Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. szeptember (76. évfolyam, 197-221. szám)

1929-09-01 / 197. szám

PESTEK LLOYD Verwaltung ausgegeben, deren Lektüre schon für zwecklos gehalten wird, weil im Staate die Macht vor Recht geht. Die Gesetzlosigkeit geht so weit, daß die von den Organen des Staates im Interesse der Einheit des Volkes und des Staates, d. i. des Groß­­serbentums, begangenen Verbrechen ungesiihnt bleiben. Vor allem wurden unzählige Beamte pen­sioniert, versetzt und durch neue ersetzt. Es ist eine Unruhe eingetreten, die sich in allen Zweigen der Administration fühlbar macht; insbesondere in der Rechtsprechung, da die Unabhängigkeit der Richter­schaft durch die Diktatoren ausdrücklich aufgehoben wurde. Früher standen die Beamten unter dem Terror, aber auch unter dem Schutz der jeweiligen Partei, deren Mitglieder sie waren, und wurden von den Abgeordneten kontrolliert, heute stehen sie unter dem Terror und Schuiz der Diktatur, die die Kontrolle durch die eigens von ihr ernannten, nur dem Ministerpräsidenten verantwortlichen Inspek­toren durchführen läßt. Die traditionellen Bestechun­gen nisten sich trotz strenger Verbote wieder langsam ein, und die Veruntreuungen bei Staats- und Ge­meindeämtern haben keinesfalls abgenommen. Eine wesentliche Änderung ist bei der Polizei und Gendarmerie eingetreten. Diese besitzen jetzt eine unumschränkte Gewalt. Infolgedessen erinnern die Übergriffe dieser Organe an jene der Tscheka und Ochrana in Rußland, wie dies die unzähligen Morde in Mazedonien, die Morde bei Marburg an der österreichischen Grenze, die in Samobor bei Zagreb, in Zagreb selbst und in Sarajevo usw. er­weisen. .Wahrheitsliebende Korrespondenten, die darüber berichteten, wurden ausgewiesen. Alle Polizeigefängnisse sind mit Häftlingen überfüllt, die mittelalterlichen Torturen unterzogen, werden, ganze Heerscharen von Spitzeln fahnden nach neuen Opfern für die Gefängnisse, verüben Einbrüche, um kompromittierende Dokumente zu beschaffen, oder sie betätigen sich im Organisieren von Attentaten gegen unbequem gewordene Politiker, wie Pribicse­­vics, Dr. Pavelics und Percecs. Ob all dies, .im Ver­ein mit der totalen Knebelung der nichtserbischen Presse, der geistigen Absperruung vom Auslande durch mehrhundertfache Eingangsverbote für Blätter und Zeitschriften und Kreierung eines Presseamtes zur Information des Auslandes im Sinne der Dikta­tur, ob all dies eine Verbesserung der Administration und der Lage im Innern nach europäischen Be­griffen bedeutet, überlasse ich dem Urteil der Leser. IV. Kulturelle Rückschritte. ln kultureller Hinsicht bestehen die Resultate der Diktatur darin, daß eine große Zahl von Schulen, hauptsächlich in den kroatischen Län­dern, geschlossen wurde, und ein Schulgesetz in Kraft trat, das nicht nur alle Lehranstalten ver­staatlichte, sondern einen Lehrplan vor sieht, der die Serbisierung der gesamten Jugend durchzu­führen hat; nichts soll daran erinnern, daß es auf dem Gebiete des heutigen SHS-Staates außer den Serben je einmal auch andere Völker gegeben hat. die sich einer hohen Kulturstufe erfreuten und ein eigenstaatliches Leben führten. Dagegen wird ver­kündet, daß in Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Albanien, Italien, Österreich und ja sogar im Deutschen Reiche serbische Volksgenossen unter fremdem Joche schmachten, die der Be­freiung harren! Geplante Maßnahmen sind die Verlegung ein­zelner Hochschulfakultäten aus Zagreb und Lai­bach nach serbischen Städten, die Deklarierung der serbischen Sprache zur Schul- und Schriftsprache, sowie die Bestimmung der cyrillischen Schrift als der für den Amtsgebrauch einzig zulässigen. Und wenn in Slowenien die gegenseitige deutsche Begrüßung in öffentlichen Lokalen verboten und dem „Deutschen Kulturbund“ im Banat die ser­bische Amtssprache aufgezwungen wird, so sind dies nach außen hin „Übergriffe“ dienstbeflissener Lokaldiktatoien, die jedoch insgeheim von der Zentralgewalt geduldet und gefördert werden. Der bosnisch - muselmanische Kulturverein „Gairet“ wurde im Beisein eines Vertreters des Königs, der Regierung und der Armee offiziell zu einem serbi­schen gestempelt, da Belgrad nur durch die Serbi­sierung der rein kroatischen Muselmanen eine serbische Majorität in diesen historisch und ethnisch kroatischen Ländern konstruieren kann. Zum Glück organisiert sich aber das Gros der muselmanischen Intelligenz in einem anderen Verein. Aber auch vor der katholischen Kirche macht die Diktatur nicht halt, obwohl die hohe Geistlichkeit bisher stets eine ausgesprochen regie­rungsfreundliche Haltung einnahm. Traurige Wirtschaftslage. Nun die Wirtschaft. Die im SHS-Staate arbei­tenden Wirtschaftskreise haben von der Dikta­tur, die in volltönenden Worten eine Beseitigung dev Korruption, die Gleichheit aller vor dem Gesetze auch bezüglich der Besteuerung und eine groß­angelegte Aktion zur Hebung des gesamten wirt­schaftlichen Lebens versprach, eine wesentliche Ver­besserung der wirtschaftlichen Lage erhofft. Bestärkt wurde diese Hoffnung noch dadurch, daß drei mit­ten im Wirtschaftsleben stehende Männer und ge­borene Kroaten die Portefeuilles der Finanzen, des Handels und der Landwirtschaft zugewiesen erhiel­ten. Aber alle Hoffnungen wurden bisher enttäuscht; die ungleiche Besteuerung blieb aufrecht und selbst im engeren Serbien erfuhren die Konkurse eine er­schreckende Steigerung. Für letztere beschuldigt die Regierungspresse die „jüdischen“ Wirtschaftskreise der neu angegliederten Gebiete. Inzwischen hat die Diktatur ihre wahre Wirtschaftspolitik aufgedeckt. Nicht um die Förderung des Handels, der Finanz­institute und der Industrie — soweit diese nicht zu der vornehmlich in Innerserbien befindlichen Rü­stungsindustrie gehört — geht es ihr, sondern um jene der Bauernschaft, — aber auch nur der serbi­schen. Sie soll zufriedengestellt, aber beileibe nicht auf ein höheres Niveau gehoben werden, weil sie allein durch ihre Masse und ihre soldatischen Eigen-' schäften die Gewähr bietet, einerseits die nichtserbi­schen Elemente im Staate niederzuhalten, bis der Serbisierungsprozeß beendet ist, und andererseits das noch bevorstehende nationale Programm der Einver­leibung aller noch außerhalb des SHS-Staates befind­lichen Brüder durch erfolgreichen Kampf zu lösen. Erst bis dieses nationale Programm in Erfüllung ge­gangen ist, ist nach Ansicht der Belgrader Macht­haber der Zeitpunkt gekommen, wo man Wirt­schaftspolitik nach europäischem Vorbilde machen und auch den serbischen Bauer auf einen kulturell höheren Lebensstandard wird bringen können, denn mir ein in seinen Bedürfnissen genügsamer Bauer ist den Serben der richtige Offensivsóidat. Diesen Absichten dient auch die Fortsetzung der Agrarreform und die Gründung der Agrarbank. Nach Ansicht aller Fachleute und der wirtschaftlich eingestellten Persönlichkeiten sollte die bisher durchgeführte Agrarreform im SHS-Staate als auf längere Zeit abgeschlossen gelten; dem widersetzt sich aber die großserbische Majorität der diktatori­­sehen Regierung, die den in Kroatien, in der Bácska, Banat und Baranya noch vorhandenen Großgrund­­besitz weiter enteignen will, um den dadurch ge-­­wonnenen Boden serbischen Bauern zuweisen zu können; diese Bauern sollen das serbische Element in den nichtserbischen Gegenden verstärken, um die militärische Widerstandskraft in diesen Ländern zu erhöhen und um den Assimilierungsprozeß in der serbischen Richtung zu beschleunigen. Die neugegründete Agrarbank wieder soll die in Serbien besonders stark verschuldeten Bauern nicht etwa entschulden, sondern vielmehr aus der j Abhängigkeit jener Finanzinstitute befreien, die sich in Händen serbischer Politiker des parlamentari­schen Regimes befinden und in die Sklaverei der von der Diktatur geleiteten Agrarbank bringen. Solchen Motiven also entspringt die sogenannte Für­sorge für den Bauernstand und deshalb sind die Wirt* schaftskreise im Staate vom Wirtschaftsprogramm der Diktatur arg enttäuscht. Angeblich ist auf die-i sen Umstand auch die Demission des Handels-* ministers Dr. Mazuranics zurückzuführen. Das königliche Manifest vom 6. Januar 1. J. kündigte auch eine Stärkung des Auslandkredits an. Wenn man von der einzigen größeren staatlichen Finanzoperation, von der vorzeitigen Auszahlung der letzten beiden Tranchen der schwedischen An-* leihe auf das Zündholzmonopol im Gesamtbeträge von 1314 Millionen Dollar im Mai laufenden Jahresx absieht, so hatte die Diktatur diesbezüglich gar kei­nen Erfolg. Trotz Vermittlung des französischen Bundesgenossen konnten Verhandlungen zur Auf­nahme einer größeren Ausiandanleihe zu keinem konkreten Ergebnis führen, vor allem deshalb nicht, weil die innerpolitische Entwicklung im SHS-Staate den nüchternen Finanzleuten keinerlei Anreiz bot, größere Kapitalien zu riskieren. Dagegen ist dort, wo es sich um nicht rein staatliche Unternehmungen handelt, wo also das politische Risiko nicht so groß ist, eine regere Interessenahme des französischen Kapitals und ein Zurückdrängen italienischer und reichsdeutscher Finanzinteressen festzustellen. In Angelegenheit der Verzinsung und Rückzahlung der serbischen Vorkriegsschulden an Frankreich hat Belgrad eine schwere Schlappe erlitten, indem das Haager Schiedsgericht auf Vollvalorisierung ent­schied; es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, daß den auf viele Milliarden Dinar bezifferten Ge­winn der französischen Besitzer zum größten Teil serbische Hintermänner einstecken, die den Bel-Botschafter (spöttisch): Soll nicht untersucht werden. Davon ist übrigens nicht die Rede. Es handelt sich um eine andere Analogie. Als an der Sorbonne Vorlesungen über die chinesiche Sprache eingeführt wurden, verbreiteten die stets zu Hohn und Ironie neigenden Pariser das Gerücht, der neu­ernannte Professor habe keine Ahnung von der chi­nesischen Sprache, ja, er könne sich bloß durch einen schlauen Trick in seiner Stellung behaupten. Stets bei Beginn der Vorlesungen sperre er sich nämlich mit seinen Studenten in den Hörsaal ein und mache ihnen offen das Geständnis, daß ihm das Chinesische ebenso fremd ,sei wie ihnen. Doch er mache den jun­gen Leuten einen Vorschlag. Wöchentlich einmal werden er und sie in diesem Saal sich zusammen­finden und hinter versperrten Türen Roulette spie­len. Nach drei Jahren soll dann jeder Hörer sein Reifezeugnis erhalten, das ihm die akademisch ge­eichte Bescheinung gibt, ebenfalls auf die Stelle eines Professors der chinesischen Sprache Anspruch erheben zu dürfen.... Mit anderen Worten, es wäre begreiflich, wenn die große Menge den Diplo­maten andichtete, daß diese in den seit Monaten, ja oft seit Jahren währenden, Geheimverhandlun­­gen gar nicht chinesisch reden, sondern Karten spielen. Legationsrat: Verzeihung, Exzellenz, aber ich dachte immer, daß es nichts Spannenderes und Aufregenderes geben könne, als diese Geheim­konferenzen. Botschafter: Solche Illusionen müssen Sie sich rechtzeitig abgewöhnen. Sie, der Sie einen kleinen Einblick in die — mit Respekt zu sagen — Arbei­ten des Kongresses haben, sollten doch unser Motto kennen: Eile mit Weile, sogar mit Langweile. Legationsrat (eifrig beipflichtend) : Gewiß, Exzellenz, ich selbst habe mir schon gedacht, daß man die aufgeworfenen Fragen rascher lösen könnte, — mit Verlaub zu bemerken. Botschafter (schmunzelnd): Gewiß könnte man das, aber wir Diplomaten haben die Aufgabe, Fragen aufzuwerfen oder entgegenzunehmen, sie zu erörtern, zu wenden und zu drehen, und die er­warteten Lösungen zu verschieben oder zu verhin­dern, oder wenn sie gleichsam von selbst sich er­geben, sie wieder aufzulösen. Wir befolgen die Lehren der Chemie. Wir wissen, daß es nicht schwer ist, feste Stoffe in einen flüssigen Aggregat­zustand übergehen zu lassen. Selbst Eisen kann man in Schwefelsäure, und Gold in Königswasser lösen. Aber wir wissen auch, daß man Salze im Wasser vollständig aufzulösen vermag und dann wieder zur Kristallisation bringen kann. So erhal­ten, wenn es eben sein muß, die auftauchenden Fragen ihre Lösungen, aber die diplomatische Kunst bringt es bald fertig, aus den Lösungen wieder Fragen zu machen ... Legationsrat: Ohne zu schmeicheln ... Botschafter (ironisch): Schmeicheln Sie nur, das tut einem Diplomaten immer wohl. Beaconsfield hat dem alten Gortschakow die peinlichsten Punkte des Ber­liner Vertrages abgeschmeichelt. Sie wissen, der Ber­liner Vertrag kam rasch zustande, denn sofort nach einem oder kurz vor einem Kriege sind die Diploma­ten gleichsam die Vertreter der Soldaten und daher nicht so sehr Männer des Wortes als der Tat. Anders verhält es sich, wenn die rauhen Manieren der Krieger, ich will nicht sagen unstatthaft oder un­schicklich, aber immerhin unmodern werden, und die Sprache der Diplomaten — sie soll nach Talleyrand die Gedanken verbergen, kann aber auch die Gedankenlosigkeit kaschieren — wieder auf den verschiedenen Kongressen laut wird. Solche Kon­gresse werden bekanntlich einberufen, wenn ein kleiner schwacher Staat von einem großen und starken oder von mehreren großen und starken Staaten bedrückt, gequält, getreten oder ausgepreßt wird und nun Schutz und Genugtuung, Recht und Gerechtigkeit sucht. Schwer ist’s ihm seine Wünsche gleichzeitig das vollkommenste Heilmittel gegen Ausfallen der Haare 11 in der Theorie zu verweigern, leichter schon die Er­füllung in der Praxis zu verhindei-n, insofern man alle diplomatischen Möglichkeiten kennt. Da heißt es: Zeit gewonnen, alles gewonnen. Nim denn, die Konferenz beginnt ihre Tätigkeit nach langen Vor­­bei-eitungen: Diplomaten reisen hin und her, Noten fliegen hin und her; man stellt die Teilnehmerliste fest, mietet Säle und Wohnungen, und endlich sitzen die Vertreter der Staaten in einem schönen Hotel, an einem schönen Schweizer See, und lassen sich von hübschen Maschinenschreiberinnen die seit Monaten gewechselten Noten vorlesen, was einige Wochen währt. Dann wird festgestellt, daß eine Einigung bisher nicht erfolgte, und so werden denn Unterausschüsse zu dem Zweck bestellt, die Gegen­sätze auszugleichen. Überflüssig zu sagen, daß das nicht gelingt. Denn je mehr Köpfe, desto mehr Meinungen. Infolgedessen erhalten die Unteraus­schüsse noch Nebenausschüsse und Sonderausschüsse mit Spezialkommissionen, die wieder in politische, wirtschaftliche, soziale und ähnliche Komitees zer­fallen und dann die von allem Anfang bestehenden Differenzen neuerdings differenzieren, was in den mündlichen und schriftlichen Berichten der Komitees an die Kommissionen und der Kommissionen an die Unterausschüsse, Nebenausschüsse und Sonder­ausschüsse und dieser zweitklassigen Ausschüsse an. das Plenum, selbstverständlich wieder nach Monaten, zum Ausdruck gelangt, und in weiterer Folge die Entsendung von Experten als ein Gebot dringendster Notwendigkeit ersclieinen läßt. Mein Lieber, diese Experten sind die wertvollsten Spezialitäten der Kon-, gresse, denn sie werden jede Angelegenheit, und möge sie noch so einfach und klar sein, verdunkeln und verwirren. Die Experten treten wie Eheleute immer paarweise auf und sie sind wie Eheleute stets ver­schiedener Meinung. Was dem einen weiß erscheint, dünkt dem anderen schwarz, was dieser rühmt, ver­dammt jener und je mehr Sachverständige herangezogen werden, desto unverständlicher wird die ganze Sache. Alle Ausschüsse, Kommissionen, gegen Schuppen und zum Waschen der Haare. * §1 „CS-AMMÄ« Haarseite macht die Beniitznng aller anderen Haarwaschmittel überflüssig, da durch g dasselbe der Kopf und der Haarboden von den angesammelten Fremd- B körpern befreit werden. Ärztlich geprüft und empfohlen! f| E D L E R - L A B 0 R A T 0 R i U Bl, BUDAPEST^ VII. tturányi-ucoa 46. 6218 Telephon : József 464-71 W • 2 • Sonntag, 1. September 1929 V. I Das FRIEDLERsche patentierte . ^€3 WM WM I HaarwuchsmitSei

Next