Pester Lloyd, Oktober 1914 (Jahrgang 61, nr. 242-256)

1914-10-01 / nr. 242

­ 6.50 U­hr Front zu kämpfen. Gleichwohl wird unser Entschluß, etwas zurückzugehen, um zwei mäßigere Stellungen einzuneh­­men, von der Presse des Dreierverbandes als ein großer Zu­­sammenbruch dargestellt. Man erzählt von Panik in der Mon­archie, von hungernden Soldaten, von Meuterei und von­ gegenseitigen Kämpfen zwischen den verschiedenen Nationali­­­­täten, die­­ in unseren Heeren am Kriege teilnehmen. Die Wahrheit über die Situation ist indessen folgende:. Das deutsche Heer unter General Hindenburg hat schon mehrere Tage auf russischem Territorium gestanden und. . wird in einiger Zeit sogar Petrograd be­­­drohen können. Um die Aufmerksamkeit von diesen für­ „sie sehr unangenehmen Tatsachen abzulenken und ihre­­ eigene­­ totale Niederlage in Ostpreußen verbergen zu können, suchen die Russen unseren in vollkommener Ordnung vorgenommenen­­ Rückzug zu einem Ereignis von weltgesehitlichem­ Range auf­­zubauschen. Will man die Situation richtig und gerecht be­­urteilen, muß man sich dessen erinnern, daß die Heere Deutsch­­­­lands und Oesterreich-Ungarns eine Heeresmacht, ein Ganzes, ausmachen, und daß wir vereint ge­­gen einen und denselben Feind kämpfen. Die Heere Oesterreich-Ungarns­ haben durch­ "heldenmütige Kämpfe gegen­ die­­ russische Uebermacht die russische Offensive ei | "Wochen hindurch zum Stillstand gebracht und ses dadurch für­­! „Deutschland möglich gemacht, seine Heeresmassen gegen den „Feind im Westen ganz zu entfalten. Vier Fünftel­ derjenigen »Streitkräfte, die “Rußland bis jetzt gestellt hat, sind an Ost­­­ *galiziell gebunden. Wir haben mehrere Male diesem Riesenheer fühlbare Niederlagen zugefügt und über 300 Kanonen erobert. "Diese Kraftentfaltung war nur möglich, weil alle unsere Nationalitäten­ mit­ bewundernswerter Treue "Loyalität, ja, „ich“ möchte sagen, mit Begeisterung gekämpft haben. Und ich darf noch mehr sagen: die Kriegführung der ‚bisher­ vergangenen Wochen­ hat mehr Dazu beigetragen, das­­ Einheitsgefühl innerhalb­ unserer reich! * bevölkerten " Monarchie zu kräftigen, als alle die Friedensjahre zusammen. Das ist es, was ich, Ihnen zu sagen habe. Lassen Sie meine Worte an die Völker des neutralen Nordens weiter gehen; dadurch bienen Sie der Wahrheit!" Er Der dänische Kriegskorrespondent fügt hinzu: " „I< Habe den Rückmars< mitgemacht­ und kann bezeugen, daß zwischen­ den Soldaten der verschiedenen Nationalitäten, hie­fig sonst fremd, ja vielleicht sogar feindlich gegenüber­­stehen, rührende Kame­­bestanden hat. Stammesunterschiede und politische Grenzen sind vergessen. Von Panik oder­ Unruhe ist nirgend die Rede. Die ruthenischen Bauern­ gehen ihrer müh­­­­samen Feldarbeit nach, und in kleinen Ortschaften, wo­völkerung überwiegend jüdisch­ ist, bereitet man sich ohne alle Nervosität auf die Feier des orthodoxen Neujahrsfestes vor . . ," ef M 1­4 in der Zeit xadsc­haft der Gefahr eine und die Be­­­s­ a­ß Y Er 9 3 üzen. E3 heißt, die serbische Regierung habe sich in der Bitte an die griechische Regierung ge­­­wandt, ihr Spitäler für die serbischen Ber­eumndeten und Kanten zur Verfügung zu stellen. Dieses Ansuchen wurde aber von der grie­­chischen Regierung abschlägig b­eschieden.­­ Großer Mangel an IEA ; Sanitätseinrichtungen Serbien. in Wien, 30. September, ‚meldet aus “Salo- Die „Politische Korrespondenz“ niki: Wiederholt wurde aus Serbien berichtet, daß dort großer Mangel an Aerzten, Chirurgen, Krankenpflegern, ,sanitären, Hinrich­­tungen, Verbandzeug, usw. herrscht. Dieser Mangel habe sich in letzter Zeit noch fühlbarer gemacht. Man wisse nicht mehr, wo die serbischen „Verwundeten und Kranken unterzubrin­ Fn -­­ TB 4 Vom nördlichen Kriegsschauplaße. Günstige Stellung unserer­ Armeen in Galizien. Br Rn­gs­ hölmer Meldung: Berlin, 30. September. Die „Vossische Zeitung“ veröffentlicht folgende Glud­­ve "Svenska Dagbladed“ " schreibt: "Die neue deutsch-österreichisch-ungarische Front wird sicherlich bald stabilisiert sein. Von ussischer Seite soll man durch Re­kognoszierungen zu dem­ Resultat gekommen sein, daß­ ‚Die Stellung des Gegners zwischen Przemysl und Krakau so. stark , daß sie einer förmlichen Belagerung aus­­gejebt werden muß, besonders nachdem die Russen der österreichisch-ungarischen Armee, die duch deutsche Verstärkungen unterstüßt wird, infolge der starken Abteilungen, die man teils nach Polen, teils nach Ostgalizien­­ senden mußte, um ein Zusammenwirken mit den Truppen in der Bukowina zu erzielen, der Zahl nach bis auf weiteres unterlegen sind. Bestätigt sich die Nachricht von den Detachierungen nach Polen, so versteht Man, “daß die Wirkung der Operationen Hindenburgs jezt in der Form einer*Erleich­­terung des i'russischen­ ::Drucks"»auf Oesterreich- Ungarn zum­­ Ausdruc "kommt. Diese Nachricht wurde aus Petersburg Pariser Zeitungen depeschiert. : . b . Deutsche Stimmen über die neuen Operationen in Galizien. Berlin, 30. September. In Besprechung des Beginns der öster­­reichisch-ungarischen "Offensive gegen die.“ Russen betont die „B. 3. am Mittag: Es darf niemals vergessen werden, dass das österreichisch­­ungarische Heer dadurch, daß es einen Teil des russi­­schen Heeres ‘auf sich zog,­­ diesem standhielt und ihn wochenlang " fesselte, der gemeinsamen­­ Sache einen außerordentlich großen Dienst erwies, da es nur dadurch möglich war, die­ übrigen Operationen in der geplanten bekannten Weise­ durchzu­­führen. FENDE Ak­ an ! 'Vom westlichen Kriegsschauplane. Das Vordringen der Deutschen in Belgien, hi ‚An der holländischen Grenze, in der Provinz No­r­­­brabant treffen. infolge der Belagerung Ant­­­wer­p n 3 Tausende von Flüchtlingen ein. Sie „erzählen, daß die Deutschen bei ihrem Vorrücken gegen Antwerpen den ganzen Norden Belgiens von belgischen Soldaten säuberten. Die Deutschen werden stündlich in Turnhut erwartet. Nach Meldungen aus Turnhut treiben die deutscen Truppen die belgische Feldarmee aus drei Richtungen nach dem Antwerpener Festungsgürtel vor sich her. Die­ dritte Beschießung MeßYelns, wo sich vorgeschobene Forts der Antwerpener Linie befinden, hat große Verheerungen angerichtet. Der ges­ah es, daß ein Befehl telephonisch nach Klenak­­ über­­ . 2 Telegramm des Pester Lloyd"). ; EL EE­HNE Rotter­dam, 30.. September. Erzbischof. von, ) ; Bisher war von Männern die Rede. Doch über die Frauen ist­ auch manches zu berichten. Unten im Süden bildet die kleine Gemeinde Klenak das Bijavis von Sabac. In Klenak führte von der Besatung bis zur Evakuierung Fähnrich d. R. Rudolf Bier den Telegraphendienst. Er mußte z­­ei Tele­­graphenämter­ leiten, das Amt auf dem Uferbahnhof und Das­­ Posttelegraphenamt. .. Erschwert, „wurde dieser Dienst durch den Umstand, daß er im Geschoßfeuer geleistet wer­­den mußte. Denn der Feind bombardierte Klenak wütend, und die feindlichen Granaten schlugen in die Häuser ein, in denen­ die Telegraphenämter untergebracht waren. Das störte Bier nicht. Er leistete seinen Dienst, als­ herrschte stiller Friede um ihn, und das Kommando war von der Intelligenz, der Pünklichkeit und der Nührlichkeit seiner Berichte entzückt. In den beiden Aemtern, in­ denen­ Rudolf Bier das Kommando führte, waren vier Perso­­nen amtlich tätig. Außerdem zwei Expeditorinnen­­ namens Ilatd Gregulil­3ics und Eva Barac. Lettere war Aushelferin, ein ganz junges Mädchen, nahezu ein Kind. Das­ war die Besezung der Klenaker Telegraphenämter, als am 16. und 17. August das Bom­­bardement begann. In der ersten Nacht der Beschießung gog eine Granate ein. Ein Beamter erkrankte und reiste ab. Seinem Beispiel folgten auch die drei übrigen Beam­­amten. Sie pachten ihre Koffer und reisten ab. In Klenak blieb, nur der­ genannte Fähweih und die zwei Mädchen, derer jüngere, vielleicht vor­ kurzem noch mit Puppen spielte. in blieben beide im Amt. Die Serben sandten der Reihe naH Granatengrüße und­­ die Granaten sausten rings um das Amt. Die beiden Mädchen erfüllten nie nur ihre Pflicht, sie versahen­ auch den Dienst der ab­­wesenden vier Kollegen: Tage­­ vergingen. for und­ die bei­den Mädchen brachen unter­ der­ Last der Mühen und der beständigen Aufregung fast zusammen. Doch der­­ Dienst blieb­ tapellos versehen und das Kommando hatte keine Ahnung­ davon, daß, zwei Mädchen und ein Fähnrich Dielen and­ Männern unerträglichem Dienst versahen. Da" „mittelt “wurde und gleichzeitig aus Vorsicht dem Fähnrich . * die Frage gestellt wurde, ob er den Befehl weitergeben .Der Fähnrich antwortete: „Ich melde gehorsamst, daß ich­ nicht feststellen kann, ob ich den Befehl werde weiter­ Damen im „Dienst, die­ Lokalitäten werden, stark beschossen, ‚eben jeßt schlug in­­ das Haus eine Granate ein.“ geben können. . Ich bin in beiden Aemtern mit zwei . Die Meldung erweckte große Ueberraschung. Fähnrich Bier gab mit den beiden Damen auch die lezte Meldung weiter. Doch das Kommando traf Verfügungen, um die tapferen Telegraphistinnen und den Fähnrich aus ihrer gefährlichen Situation, in der sie sich so pflichtbewußt ge­halten hatten, zu befreien. Fähnrich Rudolf Bier ist zur Auszeichnung vorgeschlagen und die­­ Armeeleitung wird Sorge tragen, daß die beiden Mädchen die Anerkennung finden, der sie sich redlich würdig gezeigt haben. Nach einer Dame gedenkt die Armeeleitung im, Tone dankbarer Anerkennung, einer Dame, die­­ mehr als, ihre Pflicht dort getan hat, wo die Männer, milde gesprochen, nur ihre Pflicht erfüllten. Die Dame heißt: Ilonka. VW áz linkäs. Sie war im Bäziäser Postamt tätig. Als die­ Serben Bäziäs bombardierten, packten die Beamten der Eisenbahnstation und des­ Postamtes ihre Habseligkeiten und reisten ab. Die Verbindung mit Báziás wäre völlig zerrissen gewesen, wenn Ilonka Palinfas nicht im Post­­am­t auf ihrem Posten ausgeharrt hätte. Im Feuer explo­­­dierender­­ Granaten leistete sie, ununterbrochen ihren Dienst, nahm sie wichtige Meldungen auf, und­­ gab sie­­ weiter.»Nur so konnte Báziás als nüßliche und wichtige Station funktionieren, und wenn es erhalten blieb, so ist "Das in erster Reihe der Telegraphistin Ilonka :Päälinkäs Zeichnung, sie verdient von ganz Ungarn gefeiert zu werdens. "zu danken. Sie verdient nicht nur die ihr zugedachte Aus-- EEE 4 | 7 | könne. 4 | - % "Mecheln Kardinal Mercier ist bereits Sams­­­ig von Mecheln nach Antwerpen abgereist. Der erzbischöfliche Palast hatte durch das Bombardement fast gar nicht gelitten:­­ - - => Die schweren deutschen Geschoße vor Mecheln, 7 Telegramm odes Wester Lloyd“) Rotterdam, 30. September. "Man erwartet, daß­ die Deutschen, nachdem Medjeld­ von der Bevölkerung geräumt ist, die sch­wer­en Bes­lagerungskanonen gegen die Mechelneru Forts St. Caterine-Wavre und Waelhem in Stellung sät bringen werden. Die Deutschen hatten, während die Vor­­truppen sich in Scharmüßeln befanden, die Geschüße ge­­hh­ Hinter diesen herbeigeschafft, ohne‘ daß ' starke res kognoszierende belgische Abteilungen dies­­­e „verbinden konnten. Tags darauf stellte es sich heraus, daß­ die Deut­schen die Beschießung des Forts mit den in Stellung ges brachten Kanonen beginnen konnten. Die Dorfbewohnen­­ strömten nach Antwerpen. Nachts rückten die Deuts­­chen gegen Alost vor und beschossen den Ort heftig. tú x “4 » an : „Die Kämpfe bei Antwerpen. Rotterdam, 30. September. Der „Rotterdamsche Courant“ meldet aus Eindhoven vom 29. b. M.: Hier sind 300 Flüchtlinge aus Moll eingetroffen, das Sonntag noch von einer Abteilung bele­gischer Infanterie belebt war. Eine starre deutsche Fan Icheint von dem’ drie Be Sonntag wurde Alost von den Bewoh­nin ergriffen zu haben. neun verlassen. (Die belgischen Ortschaften Moll­­und Alost liegen in der Nähe der jezt von den Deutschen bombardierten, Festung Antwerpen.) a Neu­ ­ - russisches Ehrengeschenk an den König der­­­ ­ Belgier. 3 Ray (Telegramm des Pester Lloyd) ne © "Paris, 30. September (über Rom), veröffentlicht eine „von der „Nowoje Wremja“ 'herausge« Die lechte hier eingetroffene Nummer des „Matin“ gebene Substriptiongliste, die eine Sammlung beginnt, um­ die eingelaufenen Spenden als reichen ein Ehren­geldent dem König der Belgier zu übers Der Dank des Deutschen Kaisers an Die EN VSxwerbstände:? Auf das, von. der, B­ex­sammlung der Deuts­­chen Erwerbstände an Kaiser Wilhelm. ges richtete Huldigunstelegramm. ist am. deuten Handelstage nachstehende telegraphische Antiport, eine langt: x . Reichstagspräsident HK­ae­mpf, Berlin. Der ein­mütige [Zusammenschluß : der­­ Vertreter des gesamten deutschen wirtschaftlichen Lebens und die kraftvoll Bekundung des festen Willens, den­ uns­erem Vaterland aufgedrungenenGgn­tenze­krieg auch auf wirtschaftlichem Ges­d biete siegreich De] ENERG mich, außerordentlich­ erfreu­er, Mein herzlicher Dank und meine wärmsten Wünsche geleiten diese patriotische Arbeit. . . Gott. „den Herr kröne - -das­ Werk; mit seinem Segen und lasse alle schweren Opfer unserer Tage­ zu einer guten Volkes und Vaterlands. Tat werden für eine glückliche Zukunft des deutschen 10 Wilhelm1. R. 7 12.15 288 Berlin, 30. September. vi­er haben PENG Verleihung des Eisernen Kreuzes an einen (Telegramm des „Pester Lloyd) * x Nach einem hier­ eingelangten­ Telegramm ist der Pfarrer der hiesigen evangelischen Gemeinde Dr. Ernst Mach, der sich mit seinem 64jährigem Vater als freiwil­­liger Mitkämpfer im deutschen Heere befindet, nach dem­ Kreuz und dem­ sächsischen Kriegsver­­dienstorden ausgezeichnet worden, Sturm auf Vitry le Francois mit dem eisernen ER,­­ RA Pfarrer. 1 % 0 408 2060 > Pilsen, 30. September, Frankreich und England zu dieser Verlegung. entschlossen. Es gischen: Bürgers Leben und Eigentum von unseren S­oldaten­­ ohne daß, die bittere Notwehr es gebot, es ist nicht wahr, daß, unsere Truppen brutal gegen Löwen gewütet haben, An einer rasenden Einwohner« (Telegramm des „Pester Lloyd“.) Nahezu hundert in der ganzen internationalen Welt Wissens<aft erheben vor der gesamten Kulturwelt bekaunte deutsche Vertreter von Kunst und feierlichem Protest die Feinden Deutschlands verbreiteten Lürs­ten und Verleumdungen. Sie erklären? "Es ist nicht wahr, daß Deutschland diesen­­gegen die von dem Krieg versc­huldet hat. Weder das Volk hat ihn ger­n wollt,­­ noch die Regierung, noc­h der Kaiser. Es ist isn wahr, daß Deutschland freventli die­ Neu­­tralität Belgiens verlegt hat. Nachweislich waren ist nicht­ wahr, daß auch nur eines einzigen bel. angetastet worden ist. Ein Protest deutscher Künstler­­ und Gelehrten, in Berlin, 29. September, \ - . \ - ll ik Fu + | | = | 8 vé a * |

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