Pester Lloyd, April 1905 (Jahrgang 52, nr. 85-110)

1905-04-01 / nr. 85

I­ ich IX . Budapest, 31. März. X Aus dem brauenden Nebel heben sich die Umrisfe des neuen Werdens heraus, und lebhaft unwünschen wir, daß sie nicht wieder in grauem Dunst verschwinden mögen. Der Boden, auf welchem die Kabinetsbildung sie vollziehen sol, ist freilich kein Granit, sondern ein beträcht­­lich moderes, den Fluthen abgerungenes Gefüge; aber auch auf minder festem Grunde wurden schon stattliche Bauten aufgerichtet, die lange Zeit allen Stürmen tragten. Um ein­­ verhältnismäßig kurz befristetes Kompromiß würde es sich handeln, das aus einem zweiseitigen Negativum besteht: die Koalition verharrt einstweilen — wie man behauptet, für die Dauer von zwei Jahren — nicht auf der Forderung der nationalen Kommandosprache, die Kriegsleitung aber ver­­zichtet für Die gleiche Dauer auf alle neuen militäri­­schen Forderungen, den Vierhundertundfünfzig Millionen« Kredit mitinbegriffen. Das wäre das Wesentliche des Ueber­­einkommens, das uns mnso wahrscheinlicher Düntt, als Die Kossuth- Partei schon früher autoritär verkünden ließ, sie wäre bereit, die nationale Aspiration im­­ Heerwesen für’s Erste zurüczustellen, wenn die Forderungen bezüglich der Erhöhung des Nekrotenkontingents u. s. w. fallen gelassen würden. Greift dieser Kompromißgedanke thatsächlich durch, so wird dies eine definitive Lösung natürlich nicht sein, und es ist nicht viel Weisheit erforderlich, um herauszubekommen, daß der Konflikt nur aufgeschoben, nicht aufgehoben wäre; allein das banale Wort: qui habet tempus, habet vitam ist fest das zutreffendste Wort. Es kommt zunächst nur darauf an, daß genügend Zeit für die Schlichtung der Streitfrage gegeben sei. Dann braucht man an einem glücklichen Aus­­gange nicht zu verzweifeln. Und es kommt ferner, vielleicht gar Hauptsächlich darauf an, daß die bisher in der Opposition förmlich erst stareten Parteien Doch endlich zur Regierung gelangen und den mäßigenden und sünftigenden Einfluß der unmittelbaren Verantwortung für die Schicsale des Landes auf sichh wirken lassen. Im dieser Sphäre dämpfen fi) die Leidenschaften und Hären fi) die Anschauungen, denn Das gesteigerte Pflicht bemußtfein it eine moralische Netarte von wunderbar läuternder Wirkung. So erklärt es fi), daß Oppositionen, die den Niedergang zur praktischen Negierungsthätigkeit ber­werf­telligten, bei jener Sorte der öffentlichen Meinung, die aus der intransigenten Gesinnungstüchtigkeit ein Handwerk macht, in den Berruf schmählichen P­rinzipien­ verrathes kommen. Es st­ehen etwas Anderes,­­in souveräner Freiheit und Unabhängigkeit des Oppo­­sitionsmannes mit " populären Schlagworten ein 1m: gebundenes Spiel zu treiben, und wieder etwas Anderes, unter dem Zwange der Pflicht und unter dem Druce der Berantwe­rtung fi) mit den praktischen Nothwendigkeiten auseinanderzufegen. Darum beklagten wir es allezeit, daß die äußerste Linke, nachdem sie fortschreitend zu numerischer Bedeutung empor­wuchs, sich Hinter einem Wall sehl echter­­dings regierungsunfähiger Prinzipien vor der Berührung mit den produktiven Ideen unnahbar abschloß. In dieser Bereinsamung konnte igy das­­ Verständniß für die politischen Probleme, die sich einer­ großen, von mächtigen europäischen Strömungen umspülten Monarchie unabweislich aufdrängen, nur matt aufdämmern, und in anderem Lichte mußten ihr die Bostulate einer nationalen Politik erscheinen, als Den­­jenigen, die Die Wechselbeziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und der europäischen Welt nicht aus dem Auge verlieren. Wenn also die Kossuth-Partei, die ja den Kern der Koalition bildet, eine Regierungspartei wird und an der Regierung aktiven Antheil nimmt, so ist dies eine Wendung, die man nur mit aufrichtiger Genugthuung begrüßen. Kant. Mit zweifacher Genugthuung, wenn sie dabei solche Zuge­mäßigung bekundet, wie das erwähnte Kompromiß sie vorausfegt. Gibt es vielleicht in ihren Reihen manche Orthodore des allerstrengsten Nitus, die das Kompromiß als unzulänglich betrachten, so darf ‚Dies und, wie wir zuversichtlich Hoffen, wird dies Doc die Mehrheit in ihrer Entfehlsegung nicht beirren. Vor Allem kann ja ernsthaft von einer Prinzipienverleignung in­ Die Niede fein. Sie hält ihre Grundlage aufrecht, nur bleibt sie nicht außerhalb der Negierung und der Regierungspartei, um zu warten, bis die Sonne in ihren Wendekreis tritt und Die Apirationen zur Reife bringt, sondern sie pflügt in der Regierung und der Negierungspartei den Adel fü­r die neue­ Saat und das neue Wachsthum. Ob sie im weiteren Ver­laufe ihre Ansichten und Wünsche modifiziren werde, das mag einstweilen dahingestellt sein; sicher ist, daß sie ihren Uebergang nur mit dem festen Vorlage vollziehen wird, werkthätig für den vollständigen Sieg ihrer Aspirationen zu folgen. Selbst die prinzipiellen Gegner müßten ihr zuerkennen, daß sie dabei großen moralischen Muth, den Muth ihrer neuen Pflichten als des ausschlaggebenden XTheiles der Koalition an den Tag legt. Bewahrheitet­e nun die Meldung über das Kompromis­s ımd trog mand­ jleptischer Stimmen scheint sie sich zu bewahrheiten —, so wäre die Krise im sachlicher Hinsicht gelöst, das heißt denn doch in ihrem wichtigsten Theile, und alsdann "tbe nur noch die Personenfrage zur Diskussion. Vielleicht, sogar ist auch­­ diese schon erledigt. Jedenfalls möchten wir hoffen, daß die Nachricht von der Bereitschaft des Grafen Julius Andrasfy, auf der bezeichneten Grund­­lage die Kabinetsbildung zu übernehmen, seine bloße Kom­­bination sei. Und wäre sie zur Stunde vielleicht noch eine Kombination, sie dürfte eine solche nicht bleiben. Denn feinen Befleien, seinen Geeigneteren wüßten wir, als ihn, der Chef des Koalitionskabinets ı und der Führer der neuen Negierungs­­majorität zu sein. Man braucht den Grafen Julius Andrassy nicht mehr zu entdecken — meder ihn, noch sein Talent, noch seinen Charakter. Er steht seit dem achtzehnten November im Vordergrunde. Wenn er es als Nahmestitel betrachtet, sehr wesentlich zu dem riesigen Umschwung der Bartels­verhältnisse beigetragen zu haben, so wird er ihm von keiner Seite bestritten werden. In dem Maße, als der Stern Zipa’5 verblaßte, leuchtete Andriffys Stern immer heller auf und Aller Augen waren fortwährend auf ihm ‚gerichtet. " Bei Freunden und Gegnern galt er als der kommende Mann, und kommt er mut wirklich, so werden die Freunde ihm zujubeln, die Gegner Diesen Chor durch Dissonanzen nicht stören. Als Selbstverleugnung mögen Manche es deuten, daß er einem provisorischen Ministerium, das auf einem Provisorium ruht, jenen Namen leiht; wir unsererseits deuten seine Entschließung nicht in solchem Sinne. Nein, nicht Selbstverleugnung ist es, sondern nur berechtigtes, nur unwohlmotivirtes Selbstvertrauen, das vertrauen, daß es ihm kraft seiner Begabung und seines Einflusses beschieden sein wird, aus dem Provisorium ein Definitivum zu machen, das Vertrauen zumal, daß er, der mit feinen Ueberzeugungen und Uederlieferungen im Boden des staatsrechtlichen Verhältnisses von 1867 wurzelt, die nationalen Aspirationen seiner P­arteigenossen allmäßig der Verwirklichung zuführen könne, ohne jenen Ueberzeugungen und Ueberlieferungen, ohne überhaupt den Ideen Deat’s und den 30een seines Vaters Gewalt anzuthun. ‚Ueber weitere Personenfragen in diesem Augenblicke zu sprechen, wäre b durchaus unangebracht. Wen Andrafiy, immer natürlich­ vorausgeseßt, daß wir nicht einer willkür­­lichen Kombination gegenüberstehen, wen, sagen mir, Andrafjy zu seinen Mitarbeitern ausersieht, das ist Andrasiy’s Sade allein; doch­ meinen wir, es verstehe sich von selbst, daß er in Wahrheit ein Koalitionsministerium bilden werde, in welchem alle Fraktionen der neuen’ Majorität vertreten sind. Und so würde es denn endlich zu tagen beginnen. Man fragt nicht, ob nun ein Tag voll Sonnnenschein heraufziehen werde, man wird exlöst aufathmen, wenn die schweren Nachts­­chatten endlich weichen. Und die liberale Partei ? Nach der vorgestern beschlossenen Deklaration kann das seine Frage mehr sein. Sie wird jede Politif unterfragen, die mit ihren Grundlagen harmonixt, und wenn sie in irgend einer Sache opponiren muß, so wird sie eine loyale Opposition sein. Sie wird nicht darüber grübeln, ob alle die furchtbaren Erschütterungen und Ummälzungen kommen mußten, damit ein vielleicht nur kurzlebiges Kompromiß in die Welt gelegt werde; sie acceptirt die Thatjadhen, wie sie gegeben sind, und sie hegt nur den einen Wunsch, daß alles Werden dem Lande und dem Volke zur Wohlfahrt gedeihen möge, ° ERRERTELT. . . « gr­­ > N + + Die Krise, werden: exit wieder aufgenommen, werden, wenn Die Herren nach Beschaffung gemilter Daten abermals nach Budapest zurückehren, was angeblich in der kürzesten Zeit geschehen soll. Immerhin scheint zwischen den Mitgliedern der Opposition und den Vertrauensmännern der Krone schon gestern eine prinzipielle Einigung in Betreff der neuen Basis zu Stande gekommen zu sein, auf welcher die Bildung eines Koalitionsministeriums ermöglicht würde. Dies geht sowohl aus den in unseren­ jüngsten Abendblatte­rn wiedergegebenen Ausführungen hervor, welche heute Morgens das amtliche Organ der Unabhängigkeit"-Partei , Budapest" losgelassen hat, wie aus einem Artikel, welchen heute Abends „Magyarorkäg“ aus der Teder Tran Rofjjutrhs veröffentlicht und den mir, so weit er sich auf die­­ Verständigungsaktion bezieht, weiter unten reproduziren. Die provisorische Lösung, welche auf dieser neuen Basis gefunden werden soll, besteht in Folgendem: Die Opposition wurde auf die Dauer von zwei Jahren auf die Geltendmachung ihrer Budapest, 31. März. [I Im der Aktion zur Entwierung der politischen Lage ist im Laufe des heutigen Tages sein neues Moment zu verzeichnen. Kriegs­­minister Pitreich und Marinekommandant Freiherr v. Monte­cuecolli haben sich, nachdem sie von Dr. Majestät in Audienz empfangen wurden, mit ihrem Stabe heute wieder nach Wien zurü­ck­begeben und die Berathungen,­­derenthalben sie hieher "berufen wurden, Forderungen bezüglich der ungarischen Kommandosprache, der Tahnen und Gmbleme verzichten, dagegen sollen aber für dieselbe Zeit auch die Forderungen der Heeresverwaltung und der Kriegsmarine zurück­­gestellt werden, d. h. sowohl die Erhöhung des Rekrutenkontingents, wie die Reform des M­ehrgefäßes und die Flüssigmachung des zu­ beschaffenden 450-Millionen-Ansehens sollen um zwei Jahre ver­­schoben werden. Bezüglich des Testeren gibt es allerdings einige Schwierigkeit, da auf Grund der von der Delegation­­ bereits erfolgten Bereilligung der militärischen Kredite nicht bloß Bestellungen von Kanonen und Schiffsbauten gemacht wurden, obgleich die Gesebgebung diese in das Budget einzustellenden Beträge wo nicht votirt hat, sondern ein Theil der in Nede stehenden Summen ist aug schon ausbezahlt worden. Wie er heißt, sollen nun die Führer der Opposition die Jusage gemacht haben, daß dieses Vorgehen nicht beanstandet und nicht zum­ Gegenstande von Refriminationen gemacht­ werden soll, so daß es sich eigentlich nur darum handeln würde, die Durchführung des restlichen Theiles des Ausrüstungsprogramms auf zwei Jahre aufzuschieben. Die Aufgabe der militärischen Experten soll es nun sein, genau festzustellen, wie viel thatsächlich verausgabt wurde und bis zu welchem Betrage die Heeresverwaltung für bereits erfolgte Bestellungen Verbindlichkeiten übernommen hat. In Kreisen der­­ Opposition findet dieses Kompromiß eine ge­­theilte Aufnahme. Man fragt si, ob es sich wohnt, den Kampf um das ungarische Kommando um dieser K­onzession willen vorläufig einzustellen, denn man ist sid­ar darüber, daß dies nur eine provi­­sorische Lösung wäre, wie denn auch Graf Julius Andrásiy heute bereit verkünden sek, daß er si der Pflicht, auf dieser Basis, wenn sie von der foalirten Opposition angenommen würde, ein Kabinet zu bilden, nicht entziehen würde, obgleich er sieht, daß damit seine endgültige Lösung der Krise herbeigeführt wird und die Ruhe im Parlament nicht gesichert wäre. Es ist denn auch noch seineswegs ausgemacht, daß alle Mitglieder der Eoalirten Opposition sich mit Diesem ‚Grieciens abfinden werden und obgleich es nicht wahrscheinlich ist, daß man in dieser Hinsicht dem Ieitenden Aus­­schusse der Eoalirten Opposition schon ein fait accompli werde vor­­legen kommen, da die Gage noch nicht perfekt zu sein scheint, darf man der für morgen anberaumten Sikung dieses­­ Ausschusses doch mit lebhaftem­nteresse entgegen­­sehen, da man annimmt, daß Ro­lfruth die Herren [don morgen über die im Zuge befindlichen Verhandlungen informiren wird und die Mitglieder des Nussschufses zu dieser Frage Stellung nehmen werden. Auch in Kreisen der liberalen Partei it man von dem in Nede stehen­­den Kompromisse nicht ganz befriedigt, denn man verhehlt sich nicht, daß das zu treffende Abkommen keinen dauernden Frieden verheißt, sondern daß es sich hier nur um einen Waffenstillstand von verhältniß­­mäßig kurzer Dauer handelt und daß man nach zwei Jahren genau dort halten wird, wo­ man heute hält, da die derzeitige Majorität all diese heute noch unentschiedenen Streitfragen wenn nicht früher, jo doch sicher anläßlich der Verhandlung des neuen Wehrgeieg-Entwurfes wieder aufrollen wird. Man it allgemein verwundert darüber, daß die Krone in eine Verschiebung der Reorganisation der Artillerie ein­­milligt, zumal diese Waffe der Reform so dringend bedürftig it, daß der frühere Kriegsministr Krieghammer schon vor fünf Jahren erklärt haben sol, daß er die Garantie für die Schlagfertigkeit der Armee nicht übernehmen könne, wenn unsere im Verhältnisse zu den übrigen Staaten stark zurückgebliebene Artillerie nicht reorganisirt wird. Man bedauert zudem lebhaft, daß die Reform des Wehrgeheges dadurch neuerdings auf zwei Jahre hinausgeschoben erscheint und daß damit auch die Einführung der zweijährigen Dienstzeit eine mindestens zweijährige Verzögerung erfährt, da diese Neuerung nicht blos mit einer Erhöhung des Rekrutenkontingents, sondern an mit einer beträchtlichen materiellen Mehrbelastung verbunden wäre, eine solche aber laut dem Kompromiß vorläufig ausgeschaltet werden muß. Trot alldem würde man ss auch mit dieser provisorischen Lösung abfinden, wenn dadund die Möglichkeit, ein parlamentarisches Kabinet zu Stande zu bringen, gegeben wäre und die Bahn zur normalen Thätigkeit des Parlaments wenigstens auf zwei Jahre frei­­gemacht würde. Wenn es also gelingt, den Kollisionspunkt zw­ischen der Krone und der Majorität des Abgeor­dnetenhauses auszu­­schalten und auf dieser neuen Basis ein Koalitionskabinet zu Stande zu bringen, wird sicherlich auch die Liberale Partei dem uftandekommen einer solchen Negierung nichts in den Weg legen. Die­ Mitglieder der Partei, die von den mit der Opposition geführten neuen Verhandlungen nur aus den Blättern erfahren, was vorgeht, glaubten heute Abends von den Mitgliedern der Negierung hierüber etwas Authentisches zu hören. In Folge des heutigen Ministerrathes, nach welchem die Mitglieder des Kabinett beim Minister-Präsidenten Grafen Tiba foupirten, erschien jedoch heute Abends nicht ein einziger Minister im Klub, so daß man die erwünschte authentische Orientieung nicht zu erhalten vermochte. Immerhin üt man jehr bereits auch hier im Reinen darüber, daß die Entscheidung der Krone noch nicht unmittelbar bevorsteht. Erst wenn Kriegsminister FZM. Pitreich mit den erforderlichen Daten neuerdings nach Budapest zurückkehrt und die Verhandlungen mit den leitenden Männern der Opposition wieder aufgenommen und beendet sein werden, wird die Entwirrungsaktion in das entscheidende Stadium treten. Dann müssen exit Die ver­­schiedenen Gruppen der Koalition darüber schlüssig werden, ob sie das vorgeschlagene Kompromiß billigen, und erst wenn auf Grund der neuen Basis ein Programm konstruirt werden kann, welchem auch die Krone ihre Bestimmung zu ertheilen vermag, kann an die Bildung des Kabinets gedacht werden." Al das erfordert "zum Mindesten mehrere Tage, so daß die Entleidung erst im Laufe der nächsten Woche fallen dürfte. Se. Majestät, der ursprünglich schen morgen abreisen wollte, hat denn auch seinen Aufenthalt in Budapest vers­längert. Bisher sind wenigstens seinerlei Dispositionen in Betreff der Rückkehr des Hofes nach Wien getroffen worden.­­ Bon der vereinigten Linken, Obmobi Se. Majestät Schon anläblich des Hofdiners am Mitt­­woch eine­ Bemerkung fallen ließ, wonach die Krise nunme­hr einer Lösung zugeführt werden dürfte, wirkte der heute publit gewordene Entschluß des Grafen Julius Andrásfy, die Kabinetsbildung zu über­nehmen und die in einem Abendblatte enthaltene Erklärung Franz Rosfuth’s, daß die koalirten Parteien nach Ausschaltung der Kollisions­­punkte die Regierung für längere Zeit übernehmen können, über­raschend auf die Parteien der Linken. Eigentlich nur auf einzelne Parteien, denn in den Kreisen der Diffirenten wurde seit mehreren Tagen wiederholt verkündet, daß Graf Julius Andrálfy noch im Laufe dieser Woche die Kabinetsbildung übernehmen wird. Am lebhaftesten ging es Abends im Klub dr Unabhän­­gigkeits-partei zu, wo sich die in Budapest meilenden Abgeordneten der Linken versammelten, um womöglich aus dem Munde Franz Kossuth’s selbst die Details der getroffenen­­­erein­­barungen zu erfahren. Der Präsident der vereinigten Linken ver­­te­stete die mißbegierigen Abgeordneten auf die morgige Sigung des leitenden Ausschusses, in welcher über den bisherigen Verlauf der Konferenzen Bericht erstattet werden sol. Die Hauptfrage, auf melche sich das Sinteresse der Abgeordneten fongentierte, war, welches denn eigentlich die Basis ist, auf welcher die Kabinetsbildung erfolgen soll. Aus dem heutigen, weiter unten mitgetheilten Artikel Franz Kossuth’S geht hervor, daß die Basis der Vereinbarung die Zurück­­stellung der militärischen Mehrforderungen an Geld- und Blutsteuer‘ bilden sol. Demgegenüber will die Koalition ihre Forderungen bezüglich der militärischen Reformen im nationalen Sinne bis zur Geltendmachung dieser Mehrbelastung vertagen. Diese Vereinbarung stellt also fest, was die Koalition einerseits und die Heeresverwaltung andererseits als nicht aktuell vorläufig tangiren und beiseite stellen wollen. Man fragte sich nun, was denn das eigentliche Programm des als provisorisch bezeichneten Koalitionskabinets sein werde. Aus den bisherigen Erklärungen Franz Rosfuth’s und anderer Bolititer geht hervor, daß die neue Negierung die Erhöhung des Nefruten­­kontingents und die Einstellung der Naten für die neuen Heeres­­forderungen in das Budget ausschalten wird. Dagegen wird sie eine militartime Sonsen­tom veren Sadal­, noch unbekannt ist, anzumelden in der Lage sein, und die Koalitionsregierung soll auch bezüglich der ungarischen Kommando­­sprache prinzipiell Stellung nehmen, indem sie erklärt, daß die Nation das Recht habe, Diese zu fordern, aber mit Rücksicht auf die Ver­­hältnisse von dieser Forderung vorläufig absteht. In wirts­chhaftlicher Beziehung miss die neue Regierung den Uebergang auf das selbstständige Zollgebiet, entsprechend dem ®.­U. XXX :1899 vorbereiten, auf dem Gebiete der inneren Reformen aber soll das volle Programm der Koalition zur Geltung kommen. H« Ueber diese Programmpunkte entwickelte sich im Klub der Un­­abhängigkeits-Partei eine lebhafte Debatte.Es wurde erklärt,daß die Zusage der Heeresleitung,daß sie in eine Vertagung der militärische­r Mehrforder 1111 gem­ einwillige,wenig Werth habe,da ja ei 11 großer Theil des von den Delegationen für die Reorganisation der Artillerie bewilligten Kredits bekanntlich bereits verausgabt sei,obwohl diese Stimmen im ungarischen Parlament noch nicht votirt w1­rden.Wenn mit der Ausschaltung der Frage der Kommandosprachea11­ gedeutet werden soll,daß es nothwendig sei,Zeit zu ge­­winnen,weil bezüglich aller militärische­r Fragen zwischen der Krone und der Koalitionsmajorität eine Vereinbarung noch nicht hergestellt werden konnte und wenn die Majorität und die aus dieser gebildete Regierung ihr Programm­ trotzdem offen verkünden­ können,so sleht der Entwirrung auch bei Ausschaltung der militärischen Fragen kein Hinderniß im Wege.Unbedin­gt nothwendig sei jede­»Es die Veröffentlichung einer DeklarkIitäjs,in welcher die Aufrechthaltun­­g des militärischen Programm­s der Koalition­axis gesprochen­ wird,so nun die der Koalition gemachten Zu­sagen betrifft,so fordern dieie­glieder der Linke so gewisse­ Garantien,damit die Verwirklichung« selben»auch gesichert sei.Solche Forderumgen sind einstitsss Garantien dafür,daß das selbstständige Zollgebiet verwirklicht wird, die Ausschaltung der liberalen Partei aus der Kabinetsbildun­g,sowie Garantien für die Einhaltun­g der Zusagen auf militärischem Gebiete. Ein radikales Mitglied der Unabhängigkeits-Partei erklärte demgegenüber,daß die Unabhängigkeits-Partei auch das bisherige Rekrutenkon­ltingent nicht wollzen könne,wenn sie nicht einen Gegen­wert­ hiefür erhalte.Er seinerseits stellt folgende Forder­ungen auf: L Im Heere soll die nationale Trikolore fü­r­ die ungarischen Regimejlter eingeführt werden,nicht aber die weiße Fahne.Die Trikolore soll auf der einen Seite das ungarische Wappen,auf der anderen Seite das Wappen ISI-Majestät,oder das Bild der Jungfrau Maria,als der Landespatronist Ungarns,aufweisen.Diese Wunsche liege seiner Ansicht nach kein Hinderniß im Wege,weil die Fahnens Feuilleton.»­ ­Mienerzuus«d­xbrierzsz Gleichsam noch in elfter Stunde überschüttet uns die scheidende Konzertfaisch­ mit Musikgenossen aller Art.Da ist vor Allem die Schiller-Fein des Konzertvereins am 22.März Abends hervorzuheben­.Natürlich durfte bei dieser die wohl großartigste Kom­­position Schiller’scher Verse nicht fehlen:Beethoven’s Vertrung des »Liedes an die Freude«,wie er es als­ Chorfinale seiner Neunzert Symphonie gesetzt Und da man das Riesenwerk den er schon im Nicolai- Konzert der Philharmoniker unter Kapellmeister Schalk gehört,war man bestrebt,die jetzige Reprise wenigstens im vokalen Theile womög­­lich noch glänzender zu gestalten—besonders indem man für das bekanntlich e norm schwierige Soloquartett eine eigene illustre Künstler­­vereinigung aus Berlin einlu­d—und überdies war,den Zwecken der Schiller-Feier entsprechend,für eine gastaparte Ueberraschung des Publikums gesorgt. Nachdem zuerst das Meistersinger-Vorspiel,vom Konzertvereins­­orchester unter 3. Löme’s Leitung vortrefflich eröfut­rt, das aus­­verkaufte Haus in die rechte festliche Stimmung verfegt — man kann der Wahl wegen der Schlußapotheose als „­Verherrlichung der deutschen Kunst“ nur zustimmen, wenn auch diverse Beziehungen zu Schiller fehlen — , nachdem ferner der intelligente Tenor des Berliner Vokalquartetts, Herr Ludwig Hef, mit verdientem Beifall drei Schubert’sche Lieder nach Gedichten von Schiller („Gruppe aus dem Tartarus”, „Die Hoffnung” und „Sehnsucht”) gesungen, erschien nun in, einer Art griechischem Kostü­m und Haarwurf,­­gleichsam das deal einer Muse vorstellend, Frau Hohenfels, um­ den begreiflich mit größter Spann­ung erwarteten Pestprolog von Gerhart Hauptmann zu sprechen, wobei er aber schon seltsam berührte, daß gleichzeitig mit ihr wieder Kapellmeister Löme vortrat und den Taftirstab in der Hand sich ans Dirigentenpult begab. Das versprach so etwas wie eine melodramatische Begleitung des Prologs, nicht aber, was sich wirklich ereignete. Nachdem nämlich der unerwartet kurze Prolog, welcher Schiller vor Allem als deutschen Dichter und im tiefsten Wesen den „Meistern der Musik verschwistern“ feiert, in die Worte ausgellungen : „V­ergeßt, mas irdisch ist an ihm — und Euch. Hört, wie die Berge und Gestirne singen !“, gab Lümwe unmittelbar darauf, sozusagen als tönende Llustration der legten Zeile das Zeichen zum Anfang der „Neunten Symphonie“ selbst. Das war nun gemäß recht poetisch ge­­dacht, indem die dampfenden leeren Duinten, in welche Blige des Ent­­stehens hineinzuhen, noch geheimnißvoller wirkten als sonst, hatte aber doch einen doppelten praktischen Fehler. Erstlich schnitt es jede Gelegenheit zum Applaus für die von Gefühl überströmende Spre­­cherin des Gedichtes ab, welche beim Beginn­ der Musik wie verzückt stehen blieb, um sich dann Schüchterne still h­inters Drdhefter zurückzuziehen. Und zweiten war er für das Publikum wirklich sch­wer, sich sofort von der Verherrlichung Lilles in die tragische Gedankenwelt Beethoven’s zu versehen, der in dem dämonisch-verzweiflungsvollen ersten Gate seiner Neunten ja noch nicht entfernt an den Dichter der unsterblichen Freuden-Hymne dachte. So wurde denn dieser in seiner Art einzige erste Sat , lange nicht mit der entsprechenden Kunst­­andacht angehört wie font, mollten sogar Einige nach seinem riesen­­gewaltigen Schluß — noch immer mehr an den Festprolog, als an die soeben vernommenen Wunderklänge dennend — in einer sehr beplack­ten Galanterie exit fest Frau Hobhenfels herausrufen !! Mit dem prächtig gespielten Scherzo fand sich mehr und mehr die rechte Beethoven-Stimmung, um dann freilich bei dem­ Himm«­lfchen Adagio, in welchen unbegreifliche Fehler vorsamen, wieder nachzulassen. Der nun entschädigte das wahrhaft grandios, in einer Alles mit sich fortreißenden Schiller- und Beethoven-Begeisterung gebrachte Chorfinale „Freude schöner Götterfunfen !“ reichlich fin alles das, was man gerade von Beginn der Symphonie an einer Festfeier, schuldig geblieben. Wie gewiß der von Löwe hier feurigst dirigirte Singverein, diesmal noch unterstüßt durch die stattliche Zahl der in Wien zurückgebliebenen, d. h. nicht nach Egypten gereiften Mitglieder des Männergesangvereins, nur selten mit solcher ausdauernden Stimmkraft und Stimmfülle ins Zeug gegangen, so hat man noch viel seltener das so berüchtigt heimliche Soloquartett — sonst fast immer die partie hontense jeder Aufführung der Neunten! — so haarscharf rein gehört, als am 27. März Abends durch die vier Gäste aus Berlin: Frau Seannette Grumbacher de Kong, Frl. Therese B­e­h­r (diese wohl aug in Ungarns Metropole bestbekannt !), Hexen Ludwig Heß und Heren Arthur van Emeys. Nicht eben große Stimmen, aber trefflich geschult und aufs feinste in­einander eingefangen, eine ideale Viereinigkeit, die sich auch alsbald nach der Schiller-Feier in einem, bei Bösendorfer gegebenen selbst­­ständigen Konzerte glänzend bewährte. Jedenfalls hat aber gerade zu dem so­ festlich versöhnenden und erhebenden Ausklingen der Schiller- Feier des Konzertvereins auch das Berliner Rosasquartett nicht wenig beigetragen. Eine von der Beethoven den an zündender Gewalt der Ton­­sprache nicht zu weit abstehende andere geniale „Neunte”, die um“ vollendete, nur in drei Süßen vorliegende von Brudner näm­lich, bildete den künstlerischen Mittelpunkt in dem am gewohnten Ka­lendertag — 25. März — veranstalteten, dann aber am 27. März mit ganz demselben Programm wiederholten Jahreskonzerte des Schubertbund. Es erschien wohl als Fein geringes Wagniß, dem Stammpublik­um eines Männerchor-Konzertes so schwere In­­strumentalmusik zu bieten wie jene Brudner’sche. Aber dank der ehrlichen Begeisterung de3 temperamentvollen Chor­­meter Mol KichtT für die edle Sache gelang Alles über Erwartung. Sowohl am 25., als am 27. März wurde jeder Sat der Brudner’schen Symphonie von dem alle Näunte des großen Musik­ereinzsaales füllenden Publikum mit einer Aufmerksamkeit an­­gehört, wie sonst nur in den philharmonischen Konzerten, dabei stieg auch­ der Beifall von Sat zu Sat und mußten si nach den ab­­schließenden, tief ergreifenden Adagio, das der greise Komponist selbst­ seinen „Abschied vom Leben” nannte, die wadern Rom­ vt­ere und- Musiler wiederholt baufend von ihren Ligen erheben. K­ennings fo. die vielgeplagten, in dieser Saison fast Tag für Tag in Anspruch ge­­nommenen Orchestermitglieder gerade mit der in Nede stehenden, über­­aus schwierigen Aufgabe seit der von %. Löme so meisterhaft ein­­studirten und geleiteten Uraufführung (11. Teber 1908) vertraut bis ins Kleinste Detail. .­­.. « " Uebrigens­ dürfte doch die grandiose Schlußnummer —R.Wagner’s»Liebesmahl­ der Apostel«­in den beiden jetzigen Konzerten des Schubertbi und die Hauptanziehungskraft aus­­­geü­bt haben.Diese merkwürdige,,biblische Szene«,welche nach etwas monotonem Anfang unbegleiteter Chorrezitative von dem Augenblick an,als das jetzt erst einsetzende,echt wagnerisch fulminante Orchester in hinreißender Weise daszun der der Herabkunft des heiligen Geistes schildert,den mächtigsten Aufschwung nimmt und mit einer der gewaltigsten Chorfleigerun­gen schließt,bildet ja seit 190(),in welchem Jahre der Schubertbund auf der Par­iser Weltau­sstellung mit besagter­ Glanznumm­er selbst dem sonst so unü­bertrefflichen Wiener Männergesang­­verein gegenü­ber siegreich konkurrirte,des erstgenannnten Vereins größten Stolz.Und dessen kann sich der Schubertbuud auch nach seinen­ zwei jetzigen Konzerten vom 25.und 27.März neuerdings rü­hmen: nirgends in der Welt wird man die letzte überwältigende Steigerung faszinirenderhören­.Eröffn­et wurden­ die beiden in Rede stehenden Konzerte mit dem­ zuerst vom Akademischen Gesangverein­ am 5.März als für Wien völlig neu gebrachter­ imposanten,,Festgefan­g an die Künstler-­von­ Schiller-Lißt,welcher bei jeder Reprise an Interesse gewinnt und neue Schönheiten enthüllt.Auch zwei stimmungsvoll melodische unbegleitete Chöre(beide vortreffliche Erstaufführungen des Vereins),,,An den Frühling«von Schubert (hier der Text wie der von Schiller)und,,AchGott,«wem soll ich klagen«,deutsches Volkslied aus dem 11.Jahrhundert für Männer­­c­orf einsinnig bearbeitet von Kirchl,gefielen sehr. «­­»An den Frühling«,ein ungemein ins Gehör gehendes, liebliches Stück,mußte im zweiten Konzert sogar wiederholt werden. Die eigentliche Seele der beiden Aufführungen war aber Adolf Kirchl,in Wien längst als einer der feurigsten,energischesten Chordirigenten geschätzt,aber auch,wie sich diesmal eklatant zeigte, selbst den größten symphonischen Aufgaben völlig gewachsen.Dem Publikum der stets massenhaft besuchten populären Symphonie­­konzerte des Konzertvereins—­jeden Sonntag Nachmittags statt­­findend und ab­wechselnd von den­ Herren Kirchl und Gutheil bivigirt — lagen mir hiemit freilich nichts Neues. Eine Rischl durch sein lebhaftes Temperament und die elastische B­emöglichkeit am Kapellmeisterpult einigermaßen verwandte Musifer­­­atur­it Herr Karl­afite, der hochverdiente Dirigent der Wiener Sirngak­ademie, welcher diesen s­chwergeprüften Chorverein nur nur vom Rande des Abgrundes rettete, sondern sogar in wenigen Jahren auf eine Stufe hob, daß man ihn wieder zu den in Wien maßgebenden künftlerischen Baktoren rechnet und selbst dem altberühmten „Singverein“ der Gesellschaft der Musik­­freunde als nahe gleichwert­ig bezeichnet. Und daß dies durchaus gerechtfertigt, bezeugten besonders die in der laufenden Saison von der Gingakademie im­­ Jubiläumstheater veranstalteten Oratorien­­­­aufführungen („Schöpfung“, „Jahreszeiten“), wie nicht minder Die von Herrn Lafite in denselben Räumen mit minutiöser Sorgfalt einstudirte und dirigirte Neprise des Stabat mater von N­offini (20. März, Abends). Bei dem wirklich vorzüglichen Ensemble konnte man fon die Stylsschwäche des Werkes selbst, das uns heute weit mehr italienise opernhaft als irgendwie kirchlich erscheint, zeitweilig vergessen und si umso mehr der einschmeichelnden Melodie des hier ‚rein naiv gestaltenden Maestro erfreuen, welcher in seinem „Stabat” namentlich stimmbegabten und mit dem Bel­canto wohlvertrauten Solisten die dankbarsten Aufgaben stellt. Daß Ddiesfals im Konzerte der Sing­­akademie die ausgezeichnete Mu­ftin Frau Naja Barber Waldberg den Preis errang, konnte ich schon in einer dem „Bester Lloyd“ unmittelbar nach der festen Aufführung des „Stabat mater“ über dieselbe gesandten Notiz fonstatiren. Grau Barber- Waldberg war überhaupt in dieser Saison eine gar viel begehrte künstlerische Kraft. So sang sie mit besonderer Hingebung und größtem Beifall in zwei Konzerten Brahms, nämlich zuerst mehrere der schönsten Lieder des ihr anscheinend besonders wahlverwandten edlen deutschen Meisters an einem von der tüchtigen Pianistin Beatrice Goldhar (Schülerin Julius Epstein’s) bet. Ehrbar veranstalteten „Brahms-Abend“, dann an derselben Stelle in einem Konzert des Männergesangvereins „Arion“ das dominirende Altsoto in Brahms’ ergreifender „Rhapsodie” aus Goethes „Harzreife im Winter“. Ueberdies hat Ivan Barber-Waldberg Höchst verdienstlich, an den interessanten musikgeschichtlichen Vorlesungen des Wiener Universitäts-Dozenten Dr. Mar Dieb („Das europäische Tondrama bis auf Händel“) mitgewirkt, ihre neben der rein musikalischen auch­ eminent dramatische Begabung zeigte sich da am deutlichsten. Wir wünschten die stattliche, trefflich geschulte Dame wohl auch einmal auf der Bühne zu hören. Nach dem künstlerischen Ernst und der­ imponirenden Würde, mit der sie altklassische Sachen vorträgt, dürfte ihr vielleicht der Glud’sche „Orpheus“ besonders günstig liegen. Möge ich das die im Jubiläumstheater so erfreulich florirende „Diener Boltsoper" bei einer etwaigen­ Aufführung von Glud’s Meisterwert ad notam nehmen. Uebrigens műre es ungerecht, wern mir aus dem Sologquartett bei Aufführung des Noffint’schen „Stabat mater“ nicht auch der liebenswürdigen Sopranistin Fräulein danny Freystädt gedachten. Wie die Xeitere mit zu Barber-Waldberg zusammen — unter feinsten wechselseitigen Sich-Anschmiegen der beiden Stimmen — im Duett sang, das hat dem Publikum vielleicht den größten „Ohrenschmaus“ des ganzen Abends bereitet. Und mehr als Ohrenschmaus ist ja mit bestem Willen aus dem Noffini’schen „Stabat mater" heute nicht mehr herauszuholen. Troßdem war es doch eine höchst Iuriore­dee, unmittelbar auf­ den Amen-Schlußchor des „Stabat mater“ die — Wilhelm-Tell-Ouverture folgen zu Taffen. Das pachte doch, so unüib­lich auch Roffin­’s Hymme, wie die Faust aufs Auge.­­ st Nochmals muß ich die sympathische Sopransängerin Fräulein T­reystädt als sehr beifällig aufgenommene Vertreterin der Ztt­chennummern in einem Konzerte des Violoncellvirtuosen Bra.

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