Pester Lloyd, September 1906 (Jahrgang 53, nr. 214-239)

1906-09-01 / 214. szám

. 4 A A « = 4 Be Ei, - E: : - « 3 ER bi RN = Bi Ei , 88 10808 «· Be. ; 32 Nee gi " EN i» «« B­3 GT "Seite 2 Hk J. , -»-.-s««k2-Hksxsscso Budapest, 31. August. & Das lebte Krankheitsbulletin­ über Rußland finden unsere Zejer im Welterntebericht, mit den sie­ sich noch­ eingehender als in unserer Abendnummer im Folgenden Morgen­­latte­nverde1t beschäftigen können.Das Ern­te­­ergebniß in Nußland ist, wenn man auch von der Ver­­schlechterung in der Qualität absieht, schon der Quantität nach ein geradezu Frägliches. Der Ausfall in der Weizen­­produktion allein beträgt an achtuundzwanzig Millionen Meterzentner, der Ausfall in den anderen Getreidegattungen ist gleichfalls ein erheblicher, und nebstbei ist auch die Kar­­toffel nicht gerathen. Die Ursachen dafür liegen nicht bies in den ungünstigen Witterungsverhältnissen, die im Winter und Frühjahr in Rußland Herrschten; in Folge der poli­­tischen Bestände wurde eine weitaus geringere­­ Boden­­fläche bebaut, wurden die Saaten nicht zur richtigen Zeit gemäht, geriet­en sie in Weberreife oder gar in Fäulnis. Nun sind aber an die Getreidevorräthe so gut wie völlig auf­­­gezehrt,denn auch schon die frühere Erntebarkeit rezit­­reichende,mnd nun wird über ein Dritttheil von.511’11 Bland eine entsetzliche Hungersnoth hereinbrechen.Nun weiß man ja allgemein mir zu genau, was für ein ausschlaggebender Faktor in der Politik der Hunger ist. In guten Jahren, wenn das Bolt leicht sein Auskommen findet, scheert es sich ziemlich wenig oder gar nicht um das Gebahren der Re­­gierung ; in schlechten Jahren aber, wenn es von Nahrungs­­sorgen heimgesucht wird, ist es mit der jeweiligen Regierung, und wäre sie fort­an eine ganz vortreffliche, unzu­­frieden. Die Geschichte zeigt ja, daß­ nahezu überall die Vorläuferin der Revolutionen die Hungersnoth war. Was mag sich Alles bald in Naßland zutragen,­ wo der größte Theil des Boltes von der Mederzeugung durchdrungen it, es habe seine ganze schmerzliche Verelendung blos dem Walten der bisherigen Negierungen zu verdanken. Freilich, Lokal stellte sich Hungersnoth in Rußland alljährlich ein; bald in­­­iesem, bald­ in jenem Negierungsbezir. Da konnte aber aus den Ueberschüften der anderen Bezirke rechtzeitig und in meist genügendem Maße Abhilfe geboten werden, seht aber, da siebenundzwanzig Gouvernements mit fűrmerem Mangel zu kämpfen haben, jegt muß man in jedem Bezirke vorerst an sich selber deuten, muß man die ohnehin forglich ausgefallenen­­ Erntegaben zusammenhalten und sogar den bisherigen Konsum einschränken. Da ist man doch nicht in der age, auch nach auswärts hin noch Beistand zu leisten. Und wie soll Hupland da noch Getreide erportigen? Zum Getreideexport war­­ er bisher wirthschaftlich gemethigt, denn­ mit dem Erlös für sein Getreide zahlte er die Zinsen für seine großen Auslands­­sschulden,so erhielt es sich seine Kreditfähigkeit.Wie wird k.das min heller werden?Jetzt wird ntatc die von­ Petersburg her so heftig dementirte Nachricht, die Regierung gebente einem Privatkonsortium die Regelung der Geldzirkulation in Rußland einzwäumen, wenn bdieses ihr die in der Reichs­­bant deponirten sechshundert Millionen Goldrubel zu über­­mitteln vermag, unbefangener Interpretiven; es war ein ballon d’essai, den man in dem befreundeten Frankreich­ aufsteigen ließ, es war das verklausulirte Geständnis der russischen Regierung, sie bedarf dringend einer größeren Menge von Kapital und wisse nicht, wie sie es sich ver­­schaffen soll. Und jenes Krankheitsbulletin wird voll inhaltlich vom­ Czar selber bestätigt.Der Czar hat mit einem Ukasden- Finanzminister ermächtigt,zur Deckung der Ausgaben, sowie zu­r Unterstützung der von der Mißernte betroffenen Bezirke eine vierperzentige Rente im Minimalbetrage von fünfzig Millionen Rubel auszugeben.Vor Allem ist also schon au­ch für die laufenden Ausgaben kein Geld m­ehr vorhanden,und dann soll be d­auern von hundertsieben undzwan­zig Vezirke tr einigermaßen aufgeholfen werden.Und das Alles mit nur fünfzig Millionen RubelP Leute,die vornehmlich die Bestechungskraft des Rubels aus eigener Erfahrung kennen,müssen dem Crew eine eigenthümliche Anschauung von der­­ Kaufkraft eines Nubels beigebracht haben, denn die fünfzig Millionen erinnern an den Tropfen falten Wassers, den man auf einen durchglühten Weljen fallen läßt: das Wasser verdampft im Nu, der Felsen bleibt so heiß wie früher. . Sudejsen ist das ja nur ein „Minimalbetrag", den die Noth, rajder noch als man wenn sie nur wollten, aus ihren Einkünften ein gut Thei der Anleihe zum Wohle des Vaterlandes vorstreben könnten, mit dem Ersuchen zu behelligen, daß in erster Linie sie sich an der Zeichnung betheiligen. Denn die Großfürsten können nicht bei ihrer Hohen Stellung dem Patriotismus Der Bürgerschaft vorgreifen, was ja eine unedle Passion wäre, und ist das Geld einmal beisammen, dann brauchen ja die ohnehin jo jeder mit Regierungsarbeit und Regierungssorgen so jehwer belasteten Großfürsten sich nicht an) noch da vorzudrängen und zur bethätigen. Also es wird gehen, so gut es eben gehen fan, und man wird sich auch ‚nicht um Die Kompetenz der Duna kümmern, die, insofern die October-Verfassung als exzistent erachtet wird, in allen finanziellen Angelegenheiten ein entscheidendes Wort zu sprechen hätte. Man wird aber body­ Stolypin nicht zumuthen wollen, sie durch verfassungsmäßige Formalitäten in seinem Vorhaben hindern alt laffen, nachdem er mit der ganzen Duna nicht viel Federlesens gemacht hat. Dam­­it aber­ sein ganzes bisheriges Verhalten ‚noch unbegreiflicher. Exit rechnet er dem­ Ministerium Goremyfin,­ wie­ wir das längst, gethan haben, zum schweren Fehler, an, Daß es nicht mit fertigen Geieß­­entwäfen vor die Duma trat, um ihr die gangbaren Wege der Arbeit zu zeigen, um die Parteien praktisch auszugestalten und zu leiten, und um so das Vertrauen der Menffen zu gewinnen, und fest überläßt er das verzweifelte Bolt sich selber und den tollen Repressionen einer wüthenden Beamten­­schaft, ohne ihm auch nur anzudeuten, in welcher Weise er ihm Rettung und Heil spenden wolle, ohne ihm auch nur die kleinste Hoffnungsleuchte aufzusteden. Er will nie Ruhe und­­ Geld. Und da ist es noch schwerer zu fassen, wie Stolypin sie noch immer Hält, wie er noch immer gehalten wird. Freilich, da Die Uebel von Tag zu Tag anmwachsen, Die Gefahr immer drohender wird, vernimmt man schon, der Eza beschäftige sich damit, wen er Stolypin zum Mach­folger geben könnte, ob einen militärischen Diktator oder einen anderen Beamten, der aber ein noch umsichtigerer Wächter der Autokratie sein müßte. Der militärische Diktator wäre eigentlich nur ein Wortpopanz,­­ denn auch bisher herrschte in Kurland in den meisten Gouvernements das Kriegsgericht, das sich nur an die Gejege über den Schuß der öffentlichen Sicherheit und den verstärkten außerordentlichen Schu zu halten brauchte; und diese Gesebe, Die eigentlich den „kleinen und den „großen Belagerungszustand bedeuten, hat der Czar soeben ufasweise auf die Dauer eines Jahres verlängert. Wenn Die bisherige verfappte Diktatur so gar nichts genügt hat, wird die offene, die auch­ nicht mehr Ge­waltmittel anwenden k kann, ebenso wenig was nügen. Und um die Verson, die Stolypin zum Nachfolger erhalten sol, handelt es sich eigentlich gar nicht. Wohl hat die englische Regierungserfahrung den Sat geformt, daß man Männer brauche und nicht Malregeln. Aber das paßt auf die Verhältnisse in Rußland ganz und gar nicht. Da muß vorerst die Regierungsrichtung geändert werden, und das ist der einzig entsprechende Mann, der an der Spitte eines Ministeriums diese Renderung vertritt , zuerst die Mairegel vom Ezar angeordnet, und der Mann wird sich finden. Sonst ist es völlig gleichgiltig, ob Stolypin bleibt oder nicht, und wer immer auf ihn folgt. Es kommt ja dann doch wieder nur ein politischer Quadjalber, der dem­ kranken Rußland vor­schreibt, er möge eher zugrunde gehen,­­ehe er gegen Die veralteten Regeln seiner Kunst gefunde. Rußland hat einen modernen, politischen Arzt dringend vonnöthen; nur ein solcher kann da Rettung bringen. Und vielleicht künnen die Ereignisse naher Tage verkünden, daß die Hilfe auch eines solchen Arztes schon zu spät kommt. —· 1. September 1906 « " Unterredung mit dem Minister Zürfen Warkliidikem, OOriginal-Korrespondenz des „Petter Lloyd“­ —p.— Petersburg, 27. August. hr Korrespondent wurde heute von dem M­inister für Landwirthschaft Fürsten Wassiltschilow empfangen. Die Einleitung der Besprechung bildete natürlich das traurige Ereigniß auf der Apothekerinsel, das heute und In fachlicher Beziehung galt meine erste Frage der vor einiger Bet bekannt gewordenen Absicht des Monarchen, einen beträchtlichen Theil Krondormänenlandes an die Bauern­­bant zu billiger und bequemer Uebereignung an landarmne Bauern zu überlassen ; eine Absicht, der indes die erwartete amtliche Verkü­ndigung noch fehle, woraus vielfach eine Zurücknahme dieser bedeutsamen Entschließung des Ezats gefolgert werde. Der Fürst versicherte, da die Verwirklichung des kaiserlichen Beschlusses durchaus nicht fraglich sei, sondern der unmittelbar bevorstehenden formalen Erledigung Hharre. Der Minister versprach sich von dieser Maßnahme in ihrer materiellen wie moralischen Einwirkung auf den Bauernstand um soviel mehr, als — wie er ausdrücklich hervorhob — diese reiche Darbietung des Kaisers nur den Anfang einer großen Serie von zu Gunsten der Land­wirthschaft betreiben­­den Bevölkerung grundfäglich bereits beschlossenen gejeglichen Maßnahmen bildet, die allesammt die Bauern der Erfüllung ihrer Wünsche Hinsichtlich ihrer wirthschaftlichen Lage, wie ihrer rechtlichen Stellung im Staate näher bringen sollen. „Glauben Ew. Durchlaucht, daß diese Maßnahmen — so gut und zweckmäßig sie auch an sich sein mögen — nicht zu spät kommen, um die Dur Agitation wie Durch die Forderungen der Neid­sduma gesteigerten Winsche der Bauern zu befriedigen und die Erregung dieser von Fanatis­­mus getriebenen Maffen zu beschwichtigen ?" Der Minister antwortete: „Wir haben aller­­dings mit einer an 100 Millionen zählenden bäuerlichen­­ Bevölkerung zu rechnen, an die sich Die wüsteste Agitation in den mannigfaltigsten Bormen herangemacht hat. Aber vergessen Sie nicht, daß diese Maffen ihrem innersten W­esenskerne nadh urkonservativ und nur theilweise mißleitet sind. Die heimgeführten Duma-Abgeordneten sind von der bäuerlichen Wählerschaft zumeist sehr wenig freundlich em­pfangen worden. Nicht etwa mir, weil sie nicht „Land­ und Freiheit" — wie das berühmte Schlagwort heißt — heim­­gebracht haben, fordern Hauptfächer wegen der von ihnen von vornherein eingenommenen feindseligen und brutalis firenden Haltung gegenüber­ der Negierung. Wenn diese Bauern nun die unausgeregte Bemühung der Negierung für die Aufbesserung ihrer Lage nicht nur fennen, sondern durch fort­spreitende Bethätigung erfahren, wenn sie den wohlthätigen Einfluß der in ihrer ganzen Tendenz auf das Wohl der Bauernschaft gerichteten Gefäßgebung in wahrhaft liberalem­­ Sinne gewahren, so wird, ich bin der­­ festen Ueberzeugung, die gesunde Erwägung heffen, was sein, als die Macht der Phrase.“ „Seb­atten Ew. Durchlaugt den Hinweis auf ein sehr feinfühliges Barometer für das Vertrauen der Landbevöl­­kerung zur Regierung: den Preis des Grund und Bodens. Nachı meiner Erfahrung sol der Werth der Güter, z. B. im Gouvernement Saratow, vor der Eröffnung der­­ Reichs- Bi wesentlich Höher gewesen sein, als nach ihrer Ruf­fung.“ ihnen frommt,­ stärker . . . »Dieses Barometer funktion ist nicht im­mer zuverlässig; denn es fehlt dabei in außer­gewöhnlichen Zeiten«der’eige­nt­­liche,durch Nachfrage und Angebot zu regulirende Werth­­messen Während zur Zeit einer Krisis oder auch nur einer Stockung das Verkaufsangebot sich angemessen steigert,gibt es umgekehrt als Kaufnach­frager nur einen Faktor:die Bauernbank.Natürlich muß darunter der Preis leidet.Aber es gibt noch ein anderes,viel prompter wirkendes Baro­­meter:«dieKanlust der Bauern.Durch die Versprechungen der Duma leUteirre geführt,sind zahlreiche Vorverhandlungen über Landläufe ins Stocen gerathen, weil die Kaufliebhaber den Gang der Dumaarbeiten abwarten wollten. Seit Schließung der Duma hat sie die Zahl der realisirten Ab­­schlüsfe vergrößert, indem die unterbrochenen Verhandlungen wieder aufgenommen und zu Ende geführt worden sind, woraus sich die allmälige Preissteigerung von selbt. erz geben wird.­­ . . .3 ist leider nur zu wahr, daß unsere Jugend in ihrem überwiegenden Theile von Grund auf verdorben it. Diese Erkenntniß führt uns ja dazu,­­der Reform des Bolfsschulwesens die größte Aufmerksamkeit zuzumenden. Allerdings wäre es in hohem Grade wünschenswerth, auch die Zahl der landwirtdhchaftlichen Schulen, entsprechend zu vermeint, zu respektabl­er Höhe wird am machten Taffen. | wohl noch für geraume Zeit das öffentliche zäntereffe be» | vermehren. Das ist aber nur nur eine Geld-,­ sondern | einstimmig als den Urheber allen Elends ansteht, das unser Schwerlich durch das gierige Entgegenkommen des Aus- | Herrschen wird. Der Fürst, eine hohe jugendliche Erscheinung | zugleich eine politische Lage. Woher das zuverlässige | Land durchlebt, als vornehmlichsten Entfacher der terroristiz . EB landes. Man wird ausschließlich die Freundlichkeit des | von wenig über vierzig Jahren, bestätigte mir durchaus, daß | Lehrpersonal nehmen? Denn es ist Teider, nicht zu | sehen Bewegung, genährt doch die Falschheit und den Fa­ Snlandes in Anspruch nehmen können, und sie, insofern sie | in dem politischen Programm wie in den persönlichen Arte | leugnen, daß die fest vorhandenen landwirthschaftlichen | nazismus des jüdischen Volkes, das im Grafen Witte einen sich etwas läsfig zeigen sollte, mit Daumschrauben ent | schauungen des Minister-präsidenten Stolypim durch | Lehrer in ihrer politischen Gesinnung nichts weniger dem | Protestor fand." felofjen aneifern. Indessen, Noth rennt Fein Gebot, und es | das Attentat nicht die geringste Aenderung eingetreten sei; | gute Patrioten sind." Auf Dieses Telegramm­­ erhielt der Präsident der dürfte ja ziemlich Alles in Ordnung sein, wenn man nie | der fir gut und recht erkannte Weg werde umbeirrt meiter­­„Ew. Duchlaucht wissen, daß gegen die nen ein.­­ Kiewsschen Sektion der monar­histischen Partei : folgende nicht die Taktlosigkeit begeht,die reichen Großfürste1­,die,verfolgt werde11. getretenen Kabinetsmitglieder vielfach das,wenn auch Antwort: a­n 7­2 unpersönliche Mißtrauen geltend gemacht "ich, daß sie ausnahmslos der­­ Bureaufrat­e entstanden, daher von reaktionären Anschauungen nicht frei seien?" ;­­ „Was mich" persönlich betrifft, begreife ich nicht, weshalb man mich zu den Bureaufraten zählt, denn auf fast djähriger. Öffentlicher Laufbahn war ich 23 Jahre lang Adelsmarschal und Landschafts-Deputirter. Ich malte gar sein Hehl daraus, daß ich zeitlebens der konservativen Rich­tung angehört Habe und dieser auch finderhin treu bleiben werde. Aber damit geht Hand in Hand meine Ueberzeugung, daß Neupfland nach konstitutionellen Prinzipien regiert werden muß, auch Daß es darin sein Zurückgibt Die aus den Intentionen des Etats festgelegten liberalen Reformen Habe ich vollkommen zu den meinigen gemacht und werde sie getreuest befolgen. Auch in den Landschaften habe ich gegen die ertremliberalen Strömuugen angek­nüpft, da ich erkannte, daß diese Strömungen seinen wahren Wortschritt erzielen, sondern nus zur Revolution führen. Mir scheint, daß ich mich in dieser Hinsicht nicht getäuscht habe. Deshalb war eine Umkehr nothwendig. Set dürfen wir hoffen, zu ges­­unden Zuständen zu gelangen und auch aus den Neuwahlen zur Duma ein anderes und brauchbareres Parlament zu bekommen.‘ Die Vorgänge in Mulan Der angebliche Nachritt Stolypin’s. Petersburg, 31. August. Die „Petersburger Tele­­graphen-Agentur" erklärt, daß die an der Petersburger Börse aufgetretenen Gerüchte, nach denen Minister-Präsident Stolypin zurücktreten und Glaf Witte wieder das Ministerpräsidium übernehmen werde, vollkom­­men unbegründet sind. Üb­ersiedlung der Familie Stolypin’S nam dem Winterpalais. Betersburg, 31. August.­­Orig. - Telegr. Der Ezar hat dem Minister-Präsidenten Stolypin und dessen Familie als Wohnort das Winterpalais angeboten. Petersburg,31.August.(»Petersburger Telegraphe 11- Agentur.«)In Folge Vorschlages des Kaisers siedelte Minister-Präsident Stolypin nebst Familie in das Winterpalais über.­­ Bevorstehende Verhängtung des Kriegszustandes üb­er­­­­Petersburg. Petersburg,31.August.(Orig.-Telegr.)Bim sonst ü­ber die Vorgänge bei Hofe sehr gut informirter Seite wird berichtet,daß die Hofpartei beim­ Czares durchgesetzt habe,daß über Peter­ Zb1­rg der Kriegs­­zustand verhängt werde.Die Durchführung des Befehls stehe unmittelbar bevor.Die Militärbehörde ze bereiten außer­­ordentliche Maßnahmen vor.Die Garnison von Petersburg wird in einigen Tagen nun weitere vier Regimenter,darunter ein Artillerie-Regimen­t,verstärkt werden­. Die Berufung Witte’s zu.Kaiser Wilkyck in Berlin­,31.­August.(Orig.-Telegr.)In Be­­stätigun­g seiner kürzlich gebrachten Mittheilungen Veröffentlicht der»Lokalanzeiger«folgendes Telegramm aus Peters­­burg:Unlängst verbreitete die,,Petersburger Telegraphe 11- Agentur«die Nachricht,Kaiser Wilhelm habe den­ Grafen Witte nebst dessen Gemahlin zum Besuch in Wilhemshöhe eingeladen.Die»Moskaueeredomosti«ver­­öffentlichen darüber heute Folgendes:Gleich nach dem Be­­kanntwerden der Nachricht sandte die Fraktion der russisch­­mona­r­chischen Parte­i in Kiew dem Kaiser Wilhelm folgendes Telegramm: „Ale Fraktionen der russisch-monarchischen­­­artei der­ alten Stadt Kiew, die die Nachricht von den neuen Be­­weisen der monarchischen Achtung umd Gnade seien. Die Em. Majestät dem Grafen Witte erweist, sehen es all ihre Pflicht an, nach allden Em. Majestät das Gefühl tiefster Trauer auszudrücken. E3 schmerzt die ruffiigen Heuzen, bak der glänzendste Repräsentant und das Haupt des dtukland befreundeten deutschen D­olfes so wenig mit den Gefühlen des wuffischen Volkes rechnet und durch seine Gnade und hohe Beachtung Denjenigen auszeichnet, den ganz Rußland freitich­ten» Lin­nett. Es ragt its7s Meer der Runenstein, Da fit? ich mit meinen Träumen, &8 petit der Bund, die Dömen shrein, Die Wellen wandern und schäumen, Ich hab geliebt mandh? schönes Kind Und mancher guten Geselen. a 290 find sie Hin? Es pfeift der Wind 68 wandern und­­ bäumen die Wellen, Heine, Seine’­ Lyrik hat mich Schon in den goldenen Studienjahren bestrieft und hält mich heute noch gefangen. Auch dieser Nunenstein war mir immer so geheimnißvoll, so anziehend, daß ich nit ruhen und nicht raften konnte, bis ich nicht in sein Wesen eindrang und mir ihn dadurch nur noch näher brachte. Sind doch diese Runen- Steine nichts weniger aß die Wahrzeichen uralter Kultur. Die Grabsteine und Gedenktafeln, fast möchte ich sagen: die Monu­mente der alten Germanen. Wenn er greift, nicht die rührende Einfachheit der entzifferten Nam­en des Grabsteines von Strand in Norwegen: „badulad­ar et haguftaldar DHlaaimido magu minino««.Das heißt?,,Haduchik(der Name des Todten)iIch Haguftald begrub hier meinen Sohn.­Ebenfalls in Norwegen bei Tunetrngeiner die Aufschrift:«Ekwi1var aftek woduridewitada — Halatban morabto", zu Deutsch: „Ich Wiwar Habe sie (diese Runen) fü­r meinen Kameraden Wodurid gemacht”. In Dänemark bei Hel­­nae3 fand man einen, bei welchem schon der Stifter Desselben vom Künstler, der die Aufschrift gravirte, zu unterscheiden ist. E83: heißt: nämlich: Rolf Norvego de­fekte diesen (Stein) für die Söhne seines Bruders Gudmund. Sie sind ertrunken. Aveir. machte (die Aumen).. Also gab es auch damals, im VI.—VIII.. Jahrhundert :schon­ beson­dere Schriftkundige, die ihr Wissen zu verwert­en mußten. Selbst­­verständlich war aber diesen Aufschriften eine primitivere Schrift auf bedeutend leichter bearbeitbarem Material vorangegangen, und das war die Rerbschrift auf Holzstäben. An dem wunderbaren Roman „Ellehard“ von Scheffel nimmt die heidnische Waldfrau zu wiederholten Malen ihr Kerbholz hervor und hal einen Einschnitt darauf, so oft­ sie der junge Mönch Ekfehard in seinem heiligen Eifer beleidigt. Dies war aber noch seine Kerbschrift,­­ sondern nur die Kerbrechnung. Diese Art der Bahlennotizung ist auch neben der jenigen Schreibweise geblieben, nut nur beim einfachen Hirtenwolf, sondern­ au) beim Tartel und K­alabrias der höchsten Itelligenz, wo man noch immer derlei Striche: /// zieht. Und wenn unsere Studenten die Bänke ‘zer­schneiden oder sie mit den Namen ihrer Helden zieren, so­ll dies ebenfalls nur der vererbte Hang zur derartigen Bearbeitung des Holzes und als Atavismus der alten Runenzeit zu entschuldigen­. Das Wort Rune, Alraune oder Alraune hat von jeher immer etwas Geheimnißvolles, Märchenhaftes bedeutet, mit dessen Hilfe die alten Germanen zaubern konnten. Nach Tacitus waren Schon im Noch später wurde auf glattgegerbte Thierhäuteuithapyrus- Tätter mittelst Stilust und Kalamtxs der alten Römer geschrieben. Unter den so bearbeiteten Thierhäutertwak bei uns in ungarn die des ersten Jahrhundert nach Christi Geburt Runen auf jene Holzstäbe geferbt, mit welchen die alten Germanen wahrsagen und beren konnten. Das waren also die ersten Zauberstäbe, welche meist aus Buchenholz gemacht wurden, da die Buche überall, in ganz Mittel­­europa häufig vorkommt und deren Holz sich gut spalten läßt, überhaupt von leicht­­ bearbeitbarer, einheitlicher Struktur ist.. Aus diesen Buchenstäben stam­mt denn auch das Wort „Buchstabe“ und aus der Buche, dem ganzen Baume das „Buch“, aus welchem man Tieft. Zesen bedeutete aber anfänglich nur aufanımenlesen, zusammen­ Hauben, die es­ in den Worten Weinlese oder Blumenlese noch heute gebräuchlich ist und kommt erst dann im heutigen Sinne vor, als man damit das Sammeln der Zeichen der Stäbe andeutete, also Die Schriftzeichen zusammenlas. Das Schreiben der Nunenzeichen hieß bei den nördlichen Germanen rita, vita, bei den Angelsachsen writan, auf althochdeutsch aber rizzan == rigen oder reißen, so daß auf gothisch: writs, auf althochdeutsch: viz ein gefragtes, zerrissenes Zeichen bedeutet und als Beweis dient, daß die Runen am Kerbholze begonnen haben, obam war in diesem Sinne uns nur die Worte: Grundriß, Merkzeug und Neigbrett geblieben sind; denn von den beschriebenen Holzstäben selbst ist uns auch nicht ein einziger geblieben, weil dessen Material äußerst vergänglich­st. Daß aber dennoch das Holz das erste Schreibmaterial war, kann man auch aus der Hinterlassens­aft jener Völker nach­weisen, die an Kultur um mehrere Tausend Jahre älter sind, als die Germanen, also aus der Kultur der Phönizier und später aus derjenigen der Griechen und Römer. So sind die ältesten epigraphischen Steine an der Küste des Mittelländischen­ Meeres mit sogenannten Bustrophedong, das heißt gerippter Schrift, versehen. Lange konnte man sie diese aus lauter feinen Parallelstrichen zusammengestellte Schrift nicht erklären, bis man endlich entdecke, daß deren Eigenthümlichkeit rein nur von der flavischen Kopirung einer vorher auf Stäbe oder Stöbe geferbten Schrift stamm­t und sogar die Lage der Holzfasern imitirt. Ein zweiter Demeis für die Anwendung der Holzstäbe ist, daß die ältesten Runen von rechts nach Links zu lesen sind, denn beim Kerben wird der Stab unter der linken Achsel gehalten; die Zeichen werden von oben nach unten mit der rechten Hand gemacht, horizontal gehalten fällt dann­­ das begonnene obere Ende des Stabes nach rechte. Bei fortschreitender Kultur wurden die Stäbe und Stäbe durch Holztäfelchen, Später auch Metallplatten exiegt, auf welche man dann noch später Wachs goß und nur Dieses rikte, so daß an die Stelle des Messers der bequemere Metallstift und die fßige Ahle als Griffel tam, die bisher von recht nac Links laufende Schrift aber langsam um­­gelehrt wurde. Damit die schreibende rechte Hand ihr eigenes Werk nicht bedede. Dadurch­ ging auch das Schreiben viel Schneller von Statten und die früheren ewigen Strichverbindungen der geschnitten­ Kerbschrift wurden immer weicher und runder, blieben bei den Ger­­manen noch immer ewig genug und wurden nur bei den Griechen und Römern ganz Eursip. .. Hundes besonders beliebt und die alten Patente und Adelsbriefe wurden allecmf solchen ausgestellt,die Adelsdiplome nennt man auch heute noch­»Hundshäute«. Brieflichen Verkehr britten­ die alten Kulturvölker schon lang­e vor Christi Seburt, die barbarischen Germanen aber erst im VI. Jahr­hundert s­christlicher Zeitrechnung. Daß so ein damaliger Beftbote an einem einzigen Brief genug zu schleppen hatte, kann man sich denken, und je schwerer die Tafel war, desto wichtiger mußte ihm seine Mission dürfen. Wenigstens haben die Franzosen im XVII. Jahrhundert auf San Domingo mit den dortigen Schwarzen die Erfahrung gemacht, daß wenn sie sie mit einem Schreiben irgend­wohin sandten, diese sich verspottet glaubten und den leichten „Feten“ wegwarfen, so daß Die Franzosen gezwungen waren, in den Brief einen Stein, oder wer es thun konnte, einen Silberflumpen als richtigen „Briefbeschwerer” hineinzumicteln, worauf dann der Schwarze unter dem Gewichte seiner Sendung, sich auch seiner eigenen Wichtigkeit bewußt wurde. Wann die germanischen Runen und überhaupt die Kerbschrift der Völker aufhörte, im Gebrauch zu sein, läßt sich ihm wer Bestimmen, weil die späteren Barbaren von ihren gebildeten Nachbarn nicht den Griffel und die Rohrfeder rammt dem Papyrus, Sondern die ihren einfacheren Verhältnissen entsprechende Kerbschrift übernahmen, da diese auch billiger zu stehen kam und nicht so viel Kunstfertigkeit erforderte als erstere. Besonders bei ung in Ungarn war dies der Fall, weniger mit den Buchstaben als vielmehr mit den Zahlen, da ein Hirtenwolf in erster Linie bei der Uebergabe des­­ Viehstandes auf der Weide oder auch bei Ablieferungen von Weideprodukten, Käse, Topfen u. s. w. Rechnung Iegen muß. Und das Alles geschah mit Hilfe des Kerbholzes, welches sogar eine strenge Sonteole zuläßt, indem man es der Länge nach spaltet und jeder der Kontrahenten einen Theil erhält. Die beiden Hälften müssen genau aneinander pafsen und ganz dieselben Kerbe enthalten, denn sobald einer nur auf der einen Hälfte erscheint, ist die Fälschung evident. So befindet sich z. B. beim Landwirt­ der eine, beim­­ XKnechte der andere Theil des Kerbholzes, und so oft der Lettere seinen Lohn erhält, werden­ die beiden Theile zusammengelegt und der betreffende Kerb applizirt. e Otto Herman hat bereits vor Fahren gefunden, daß auch diese Kerbrechnung im Aussterben begriffen ist, denn z. B. in der Graf M­endheim’schen Herrschaft fand er sie nur bei zwei Leuten, hohen Siebzigern, vor. Hingegen bei den Analphabeten rumänischer und slowakischer Zunge, im Turóczer Komitat, in Szatmár und in der’ Máramaros­ti sie heute noch gang und gäbe. Umso überraschender, ja geradezu verblüffend wirkte darum vor drei Jahren die Nachricht, daß nicht die Kerbrechnung, sondern die wahrhaftige Kerbschrift selbst auch heute noch unter dem ungarischen Volke Lebt. Ein alter Zug in neuer Zeit, und damals erfaßte die Boesie des Rumensteines auch Johann Fadruß, unseren großen Dichter in Erz und Stein und er machte auch sein Tuhutum, Monument in Zilab, im Komitat Szilágy, zum Nunenstein, indem er dessen Aufschrift in der alten ungarischen Kerbschrift so eingravirte, wie es Herr Michael Tar aus Dmar von seinem Papa ererbt haben wollte und auch schon seinem Sohne überliefert hatte. Da mit der Alademie der Wissenschaften it Kein einiger Bund zu flechten, und die­ unerläßliche Kommission mard aus» gesendet, natürlich mit Hinzuziefung von Fadruß und Otto Herman. Wadruß berief sich, abgesehen von den beiden Tars, auch auf zwei Hußaren-Lieutenants, welche diese Schrift bei Schäfern gesehen haben wollten. Natürlich wars die Kerbrechnung und riet Die Kerbschrift,, denn nur bei dieser kann man aus sehr wenig Zeichen sehr viel herauslesen, da hier die vereinbarte Reihenfolge gleichzeitig die Oualität der gegebenen Zahl bestimmt, so z. B. bedeutet die erste Zahl Stiere, Die zweite Kühe u. f. m., ohne daß diese Worte auch­ dort zu Stehen brauchten. Dann berief er sich auch auf eine alte Magd des Dichters Andor Kozma, aber in deren Nachlaß fand man nichts dergleichen. Der Hauptzeuge war aber hat sein Millen aus Ladislaus Zoldy’s „Die Kulturgeschichte der alten Magyaren“ (1877) geschöpft, denn, als man ihn das erste Mal um sein ABB ersuchte, konnte er. ed nicht aus dem Gedächtniß niederschreiben, sondern sandte es ext später, und als er das große­nteresse mwahrnahm, lernte er die Sace immer besser, so daß er mit den Hohen Herren schon ferblich korrespondirte, dog mar das Kerben der etwas ab­gerundeten Toldy’schen Lettern zu schwer und zu langsam, und so begann er im Mai des Jahres 1902 die zweite Epoche seiner ewigeren­­ Schrift. Er behauptete, daß es diese war, die er von seinem Vater in seinem 13.—15. Lebensjahre, also 1864—66 erlernt habe und nicht jene, die er bisher angewandt, denn diese Ieptere haben nur Die Herren Schreibweise abgerundet, sie war aber nie gut zu werben; aus seinen früheren Fahren Stammendes konnte für nicht vorweisen. Gleichzeitig schrieb er aber an Otto Herman, daß er die Kerb­­rechnung nicht fenne, sondern selbe ganz­ vergessen habe, was aber ganz unbegreiflich scheint, da er doch der Sohn eines Hirten und diese Wissenschaft jenen geläufig und von eminenter Wichtigkeit ist. Nun fan man es der Kommission nicht verübeln, wenn sie meinte, daß das Ueberwallen der Phantasie Tar’s Erinnerungsvermögen als unverläglich ersceinen läßt und dieser Meinung im März 1903 auch A­usdruf verlieh, zum Schluffe aber bemerkte, daß sie ohne Johann Yadrup nicht endgültig Stellung nehmen wolle, umso weniger, da Fadruß noch weitere Bemeise anmeldete. Wie man weiß, i­ der große Künstler ein halbes Jahr darauf gestorben und so wie viele große Pläne seines Genies unausgeführt bleiben mußten, so konnte er auch diese feine Bemeise für die heutige Existenz der Kerbschrift beim ungarischen Wolfe nicht erbringen. Er hätte dies wahrscheinlich auch dann nicht gekonnt, wenn der Himmel ihn uns erhalten hätte, denn das Ueberwallen der P­hantasie zeigt si ja auch bei Künstlern und muß stets der Fühlen Erwägung der objektiven Wissenschaft weichen. Diese hat zwar, wie gesagt, ihr endgültiges Urtheil bis heute nicht gefällt, doc­h­ der Studium des großen Künstlers erwiesen. Uns macht ihn dieser Fehler nur noch theurer, weil die größte Tugend: sein glühender Patriotismus dessen Duelle war. Diese Zeilen aber seien in pietätvoller Erinnerung die Nunen seines hehren Angedenkens, Franz 9. Gebweg. _

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