Pester Lloyd, Januar 1908 (Jahrgang 55, nr. 14-27)

1908-01-16 / nr. 14

séta De ae a en a a a a war ars Da se ae ae a b . PESTER LLOYD. - 3 » ; .2 s ie Sm er _ Donnerstag, 16. Januar 1908 bis 78/4 Uhr währte. Nach der Konferenz empfing Präsi­­dent v. Justh einen unserer Mitarbeiter, dem gegenüber » er folgendes erklärte: ER Br — Ueber das Wesen unserer Beratungen kann ich "— das wird Sie sicherlich nicht überraschen — derzeit noch nichts sagen. Wir haben den Vorschlag des Subkomitees eingehend besprochen und denselben schließlich ein­­hellig angenommen. Für morgen nachmittags 4 Uhr „habe ich eine Konferenz einberufen, zu welcher ich außer ‚den bisher beteiligten Faktoren auch zahlreiche andere Mitglieder der Majoritätsparteien ein­­geladen habe. Für Freitag nachmittags 4 Uhr werde ich eine Einladung an Mitglieder sämmtlicher „Parteien des Abgeordnetenhauses, deren Liste ich noch nicht definitiv festgestellt habe, ergehen Lassen. „In dieser Konferenz wird über den Entwurf der Revision­­in abschließender Weise verhandelt werden. Von unserer­­ früheren Absicht, den Entwurf schon heute der Oeffentlich­­keit zu übergeben, sind wir abgekommen; die­ser­­öffentlichung wird Freitag erfolgen. Wie wir erfahren, wurde in der heutigen Konferenz, abweichend von dem ursprünglichen Plane, festgestellt, daß in dem Falle, wenn man sich über Antrag von 150 Abge­­ordneten bezüglich der Dringlichkeit eines V­erhandlungs­­­gegenstandes geeinigt hat, es dem Vorfigenden nicht zur Pflicht gemacht, ‚Sondern dessen Diskretionärem Belieben anheim­­gestellt wird, den fraglichen Verhandlungsgegenstand als „dringlich in derselben Sißung erledigen zu lassen. Im übrigen werden unsere ersten Mitteilungen über die Einzelheiten des Revisionsentwurfes, welche von einem Teile der Presse merkwürdigerweise bezweifelt wurden, nun auch von den Zweiflern selbst bestätigt. In einem an­­scheinend inspirierten Artikel des „Magyar Hirlap“ wird folgendes ausgeführt: ‚Das Recht, einen Antrag auf Schluß der Debatte und Vornahme der Abstimmung zu stellen, kann laut dem­­ Entwurfe von mindestens 150 Abgeordneten ausgeübt wer­­­den­ der Vorsißende kann, muß aber diesem Antrage nicht stattgeben. Geplant wird ferner die Schaffung der Mög­­­lichkeit von permanenten Sißungen. Eine Gruppe der ins Auge gefaßten Maßnahmen wird die Führung einer tech­­nischen Obstruktion überhaupt unmöglich machen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Gesamtheit der Revisions­­bestimmungen in dem Augenblice des Ansiebentretens der M­ahlverum sofort und automatisc in Kraft treten muß. Das zwischen den beiden Fragen bestehende Junktim kommt auch darin zum Ausdruck, daß die Geschäftsordnung auch die Möglichkeit der Schaffung der Wahlreform gewährleisten muß. Zu diesem Behufe muß ein Teil der junktim mit der Wahlreform geplanten Revision der Geschäftsordnung nur vor dem Zustandekommen der Wahl­­reform ins Leben gerufen werden; nicht die ganze Revision, sondern nur so viel davon, daß [chon dieses seinen Pflichten gegenüber der Krone und der Nation nach­kommen kann. | Parlament ungehindert Aus dem Reichtage­­ völkerung sehr nahe berühren. Die interessanteste der­­selben gat der unmittelbar bevorstehenden Revision der Geschäftsordnung und der damit zusammenhängenden Parlamentsreform im allgemeinen. Wi beschäftigen uns mit diesem Gegenstande an leitender Ste.­­ Zwei andere Interpellationen, die mit jener“ an­­ Be­­deutung und Interesse kühn rivalisiren, betrafen die Steuer­­reform und die Wahlreform. Die befragten Minister be­fleißigten sich unter dem Drucke der tiefreichenden Bedeu­­tung der „angeschlagenen Themata einer immerhin aner­­kennenswerten Courance in der unmittelbaren Beantwortung, wodurc es möglich geworden ist, den beiden großen Reformwerken wieder einmal näher zu treten. Es liegt auf der Hand, und wurde von dem Interpellanten Visontai offen zugestanden, daß der vor zwei Tagen veröffentlichte Antrag der Vertreter des V. Bezirkes, eine außerordentliche Generals­­versammlung des Munizipiums, der Haupt- und Residenz­­stadt Budapest zur Beschlußfassung über die Steuerreform einzuberufen, die unmittelbare Veranlassung zu jener Inter­­pellation geboten hat. Dem Herrn J Interpellanten, der diesem Antrage parteipolitische Motive unterschoben hat, darf man wohl zu bedenken geben, ob er, der Adept eines freien Berufes, der inmitten der städtischen Bevölkerung lebt, dieser sehr viele Erfolge, vielleicht sogar die Grundlagen seiner Existenz zu danken hat, wohl daran getan habe, in einer so eminenten Taschenfrage selbst in den von ihm gerügten Fehler zu verfallen, seine Interpellation aus offenbaren partei­­tastlichen Motiven anzumelden und zu stellen. Doch das ist am Ende gleichgiltig. Das hat der Herr Abgeordnete mit sich selbst abzumachen. Entscheidend ist, daß die Anfrage Visontais dem Ministerpräsidenten Gelegenheit geboten hat, sie über dieses sein Lieblingsthema etwas weitläufiger auszusprechen und das immerhin wertvolle Zugeständnis zu machen, daß er seine Vorlagen über die Steuerreform, nicht als etwas Unantastbares betrachte und von den wesent­­lichen Prinzipien abgesehen, sich bereit finden werde, Ver­­besserungsvorschläge anzunehmen. Damit ist ein heute immerhin noch schmaler Steg zur Verständigung gebaut und es wird sich wohl noch die Möglichkeit bieten, diese fliegende Brücke im Laufe der Verhandlungen derart zu erweitern, daß man sich auf derselben bequem wird finden können. Gleichwie bei früheren Anlässen, machten auch die heutigen Erklä­­rungen des Ministerpräsidenten den Eindru>, daß Herr Dr. Wekerle sich ein beinahe ausschließendes Privi­­legium für das Verständnis der Steuerfragen zulegt. Die Autorität des Ministerpräsidenten in allen Fragen ,der Volkswirtschaft im allgemeinen, des Fisfalismus und der Steuerpolitik im besonderen in den höchsten Ehren, allein so wenig Verständnis für diese Fragen bei der Bevölke­­rung überhaupt, bei den von seinen Reformvorlagen hart betroffenen Interessenkreisen vorauszusehen, ist doch von allzu weitgehender Geringschäßung­­ inspiriert. Diese Annahme dürfte dem Herrn Ministerpräsidenten bei der Verhandlung seiner Steuervorlagen noch­ gar manche Enttäuschung bereiten. Jeder ernste Politiker, jeder intelligente und rechnende Staatsbürger beritz das Verständnis oder Doc zumindest den Instinkt dafür,­­ was ihn bedroht. Aus den Andeutungen in der heutigen­ Rede des Ministerpräsidenten geht hervor, daß Herr Dr. Wekerle der Meinung sei, es gebe manche Berufe des Mittel­standes, die derzeit überhaupt nicht besteuert sind oder sich der Leistung der öffentlichen Auflagen zu entziehen ver­­stehen. Wenn das richtig sein sollte, was jedoch billig be­­zweifelt werden muß, dann wäre unser derzeitiges Steuer­­system nicht nur in seinen prinzipiellen Grundlagen, sondern auch in seiner Ausführung durch die Finanz­­verwaltung das miserabelste der Welt. Und das ist ein Zeugnis, das Herr Dr. Wekerle jener Finanz­­und Steuerverwaltung, gewiß nicht wird ausstellen 1872 Budapest) nach­ dem anderen. Das Pest Petöfis und des Märzen-Jdus, das Pest Woraffas und des „roten Ochsen“ (wo die schreibende Generation Nagy Ignácz-Tóth Kálmán sich traf), das­ Pest der „Kaffee­­quelle“, des „Kagal“, des „Dithon“. Im Vordergrunde steht nämlich doch immer die literarische Landeshauptstadt und ihre frisch aufblühende ungarische Kultur. In dieser wurzelte der Schreiber selbst; Politiker war er­ nicht, Volkswirt auch nicht. In dieser lebte und webte er und sie füllt noch jezt sein Gedächtnis. Da weiß er wirklich eine Menge Dinge, auch solche, die kein anderer weiß, z. B. wann das erste Haar, vom Haupte Ludwig Dobsas fiel. Das ist schon magyarische Mythologie. Und er hat noch Stücke von Kövér Lajos spielen sehen. Und dann erzählt er wieder mit Borzó-Orazie, wie Gorove es­ war, der zuerst das Wort Judenemanzipation ausgesprochen. Und nun, da er so­ etwas wie Historiker eines­ Zest­­raumes geworden, faßt­ er auch Leute, die er, einst h­art gehechelt, ohne Vorurteil an. Toth Kalman z. B., dem er förmlich liebevolle Nachrufzeilen widmet. Alte Lieblinge vollends haben es gut bei ihm. So wenn er erzählt, wie er Bernáth Gazsi durch Janko János porträtieren ließ und der alte Boheme dabei aus seinem harmlosen Scherzgeplauder nicht herauskam­. Oder Wie Johann Pompery den alten Radnothfang listig dahin brachte, sein Stür „Teliver“ aufzuführen. Er schrte es ihm von Preßburg ein, mit einem etwas herablassend gehaltenen Brief, der den Wunsch nach baldiger Auf­­führung mit perem­ptorischer Höflichkeit ausdrückte und P. I. unterzeichnet war. „Preßburg, ‚wer wohnt in Preß­­burg?“ dachte sich der Direktor, „richtig, Graf ály János“ — und gab das Stück sofort. Manche drollige Anekdote flattert bei solchem Geplauder auf. Und dann wieder wird diese und jene literarische Episode launig ge­­schildert. So die Generation der „Eggenbergerei“, wie die vielen berühmten Passanten jenes Trottoirs der Intelli­­genz, vom­ Halt zu­ machen pflegten, um in der berühmten Buchhandlung einen Plausch zu machen. Am wenigsten spricht er vom „Bornßem Janks“, offenbar aus Ber jeheidenheit. Dieser war und bleibt denn doch seine lite­­rarisce Tat, eine Schöpfung voll aus dem damaligen­­ Leben heraus. Spiegel der Zeit und ihres offenen und­­ die er Jahre hindurch mit sicherer Hand ge­führt, zum Teile sogar umgestaltet hat. en der Herr Minifterpräfident „in „dieser die Mittelklasse und der freien Berufe als diejenigen herausgeholt hat, die sich bisher den Liebkosungen des Steuerfismus entzogen haben, ist uns aber unerfindlich. Der sachlichen Autorität des Ministerpräsidenten und Finanz­ministers steht im gegebenen Falle das täglich wachsende Angstgefühl einer Schichte der man­telligenz nicht der Bevölkerung gegenüber, die In­­sehr, daß ‚Die Steuerreform dem Ministerpräsidenten Sozialist Gesinnungsgenossen des Hauses, richtete Finanz­­bereiten zu Rückrat Gebil­­die Steuerreform­ vollständig aus­­.­­ Der einzige Tausende diesen Ehrentitel absprechen wollen, der Abgeordnete Mezöfi an den Mi­­Julius Andrássy, die Wahlreform. Dieselbe wurde Falschmeldung erscheinenden Julius Andrässy die Frage sowohl, wie den in gemütlicher, non<halanter Weise. Er er­­klärte es für gleichgiltig, ob die Wahlreform zwei Wochen früher oder später an die Sonne kommen werde,. Darin hat er recht, wenn Andrässy das Wesen erwedt sie nur überhaupt nur kommt. Graf Frühlenzer. Wenn alle Knospen springen, bis fest forglich gehütete Geheimnis endlich Vertrauen, Einzelheiten dieser überreifen Frage Geheimnis umgibt. Es ist sönlichkeit denken bringen gegen, daß * die des soll auch das der Regierung über Es­che noch mit solchem Per­­Be­­Andrássy ent­­ein von ihm gegebenes Versprechen, das zu­­gleich eine Verpflichtung enthält, pünktlich eingelöst wird. Präsident Julius Justh eröffnet die Sagung des Abs­geordnetenhauses um 10 Uhr Vormittags. Schriftführer : Verton, Zlinsky, Cs8izmazia. Auf den Ministerfauteuils : Alexander Wekerle, Günther, Daranyi, Jefelfaluffy. Das Protokoll der gestrigen Sißung wird verlesen und authentiziert. Emanuel­ Säg unterbreitet den Bericht des volkswirtschaft­­lichen Ausschusses über die Vorlage betreffend die Inartikulierung des am 26. Mai 1906 in Rom geschlossenen allgemeinen Po­st­­vertrages. Stefan Bernuth überreicht den Bericht des volkswirtschaftlichen und des Finanzausschusses über die Vorlage betreffend das Ad­ditional- Uebereinkommen zu der am 5. März 1907 in Brüssel ge­­schlossenen internationalen Ruderkonvention. Die Berichte werden in Druck gelegt, verteilt und seinerzeit auf Die Tagesordnung gestellt werden. Bezüglich der Zudervorlage wird die Dringlichkeit aus­­gesprochen. Im Interpellationsbuche sind die Interpellationen folgender Abgeordneten enthalten : Julius Maniu über die blutigen Vorfälle in Pänad an den Landesverteidigungsminister, Sigmund Farkas­­há­zy über die Verschärfung der Geschäftsordnung an den Minister­­präsidenten , Josef Veress über die Organisierung der kommunalen Kreditgenossenschaften und Sparkassen an den Finanzminister und den Minister des Innern ; Soma Visontai über die Steuerreform an den Finanzminister ; Wilhelm Me­zd fi über die Wahlreform an den Minister des Innern ; Johann Zakar­ius über die Regelung der Dienst- und Disziplinarverhältnisse der öffentlichen Beamten. Das Haus beschließt, auf die Interpellationen nach Erledigung der Gegenstände der Tagesordnung überzugehen, wollen, minister werde, der seiner­nister zu die Adepten werden soll, Aussc­hluß Ministers neutralisiren noch Das tatsächlich jenes Ungarn, deren gebrochen gerichtet wird. fein des absprechen in diesem des Fragesteller manche wiegt Innern, jedoch bestehenden gerade alles aberkennen mag, in seiner Antwort von den eine Interpellation über offenbar eines mit Wocenblättchens behandelte durch verhieß der allzu sie kann, der man jedoch Wir fürchten Lande träumen, durch eine hervorgerufen. Wahlreform großes es einzig und Innern, im daß dem alle Erwerbenden sofort dementierte noch ehe heute Deffentlichkeit sich und f kummervolle Stunde federleicht Gefahr, abermals Grafen der des vermtag. Graf Dem auch die politischen Gegner für das Vergleiche das enthüllen. Vertrauen dem wenn allein welche Grafen und Zeit man die diese Budapest, 15. Januar. Eine Sturzflut von I Interpe­­lationen lr­oß sich in "der heutigen Situng des Abgeordnetenhauses über die Regierungs­bank.. Man kann nicht behaupten, daß die "Abgeordneten in diesem Falle irgend einen Mi­brauch „mit dem­ Rechte der Interpellation getrieben hätten, „denn die meisten der Frauen, die an die Ne­uerung ge­­richtet wurden, betrafen politische Angelegenheiten von der hohh­en Wirti­keit, galen den lehhn­igsten Inter­­essen, welche zur Zeit die Gemüter im Lande bewegen, die w­etigsten pol­tischen und materiellen Rechte der B2- Biedermeier und Vormärz, diesen sastigen Ableger des Wiener Zeitgeistes . . . und sein noch sastigeres natio­­nales Gegnertum. Wie die beiden Elemente ineinander Flossen und sich zu neuem Wechselleben mengten, liest man soeben wieder in dem hochinteressanten Buche H­o­­­ränßkys" über den unglückseligen Bac3änyi und seine " vielgetreue Frau Gabriele. Ich glaube, ich könnte selbst­­ nu< manches, Kapitel beisteuern. In den Kreis seiner­­ Frühzeit­­ ragten noch Gestalten herein wie Semmelweis, Balassa, der alte Kunstfreund Pfeffer (auch von Porzs hervorgehoben), der alte Regens<hori Breuer und seine Sphäre, die Creme der damaligen Pester­ Musik, die ehr­­würdige Gräfin Maria Theresia Brunsvik, die Familie Forray, dann, mancherlei Opfer des Freiheitskampfes, ‚heimgekehrte Verbannte: Dessewssys (Dionys, Aristid), „Szirmay“­. Nemeth Berczi stand an meiner Wiege, mein Vater war sein­­ Hausarzt, dann die Gentry unseres ganzen Komitats — eine­ untergegangene Welt. Den Reiz solcher Erinnerungen, den unverfälschten Heimats­geist haben diese Agaischen Kapitel reichlich. Wenn auch Agai zugleich Ports ist, und das anmutige Spiel mit den Tatsachen den Bericht jeden Augenblic zur Arabeske werden läßt. Man muß so ein Buch lesen wie eine Partitur, alle Stimmen zugleich mit einem­­ zusammenfassenden Blik, und dann singt die Melodie daraus. Die Sprache selbst trägt dazu bei, in Zeiten zurüczuversehen. Ihre glänzende Virtuosität hat sich nicht wenig von der damaligen Tournüre bewahrt — die jüngere und jüngste Generation schreibt merklichh anders. „Man hatte damals eine pu­chigere Eleganz und war zu­ Ka ornantentaler, Und salonromantischer und bour­­geoiser, zugleich­ etwas wie reich verheiratete Bohene. Und man war viel gebildeter, syro) Weltsprachen, 178 - was gut und teuer. Heute schreibt man amerikanisch und, wenn man Kraft hat, etwa so, als wäre Amerika­­ ein ungarisches Komitat. Dazu kommen aufgesezte elek­­trische­ Glanzlichter, vom Kabarett und von der Sezes­­sion her und aus der Plakat- und Gerichtssaalsprace. Und, je weniger fremde Sprachen man kennt, desto mehr Fremdwörter, in voltomä­r­er Verbalformung. Und so ziehen diese Wandelgemälde der Hauptstadt im Auge vorüber, ein Pest und Ofen (seit 3. Januar) heimlichen Treibens, ungeheure Gammelbeden des Wissend von ungarischem Wesen und Streben. Es war das beste Eisblatt der damaligen Zeit, wenn man Munterkeit des Temperaments und Mannigfaltigkeit der geistigen Fassettierung betrachtet. Nur der Londoner „Bund“ konnte sich damit messen, der aber ist ein ge­­diegenes englisches Menu, bei dem die Ansprüche eines international verwöhnten Gaumens zu kurz kommen. Mit zunehmendem Alter ändert sich der Scriftsteller. Die Lyrik seines Wesens hat sich ausgesungen und das Leben hat ihn vieles gelehrt. Die Interessen drängen sich an ihn heran, die Feder stellt sich in den Dienst von Nüblichkeiten. Aber gerade diese Partien geben dem­ Buche Porzós, der hier mehr Dr. Adolf­ Agai­s wird, ein spezifisches Gewicht. Gemeinnüßige Einrichtungen­ der prak­­tischen Neuzeit lehrreich und angenehm zu schildern, das liegt ihm nun ganz und gar. Die Krankenhäuser, das Tierspital mit inbegriffen, das Schlachthaus, die „K. T.“ (Központi Tercsarnok) usw. Und dabei kommt ihm der Arzt zugute, der in ihm stet, der gelernte Wiener Doktor der­ Medizin. Wie könnte er etwa das Kinder­­spital so feuilletonisieren, wenn er nicht seinerzeit, von Wien heimgekehrt, selber die Praxis als Kinderarzt be­­gonnen hätte? I< erinnere mich noch, daß er seine Ordination in der Spiegelgasse hatte, im Tarczalovits­­chen Hause, einem der wenigen bierstödigen des dama­­ligen Budapest, und zwar im zweiten Sto>. Dr. Porzs als Kinderarzt! Natürlich wollte die Sache nicht ohne weiters stimmen. Und­ auf kleine Patienten zu warten, hatte­­ er seine Zeit, denn es strömten alsbald große zu, in kaum zu bewältigenden Massen. Und es war besser so. Ich schließe mit einem Worte der Anerkennung für den­ reichen Bilderschmuck des "Buches, in ganzseitigen Illustrationen und verstreuten Vignetten. Auch­ die Aus­­stattung ist gut, von elegantem Gesamteindruck. Wenn man den Band in seinem illustrierten Umschlag sieht, hält man ihn erst für eine neue Phantasiereise von Jules Verne. Und das ist nicht einmal so unrichtig, denn phantastisch genug" ist diese Reise aus dem alten­ Pest ins neue Budapest. ER

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