Pester Lloyd, Dezember 1906 (Jahrgang 53, nr. 308-317)

1906-12-16 / 308. szám

TM L J» . MANNÁT . « . © [/ Ma, 2 a Sonntag, 16. Dezember. b. d. — 1906. — Air. 308, Abonnement für die österr.-ungar. Monarchie, Für den „Pester Lloyd“ (Morgen- und Abendblatt)­­Erscheint auch am Morgen nach einem Feiertage). Für Budapest: Mit Postversendung : Ganzjährlich ... 44 Kronen — Heller | Ganzjährlich . ... 48 Kronen — Heller Halbjährlich... sax 22 Kronen — Heller |, Halbjährlich.. a.a 24 Kronen. — Heller Vierteljährlich .­. AA Kronen — Heller Vierteljährlich „_. 22 Kronen — Heller Monatlich _.. _.. 4 Kronen — Heller Monatlich­­.. en 4 Kronen 40 Heller ‚ . Mit separater Postversendung des Abendblattes vierteljährlich 2 Kronen mehr. "Man pränumerirt für Budapest in der Administration des , Pester Lloyd‘, Doroitya­utera Nr. 14, I. Stock, ausserhalb Budapest mittelst Postanweisung durch alle Postämter. — Für Wiem auch bei Herm. Goldschmider (I., Wollzeile 11), wo­­selbst einzelne Num­merm zu haben sind. d " . | " Inserate werden angenommen: Budapest in der Administration des “„PESTER LLOYD“ * ferner: in den Annoncen-Expeditionen Hansenstein , Vogler, A. W. Goldberger, A. Mezei, B. Eckstein, I. Blockner, J. D. Fischer, Tenzer Gyula, Leo­­pold Gyula, Winter - Nagy, Josef Schwarz, Rud. Mosse. Im Auslande: Danube £ Comp., Berlin. ‘John; W. Jones ez: Cie., Paris, 31, rue du Faubourg Montmartre. - YreinndffutfzijgstsvkJahr-gang. Redaktion und Administration: V., Dorottya­uteza Nr. 14, I. Stock. Manuskripte werden in keinem Falle zurückgestellt. Uni­ankirte Briefe werden nicht angenommen. Einzelne Nummern in Budapest A Heller, in der Provinz AM Heller in alten Verschleisslokalen. Inserate werden angenommen „In Wien: BeiJ.Danneberg, II, Praterstrasse Nr. 33; M. Dukes, I., Wollzeile Nr. 9; Haasenstein , Vogler, Kärntnerstrasse 18, Eingang Neuer Markt 8 ; Rudolf Mosse, I., Seiler­­stätte Nr. 2; A. 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JE Haan Egypten,beiden egyp. — , 17Fres.47Cte. | song] he er ke: F ' Bot ' ckischelllsnsb.l«osmmko’1’kisst18»74,. ..n·""«ek«stskcs«ls" k­sllanbaldsalta1.Postümtom«-»so»stmskINSFVWSIS-UTN­4OI staats-tosend-Post-mtscs.tt’skox4x.64lsl.TMMbicksttssdst­­ uvgs»18»98»s FüssAsaskilts,EnsINIU·Fk-akI-slon,Spanienaddporkuqslkacudck»Poscsk1-10yd'du«-öd Vermittlung dckkostämtekniadtabout-it-und muss dokselbefllkskibsluns bestel­t worden. —fern-.küklk­utseht.,Prankk.,1«­akx.,treuem-to-sonsbachkwhwskkwbungz Mai-. «-,1-—..-. W Die un­chsie Nummerises»Pestek Lloyd««erscheint am Montag Nachmittag.­ ­Yudapesl,15.Dezember. I.«Es remscht seit einigen Tagm gewaltig ist den Schachtel-— h"alntender Blätter;verdächtig leuchter das Meer­ der Koalition7 und auf seinem breiten Rücken schwimmt der Ichthyosaurus des Unfriedens daher..Ist das vorx Josef Viktor Scheffelso köstlich­ besungene Vorfintfluthlichengcthüm in der Thatfi­iederlebendig geworden?Oder ist7stixxreifte Wahnvorstellung neumsthenischer Erregung,daß auf dem Von der Koalition gepflügten­ Acker die Keim­e der­ Diso­­lution emfzusprießen beginnen?Unbildlich und vulgär gesprochen:uns mangelt das Verständniß ebenso für die entrüstete Aufwallung wegen des NRundschreibens, das Franz Kossuth als Parteipräsident an seine Gesinmun­gsgenossen gerichtet, wie uns der Glaube daran abgeht, daß Die Koalition darüber in Die Brüche gehen könnte. Aus der bequemen Lage des unparteilichen Beobachters betrachtet, liegt der Kafjus beiläufig folgendermaßen: Der derzeitige Handelsminister it zugleich Präsident und Führer der Unabhängigkeits-Bartei. Die Führerschaft der­ Bartei ist mit der Inhaberschaft eines Bartefenilles zweifelsohne vollkommen vereinbar. Anders it es um die Präsidentschaft der Bartei beschaffen. Doch darü­ber sind ja Die Alten geschlossen, seitdem der Lenz dieser R­egie­­rung ins Land gezogen und seitd­em es zum Verbrechen gegen das Vaterland geworden, die Handlungen der Koalitions­­minister einer freimüthigen­ Kritik zu unterziefen. Der Handels­­minister als Parteipräsident erließ nun aus Grün­den, Die feine­ ‚offensichtlichen sind, an Die Abgeordneten der Unabhängig­­keits-partei ein Ausschreiben, in­­ dem er sie aufforderte, überall dort mitzuwirken, wo es ih um die Organisation der Partei im ganzen Lande handelt und dessen eingedent zu bleiben, daß die Unabhängigkeits-Partei, im Abgeordneten­­hause Die numerische Mehrheit beftst, daher die Hauptfrage der derzeitigen Herrschaft it und demnach­ das Necht befist, auch draußen im Lande bis an dessen P­eripherien sich die Majorität zu sichern. Darob' große Entrüstung bei den übrigen Parteien der Koalition, unablässige Berathungen und Erklärungen, wie dieser Trevel gesühnt werden müsse, ver­­hüffte und offene Drohungen, daß solches wider die Abrede sei, die man getroffen, als man sie zu löblichem Thun in der Koalitionsregierung zusammengefunden. Also gibt es etwa außer dem P­akten der Koalition mit der Krone auch noch einen anderen Pakt, den die Parteien unter­einander gez ichlossen haben? Das wäre eine neue Enthüllung, wenn auch seine Klärung der immer verworrenen sich offenbarenden Situation. « : « Die Entrüstung ist einfach unbegreiflich.Die jüngsten Wahlen brachten der Unabhängigkeits-Partei die«absolute Mehrh­eit in der Volksvertretung Sie"legte«sich das Opfer auf,ie Durchführung ihres­ Programm­s«a­­fgünstigere Zeiten zu­ vertagen und beugte sich freiwillig unter das caudinische Joch,im Vereine«mit den anderen Parteien im Interesse des Landes un­d der auch vom Minister des«Aus­­wärtigen auf anderen Gebieten gepriesenen Kontinu­ität eine Politik zu"b­etreiben­,die In­dikt«·die ihrige­ ist.Damit legte die Unabhängigkeits-Partei ein Opferlamnp auf den Altar des Vaterlandes.«·Sies verdient dafür die höchste Anerkennung u­nd keinchade.Weiter jedoch ist die Unabhängigkeits- Partei niemals gegangen. Sie verzichtete weder auf ihr grundlägliches Programm, noch auf ihre selbstständige D Organisation. Wenn sie oder ihr Führer nun aus welchem Grunde immer im­­nteresse­­ Dieser Organisation einen Schritt unternimmt, so besagt Niemand das Recht, ihr den­­selben zu verübeln oder gar sie dafü­r zur Verantwortung­ zu ziehen. Am allerwenigsten die sogenannten : siebenund­­sechziger Parteien der Koalition. .» Wir sprechen­ von denselben jetzt nur in ihrer Eigen­schaft als staatsrechtlichhe bilde.Sie habetrvor,1vä­)1setcd und nach den Wahlen­ allen ihnen verfügbaren Einfluß daran "als diese Wahl­en gemacht wurden, gesetzt,die siebenundsechzigerklemmte,soweit sie nicht auf ihre Kandidaten eingeschworen warem im ganz anaxides zu vernehmen Sie brachte et dadurchBerwirrung in die Geistec Und in die Reihen dieser Partei.So wurde es möglich,daß die weitaus überwiegende Mehrheit der"Wählerschaften,die fast vier Jahrszehn­te hindurch im Banne der Jddik von 1867 gestanden,gleichsam­s über Nacht mit fliegenden Fahnen in das Lager der 11nab­gängigkeits-Partei hinüberschwenkte.Man wende nicht ein,daszdicISchikld daran die einstige liberale Partei belaste xxkxd daß dhs unkonstitutionelle Zwischenregime dass­ Meiste dazu beigetmgen habe.Die Schixld,­welche die liberale Partei trifft,hat sie mit ihrem Verschwinden getilgt. «Daant·­erregnum aber war machtlos ü­ber die Massen,als«es noch bestand,und ein gottlob Vorübergehuschter Schattett, Gemacht im buchstäb­­lichen Sinne des Wortes. Diese technisch durchgeführten und vergleichsweise reinen Wahlen waren das ausschließliche Merk der Koalition und der aus ihe­­ hervorgegangenen­ Regierung. Wenn diese Wahlen der Unabhängigkeits-partei die absolute Mehrheit verschafften, kann und darf Niemand sonst dafür zur Verantwortung gezogen werden, als die intellek­­tuellen Urheber. Das parlamentarische Prinzip zählt Die Stimmen und wägt sie nicht. Wenn die Verfassungspartei kaum in der Stärke einer mittelgroßen VBartei aus den Wahlen hervorgegangen it, trog dem sie Die meisten I­ndivi­­dualitäten noch aufzumweilen verimag, trobdem sie der in Ungarn immer noch­ allmächtigen Doppel-Rarronanz des Hochadels und des Agravierthums sich erfreute, so hat­­ie, wenn sie auf größeren Erfolg rechnete, einfach eine Nieder- Tage .erlitten, mit der je sich abfinden " muk. Wen die Volkspartei in demselben Wahlgange und unter Verhält­­nissen, Die fir sie unerwartet günstige gewesen, doch nur ihren vorigen Beiisstand zu erhalten vermochte, so gleicht­ auch dieses Ergebniß verzweifelt einem ausgesprochenen Miß­­erfolge. Siegreich waren eigentlich muc Die Unabhängigkeits- Bartei und die Nationalitäten. Sind wir aber einmal in der Analyse des Falles so weit gelangt, wird man allseitig zugeben müssen,­ daß das Rumdschreiben Franz Koffuth’s sehr verständlich. Die Entrüstung feiner siebenund sechziger Genossen innerhalb der Koalition vollkommen unverständlich ist. Man sagt, er wäre moralisch verpflichtet gewesen, Die Führer der übrigen Par­­teien von seiner­ Absicht zu­ verständigen, damit diese die Muße erlangen, um gleichzeitig ‚ein Glei­ches zu thun. . Mit Berlaud, dazu war Franz Koffuth gewiß nicht verpflichtet, es sei denn, daß er in dieser Beziehung mit den anderen Parteien eine­ Vereinbarung geschlossen hätte. Das sol jedoch, wie man versichert, nicht geschehen sein. Wenn dem­­nach Franz je der als Parteiführer und Handel­minister beinahe über seine Kräfte in Anspruch genommen und außerdem leider franz ist, die, Zeit und Die Energie aufbringt, um mehr als rechtzeitig "für Die , künftiges Or­ganisation seiner Partei, die entsprechende­­ Vorsorge zu treffen, dann beweist er mir, daß er an Arbeitsleistung ein Uebermensch, als Parteiführer das Poeal ist. Wenn "die Führer der übrigen Parteien darüber in Wallung gerathen, weil all ihe Sinnen und Trachten auf­ die Verfolgung der Anderedenkenden gerichtet ist und sie derentwillen sogar ihrer Parteiinteressen uneingedent bleiben, liefern sie Damit nur den Beweis, daß sie dem Amte nicht gewachsen sind, das ihnen das Schickal überantwortete. Doch das mögen die Herren unter­einander ausmachen. Alle Diejenigen in diesem Lande, die in seinem SPBarteis­interesse verfunden sind, sondern nur das Unteresse Ungarns als ihren Leitstern betrachten, werden achselzuchend an diesen ‚Neigungen vorübergehen. Wir sind von der Koalition und von der Regieru­ng, Die aus derselben hervorgegangen, nichts= ‚weniger als entzürct. Treogdem befennen wir uns zu der Arffassung, es sei derzeit noch ein wichtiges Interesse des Landes, daß die Koalition und mit ihr die aus derselben gebildete Negierung erhalten bleiben. Einfach deshalb, weil beide ihre Mission noch nicht erfüllt haben. Diese ursächliche Nothwendigkeit wird daher diesen Sturm im Glase Wasser nicht nur überdauern, sondern­ auch ohne überwinden. Der Z­wischenfall Fan immerhin "wo einige parlamentarische Pilanterien erzeugen, zu noch mancherlei Zäufereien zwischen­­ Liebesleuten, zu mehr jedoch nicht führen. Man behauptet zwar, daß dieses und jenes Mitglied des Kabinets amtsmüde oder sprungbereit­­ sei; man will willen, Daß die einen eine reinliche Scheidung, " die anderen eine möglichst glimpfliche Ausgleichung fordern. Sicherlich für Bhantasie-Aufnahmen à la minute, wie sie von den Amateuren der Wandelgänge des Parlaments dilettirt wer­­den. Wahr fan mir eine augenblicliche Verstimmung­ sein, wie sie Duchh Die Begleiterscheinungen der Koalitions-Bolitik immer­ wieder hervorgerufen wurde, seit Dieses politische Gebilde besteht. Schreiben gehört zu dem Habitus dieses Politikers. Sie, ihm nehmen wollen, Heißt ihn seiner­­ Eigenart entkleiden. Und so­ erscheint der Zwischenfall, von welcher Seite immer­­ ber trachtet, nicht als die rechte Veranlassung, sich ernsthaft mit der inneren Struktur der Koalition zu beschäftigen. Wir glauben dieselbe genau zu Tennen und darum Prophezeien wir ihr noch eine gesunde Fortdauer. Die Eirigkeit Franz Koffuth’s im Brief­­folgewirnung, ‘$ ERWIRERESTERTING N T­EESTERTSSEHTUNTIELTSCERE Der Kulturkampf in Frankreich,, Bon Claude Anet.­ ­ · Paris-LZ­,Dezember.­­Es ist heute unmöglich,von einem anderen Gegen­­stande zu sprechen,als von der Kultuspolitik.In Folge des vom Papst vergangenen,ganz unerwarteten Verbotes gegenr die Abgabe der Erklärung zur Abhaltung öffentlich diek­­sm­mlungen,wie das Gesetz vom Jahrc­sl sie vor­­schreibt,sehen wir un­s plötzlich mitte n ittt Kultur­kampf Niemand war darauf gefaßt, weder auf Seite des Klerus, noch auf Seite der Regierung. Der „ Bester Lloyd“ hat die zum­ Berständni Der Vorgänge erforderlichen­­­ Depetchen bereits veröffentlicht, aber ich habe die Pflicht, in Dieser Wochenschau den Gegenstand noch einmal aufzunehmen und genau Die Folgen der päptlichen Unversührlichkeit zu ber­­eichnen. * * * Dhre zu weit in die Vergangenheit zurückkugehen, kann man behaupten, mag die Trennung zwischen Staat und Kirche in Frankreich durch zufällige Ursahren Herbei­­geführt wurde. Sie figurirte in dem Programm der Trabis­talen Gozialisten, aber es ist Niemanden­ eingefallen, Das Studium der Frage vorzubereiten oder einen Gefegentwurf auf den­­ Tisd der Kammer niederzulegen. Es­ mußte der Besuch des Präsidenten Zoubet bei dem König von Ialien und der Brotest des Papstes Fommen — ein Protest‘ in Ausdrücken, die man fi nicht gefallen haffen konne —,­ damit die öffentliche Meinung in Frankreich­­ ihre­­ Stimme­ erhebe und die Trennung von heute auf morgen ,die große Trage der inneren Bolität werde. Herr Briand, damals sozialistischer Abgeordneter, wurde Berichterstatter der beer­treffenden Kommission. Dur­ das Talent, welches er in der Vertheidigung des Gesehes ent­wickelte, durch den außer­­ordentlichen Liberalismus seines Geistes, durch seine Intelligenz machte er aus dem Gefege sein Geseh, und als das Ministerium­ fiel, ward er Kultus und­­ Unterrichtsminister im Kabinet Smrien. Ex­ behielt sein Portefeuille, als Cle­­mencean an die Sorge der Geschäfte trat. Herr Briand hatte sich in vielen Stüden verzeicn­et. Die Kirche bereitete ihm eine Enttäuschung nach der anderen. Das Geset vom Jahre 1905 regte Die Kirche keineswegs auf das gemeine Recht. Das hätte zu Hart, zu gehäffig ge­schienen. Man bereitete vielmehr der vom Staate getrennten Kirche eine behagliche und bevorzugte Stellung. Der Staat beließ sie im Genisse ihrer Kirchen, Seminarien,­­ erzbischöf­­lichen und bischöflichen Residenzen­­ und Pfarrhäuser; der Staat pensionirte " alle Pfarrer, die ein gewisses Alter erreicht hatten und bewilligte, um­ den Niedergang zu Kirchengüter, die ungefähr Dreihundert "Millionen erleichtern, "zeitweilige Gehälter an, jene "Priester, die schon ‚ eine gemwilte­ Anzahl vor Yahren gewirkt hatten; endlich winden "die einen Werth­ » von haben, der SKicche überlassen. Das gab der Staat, ohne irgend etwas dafür im­ ‚Tausche zur fordern.­­ Es versteht sich von selbst, daß­ eine Staatliche Aufsicht über die Kulte ein­geführt wide und daß der Staat seine Angriffe von der Kanzel herab duldete. Die­­ einzige Bedingung, welche der Staat stellte, war die, daß in jeder Pfarrgemeinde sich Vereinigungen bilden „in Gemäßheit der Regeln des Kultus”, Bereinigungen, welchen die Kirchengütter überant­wortet werden sollen. Wem sollte man in der That diese Güter übergeben ? Sie dem Bischof persönlich zuzueignen, war doch unmöglic ; nur eine P­farrvereinigung besaß die Eignung, Diese Tirch­­­iden Güter zu übernehmen. Man wird sich erinnern, Daß als — auf Betreiben der Abgeordneten von der katholischen Nechten — diese­ Beifügung des Gefebes angenommen wurde, alle Welt der Meinung war, daß Dieses Gefeb Für die Kirche ganz und gar annehmbar sei. Der französische Klerus in seiner großen Mehrheit nahm dasselbe in der That auch an. Die Ventionsgesuge liefen jeher zahlreich bei dem Meinisterum ein und Die wiedereingefegten Bischöfe nahmen einen Entwurf für. Die Kultusvereinigungen" am, welchen der Erzbischof von Bejangon’ vorbereitet hatte. I­n diesem Stadium der Dinge trat der Bapst dazwischen und wies jede Kultusvereinigung als einen unzulässigen Eingriff des Staates­ in die internen­ Angelegenheiten der Kirche zuckt. Diese Frage ist viel erörtert, auch in den Spalten dieses Blattes schon besprochen worden. Ich halte es dennoch für nothwendig, Darauf zurüdzukommen, denn in dem Kampfe, welchen das republitanische Frankreich Heute gegen das pöpstliche Rom aufgenommen, darf seine Zwei­­deutigkeit­­ bestehen und muß die Öffentliche Meinung Europas sich in voller Kenntung der Sachlage befinden. Rom wies die Kultusvereinigungen unter dem Vor­­wande zurück, daß Diese einen Eingriff des Staates im die Dinge der Kirche bedeuten und das Schisma begünstigen würden. Nichts ist unwahrer. Das Gejet besagt, da die Kultusvereinigungen­ nach den allgemeinen Regeln des Kultus gebildet werden sollen. Wie ist nun der katholische Kultus organisirt Der Pfarrer it seinem Bischof inter­­worfen, der Bischof dem Papst. Wenn ein Pfarrer einen schweren Fehler begeht, kann der Bischof ihn suspendiren oder ihm die Ausübung der priesterlichen Funktionen vers­cieten; der Papst kann den Bischof seines Amtes entgegen. Demzufolge beruht Der" katholische Kultus auf einer Hierarchie, und daraus ergibt sich der Befehl von oben und der Gehorsam von unten. Daher kann es in einer nach den­ Regeln des Kultus organisirten Vereinigung keinen Raum, geben wir eine Auflehnung oder für" ein Schisma. In dem Balle, wenn zwei Vereinigungen sich bilden sollten,­­würde der Staatsrath zu entscheiden haben und er­ würde nach der ausdrücklichen "Bestimmung "des Gefeges nur diejenige als geieglich anerkannt werden, welche der’ Pfarrer und der Bischof untersa­gen würden. In: vier oder fünf Gemeinden Frankreichs haben fi Difsidenten-Kultus­­vereinigungen gebildet­, in­ diesen Gemeinden Hatten . Die’ Pfarrfinder sich. geeinigt, ihren Pfarrer in dem Kampfe mit‘ dem Bischof zu unterfrügen. Es hatte genügt,‘ daß eine‘ unter der Autorität des Bischofs gejeglich Tonstituirte : Ver­­­einigung ihren Anspruch gegen die Difsidenten-Vereinigung vor dem Staatsrathe geltend mache, damit dieser der ersteren die geforderten Kirchengü­ter zuerkenne.­­·­" Folglich ist das von Rom in diesem Hauptpunktein­­geführte Argument hinfällig.Herr Briand hat­ Rebschn­ Mühe, auf die außerordentliche Strenge des preußischen Gefeges und auf Die thatsächliche Intervention der­­ welt’ lichen Behörde in die Dinge der Sixb­e im­­ Preußen hinzumweisen, um so den Liberalismus des französischen S­ieges in das rechte Licht zu rüden. Dieser Liberalismus . e Feuilleton. + b) d Genjat Munrai. L. H.i. Genjai Murai it der geleienste japanische Romanschriftsteller. und. war lange­ Zeit Chefredakteur, des Tageblatts „Hedi Schimbun”, dessen Auflage unter ihm "von 8800 auf ‚180.000 stieg. m Feuilleton dieses Blattes erschien unter Anderem sein Roman­ "Hinodejima", und zwar scchs Jahre lang, jeden Tag, Cr­st nämlich 12 diee Bände stark, jeden zu 100 Kapiteln. Unsere europäischen Redakteure lehnen­ schon zehnbändige Nomane, von nur tausend Kapiteln, grundtäglich ab. Auch lieben sie, es nicht, wenn der Leser die Heldin exit im­ siebenten Bande genauer kennen lernt. Bei uns tt.e8 ganz ausgeschlossen, daß ein solcher Roman das ganze, Vublitum, in Athem, erhält und Süße daraus von allen ‚Leuten zitirt werden. Arc daß die zwölf Bände bios auf ‚die, Gründung, einer, „Vereinigung für, gegenseitige Sympathie" Hinauslaufen, wäre fir eine westliche Tages­­zeitung nicht sensationell genug. ‚Und wer „weiß, ob in Europa, ja selbst in dem beschaulicheren Amerika, Die belehrenden Romane, die er jet schreibt, allgemeines Lesegut werden , würden.­­ Er­ Tebt­tet nämlich, fern von dem Weltgetriebe ZTofios, in dem stillen Städtchen Dodawara am­ Stillen Ozean, und ‚sihreibt , didaktische Romane, durch, die ‚er... die Sitten­ der Nation bereits wesentlich ‚verbessert haben soll. Diese Bücher heißen: „Die, Genüffe ‚der, Fischerei," „Die Genüffe der Jagd“,­­„die , Ge­nüffe der Reiber,“ „Die Genüffe der Haushaltung,“ und in jedem werden die entsprechenden­ Mißverständnise, berichtigt und: Mißbräuche abgestellt. Und das sind keineswegs Hirn­­gespinnste eines handwerksmäßigen , Bededers von Rapier­­bogen mit ‚schwarzen Zeichen, ‘­ondern sie gehen über die BZola’schen Realismen hinaus, , aber im­­ löblichsten Sie. Hat doch, um die Treuden der Haushaltung recht, jehmad- Ei zu ‚detailliven, feine madere Frau, Talato Murai, eigens Und, zwar ohne von Professor v. Noorden etwas zu willen. Dieser Haushaltungsroman ist in jedem­ besseren japanischen Haufe‘ zu­­ finden.. Und dabei’ spielt­ährversuche mit sechshundert Arten­ von Nahrung angestellt.. in­­ diesen Bü­chern die im esten so beliebte Liebe, nur eine sehr zweite der‘ "Dritte Rolle. Die Liebe als Liebe, wie sie die verdrehten Europü­- Amerikaner meinten und von ihren Nomanciers fordern, ist da nicht der, maßgebende Faktor, denn sie ist eine Art ewig minderjährige Almacht, die unter der’ Kuratel eines ganzen Kuratoriums steht. Dieses besteht ans der Klugheit, Sitt­­samkeit, Tugend,, den Grimdsägen, dem Zaft u.­­. w., unter — Dem Bräsidium des... sich. Kakııgo? nie gehürt .. Kakugo. Der Leser fragt vermuth­­Nar, ich auch nicht. Kakugo it ein Japanisches Wort, das ımüberlegbar it. Ebenso, eine „Buichido“, die sogenannte Seele Sapans, und „Omoihiroi”, " was einem besonder­n , Egarme" entspräche, einem Etwas, für das die Franzosen die etwas ungenaue, aber allgemein verständliche Bezeichnung des je­ne sais quoi erfunden haben. So sind Diese gelben Ostländer von Sapan.­hre eigensten Eigenschaften, den Duft der Blüthe ihres nationalen Wesens findet man im, Sie sind­ f einem Wörterbuch der großen Bildungssprachen, groß im Undefinirbaren, vage so Und so Pflichtgefühl, weilesweise, abglanz­weise it auch das Kafugo eine Selbstbeherrschung, Entfehloffenheit, Ehre, Diskretion und noch andere Facetten eines Soealcharakters zusammenfinden und einen moralichen Nationalschng bilden. Dieser Kakugoismus hat in Genfat Murat seinen stärksten Verfechter und Apostel. So it er, was Ranft nicht werden konnte, ein erfolgreicher Befreier und Befehrer seines Volkes, ein sittlicher Gipfel des japanischen Nationalgeistes, weithin sichtbar wie der wunderbare Nationalberg Fuji, der über­ zahlreiche grü­ne Hügelreiben auf seine idyllische­ Ländlichkeit in Odawara am Stillen Ozean niedershaut. Im Üebrigen ist erns SB gebore­:,als Sprößlin­g eines alten Scunm«aistmm11es.Seicherfahren war exiitierst Kanoniere,sein fü­nfter Ahnschoß bei einem Probeschreitext Irxi­der·F­a­rotte hunderti­ml ins Schwarze.Vater und Groß­­vater schrieben sau­ch«viele«Bü­cher·Dann,im Bü­rgerkrieg bei der stürmisehen Neugeburt Japans, ging die­ Familie a­­geumde, aber der spartanisch erzogene Stammhalter hielt fch siegreich durch das Gewühl des­­ Lebens. Auf der Universität ‚lernte er schon auffiich, dann ging er mit ‚zwanzig Jahren nach Amerika. Er war, ein gelber Marim Gorti, der Weihe nach Knecht, Exrporteur, Lehrer, Kaufmann, Arbeiter, schließ­­lic in seiner Heimath Hausirer. Dann fehidte er Novellen an den „Hoch Schimbun“ und wurde Journalist. Seitden hat er 38 große Romane und Biographien und über 20 Geschichtenbücher geschrieben, abgesehen von ungezählten Auflagen, Berichten und Allotrien. Was ist mit ihm ver­­glichen, ein Villemeffant, Gordon Bennett oder sonstiger weißer Zeitungstünig ? Aber nun will er auch ein weißes P­ublikum haben und dieses für sein Vaterland gewinnen. Er hat einen Roman für Weiße geschrieben und in englischer Sprache erscheinen Tafjen: „Hana, eine Tochter Japans". Er will uns darin zeigen, woie sein Bolt in Wirklichkeit ist. Nicht wie 2oti’s „Madame Chrysantheme“, nicht wie alle die Musmes, sondern ganz, aber schon ganz anders. Nicht umsonst bedeutet Hana „Blüthe", obgleich sie Feinesmegs eine blühende, Ausnahme­ ihres Geflecht sein sol, sondern ein­­ gesundes Durchschnittsexemplar von japanischer. Das Buch ist in Tokio­ erschienen und mit Weiblichkeit­ reizvoller Japanerei ausgestattet, ja sogar fast bruckfehler­­frei. Und auf dem Titelblatte steht eine kleine Vignette, eine stiliferte Blume von einem Kreis umzogen, das ist die Blüthe des Platycodon grandiflorum, die Wappenblume jenes alten Sammlaigeschlechts. Und illustriet ist das Buch auch, sogar mit farbigen Tafeln, und diese sind auf Japan­­papier gedruckt, so sorgfältig, daß ein Bild dreiundzwanzigr, ja fünfunddreißigmal die Breife pafsiren mußte. Was sagt dazu ein westlicher Herausgeber von oecidentalen Ilustra­­­tionsbüchern? Das it­alte Remfchmederlultur, unter 150 Grad östlicher Länge von dem berühmten Greenwich,. As Noman it ja der Noman schlecht. Natürlich. Bierleicht fon deshalb, ‚weil er fü­r uns geschrieben ist und der Schreiber beim Schreiben immer herüberschielt, was für ein Gesicht wir dazu machen. Aber auch Der pezifische Noman geh­t an sich, i wie er da­s un­willig­lich zutage tritt, ist hinter dem unseren weit zurück. Es herrscht eine Einfalt und Herkömmlichkeit des Erzählens, wie in altgriechischen­­ Romanen oder den­ D­urchschnittsbüchern des achtzehnten Jahrhunderts. Von sentimentaler Durchfeinerung ist so wenig eine Spur als von virtuoser Sprachbehandlung oder origi­neller, eigen­posntirter Darstellung überhaupt. Für all das muß die Reinheit der Gesinnung, die Höhe des sittlichen Begriffs aufkommenz und die unbedingte Liebe zum Vaters Yaiıde, die politische Gediegenheit überhaupt. Das sind ohne Zweifel werthvolle Eigenschaften, aber seine poetischen. Die Titelheldin Hana ist ein junges Mendchen,­ Tochter eines Samurai (Ritters), der das bürgerliche Gewerbe eines ‚Arztes, und zwar Diätarztes "Prof. v. Noorden) erst Er füh­rt den reichen jungen Amerikaner Conner, der an einem Magenleiden Taborirt. DVier Tage falten und Dann essen, was, ihm schmieht;­ das haben die Medizinmänner von Chicago nicht getroffen.­­ Conner verliebt sich in Hana, aber der Nuffe Dansti — natürlich Spion — tut das Nämliche. Der Krieg bricht aus; Hana’s Bruder Juichiro, Kapitän eines Torpedozerstörers, torpedirt ein ruistisches Schlachtschiff vor Port Arthur und kämpft einen russischen Zerstörer nieder. Dabei rettet er den schwerverwundeten Danski, der richtig­ffizier ist, und schafft ihn in das Spital zu Nagasati. Dort erscheint Hana, als Mitglied eines Zranenvereins zur Tröstung der Gefangenen, und pflegt ihn. Dabei nun gerät­ sie in die große Krisis. Für Japan it es von der­ größten Wichtigkeit zu wissen, ob Admiral Masarom auf dem zer­­störten russischen Berstörer gefallen ist oder noch lebt, und überhaupt wie es in Port Arthur aussieht. Das soll sie als Pflegerin Ichlan aus dem Pflegling Dansti herausbekommen. ‚Wie die Ruffen schon sind, will er es ihr­ jagen, wenn sie ihn heirathet. Sie aber liebt den „edelherzigen" Amerikaner Mr. Conner. Kaum, erfährt dieser, worauf es ihr ankommt, so chartert er einen Dampfer und führt nach Wort Arthur. Wie er die hermetischen Mairegeln daselbst umgeht, wird uns nicht mitgetheilt. In acht Tagen will er zurück sein und­ die gemünschten Nachrichten bringen,­­wodurch Danstvs , BVBerrath umnöthig würde. Comner " hat Süd, erfährt Alles ı und wird bei der Flucht mit eingeschlagenem Hirnkasten im Meer aufgefischt.­­ Von Tichifu telegraphirt er an Hana nach Nagasaki. All right. Ach, das Telegramm kommt um eine Stunde zu spät. ‘Die acht Tage waren um, von Conner nichts zu hören, amd Hana mußte den schweren Entsc­hluß fassen, Sich fir ihr Vaterland zu opfern. Eine gelbe Judith, ergab sie sich dem Feinde, das heißt sie sagte ihm ihre Hand zu und erfuhr, daß Matfarow lebe­n. f. w. Ihre Lage wird dann unob sch redlicher, da auch Conner in dieses Spital geschafft wird. Sie muß nun beide Nebenbuhler gleich eifrig pflegen, was zu gelinden Eifersuchtsszenen führt. Der Spitaltratieh, der 208 der japanischen Diskretion blüht, thut auch das Genie. Schädlicherweise wüthet der Krieg grausam weiter, Hana geht als „Nothes Kreuz“ an die Kront, pflegt ihren als Held fallenden Bruder und auch einen Bruder Dansti’s. Heimgekehrt, muß sie endlich Conner die Wahrheit gestehen, daß sie Danski versprochen ist, aber der brutale Russe geht‘ in seine eigene Falle. » Er hat Hana­­ zu­ ‚einer Aussprache geladen, um Mitternacht‘(!), im Walde (!) von Nikko. „Dort will wer sie zum­ 3awort­ zwingen, mit der 'Bistole in der­ Faust. "Aber Hana’s Hündchen beigt ihn in den Arm. Die Bistole geht los und erschießt ihn selber. Dansfi ist Stodt, en wird : Conners Frau , und sie werden in Amerika aber Hayashi’s (so Heißt er) : neue. Diätkost geschäftlich ausbeuten. An Naivetät also läßt diese Handlung nichts zu­ wünschen.Auch die an Hana gezeigte Seelenmalerei ist primitiv,ihre Herzenskäm­pfe sind die reine Schablone. Dafür erfährt der weiße Leser allerlei gelbe Sachen von Wichtigkeit,z.B.die Entsteh111 kg des russisch-japanischen Krieges,die­ ihm dreimal erzählt wird:Die Perfidie der Russen und die antike Größe der Japonier,sowie ihrej heilige Pflicht,jenen Barbare1t,ihre­ Kultur zu bringercie zur ntene" zu be­wegen. "Die Russen werden überhaupt sehr schwarz gemalt. Selbst in schmerster Herzens­bedrängnis zieht Hana gern ihr Notizbudy aus der Tasche und lest Danstı ein, eigenes Berzeichnik mostomitiicher Ateozitäten vor, darunter sogar die ,ausführliche Schilderung der Kuchen­­majfjatres " von­ Kitchenern. Und das Edikt des Zaren von der „hundertfältigen Rache an Japan und den Japanern“ u. dgl. m. Und dann, zum Gegentage, schlägt sie das merkwürdige Büchlein auf, das unter Genjai Murat­ihat, fachlich verfaßt hat, und das jeder japanische Soldat im Tor japanische Selbstverleuguung, Tugend, in der fi griffen Hat. « m"

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