Pester Lloyd - esti kiadás, 1921. március (68. évfolyam, 47-68. szám)
1921-03-04 / 47. szám
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Budapest» 4. März. Durch einen Streik ihrer Arbeiter» der Montag M ausgebrs^en ist, waren alle Buchdruckereibetriebe Budapests s^t Wochenbeginn bis heute stillgklegt. Aus dem gleichèL Grunde konnten selbstverständlich auch die Taacszettungen nicht erscheinen. Um zu verhüten» daß .die BevSKerung durch tmÄenziöse Alarmnachrichten irregeleitet Wild, hat die Regierung sofort nach dem Ausbruch des Streiks die Buchdruckevei der Pallas A.-G. beschlag-i nahmt und in dieser ein Nachrichtenblatt drucken lasten, das in einer Morgen-und in einer Abendausgabe daß Publikum über die wichtigsten Tageseveigniste auf dem laufenden echiâ. Heute früh hat das Personal in den Duchd ruck er eien die Arbeit wieder auf;geuoMMeu. und somit kann nach vieMgiger Unterchrechlmg auch der Pest er Lloyd wieder erscheinen. Die Geschchmste dieser vier Tage in allen ihren «âzecheiten zurMuverfolgen. ist eine Aufgabe» der wir Mnâ leDer im Hirchlick auf die Raumnot, die durch das inns behördlich zugewiesene Papierksntingent bedingt ist. nächt unterziehen können. Immerhin wollen wir den Verjßuch machen, in gedrängter Kürze das Versäumte insoweit rmchzuholen. daß unser Leserkreis wenigstens die wichtigvsten politischen und wirtschaftlichen Begebenheiten des bisherigen Wochenverlaufes erfährt. In der Weltpolitik sind diese vier Tage eint Zeit hoher Spannungen gewesen. Namentlich waren , es drei weltpolitische Momente» die durch ihre heute kaum absehbare Tragweite die Aufmerksamkeit der öfferülichen Meinung aller Länder auf sich lenken, und zwar die Londoner Perhaudlungen über die deutsche Wiedergu-tmachungsschuld, die immer bestimmter auftretenden Jiachrichteu über sowjetfeindliche, ll nruheir in Rußland und der heute, am 4. März,-erfolgende A m ts. antritt des neuen Präsidentetl der Vereinigten Staaten. Dir Nechckttdinngrn der Korrdonrr Konferenz. Die Ungewißheit über den Ausgang der Londoner Besprechungen siegt wie ein beklenniiender Alpdruck auf den Geistern. Die deutsche Regiemng hat die iin Pariser .Abkommerl zwischen den Ententemächten vereinbarten Bedinguirgen mit eineirr^Gegenvorschläge beantwortet, die der deutsche Reichâchinister des Aeußern, Dr. Simons, persönsich nach London gebracht und auch iir eigener Person tchr der âifcrenz d-er twibündeten Mächte vertreten hat. Den Anhalt dieser Gegenvorschläge lassen wir in seiiren wesentlichsten Punkten weiter unten folgen. Daß sie nicht entfernt an das Maß dessen, lvas iiii Pariser Abkommen dem deutschen Volke zugemutet wird, hinanreichen, versteht sich so sehr von selbst, daß hier eigemlich von einem Ueberraschuirgsmoment überhaupt nicht die Rede sein kann. Dennoch betont die. halbamtliche Berichts erstattung aus London, daß die deutschen Gegenvorschläge dort mit Befremden ausgenommen worden siii>d. Nament'lich scheint die Entente daniber ungehalten zu sein, daß die Deutschen die Bedingungen des Pariser Abkommens noch Richt eimnal als Verhandlungsbasis angenominen haben. In der Tat beeilte mau sich, aus Loisdon die Welt davon in Kenntnis zu setzen» daß der deutsche Standpunkt „c inen ' h ö chst ungiinstigen E i n d r u ck" geinacht habe. In eine Aussprache mit Dr. Simons haben sich die Regierungsvertreter der Entente auf der Londoner Konferenz vorerst überhaupt nicht eingelasien. Statt dessen wurde Feldmarschall Foch dringend aus Paris nach London berufen, unr.mit den. rnilitürischen Sachverständigen Englands und Jtalieris über die rnilitärisch e n Z w a n g s in a ß r e g c l n zu beraten, Vie gegen Deutschland zur Anivendung gelangen sollen. Zu gleicher Zeit haben auch die wirtschaftlichen Sachverständigen der Verbündeten Regierungen ntireinander Verhandlungen über die wirtschaftlicheir S tr a fin a ß n a hm e n gepflogen. Der Ertrag dieser Verhandlungen soll nun den Vertretern des Deutschen Reiches heute zur .Kenntnis gebracht werden mit dein Beifügen, daß ihnen eine viertägige. Frist zur Annahuie des Pariser Abkommens gegeben ist. Wenn Dr. Simons nicht binnen vier Tagen seine Zustimmung dazu erklärt, daß das Pariser Abkomnien die , Grundlage der Besprechungen bleibt und die beiden Parteien initeinander bloß iiber die j. DmE!chru"kl^"^lllichkeiten verhandeln, so kommt es zur^nwendungdermilitärischen und ^der wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen, i die die Geltung der Pariser Vereinbarungen erzwingen j ^wollen. s. Ueber den bisherigen Verlauf der Londoner Besprechungen berichten wir im folgenden: s Die erste Vollsitzung der Konferenz fand am 1. März im i ! Lancaster .House statt, an der die Delegationen Errglands, i Frankreichs^ Italiens» Belgiens, Japans und Deutschlands s teilnahmen. Sie saßen an ztvei Tischen, ati einem die Vertreter der Alliierten, die Engländer Lloyd George, Lord Curzon, Chamberlain, Lord dÄ bernon, die Frairzosen Brrand, Loucheur, Berthelot, Laure n t, die Italiener G-raf Sfo r z a mid de Martino, der Japaner Hajashi, an einem anderen die deutschen Delegierten. Nach einer freuirdlichen Begrüßung der deutschen Äbgesaubten eröffnete Lloyd George die Konferenz. Sie be^nn mit d«r Behandlung der Reparationsfrage. Der deutsche. Reichsminister Dr. Simons legte den Stairdpunkt der deutschen Regierung dar. Er sprach in deutscher Sprache. Seine Rede wurde ins Englische, k^rauf ins Französische übersetzt. Dr. Simons' Erklärungen. Dr. Simons erklärte, die Pariser Beschlüste in der Vorliegenden Form seien unausführbar. Er wies auf die beideir Denkschriften hin, die er der Konferenz überreichte, und Mb dann einen Ueberblick der deutschen Gegenvorschläge. Er schloß seine Darlegung mit folgenden Worten: „Die Pläne,'die wir vorlegen, stützen sich nicht auf die nationale Wiietschaft» sondern auf di« Wirtschaft der ganzen Welt.. Wir wollen vis an die äußerste Grenze unserer Leistungöflchigkeii gehen, aber unter der Bedingung, daß uns die wirtschaftliche Freiheit wiedergegebeit wird. Wir kommen nach London, um solche Abkommen zu treffen, die eine wirtschaftliche Verständigung auf Grundlage der G e m e i nscr m k e i t und der Gerechtigkeit dar stell en. Falls das nichterreicht wird, so wird die Welt von Krisezu Krise bis zum schließlich allgemeine n C h ao s-getrieben werden." Der Mnbmck der dEtschÄ, ErklütMg. Lloyd.Geoc^ begann seine Antwort mit den Rori?ki, daß wenn die Vorsthlage der^ Teutschsn nichts anderes enthalten als das, was Minister Dr. SimcniS ausgefithrt habe, dies auf einer gänzlichen VerkeiruuuLdcr Lage beruhe. Man könne in diesem Falle auf eine Berle>ung der deutschen Vorschläge verzictzchen. Die Vertreter der Alliierten werden »nler sich I)eraien und il>re Antwort morgen erteilen. Die Gegenvorschläge sind auch nicht verlesen, > sondern unter die Konferenzteilnehmer verteilt tvorden. Die sreundliche Stimmung die bei der Eröffnung der Beratung herrschte, tvar verflogen» die Teilnelpner der Konferenz gingen auseinander, olyre Abschied zu nehmen. Dem Bericht der Agence Hayas nach hatte Lloyd George die Aeußerung gelan: „Es ist Zeit, die Sitzung zu schließen, denn sonst werden schließlich noch wir zu zahlen l)üben." Di« deutschen Gegenvorschläge. Deutschland ist bereit, bis an die Grenze der Möglichkeit zu Wl)en, rvenn seine Leistungsfähigkeit sich in Zukunft wesentsich bessern wird. ! Nach der Bereclyrung der: deutsci;en Regierung belrägt der Jetzt w e r t der von der Entente geforderten zweiiindvierzig AimuitÄen mit jährlich acht Prozent etwas über fünfzig Milliarden Goldmark. .Von dieser Summe müßteri die gesamten bisherigen L e i st u n g e n T e ii t sch l a n d s in Abrechnung gebracht tverden. Eine gemisâste Sachver> ständigenkoimnission soll den genauen Wert der deutschen Vvrlcüstungen seststellen. Der Gescmrtbotrag der voic Deutschland noch zu leistenden Zahlrmgen soll womöglichst ilnWegeintcrnatioiraler Anleihen beschafft wcrdcir. Da der gesamte Betrag jetzt nicht cnkfgcvracht werden kann, soll seine Teil mobi« lisierung an gestrebt werden, und zwar in der Fvrnl einer Anleihe rm Umfange von etwa acht Milliarden Gold mark, möglichst aus allen inierirationaterr Miranzplätzen. Sie hätte in allen EntissionslänDern von jeder Stcuer befreit zu sein. Ter Zirrsfuß soll möglichst lüedrig gehalten werdeir, die Tilgung mit ein bis eineinisalb Prozent nach fünf Jahren eiirsetzen. Deritschland gewährt den Gläubigern die nötigen Sicherheiten. Die Sachleistungen. Außerdem überniinmt Deutschland für die nächsten fünf Jahren die Zahlumt einer Anrmität von je einer Milliarde Goidmark, die durch Sachleistungen (gedeckt würden. .Hiefür soll nach Möglichkeit i der freie Verkehr zwischen deutschen Lieferauten und alliierten Bestellern âgcsührt Iverden. Auch die Leistungen beini Wieveraufbml der zerstörten Gebiete sind auf die Annuitäten zu b-erechnsn. Die Zollabgabe. Die deutsche tlècgieruug betrachtet.-ie Forderung einer .stvöl-fprozentigen Ansfuhrabgabe als eine Beteiligmig der Alliierten an einer zukünftigen Besserung der wirtsclMltlchcn Lüge Dsutschlan-ds. 'Dieser Gedanke einer Beteiligimg hat jedoch dadurch Bevücksichtigutzg gefunden, daß die deutschen Borsckriäge bereits eine vernünftige Ei N schätz u «i g der Zukunft in Rechnung stellen. ! Roch nicht erfüllte Verpflichtungen. Alle noch tiicht erfüllten finanziellen in.d Lieferungsverpflichtungen Deiitschlmrds nHren d>im!t als abgetan anziisehen. Unberührt Aiebe die Verpflichtung Deutschlands zur RestitU'tio-n. Borimssetzung für die Vorschläge. Die deutsche Regierung erklärt, daß Deutschland die vorstehenden Vorschläge nur in dem Falle zue Geltung zu bringen vermag, tvenn: 1. die Volksabstimmung in Oberschlesien zugunsten. Deutschlands ausfällt und demgemäß Oberschlvsikn mit -seinen Kohlengruben bei Deutschland verbleibt; 2. die Hemmungen des Weltwirtschaftsverkehrs beseitigt und das Stfstenr der wirtschaftlici^n Freiheit und Gleichberechtigung durchgsführt werden. Die deutschen Denkschriften. Di-e Denkschrift der deutschen Sachverständigen, die Dr. Simoris der Konferenz vovlegte, befaßt sich mit den wirtschaftlichen Forderungen der Entente, mit der deutschen Handels- und Zahlungsbilanz, der Beschränkung der dsutsc^n Einfuhr, den Ersparnissen- an selbsterzeugten Gütern, den VoraussotzungM der deutschen Ausfuhr und stellt als dringlichste die Frage auf, wie cs für "Deu tschland möglich wäre, den eigensn Bedarf u-nd danebsrr noch die Leistungen für -die Re-paralion aufzubringen. Sie sucht isstzustellen, daß auch bei schärfster Ersparung kern besonders großer Ueberschuß über den eigenen inneren Bed-a rf zu erzielen fein wird, w.om it es absolut unmöglich erscheine, di« in den Pariser Beschlüssen geforderten Galdjahreâzahlungen auf dem Wege der Besteuerung am f z u - bringen. Eine Dcmkschrist des ReichSwirtschcrftSministerimiis «itthalt eine .Kri-(ik der Ausfühvimgen alliierten SachvevstandigLN und' nieist davcmf hii^, daß schon die ordenilie^n Ausgaben des Reiches für ^dcis laufsâ Jahr 43'5 Milliarden Mark -betragen worden. Bei allen Sparvcrsmchen werde man niemals dcizu kommen» Millicirden in einem UmfcMge zu gÄvi-nne», daß dam-it die Forderungen der Alliierten auch nur annähernd befriedigt weNicni könnten. Die Antwort der Alliierten. Die Alliierten beschlossen in ihrer Sonderberatung, ihre militärischen und juriftischen Sachverftändigecr zri Rate zu ziehen. Dieser Beschluß bewies, daß es sichäuchumeine n Einmarsch in Deutschland handelt. Die juristischen Sachverständigen litten festzustelten, ob der Vertnrg von Versailles einen Einmarsch vor 1. Mcri gestattet. Die Antwort der Alliierten, die sie, wie die Agence .Havas betont, einstimmig beschlösse n, bezeichnet die Gegenvorschläge per Deutschen als unannchmba r. Die Botschaft der Alliierten cm die Deutschen soll die Erklärung enthalten, daß das Pariser Abkommen die Grund l a g 'e der Besprechungen ble i b e n muß, lvobei bemerkt wird, daß die beiden Parteien sich über die Durchführungsmöglichkeiten verständigen können. Die Antlvort der Alliierten. stellt der deutschen Abordnung eine Höchstfrist von vier Tagen, um sich über die Aimahnce des Pariser Abkommens zu erklären. Sollte die Abordnung die ksilterzeichnung verweigern, so würden ztvei rheinische Kohlen- Häfen besetzt, bei tverterer Weigermug wirtschaftliche S trafmatznahmen unternommen werden. Als solche gelten die Einhebung der -Hälfte des Erlöses der iin alliierten Ausland verkauften Waren, Einrichtung einer besonderen Zollverwaltung, die das linke Rheinufer von Dcutschl a n d abtren nt. Die Strafinaßregcln werden auch noch mit den Verstößen-, die Deutschland gegen den Versailler Vertrag verübt haün soll, und zwar in der Frage der Entivaffnnng und der Kohlenlieferung, begründet. Dir GMär««ge« Lloyd Georges. London, 3. März. N-rch anrtlicheu Berichten Hai Premierminister Lloyd Geor (^ e auf die deutschen Vorschläge folgende Aiüwort erteilt: Nkine Herren! Meine Kollegeir haben mich ersucht, in ihrem Namen die Äutworten zu verlesen, die wir im Namen der Verbündeten zu geben haben. Die verbündeten RcgiermMN sind der Ansicht, daß das von Dr.-Simons im Ncimen -der deutschen Regierung vorgotragene Expose eine ga nz a nsg es pr och en e Herausforderung gegenüber den grundlegenden Bedingung end es Versaiiller Vertrages bildet und demgemäß Ibehandillt werden müsse. Die Pariser Vorschläge beinhalteten geuräß den Grmtdzügen der Ahkourmens von Bcmlogne und Brüssel eine wesentliche Milderung der vollständigen Forderungen des Vertrages, ebensowohl beziiAich der Entlvaffn-img, wie bezüglich der Wiedergu-tlnachungen. Di e Vorschläge sind iin Geiste de-s Z u g e stän dn i s - ses erfolgt, imi zu einer gütlichen Regelung mit Deutschland M gelairgen. Die Gegenvorschläge sind eine V e r s p o t t u ir -g des Vertrages. Die Alliierten gelangten zu diesem Schlüsse, -nicht nur gestüHt auf die Natin: dieser (Vegelrvvrschläge selbst, sondern a nch b e i m L e s e n de r vo n D r. Si mons nach den Pariser Vorschlägen in Deutschland gehaltenen Reden, und durch die lln-terstützung, die diese Rsden in der deutschen Presse cc^unden l)abcn. Eine der ernstesten Erklärungen Dr. Simons' ist in der Rede enthalten,, die er, wenn ich mich gut erinnere, in Stuttgart gehalten hat, wo er für Deutschland die gesamt e Verantwortlichkeit ablehnte. Diese Ablehnung ist in ganz Deutschland mit Beifall begrüßt worden und es ist demzufolge die Ansicht berechtigt, das; si« die lvirk-