb empfängt er in ihrer Wohnung die Gratulationen und ließ er bei dem Hofphotographen Sovanonica 2000 Bilder der Frau Maflin anfertigen, die am Hochzeitstage im ganzen Lande, vertheilt werden sollen. Zweifelhaft ist, wie Königin Natalie sich zu der zukünftigen Schwiegertochter stellen wird. Bisher hat sie wieder gratulirt, noch irgendeiie Unzufriedenheit verrathen. Sie scheint überhaupt jede Ver­­bindung mit Serbien endgültig abgebrochen zu haben. Jüngst ersuchte sie ein Hiesiger Frauenverein, das Protektorat einer M Wohlthätigkeits- Institution zu übernehmen. Die Antwort lautete entschieden ablehnend. „Das einzige Band,” schrieb die Königin, „das mich noch an Serbien fesselte, war mein Sohn, der König Alexander. Da er aber seit drei‘ Jahren es nicht der Mühe werth fand, an nur ein einziges Mal an michh zu schreiben, Habe auch ich mit feinem Lande nichts mehr zu thun.“ Trogdem gratulirte der genannte Verein der Königin zu der Verlobung ihres Sohnes, worauf eine trockene Dankdeperche als Anti mort einlief. = Der Abgeordnete des Enginger Wahlbezirks Dr. Merander Vourgly­ hielt gestern in Vilonya einen Rechenschaftsbericht, welcher sehr beifällig aufgenommen wurde. m Namen der Wähler gab Seelsorgeer Szüts dem unveränderten Vertrauen des Wahl­­beginfs für den abgeordneten Ausdruch, ein Wort der Erwiderung hatten. König Die Ermordung König Humbert’s, Wie König Humbert starb. Ich bin nunmehr alt, und: bemeide Diese" Mailand, 31. Juli. (Orig. -Telegr) In dem Blatte , Alba" erzählt Dr. Savio, der dem Könige im Tegten Augenblicke Beistand leistete: Nach dem Turnfeste war­ der König heiter gestimmt, er sagte zu dem Deputirten Bemattn kräftige Jugend. Einst habe auch ich viel geturnt. Der König bestieg dann den Wagere unter den enthusiastischen Kund­­gebungen der Menge. Als die Kapelle den Köni­gsmarsch intoniere, wurden die Pferde sehen. In Diesem Au­genblicke erfolgte das Attentat. Auf die Seite gebücht, stöhnte:. der­ König in herzzerreißender Weise. Ver dem Schlofthore.. an­gelangt, verschied er. Die Königin erwartete ihn, nichts ahnend, auf der Ehrentreppe in weit defollet­rter Z Toilette;i­hr Schm­erz war unbeschreiblich. Man hörte, wie­­ sie schluchzend ausrief: „Du warst so gut, Du thatest Niemandem ein Leid, man hat Dich getödtet. Es ist Das größte Verbrechen des Jahrhunderts. Sie weinte die ganze Nacht hindurch ganz fassungslos und rief immer wieder : Du warst so gut! Du warst so gut ! In der Villa reale. Monte, 31. Juli. Als Minister-Präsident Saracco in der königlichen Billa anlangte, wurde er bei der Königin eingeführt. Die Begegnung gestaltete sich sehr bewegt. Die Königin blieb mit Saracco länger als eine halbe Stunde beisammen. Alle Prinzen der k­öniglichen Familie­ sind z­wischen gestern und heute Vormittags hier eingetroffen. Königin Maria Bia von Portugal mit dem Herzog von Oporto ist heute Früh Hier eingelangt. Das Protokoll über den Todesfall wird heute aufgenommen­. Der Schm­erz der Königin. «Monza,31.Juli.(­Okig.-Teregk·.)Der­ Zustand der Königin ist besorgniß­­erregend,sie klagt und jammert ohne Unterlaß,jeder Trost wird von ihr abgewiesen.Kaum hat sie das Todten­­zimmer verlassen,so eilt sie auch sofort wieder zur Leiche zurück und spricht zu ihr in herzzerreißenden Accenten.Bisher konnte der Leichxram nicht balsan­ert werden. Die Leiche des Königs, , Monza, 31. Juli. Breffi wurde Heute vor­mittags und Gefängniß überführt. Die Aerzte nahmen von der Einbal­samirung der Leiche des Königs A­b­­st­and. Diese wird mittelst Synjektionen konservirt werden. Die Dispositionen in Betreff des Reihenbegängnisses und der Einberufung der Kammern werden sofort nach dem Eintreffen des Königs Biltor Emanuel getroffen werden. . Monza, 31. Juli. Die Protofollaufnahme über den Tod des Königs Humbert erfolge um 1 Uhr Nachmittags im Schlafzimmer des Königs. Hiebei fungirren Audimi und der gemesene "Minister des königlichen Hauses R­atazzi als Zeugen, der Vizepräsident des Senates Finali als Vertreter der Zivilbehörde und Minister des man Saracco al Notar der Krone. Die Züge des Königs Humbert sind nicht verändert. Der König scheint zu schlafen. Der Graf von Zurin und ein Ordonnanz-Offizier halten die Ohrenwache, bei der Leiche. Saracco kehrt Nachmittags nach Rom zurüc, Monza, 31. Juli. Der Kardinal-Bischof von Mais­land begab sich in die königliche Billa und vermeilte 20 Minuten bei der Königin Margherita, welche ihn sodann in das Trauergemach) geleitete, wo der Kardinal, die Königin und die Prinzen Gebete verrichteten. Der Kardinal segnete hierauf die Leiche ei­­. Der Turorinwechsel. Nom, 31. Juli. Das Journal „Berjeveranza“ in Mailand hat eine­­ Subskription zur Errichtung eines Denkmals für König Humbert eröffne. Wie verlautet, werde Königin Margherita mit der königlichen Familie den Leichnam des Königs Humbert nag Nom begleiten, wo derselbe im Pantheon beigelest werden sol. Die Theater bleiben geschlossen. Wie versichert wird, Hatte König Biltor Emanuel dem Minister-Präsidenten Saracco telegraphisch die Billigung..der vom Ministerium getroffenen Maßnahmen ausgesprochen und sein Vertrauen für Die gegen­­wärtige Regierung versichert. " Die vorbereitenden Arbeiten für die Sigung des Parlamentes, in der König Viktor Emanuel den Eid ablegen wird, Haben bereits begonnen. Unter den zahllosen eingelaufenen Beileidsdepetchen befindet sich an eine solche Li-Hung-Tihang’s...D die „Italie" schreibt, es scheine sich zu bestätigen, bak. .Die Ermordung des Königs Humbert das Werl eines Ro­me plots iet Der neue König Riktor Emanuel HE, Nom, 31. Juli. (Orig.-ZTelegr.) König Biktor­ Emanuel erhielt die Nachricht vom Tode seines Vaters nach Nachts duch einen Torpedo-Kreizer. Der Semaphor auf Cap Spartivento empfing um 8­ Uhr die folgende­ Depeiche von der Yacht „Isela“: „isch bitte, den bereits befohlenen Convoi in größter Eile nach Monza abgehen zu lassen." An den Minister-Präsidenten Saracco de perchirte wag bin aufs auferste bestürgt, weise sofort ab." Frankfurt, 31. Jul­. (Orig.-Telegr.) Die „Stansfurter Zeitung“ meldet aus Konstantinopel:­ Der Prinz von Neapel und sedige König von Italien, der mit seiner­ Gemahlin zwischen Jaffa und­­Ser­salen reiste, empfing. Die erste Nachricht von dem Attentat durch eine persönliche Depesche des Sultans, der sein tiefstes Mitgefühl und gleichzeitig seinen Glüdwunsch zur Thron­­besteigung angefücte. Der Sultan stellte sich zur Verfügung des P­aares. Die Behörden empfingen Befehl, Alles aufs­zubieten, um die Heimreise des königlichen Baares zu beschleunigen und zu erleichtern. Ber zehn Tagen hatte der Prinz von Neapel nach einem Aufenthalte von drei Wochen Konstantinopel verlassen, wo er ‚und seine Gemahlin das ‚Incognito eines Grafen und einer Gräfin Romeo are genommen hatten. . . Reggio di Calabria, 31. Juli. Die Yacht „Jela“ mit dem Königspaare an Bord ist heute um 11 Uhr vormittags Hier eingetroffen. Der König und die Königin wurden von den Behörden und der Bevölkerung ehrfurchts­­voll begrüßt. Um 1 Uhr Nachmittags legte das Königspaar mittelst Separatzuges die Reise fort. Nom, 31. Juli. König V­itter Emanuel und Könign Helene sind heute um 11 Uhr 35 Minuten in Neggio ans Land gestiegen, vom Bolte lebhaft begrüßt. Das königliche Paar wird um 12 Uhr 55 Minuten die Weiterreise nach Neapel antreten. Die Minister, die Mit­­glieder des Senats und der Kammer begeben sich zum Empfange desselben nach Neapel. Heute Vormittags leistet er die Truppen Roms, sowie­ sämmtlicher Garnisonen Italiens: unter lebhaften Beifall der Bewöh­rung Dem neuem Könige den Eid dergrene in ganz Italien bericht vollständige Ruhe. Die Trauerkundgebungen nehmen einen enormen Umfang an. Nom, 31. Suli. Da nach dem Hofs Zeremoniel die Reise des Königs V­ik­or Emanuel und der Königin Helene von Reggio nach Monza vollständig privaten Charakter tragen muß, so werden die Behörden der längs der Strecke gelegenen Orte nur in den Bahnhöfen ers­cheinen, um dem Königspaar ihre Huldigung darzubringen. Demgemäß werden sich auch die Minister, Deputirten und Senatoren nicht nach Neapel begeben. Unaufhörlich Taufe zahlreiche Kondolenz-Depeschen aus allen Theilen der Welt ein. Die Gemeindevertreter und alle Schichten der Bewäsfe­­rung ehren auf jede mögliche Weise das Andenken des Königs Humbert und drücken ihren Schmerz über seine Er­­mordung aus. Bei der heute stattgehabten Beerdigung der Truppen kam es überall zu Kundgebungen für das Hau­s Savoyen und für die Armee, Nom, 31. Juli. König Biltor Emanuel wird morgen um 6­­ Uhr in Nom eintreffen und nach Monza weiterfahren. Man glaubt, daß die Einberufung der Kam­­mern aud das Leichenbegängniß des Königs Humbert im, den nächsten Tagen stattfinden werden. Ver Mord und der Mörder, Monze, 31. Juli. Die­ Königin verbrachte die ganze Nacht in dem Trauergemach im Gebete und zog sich Freitag in Begleitung eines jungen Mannes bei­­ erst Morgens zurück. Die Leiche des Königs it schmarz ges­treidet und liegt auf dem gewöhnlichen Bette, in welches von­ der Königin geschmüct wurde, Hoflapfenı Bignamii von die Todtenwache. Es wird­ versichert, daß Breffi eBten einer Witwe Namens Ro­ffi erschienen sei, um bei ihr eine Wohnung aufzunehmen. Nach dem Begleiter Breffis wird gefahndet. Authentische Meldungen hierüber fehlen jedoch. Die Waffe Breffis it ein neuer Revolver vom­ 1 Mm. Kaliber. Die Untersuchung der Waffe bestätigte, daß Brefii vier Schhffe abgefeuert hat. Unter den zahllosen Kondolenztelegrammen finden sich viele vom römischen Adel. Wie verlautet, habe die Mailänder Polizei bei der Vornahme einer Hausdurchsuchung in dem Hause einer gewissen Ramella Scriftstüde ran­irt, aus welchen hervorgehen sol, daß Breffi mit in Amerika woh­­nenden Leuten im lebhaften Verkehr gestanden sei, der auf das Verbrechen Bezug haben sol. Mit Breffi wohnte auch ein gewisser Giuffi bei Namella. Die Beiden besuchten­­ eine Scharfe, wo sie, wie ein Sellner aussagt, über ein großartiges P­rojekt miteinander sprachen, welches die Welt in Erstaunen jegen würde. Giuffi wurde verhaftet. Breffi­­sol auch im­ Bart von Monza mit einer Frauensperson­­ von leichtem Lebensmandel gesehen worden sein. Während Breffi bei Namella wohnte, gab er ih für einen Franzosen aus und sprach nur französisch. Alle Umstände weiser darauf Hin, daß Breffi das Verbrechen von langer Hand vorbereitet Hatte. Monze, 31. Zul. Orig-Telegr­ Dr Mörder Träft einen guten Theil des Tages und der Nacht sehr fest. Er ist sehr ruhig, ißt sein Brod und trinkt die Milch mit Behagen und scheint an seine That gar nicht zu denken. Seine Familie in Brato it von dem Schidjals Klage wie betäubt. Der Bruder des Attentäters sagte­ zum Pfarrer: „Wenn ich eine Ahnung von den Vorlagen Gaetano’s gehabt hätte, würde ich ihn mit meinen eigenen Händen erdrosfelt haben". Mom, 31. Juli. Das Vorleben des Mörders war durchaus nochmal.­ Sieben Jahre lang war er als Wollgeber in Valoriconne beschäftigt, 1896 zog er nach Florenz in die Wollmeberei­ Bannini und blieb da­naum ein Jahr. Am 22. Jänner 1897 schiffte er sich in Genua nach Amerika ein. Am 4. Juni d. Y. war er wieder in Prato, ohne daß man an seinem Wesen eine Veränderung wahr­­genommen hätte. Am 18. Juni fuhr er nach Bologna, angeblich um Arbeit zu suchen. Auf wiederholtes dringendes Fragen gab der Bruder Lorenzo zu, daß sein Bruder Gaetano sich als Anaschist befannte, was er (Lorenzo) nicht ernst nahm, denn ihm sei mit Essen, Trinten und Arbeiten jede­ Lebensfrage gelöst. „Verdammt und ver­flucht mögen sie sein, die Anarchisten!” rief Der aufgeregte Mann, und er wies auf ein Häuflein leerer Patronenhülsen hin. „Also übte sich ihr Bruder im Scheibenschießen ?" fragte der Journalist. — „a, ja, ev [hos nach der Scheibe,“ antwortete Lorenzo Breffi, „aber das thun wir ja Alle, und sind darum Feine Mörder, Unsere Großeltern und Eltern waren brave, tüchtige Leute und die lebenden Kinder find­et nicht minder, bis auf den Unglücksmenschen, der ung in Schande und Dual gestürzt hat. Wäre er wenigstens unter den Fäusten des Boltes gestorben ! Als er im vorigen Monate nach Bologna fuhr, gab er im Weggehen einer Bettlerin einen Goldo. „Du hast es Dich,“ meinte ich, „die Frau verdient Dein Mlmpfen nicht.” „Ihnt nichts,” antwortete Gaetano: „Seder hat das Hecht, zu Leben.” Das waren seine legten Worte. — Breffi war über seine Verhältnisse hinaus elegant gekleidet. Bei seiner Durchsuchung wurde bei ihm sein Gentime Geld gefunden. Ein Somplett? « . Rom,31.Juli.Aus den Meldungen der Blätter geht hervor,··· daß Breisi in Mailand einen Gefährten hatte, der eine Nacht bei ihm zubrachte und sodann abzureisen erklärte. Dieses Individuum sprach felet italieniscy. 8 ist fonstatirt, daß Bressi aus Batterton nach Italien kam. Er spricht englisch, Französisch und Spanisch. In Mailand wurden einige V­erhaftungen vorgenommen. Monzm 31.Ju­li.(Orig.-Telegr.)Bressi wurde Nachts nach Mailand überführt;sein Benehmen ist das gleichcyn»ische.Ex lacht fortwähren­d,ißt,schläft vorzüglicht und gibt sich philosophischen Betrachtungen über den Königsnord hin. Vrüsseh 31.Jh­h­.(Orig.-Telegr.)Der Königs­­­mörde­resst ift in hiesigen­ Anarchistenkreisen sehr beka­nt Nach dem Attentat auf­ den Präsidenten Carnot flüchtete sich Bressi, welcher sich damals in Paris aufhielt in Folge der französischen Anarchistenjagd nach Brüssel,wo er in einem vorstädtischen Anarchisten­vereinverkehrte.1897 ging Bressi vo­r hier nach London­.Die Regie­­rung gab diese Details dem hiesigen italienischer­ Gesandten Catagallis bekannt­­os, 31. Juli. Der Polizeibericht aus Monza meldet: In einer 2 9­g­e gegenüber jener des Königs im Saale de Turn ve dein 8 fand man einen Revolver, in dessen Griff der Sterbe­­tag Garnot’s eingravirt war, während der­ Revolver des Mörder das Datum der Ermordung der K­aiserin Königin Elisabeth von Oesterreich-Ungarn trägt. Die Polizei glaubt daraus auf ein Komplot Schließen zu mlüsfen. Hatte der Mörder S Komplizen ( Hom, 31. Sul. Orig-Telegr) Auf dem Shestplate in Monza wurde unter einer Tribüne ein zweiter Revolver gefunden. : der König: DR ’ -

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